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Autor: Heuser, Georg
In: Deutsche Bauzeitung 22 (1888); S. 529 - 534
 
Keime eines neuen Baustils
 
Die  d a r w i n i s t i s c h e  Art der Natur-Auffassung findet neuerdings auch bei Betrachtung der Werke, die Technik und Kunst geschaffen haben, Eingang. Mehr und mehr begegnen wir Werken über Ursprung und Entwicklung der Technik und ihren Einfluss auf den Stil. Man forscht gleichsam nach dem Stammbaum der Kunstgedanken, man sucht das Entstehen und Verschwinden von Zierformen aus einer Naturnothwendigkeit, aus der Beziehung zwischen Stoff und Zweck zu erklären. Die Thätigkeit des einzelnen Künstlers erscheint nur im Zusammenhang einer langen Reihe von Uebergängen. -
Aber während die Kunstforscher die Entstehung von Zierformen aus der Holz- und Metalltechnik im Alterthum nachweisen, wollen sie seltsamer Weise von einer Ableitung der selben aus der gegenwärtig in so großartigem Maaßstabe entwickelten Technik der Eisen-Konstruktion nichts wissen. Man verharrt in der Meinung, dass die Eisen-Architektur sich wie bisher auf eine Nachbildung des Steinbaues beschränken müsse, dass eine neue Formenwelt aus diesen metallischen Fachwerk-Bauten nicht hervor gehen könne. - So ist der zuletzt aufgetretene Forscher auf diesem Gebiete, Adolf  G ö l l e r,  trotz seiner sonst darwinistischen Denkweise zu jener Ansicht gelangt. -
Unsere entgegen gesetzte Ueberzeugung haben wir seit dem Jahre 1881 in dieser und anderen Fachzeitungen nicht nur durch Aufsätze, sondern durch Abbildungen immer bestimmter dargethan. Wir versuchten, die Formen mit -förmigem Querschnitt, welche in Eisen so große Verbreitung finden, in Stein nachzubilden; sie wurden aufgefasst und behandelt als Gurtrahmen, die durch einen Steg, eine Füllung versteift werden und erhielten daher den Namen "Stabilrahmen". Eine Gattung von Bauformen, die ähnlich wie die mit Stirngurt versehenen Konsolen eine verschiedenseitige Gestalt haben, eröffnen sie der Erfindungsgabe des Zeichners ein neues, anziehendes Arbeitsfeld. Aber erst in einem Aufsatz, der kürzlich im 5. u. 6. Heft der Wiener Allgemeinen Bauzeitung erschien, treten wir der Frage näher, ob aus der Nachahmung jener metallischen Gurtgefüge ein selbständiger Baustil sich abklären könne. Wir glaubten sie dahin beantworten zu müssen, dass eine neue Stilgattung im Entstehen begriffen ist, welcher die Aufgabe der Tektonik nach dem Prinzip  "G u r t  u n d  S t e g"  erfüllt. Eine kurze Fortsetzung der bezügl. Erörterung ist hier um so mehr berechtigt, als unsere Anschauungen inzwischen eine Erweiterung erfahren haben und Einzelheiten in eine schärfere Fassung gebracht werden sollen.
Zunächst möge die früher gefundene Darlegung nur so weit berührt werden, als es zum Verständniss dieser neuen Erwägungen erforderlich ist.
Nicht nur bei dem Eisen, sondern auch bei andern werthvolleren Rohstoffen, wie Zement, Thon und Glas gelangt man oft zu einer Formenbildung mit offenen Hohlräumen, mit Aussparungen, die für das Auge sichtbar sind. Diese Gebilde erhalten dadurch ein sehr bezeichnendes Gepräge; sie unterscheiden sich in ihrem Ausdruck sehr von den eigentlichen Hohlformen, bei denen die Aushöhlung nicht in die Erscheinung tritt und die äußere Form selten beeinflusst. Wir haben für sie die Bezeichnung  "G e f a c h f o r m"  gewählt.
Zwingender als bei jedem anderen Baustoffe ergiebt sich die Gefachform für Konstruktionen aus Eisen, weil sich ein Gefüge mit offenen Hohlräumen besser verarbeiten, vernieten lässt. Außerdem tritt beim Eisen-Fachwerk noch die Sonderart hervor, dass es lediglich aus  F l a c h f o r m e n  gebildet ist; das Gefach erscheint nicht als Einsenkung in eine volle Masse, sondern es ist umrahmt von einem Flächenstreifen, einem Gurtband. Unter den  G e f a c h e n  a u s  F l a c h f o r m e n  unterscheiden wir sodann solche, welche entweder  "e i n s e i t i g,  z w e i s e i t i g,  m e h r a r t i g,  b e k l e i d e t  u n d  g e r e i h t"  sind. So vermochten wir, die zweiseitigen Gurtgefache, die Stabilrahmen, in Beziehung und im Vergleich mit sonst möglichen Bauformen schärfer zu beleuchten und wir gelangten zu der Ueberzeugung, dass in jenen Bildungen die Anfänge eines neuen Stiles bereits vorhanden sind, den wir einstweilen  "G e f a c h s t i l"  nennen wollen.
In dem erwähnten Aufsatz wurde das maaßgebende Prinzip dieses neuen aufkeimenden Baustils als "Gurt und Gefach" bezeichnet; doch ist es vielleicht besser, statt dessen "Gurt und Steg" zu sagen, um nicht Masse und Hohlraum, sondern die beiden struktiv thätigen Flachformen einander gegenüber zu stellen. Es handelt sich aber keineswegs nur erst um diese Elemente, sondern auch in ihrer Verbindung mit Zierformen machen sich bereits eigenartige Züge geltend.
Indem man von selbst dazu gelangt, die in den Gefachen anzubringenden Zierformen der hohen Umgurtung entsprechend kräftig vortreten zu lassen, entsteht eine Architektur von so lebhafter Formengebung und so starker Schattenwirkung, wie sie in den älteren Baustilen nur in Einzelheiten, zum Beispiel in den Kassetten sich findet. Der Einfluss des Eisens auf die Architektur würde danach sich nicht blos auf das Gefüge beschränken: die scharf getheilte Werkform hat auch eine gleich lebhaft gezeichnete Schmuckform zur Folge.
Eine ähnliche Formengebung kann man aber bereits bei anderen Rohstoffen beobachten und zwar ist dieselbe nicht etwa aus bloßer Freude an der Nachbildung von Eisenformen, sondern gleichfalls aus dem Bedürfnisse entstanden, unnütze Massen-Verschwendung zu vermeiden. In kleinstem Maaßstabe tritt die Gefachform beispielsweise hervor bei den Glasziegeln, welche neuerdings in Brunshausen bei Stade angefertigt werden. Hier und ebenso bei Ausführungen in anderm Rohstoff liegt der Uebergang zu den Vollformen nahe.
Die auf S. 532 in Grundriss-Skizzen gegebene Darstellung gewisser Einzel-Anordnungen in verschiedenen Stilen möge anschaulich machen, wie sehr das System des Hallenbaues unserer modernen Eisentechnik sich unterscheide von den entsprechenden Bildungen der Renaissance und der Gothik. Es sind in diesen Grundriss-Skizzen Wandtheile mit inneren und äußeren Pfeilern, mit Thüren und Fenstern behandelt worden. -
Betrachten wir zuerst den Wand-Grundriss des Säulenstils. Hier erscheint die tiefe Wand als der eigentlich haltende Theil; eine vorgekröpfte Säule dient nicht dem Zweck, die Masse zu versteifen und vor die Wand gelegte Pilaster tragen nur scheinbar. Die Stützen sind stets zentrisch gedacht; wo es angeht, erhalten sie von allen Seiten gleichen Schmuck; für ihre Form ist es gleichgiltig, ob sie hohl sind oder nicht. "Rahmen und Füllung" sowie Gefachformen treten nur bei Einzelheiten hervor; das ganze System ordnet sich dem Prinzip  "S t ü t z e  u n d  L u f t"  unter, weshalb frei stehende Rahmen-Profile selten sichtbar werden.
Es folgt nun ein Wand-Grundriss gothischen Stils. Wiewohl in dem Strebepfeiler diesen Stils eine rechteckige Querschnittform allgemeine Verwendung findet, ist doch die Zuthat äußerlich vorgelegten Ripp- und Rahmenwerks auf beiden Seiten gleichartig gestaltet. Daneben sind vierseitige und vieleckige Pfeiler mit gleichseitigem Schmuck im Gebrauch. Frei stehende Rahmen gestatten je nach Zweck und Eintheilung der Füllungen eine beliebige Zahl gebündelter Stäbe. Der Ursprung aus dem Stützenstile zeigt sich meist noch an den Säulenbündeln, deren Querschnitt um so lebhafter ist, je mehr das in der Gothik auftretende Prinzip  "R a h m e n  u n d  F ü l l u ng"  durchgeführt wird. In dem bezgl. Wand-Grundriss ist die Masse des Strebepfeilers die vorherrschende. Im Verhältniss zum überdeckten Raum erscheint der Mauerkörper sehr viel geringer als bei Renaissance-Bauten. Bei dieser Verminderung der Mauermasse und ihrer scharfen Gliederung in Rahmenwerk tritt zuletzt das Gepräge der vollformigen Stein-Stereometrie zurück und es gewinnen die Werke dieses Stils mehr und mehr den Ausdruck eines metalltektonischen Gefüges. In seinem Vortrag "Zur Aesthetik des gothischen Stils" schaltet K. Henrici die Bemerkung ein (S. 154 d. Jhrg. d. Dtsch. Bztg.): "Es soll dabei zugegeben werden, dass die Grenze zwischen Stereometrie und Tektonik vielleicht mit größerer Strenge inne gehalten wäre, wenn Semper seinen "Stil" schon vor 600 Jahren geschrieben hätte." Am Schlusse spricht er die Ansicht aus, dass eine Wiedergeburt deutschnationaler Kunst der Gothik zur Befruchtung nicht entbehren könne, bis "vielleicht durch wunderbare Fügungen und Eingebungen dasjenige Genie gereift sein wird, welches einen neuen Originalstil zu erfinden berufen ist". Huldigt man, wie auch Henrici durch andere Aeußerungen kund gegeben hat, der zu Anfang erwähnten naturphilosophischen Anschauung, so unterliegt der Glaube an die Möglichkeit eines so wunderbaren Vorgangs freilich sehr einschränkenden Voraussetzungen. Wenn die Natur wirklich bei einem Menschen einmal einen Sprung machen sollte, so kann derselbe im allgemeinen Entwicklungsgange der Formenbildung doch nur ein kleiner Schritt nach vorwärts sein. Henrici erwähnt aber nichts davon, dass bei der Entstehung des neuen Originalstils das Eisen von Einfluss sein könne*.
*Beiläufig sei hier erwähnt, dass nach Ansicht erfahrener Pariser Geschäftsleute der  E m p i r e - S t i l  die größte Aussicht darauf hat, binnen kurzer Zeit die Herrschaft anzutreten, weil er sich besser auf einfache bürgerliche Verhältnisse anwenden lässt, als das übermüthige Rococo. Wir wären dann mit der Reihe der Wiederholungen so ziemlich fertig. -
Der dritte Grundriss setzt sich aus "Gurtgefachen" zusammen und es würde bei demselben auch ohne Anwendung von Metall die Querschnittsfläche der Wand und der Pfeiler im Verhältniss zum überdeckten Raum die kleinste sein. Die eisernen Hallen- und Brückenbauten der Neuzeit zeigen oft eine so ausschließliche Anwendung der -Formen, dass wenigstens dem Gefüge nach hieraus eine neue Baugattung von vollständiger "Reinheit der Rasse" entstanden ist, die mit dem dorischen und dem gothischen Stil gleich wenig gemein hat. Für das Rippwerk eines neuen Stiles brauchen wir keinen Erfinder mehr. - -
Die Starrheit und Stoffarmuth, die man bei dem Strebegerüst der Gothik tadelt, tritt bei jenen Ingenieur-Bauten noch mehr hervor. Bei einer Nachbildung derselben in Stein jedoch kann diese Härte gemildert werden, auch bleibt es dem Künstler anheim gestellt, den "Gefachstil" mit historischen Stilarten zu kreuzen und die aus jeder anderen Bautechnik in Stein übergegangenen Kunstmotive anzuwenden. Man kann "Gefachformen" mit "Vollformen", "Stabilrahmen" mit anderweitigen "Stirnkörpern", das scharf gegurtete tektonische Gefüge mit wuchtigen stereometrischen Gebilden in Verbindung bringen. -
 
Wie in der Zeichnung ersichtlich, lässt sich eine ganze raumschließende Wand bilden, indem man Stabilrahmen mit ihren Gurtseiten aneinander fügt. Dieselbe erscheint dann also in Gefache, Kassetten getheilt, wie das in bekannter Weise auch durch Ofenkacheln oder, ganz in unserem Sinne, durch die oben erwähnten Glasziegel geschehen würde. Zn einer Wand zusammen gefügte Gefachformen kann man durch  m e h r f a c h  a u f e i n a n d e r  l i e g e n d e  G u r t e  in gesonderte Abtheilungen gruppiren, ähnlich wie bei dem Maaßwerk der Gothik gebündelte Stäbe sich abzweigen, um gesonderte Füllungsmuster zu umrahmen.
Ferner können auch lang gestreckte ein- oder zweiseitige Gurtgefache eine Wand bilden, welche dann gothischen Rippwänden oder dem Well- und Tragblech gleicht, das mit seiner Bogen- und Winkel-Versteifung ja dem Gefachstil entspricht. -
An unserm Grundriss und auch beispielsweise in der Ansicht des neuen Dioramas zu Leipzig (Beilage No. 26. dies. Jhrgs. d. Dtsch. Bztg.) ist ferner bemerkbar, dass man meist dahin gelangt, die Stegseite der Stabilrahmen zur Laibung zu machen, um zugleich zu stützen und abzusteifen; oder auch, um eine große Wandöffnung zu gewinnen, weshalb insbesondere bei Schaufenstern Pfeiler mit schmaler Stirn so oft benutzt werden. In vielen Fällen jedoch gelangt man auch dahin, die breite Gefachseite zur Stirn zu machen und es wird hier unter anderen Kunstformen namentlich diejenige berechtigt sein, welche dem mit reicher Füllung versehenen Wandpilaster der italienischen Renaissance gleicht, jedoch mit der wichtigen Neuerung, dass hier die schmuckreiche Stirnfüllung von einem ganz anders verzierten Gurtband umrahmt ist.
In Beziehung auf das Wand- und Decken-Gebäude gelten als die einzig möglichen gegensätzlichen Systeme der Stützenstil und der Rahmenstil, oder wie man sie mit zwei Worten näher bezeichnet, die Baugattung nach dem Prinzip "Stütze und Last" und nach "Rahmen und Füllung" (Vergl. den Aufsatz von Salli Philipp. Jg. 1879 d. Dtsch. Bztg. S. 288). Das dritte Prinzip  "G u r t  u n d  S t e g"  kann als eine Sonderart von "Rahmen und Füllung" angesehen werden, ist aber für die Gestaltung aller Einzelformen maaßgebend. Seine Eigenthümlichkeit besteht darin, dass der Gurtrahmen ohne versteifenden Steg nicht für sich bestehen kann, nicht stabil ist, während in der Gothik der Rahmen frei stehen darf, weil hier wie auch in der Renaissance die Füllung meist nicht struktiv thätig, nicht aktiv gedacht wird. Das Prinzip "Gurt und Steg" kann sich dem Stützen- wie dem Rahmenstil unterordnen: ein Wandpfeiler und ein Gebälk sowohl wie ein Rahmen können in allen Gliedern aus zusammen gefügten Gurtgefachen gebildet werden. Die Grundregel der Winkelversteifung, die so allen einzelnen Bautheilen dient, kann aber auch für einen ganzen Hallenbau gelten; denn  W a n d-  u n d  D e c k e n g e b i n d e  lassen sich auffassen als  d u r c h b r o c h e n e r  S t e g,  der die den Raum umgürtende Fläche im Winkel versteift. Den weitesten Gesichtspunkt nehmend, möge man sich vergegenwärtigen, dass die raumbildende Bauthätigkeit überhaupt ja die meisten Zwecke erreicht, indem man Flachformen wie Wände, Platten, Bänder rechtwinkelig aneinander fügt, mögen solche nun geschlossene Mauermassen, oder durchbrochenes Gitterwerk, ebene Tafeln, oder zu einer Wandung zusammen gegürtete Gefache sein. -
Von solcher Baugestaltung aus der Fläche macht das Prinzip "Gurt und Steg" in vollständiger Durchführung und Folgerichtigkeit Anwendung; die natürlichste und  s p a r s a m s t e  Kunst des Baues führt damit zu einer Stilordnung, die sich von den übrigen durch ein durchaus selbständiges Gepräge auszeichnet.
Wohl wusste schon die Gothik den Baustoff haushälterisch zu vertheilen, doch ist es trotz alledem erst das Eisen, welches zu der körperlosen Architektur eines reinen Gefachstiles nöthigte und uns das fertige Bild desselben vor Augen führte. Aber auch in seiner starren Ausschließlichkeit hat es bereits Bauausführungen ermöglicht, die man nicht unschön nennen kann; so sind die Bahn-Ueberführungen der neuen Kölner Stadtbahn ganz gefällige Beispiele, die auch ohne Zusatz von Schmuck lediglich durch die schickliche Werkform der Gliedtheile, wie besonders des gut gestalteten Ansatzes und Auflagers der Bogenträger uns anmuthen. Am neuen Frankfurter Bahnhof bemerken wir etwas vereinzelt die architektonisch ziervollere und verschiedenseitige Behandlung des Zylinderlagers (Beilage No. 70 d. Jhrg. d. Dtsch. Bauztg.), während man an der Maschinenhalle für die Pariser Weltausstellung 1889 die Einziehung der Gitterpfeiler am Gelenklager fehlerhafter Weise mit einem breit auslaufenden Sockel umkleidete (Abbild. in No. 69 d. Bl.). Am Salier- und Sachsen-Ring in Köln kann man mehrfach Eisenzäune sehen, an denen -Walzeisen ohne weitere Abstrebung den ganzen Zaun versteifen und entsprechende Gurteisen auch den Sockel bilden. Man gelangte dazu, weil der hier in den ehemaligen Wallgräben aufgefüllte Grund einen Steinsockel wegen der tiefen Fundamente zu theuer macht. Die Standeisen sind tief im Boden eingeklemmt, ihr Steg bildet die Laibungsseite, die Gurte sind durch aufgelegte Voluten zu einem Rahmen geschlossen. Die Gitter erhalten auf diese Weise durch die vollen Flächen der Stabilrahmen eine kräftige Theilung. - An dem Konditorei-Laden Heumarkt No. 27 hat Bauinspektor a. D.  S c h e l l e n  hier zum ersten Male eine gewalzte -Stütze sichtbar gemacht und mit Kunst-Schmiedewerk ungleichseitig verziert. Hier erkennt man deutlich, dass aus der nützlichen Werkform nur eine Kunstform werden kann, wenn man die Gurtprofile zu einem Rahmen schließt, weil sonst die Einfügung von Sockeln, Zwischengliedern und Kapitellen erschwert wird. Die hier benutzten Ziereisen sind aus dem Walzwerk von L. Mannstaedt & Co. im nahen Kalk, zu dessen Musterbuch Architekt H. Seeling Entwürfe lieferte, die sich der Walztechnik sehr gut anpassen. Die darin uns besonders interessirenden Beispiele von verzierten -Eisen verdienen Nachahmung und erneuern unsern Wunsch, dass man es versuchen möge, Ziermuster an den Gurteisen selbst anzuwalzen, um die in einzelnen Fällen immerhin belastende Bekleidung zu ersparen. - Vielfach kann man auch in Köln wahrnehmen, dass man bei Gusseisen-Stützen zu anderweitigen Stirnformen greift und wir haben einige Querschnitte derselben im laufenden Jahrgange der Wiener Allgemeinen Bauzeitung bekannt gemacht.
Bei einzelnen der angeführten Beispiele mag vielleicht die Anregung mitgewirkt haben, welche durch unsere mehrfachen zuletzt unter dem Titel "Die Stabilrahmen" veröffentlichten Aufsätze des Verfassers gegeben worden ist. Durch Vorträge und eigene Bauausführungen für seine Ansicht einzutreten hat derselbe bis jetzt noch nicht Gelegenheit gehabt; von Anbeginn war seine Thätigkeit ja vorwiegend nur der Beobachtung und Berichterstattung auf sehr kleinem Gebiete gewidmet.
Indem er hofft, dass die Fachgenossen der Sache auch fernerhin ihre Theilnahme und Aufmerksamkeit schenken werden, bittet er sie, sich nicht an die von ihm für die neuen Bildungen gewählten Taufnamen stoßen zu wollen. Dieselben sind natürlich unwesentlich und werden zugunsten von besseren gern zurück gezogen werden. Vielleicht zieht man vor, die "Stabilrahmen" als "Starr-Rahmen" zu bezeichnen und die ganze Bauweise "Maschinenstil" zu nennen, weil die Gefach-Formen, die umgürteten und durchbrochenen Stege uns an den Maschinen zuerst und schon längst entgegen getreten sind.