6. Jg. , Heft 1 (September 2001)
___Claus
Dreyer

Detmold
Politische Architektur als Bedeutungsträger:
Ästhetik und Repräsentation

1.       Politische Architektur als Bedeutungsträger

Schon immer hat die Architektur einer jeweiligen politischen Macht mehr zeigen und ausdrücken sollen, als nur ihr Vorhandensein und ihre Funktion: das gilt von Salomons Tempel bis zu Mitterands "grands projets" (vgl. Warnke 1984). Dabei ist es nicht zuletzt die Formensprache, durch die Anspruch und Selbstverständnis der Politik dargestellt werden: es sind die architektonischen "Zeichen", ihre Systeme und ihre "Codes", mit denen die politischen Ideen ausgedrückt und aus denen ihre Bedeutung (auch über die Intentionen ihrer Planer und Auftraggeber hinaus) interpretiert werden kann. Die Auseinandersetzungen mit der "Revolutionsarchitektur" (Vogt 1974, Philipp 1990), der Architektur des Faschismus (Bartetzko 1985, Frank 1985) und der postmodernen Architektur (Jencks 1977, Welsch 1987) sind dafür beispielhaft.

Natürlich erfordert eine derartige Analyse und Interpretation einen komplexen methodischen Ansatz, der neben dem ästhetischen auch den sozialen und kulturellen Rahmen einer jeweiligen historischen Situation mit einbezieht. Im folgenden möchte ich mich jedoch auf den formalen Aspekt beschränken, weil er, wie ich meine, für den Einstieg unerlässlich ist und die Basis liefert für eine erweiterte Untersuchung. Ich möchte jedoch in Anlehnung an Bandmann (1951, 23 ff) zwischen einer ästhetischen und einer symbolischen sowie geschichtlichen Bedeutung unterscheiden:

-          die ästhetische Bedeutung bezieht sich auf das Zusammenspiel der Formen, Materialien, Farben und des Lichts im Hinblick auf ein größeres Ganzes, das die Wahrnehmung intensiviert und besondere Raumerlebnisse vermittelt;

-          die geschichtliche und symbolische Bedeutung bezieht sich auf politische und kulturelle Werte und Ideen, die mit der Bauaufgabe und dem Bauprogramm verbunden sind und den gesellschaftlichen Stellenwert des Bauwerks zeigen, indem sie kollektive Bewusstseinsinhalte ausdrücken (Arndt 1961).

Ich möchte sagen, dass die erste Ebene der Bedeutung die "Ästhetik", die zweite Ebene die "Repräsentation" eines Bauwerks betrifft. In der politischen Architektur sind beide Bedeutungsebenen miteinander verknüpft, so dass durch die ästhetische Erscheinung die repräsentative Bedeutung vermittelt und implementiert wird. Das geschieht manchmal so intensiv, dass der alltägliche Rezipient oder Nutzer dabei von den ästhetischen Phänomenen überwältigt wird und die "tiefere Bedeutung" gar nicht oder nur unterschwellig erfassen kann (vgl. Werckmeister 1989) und dadurch unbegriffenen Einflüssen ausgesetzt ist. Der Rezipient kann sich natürlich auch mit der ästhetischen Bedeutung begnügen oder versuchen, die repräsentative Bedeutung jenseits der Ästhetik zu suchen. Das läge vor allem nahe, wenn die ästhetischen Zeichen nicht eindeutig sind oder das Verhältnis zwischen Ästhetik und Repräsentation widersprüchlich ist.

Unter diesen Aspekten ist das neue Bundeskanzleramt in Berlin von Axel Schultes und Charlotte Frank eine Herausforderung für die kritische Betrachtung (vgl. Bauwelt 22/2001).

Es ist derjenige staatliche Neubau im wiedervereinigten Berlin, der sowohl von den Auftraggebern, wie von den Architekten und auch vom Publikum mit den größten Ansprüchen und Erwartungen an eine markante gestalterische Qualität und Signifikanz ausgestattet war. Die Resonanz auf das Ergebnis ist bisher sehr zwiespältig: sie reicht von harter Kritik bis zu begeisterter Zustimmung (vgl. Rautenberg 2001 und Wefing 2001). Ich möchte einen Versuch machen, zu klären, woran dieser Widerspruch liegt. Dabei werde ich die lange und verschlungene Geschichte des Planungsprozesses ebenso vernachlässigen wie den unvollendeten städtebaulichen Kontext, mit dem das Gebäude interagieren soll (vgl. Welch Guerra 1999). Das fertige Bauwerk muss für sich selber sprechen und seine zentralen Botschaften auch so vermitteln können.

Als These, die es zu belegen gilt, möchte ich die Vermutung voranschicken, dass es sich bei dem Kanzleramt von Schultes und Frank um ein hochartifizielles Gebilde handelt, dessen innere und äußere Widersprüchlichkeit gerade seinen ästhetischen Reiz und seine repräsentative Signifikanz ausmacht, aber auch Irritation und Missverständnis erzeugt.

 

2.       Ästhetik und Repräsentation

Während die Bonner Staatsarchitektur betont unauffällig gewesen war (der "Lange Eugen" von Egon Eiermann, der "Kanzlerbungalow" von Sepp Ruf, das "Kanzleramt“ der Planungsgruppe Stieldorf 1976) und deswegen zuweilen spöttisch kritisiert wurde (der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt verglich das Bundeskanzleramt mit provinzieller "Sparkassenarchitektur"), sollte im neuen Berlin ein Zeichen gesetzt werden: ein neues und gefestigtes Selbstverständnis der wiedervereinigten Republik sollte zum Ausdruck kommen, und der Architekt wollte zugleich ein "Denkmal für den Mauerfall" von 1989 errichten (Schultes 2001b, 206).

Abb. 1 Kanzleramt Bonn 1976, Planungsgruppe Stieldorf 

Abb. 2 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes und Charlotte Frank

Dazu verwendet er, wie ich zeigen möchte, eine Strategie der "praktischen Ästhetik" und eine Strategie der "symbolischen Repräsentation", die beide in der Gestaltung des Gebäudes so zusammenfinden sollen, dass die ästhetischen Qualitäten die repräsentativen Phänomene ausdrücken und vermitteln können. Es wird abschließend zu fragen sein, ob diese Vermittlung gelingt.

2.1    Ästhetische Strategien

Es ist unübersehbar, dass die Architekten zunächst aus dem Formenrepertoire der klassischen Moderne schöpfen, insbesondere dem der Großprojekte der Hauptstadt-Neugründungen aus den fünfziger und sechziger Jahren:

-          Chandigarh, Indien 1950-64: Le Corbusier

-          Brasilia, Brasilien 1956-63: Oscar Niemeyer und Louis Costa

-          Dhaka, Bangladesh 1962-83: Louis Kahn

Es werden teilweise direkte Zitate übernommen, meistens aber formale Eigenschaften in eigener Aneignung umgesetzt und neu formuliert. So finden sich Parallelen bei

-          dem eingeschlossenen Hauptbaukörper 
Abb. 3
Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes;
Abb. 4 Chandigarh Parlamentsgebäude 1961, Le Corbusier

-          dem schwebenden "Flügeldach" (vgl. auch Abb.1)
Abb. 5 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes;
Abb. 6 Chandigarh Parlamentsgebäude 1961, Le Corbusier

-          dem "Stützenwald"                                                                                                               
Abb. 7 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes;
Abb. 8 Chandigarh  Parlamentsgebäude 1961, Le Cobusier

-          der "burgartigen" Geschlossenheit der Gesamtkomposition
Abb. 9 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes;
Abb. 10 Dhaka Parlamentsgebäude 1962-83, Louis Kahn

Auch einzelne Formmotive werden übernommen oder zitiert:

-          die gewölbten Decken und runden Türme (vielleicht die "Stelen" bei Schultes) von Ronchamp
Abb. 11 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes;
Abb. 12 Ronchamp Notre-Dame-du- Haut 1950-53, Le Corbusier

-          die segmentbogenartigen Öffnungen von Kahn (bei Schultes wird aus dem Segmentbogen eine "Zykloide")                                                                                                            
Abb. 13 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes;
Abb. 14 Ahmedabad Management-Insitut 1962-74, Louis Kahn

-          die Gliederung und Rhythmisierung der Längsseiten (vgl. Abb. 9).                               
Abb. 15 Brasilia Präsidentenpalais 1957-59, Oscar Niemeyer;
Abb. 16 Mailand Wohnblock "Gallaratese" 1968-73, Aldo Rossi

Schultes selbst weist auf die Hagia Sophia in Istanbul als eines der Leitbilder hin (vermutlich für die Raumstimmung aus Licht, Schatten und Material, vgl. Schultes 2001 a); Buddensieg hat im zentralisierenden Ordnungsschema die "poetische Nähe" zur Hadriansvilla in Tivoli wiedererkennen wollen (Buddensieg 2001).

Abb. 17 Istanbul Hagia Sophia, 532-37

Abb. 18 Tivoli Hadriansvilla "Teatro Marittimo", 118-25

Ein weiteres wichtiges kompositorisches Mittel ist die Geometrisierung, die Schultes von Kahn übernimmt, um sie allerdings mit organischen und dynamischen Elementen zu kontrastieren, wie wir sie aus Le Corbusiers Plänen kennen.

Abb. 19 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes

Abb. 20 Dhaka Parlamentsgebäude 1962-83, Louis Kahn

Schließlich zitiert Schultes ausgiebig sich selbst und verwendet zahlreiche Elemente seines elaborierten Repertoires, z. B. die Treppe und den "Stützenwald" aus dem Kunstmuseum Bonn.

Abb. 21 und 22 Kunstmuseum Bonn 1985-92, Axel Schultes

Ich möchte diese formalen Mittel als "Codes" bezeichnen, die man hier zumindest unterscheiden kann als

-          Formencode der klassischen Moderne, insbesondere von Le Corbusier und Kahn

-          Geometrischer Ordnungscode

-          Persönlicher Formencode

Zusammen mit weiteren Anspielungen und Zitaten realisiert Schultes hier die "Strategie der multiplen Codierung", die eigentlich als Kennzeichen der "Postmoderne " in der Architektur angesehen wurde (Jencks 1976, Welsch 1987), und die Schultes vielleicht in einem anderen Licht erscheinen lässt, als er bisher gesehen wurde: er ist weniger ein "archaischer Moderner"(vgl. Wefing 2001) als vielmehr ein "postmoderner Moderner" (Welsch 1987).

Während die "multiple Codierung" eher den Baukörper und seine bildhaften Ansichten betrifft, zielt die folgende Strategie der ästhetischen Praxis auf das Gebäudeinnere: sie betrifft die "Inszenierung der Räume". Von dieser Strategie macht Schultes ausgiebig Gebrauch: er gestaltet das zentrale Gebäude ("Leitungsgebäude") wie eine "Bühne", auf der sich Politiker darstellen können (und realisiert auch darin Parallelen zu Louis Kahn):

-          Auftritte, Podeste, Ein- und Durchblicke, Bewegungslenkung und Choreografie         
Abb. 23 und 24 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes

-          Amphitheatralische Foren mit dramatischer Lichtführung, die durch die gewölbten Decken und verborgene Öffnungen wirkungsvoll unterstützt wird                                     
Abb. 25 und 26 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes

Die Strategie der "Inszenierung der Räume", die ebenfalls als ein zentrales Kennzeichen der postmodernen Architektur anzusehen ist (vgl. Moore, Stirling, Hollein; dazu Dreyer 1996), ist eine höchst artifizielle Praxis, die sowohl das Spielerische im Umgang mit Raum, wie auch ein gelenktes und geführtes Verhalten (ein unsichtbarer Regisseur zieht heimlich die Fäden) zur Folge hat. Man hat daran die heitere "barocke Theatralik" gelobt (Rautenberg 2001) wie das "unbestimmt Sakrale" kritisiert (Wefing 2001). Wie die Nutzer und Besucher mit diesem Angebot umgehen, wird zu beobachten sein.

2.2    Strategien der Repräsentation

Zu der Intention, mit dem Gebäude "keine Macht auszuüben, aber Staat zu zeigen" (Schultes 2001b: 204) bekennt sich der Architekt ausdrücklich. Hier kommt es also darauf an, gesellschaftliche Werte und Ideen, die das "kollektive Bewusstsein" bestimmen, zur Anschauung zu bringen. Es erscheint offensichtlich, dass dafür heute keine bildhaften Mittel zur Verfügung stehen, ja die Ideen selbst, die hier zum Ausdruck kommen könnten, bleiben in den Äußerungen von Politikern und Kritikern sehr unbestimmt: Freiheit, Offenheit, Selbstbewusstsein, Wichtigkeit, Toleranz usw. Obwohl das Gebäude an den "Wendepunkt deutscher Geschichte" im Jahre 1989 erinnern soll (Schultes 2001b: 204), wird die Repräsentation von Geschichte als unmöglich angesehen. Die repräsentative Symbolik wird eher in der abstrakten Gestik einer "suggestiven Räumlichkeit" gesucht (Schultes 2001b: 202), als in bildhaften oder ornamentalen Elementen. Allenfalls die Metapher vom "Band" oder der "Spur des Bundes", die die städtebauliche Gesamtkonzeption bezeichnet (vgl. Welch Guerra 1999: 84 ff), greift ein solches Bild auf, das aber in seiner Signifikanz unscharf bleibt.

Als Mittel einer abstrakten Symbolik der Repräsentation lassen sich folgende formale Eigenschaften anführen:

-          die Größe und Monumentalität der Anlage, besonders des "Leitungsgebäudes" (wobei der Begriff der "Monumentalität" sicherlich nur im Verhältnis zur baulichen Umgebung und nicht zu Verwaltungsbauten und Hochhäusern der Wirtschaft angebracht ist; vgl. Abb. 1)

-          die singuläre Alleinlage als Solitär (die so vom Architekten ungewollt ist), die aber auch Isolation und Abschluss bedeutet
Abb. 27 und 28 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes

-          die teilweise Transparenz des "Leitungsgebäudes" an der Ost- und Westseite, die "Eindringtiefe" (Schultes 2001b: 201) und Offenheit signalisiert (ohne sie allerdings für die breite Öffentlichkeit einlösen zu können) und die durch die wabenförmige Anordnung der Büros der Mitarbeiter konterkariert wird                                                                      
Abb. 29 und 30 Kanzleramt Berlin 2001, Axel Schultes

-          die Dynamik des "fließenden Raumes", der Innen und Außen verbindet und das Innere in kraftvolle Spannung versetzt

-          schließlich die vielfältig abgestufte Lichtdramaturgie, die phantastische Raumstimmungen erzeugen kann und einer ständigen Veränderung unterliegt.

So undeutlich, wie diese abstrakte Symbolik ist, so unbestimmt sind die Inhalte, die durch sie repräsentiert werden sollen. Es ist daher kein Wunder, wenn der Zusammenhang zwischen Ästhetik und Repräsentation nicht sofort gesehen und von vielen Nutzern und Betrachtern unterschiedlich interpretiert wird (so macht in Berlin schon das Wort von der "Kanzlerwaschmaschine" die Runde): er ist auch im Kontext zeitgenössischer Architekturerfahrung nicht ohne weiteres einzulösen.

Abb. 31 Bilbao Guggenheim-Museum 1993-97, Frank Ghery

Abb. 32 Maastricht Bonnefantenmuseum 1990-95, Aldo Rossi

Erst wenn man einen größeren historischen Bogen schlägt, lässt sich neben der ästhetischen auch die repräsentative Qualität von Schultes Werk illustrieren, so wie es Tilmann Buddensieg tut, der auf ziemlich suggestive Weise Berliner Amtssitze von Schlüters Stadtschloss bis zu Schultes Kanzleramt vergleicht.

Abb. 33 Berlin Stadtschloss 1698-1713, Andreas Schlüter

Abb. 34 Berlin Kanzleramt 2001, Axel Schultes

Buddensieg kommt zu folgendem Ergebnis: "Die schwingenden Betonmembranen spotten aller zugemauerten Dienstsitze und Staatsbehörden. Sie schaffen ein fließendes Raumkontinuum, einen flexiblen gesellschaftlichen und dienstlichen Aktionsraum. So öffnen sich dem Kanzleramt die Grenzen einer Ordnungsstruktur von Verwaltungssitzen der Wirtschaft und der Bürokratie... Eine große Form für einen weltoffenen und stadtnahen, sogar heiteren Amtssitz, ein grand projet als politischer und künstlerischer Ausdruck unseres Staatswesens fanden zusammen im sicheren Bewusstsein, die Grenzen zum Maßlosen und zum Kleinlichen hin zu respektieren" (Buddensieg 2001).

3.       Die Krise der Repräsentation in der gegenwärtigen Architektur

Das Kanzleramt von Schultes und Frank stellt mit seinen ästhetischen Strategien der multiplen Codierung sowie der räumlichen Inszenierung und seiner Strategie der abstrakten Repräsentation ein artifizielles Gebilde dar, das den Forderungen nach "Komplexität und Widerspruch", die Robert Venturi bereits 1966 für qualitätvolle Architektur erhob (Venturi 1966), durchaus entspricht. Der Widerspruch zwischen Innen und Außen, zwischen Transparenz und Geschlossenheit, zwischen Schwere des Materials und Leichtigkeit der Form, zwischen Geometrie und Gestik und nicht zuletzt zwischen Ästhetik und Repräsentation, schafft die Kontraste und Spannungen, die dem Gebäude seinen besonderen Reiz geben, und vielleicht wird es gerade durch diese Widersprüche erträglich und menschlich. Ganz sicher aber fördern diese Widersprüche die Irritation ungeübter Betrachter und führen schnell zu Missverständnissen oder Vorverurteilungen.

Man hat in verschiedenen Zusammenhängen von einer allgemeinen "Krise der Repräsentation" gesprochen, und auch die Architektur ist von dieser Krise betroffen (vgl. Dreyer 2000): sowohl die Mittel wie die Strategien wie die Inhalte der Repräsentation sind generell so fragwürdig geworden, dass es scheint, als wäre es nicht mehr möglich, mit architektonischen Mitteln etwas (außer Banalitäten oder willkürlichen Gesten) zu repräsentieren (vgl. Knöfel 2001). Vor diesem Hintergrund muss die Arbeit von Schultes und Frank als ein wichtiger Beitrag zur Untersuchung der gegenwärtigen Möglichkeiten der Repräsentation in der Architektur mit ästhetischen Mitteln angesehen werden.

Gleichwohl muss die Warnung von Walter Benjamin (die allerdings in anderem Zusammenhang erhoben wurde) vor einer "Ästhetisierung der Politik" (Benjamin 1936) im Ohr bleiben, und vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn sich das neue Haus als nicht gar so mediengerecht erweisen sollte, wie es sogar der Architekt selbst erhofft (Schultes 2001b). Wenn die Architektur durch ihre Widersprüchlichkeit die mediengerechte Inszenierung von Politik eher behindern könnte, wäre das nicht der schlechteste Beitrag zu unserer gegenwärtigen Kultur.

 

LITERATUR

-          Arndt, Adolf 1961: Demokratie als Bauherr. Neuausgabe Berlin 1984.

-          Bandmann, Günter 1951: Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger. Berlin.

-          Bartetzko, Dietrich 1985: Illusionen in Stein. Stimmungsarchitektur im deutschen Faschismus. Reinbek.

-          BAUWELT 22/2001: Themenheft zum Bundeskanzleramt in Berlin von Axel Schultes und Charlotte Frank. Gütersloh.

-          Benjamin, Walter 1936: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Neuausgabe Frankfurt 1963.

-          Buddensieg, Tilmann 2001: Staatsgestalt und Baugestalt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 117 vom 21.5.2001, S.54.

-          Dreyer, Claus 1996: Die Inszenierung des Raumes in der neueren Architektur. In: Kodikas/Code 19/1996 Nr.4. S. 343-352.

-          Dreyer, Claus 2000: The Crisis of Representation in Contemporary Architecture. In: Winfried Nöth (Hrsg.): The Crisis of Representation. Kassel (im Erscheinen).

-          Frank, Hartmut 1985: Faschistische Architekturen. Planen und Bauen in Europa 1930 bis 1945. Hamburg.

-          Jencks, Charles 1977: The Language of Post-Modern Architecture. London.

-          Knöfel, Ulrike 2001: Der Bluff mit dem ewigen Blubb. In: DER SPIEGEL 28/2001: S. 156-159.

-          Philipp, Klaus Jan (Hrsg.) 1990: Revolutionsarchitektur. Braunschweig.

-          Rautenberg, Hanno 2001: Pathos für die Republik. In: DIE ZEIT 18/2001: S. 41-42.

-          Schultes, Axel 2001a: ..der Augen Hader, der Welt Suppe, der Ratte Stern. In: DER ARCHITEKT 3/2001: S. 47-53.

-          Schultes, Axel 2001b: Die Republik muß sich wichtig nehmen. In: DER SPIEGEL 17/2001: S. 200-206.

-          Venturi, Robert 1966: Complexity and Contradiction in Architecture. New York.

-          Vogt, Adolf Max 1974: Revolutionsarchitektur 1917-1789. Köln.

-          Warnke, Martin (Hrsg.): Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute. Köln.

-          Wefing, Heinrich 2001: Das Ende der Bescheidenheit. Monumentales Mißverständnis: Das Bundeskanzleramt von Axel Schultes und Charlotte Frank. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung 97/2001: S. 52-53.

-          Welch Guerra, Max 1999: Hauptstadt Einig Vaterland. Planung und Politik zwischen Bonn und Berlin. Berlin.

-          Welsch, Wolfgang 1987: Unsere postmoderne Moderne. Weinheim.

-          Werckmeister, Otto K. 1989: Zitadellenkultur. Die schöne Kunst des Untergangs in der Kultur der achtziger Jahre. München. 

 

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