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6. Jg. , Heft 2 (Januar 2002)
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Formen des klimagerechten Bauens, Tradition und Wandel | |||
__Jürgen
Roloff
Dresden |
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Folgt man bestimmten Traditionen, geschieht das
entweder aus Gewohnheit, Formalismus oder bindenden Verpflichtungen, selten
aus bewusster Überlegung. Das gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche, ob
es eine Kleidermode betrifft, Automarken oder eine Architekturrichtung. Je
nach Einstellung gilt das Traditionelle als konservativ bis reaktionär oder
rückschrittlich bzw. als bewahrend. Das Gegenteil gilt als progressiv und
verändernd oder als zerstörerisch. Gehört die Propagierung des
klimagerechten Bauens zum traditionellen Bereich oder in den Bereich des
progressiv Vorwärtsweisenden? Um dies zu entscheiden, müssen wir das
klimagerechte Bauen definieren und seine Erscheinungsformen besprechen.
Die
Grundaufgabe eines Gebäudes ist es, Menschen, Tiere und Lagergut vor den
"Unbilden der Witterung" zu schützen und ein den Bedürfnissen der
Nutzer genügendes Raumklima zu schaffen. Diese Schutzfunktion ist vielleicht
die erste Funktion, für die ein Gebäude gebraucht wurde. Die Errichtung
eines Hauses, mit der man zwischen das Außenklima und den Nutzer des Raumes
eine trennende Wand setzt und ihn damit vor den "Unbilden der
Witterung" schützt, bekommt aber eine Eigendynamik. Im gleichen
Augenblick wird ein neues Klima im Inneren erzeugt, nämlich das Raumklima.
Das
Raumklima ist durch eine Abhängigkeit vom Gebäude – im Gegensatz zum
Außenklima – formbar. Es ist ein Teil des Gebäudes, also ein Teil des
Entwurfs geworden und damit in die Hände des Entwerfers gelegt. Das Raumklima
ist Bestandteil des Raumes. Wie andere Raumwirkungen auch, etwa die optische
oder akustische Raumwirkung, kann und muss das Raumklima bewusst geplant
werden. Die Größen, durch die das Raumklima zu beeinflussen ist, kann man
mit
Außenklima
Funktionsnebenwirkungen
thermisches
und hygrisches Verhalten des Bauwerkes
Lüftungsförderstrom
gebäudetechnische
Ausrüstung (Energieeinsatz)
zusammenfassen.
Das Außenklima steht dabei an erster Stelle. Es ist Führungsgröße, die den
Einflussbereich der anderen Größen bestimmt. Der Energieeinsatz der
gebäudetechnischen Ausrüstung (sei es der Kachelofen oder die Klimaanlage)
steht den anderen Parametern entgegen, er ergänzt sie oder gleicht sie aus.
Je weniger dieser Parameter (Heizen, Kühlen, Klimatisieren) gebraucht wird,
desto mehr kann man vom klimagerechten Bauen sprechen. Ein ideales
klimagerechtes Gebäude (das gibt es nicht) klimatisiert sich selbst. Dann
nämlich wird das Gebäude dem vorherrschenden Außenklima gerecht.
Vordergründig hat dieses nichts mit traditioneller Architektur zu tun.
Traditionelle,
regionale oder einheimische Architektur entstand aus dem Ort und seinen
Einwohnern, dem heute viel zitierten und zu oft zur Rechtfertigung
beigezogenen Terminus "genius loci". Sie kann jedoch verschiedene
Wurzeln haben und wurde durch vielerlei Faktoren beeinflusst. In der Regel
waren die Bauten durch ortsspezifische Einheitlichkeit wegen beschränkter
Mittel hinsichtlich Konstruktion, Material und Farbe gekennzeichnet. Die
bauliche Kontinuität war – nach dem Berufsnachfolgeprinzip durch die
vererbten Handwerkstraditionen – mit den alten Familienstrukturen verbunden.
Aber ein nicht unbeträchtlicher Teil war klimabedingt entstanden, weil
Energie immer zu allen Zeiten knapp und teuer war. Die alten Baumeister hatten
keine Wahl. Um den Anspruch an physisches und psychisches Wohlbefinden durch
das Raumklima zu erfüllen, mussten sie einerseits die Fähigkeit des
Gebäudes, die Außenklimaparameter zu dämpfen, maximal ausnutzen.
Andererseits mussten sie viele "natürliche" Energiequellen und
Hilfsmittel heranziehen (Erdwärme, Tierwärme, Personenwärme, Luftschichten,
thermischen Auftrieb und natürlich die Sonne). Das hatte einen unmittelbaren
Einfluss auf die Formung der Gebäude. Es entwickelte sich eine Formensprache,
die wir als autochthone oder klimagerechte Bauweise bezeichnen.
Diese ist
über Jahrhunderte gewachsen. So wie sich die Konstruktionen auch nur sehr
langsam und kontinuierlich geändert haben, hat man gelernt, in Abhängigkeit
vom Außenklima die physiologischen Ansprüche des Menschen an den Raum
weitgehend zu befriedigen.
In erster
Linie müssen die großen Schwankungen der Außenklimaparameter (Temperatur,
Wind, Feuchte, Strahlung) gedämpft werden. In einem zweiten Schritt müssen
die unvermeidlichen Differenzen zwischen dem Niveau bestimmter Klimaparameter
und dem für die Nutzer erträglichen oder behaglichen Klima abgebaut werden.
Diese Grundaufgaben muss im Allgemeinen das Gebäude mit seiner Konstruktion
lösen, und nur bei eventuell unvermeidlichen, nicht zu steuernden
Überschreitungen der zulässigen Raumklimaparameter muss zusätzliche Energie
eingesetzt werden.
Einige
Beispiele mögen dies erläutern:
In
Klimazonen, in denen die Lufttemperatur wenig schwankt, die Luft aber sehr
stark mit Feuchtigkeit belastet ist (feuchtwarme Klimazone), braucht man weder
Wärmedämmung, noch thermische Speichermassen. Notwendig ist ein großer
Lüftungsförderstrom, um Wärme und Feuchte vom menschlichen Körper
abzuführen. Möglich und notwendig sind also Leichtkonstruktionen mit vielen
Öffnungen zur Querlüftung. Nützlich ist auch die Unterlüftung, d. h.
Aufständerung. Darüber hinaus braucht es einen sehr guten Regenschutz, um
den tropischen Wassergüssen zu widerstehen, also große Dachüberstände und
steile Dächer.
In
trocken-warmen Gebieten spielt der Regen kaum eine Rolle als bauliche
Einflussgröße. Das Dach kann flach sein, und es muss nicht unbedingt
gedichtet sein, eine Lehmpackung genügt. Da zwischen Tag und Nacht sehr
große Temperaturschwankungen vorhanden sind, lohnt es sich, diese zu dämpfen
und damit im Raumklimabereich mittlere Temperaturen zu erreichen. Man braucht
also große Speichermassen im Innern des Gebäudes. Die starke Sonnenstrahlung
muss abgehalten werden, daher sind weiße Oberflächen, kleine Fenster und
ebenfalls eine schwere Außenkonstruktion angebracht. Das Schwierigste ist es,
die warme Luft am Tage abzuwehren, aber nachts zu versuchen, die kühlere Luft
herein zu bekommen. Alles dieses hat Bauformen hervorgebracht, die das Merkmal
der Klimabeeinflussung tragen.
In der
gemäßigten Klimazone dominiert weder eine bestimmte Klimagröße, noch haben
wir es mit Extremwerten zu tun, aber alle Klimagrößen sind doch
beträchtlichen Schwankungen ausgesetzt und wechseln dazu in den Jahreszeiten
deutlich. Deshalb brauchen wir größere speicherfähige Bauwerksmassen im
Winter wie im Sommer. Wir brauchen Schutz gegen das Abströmen der Wärme im
Winter und gegen den Zustrom der Wärme im Sommer. Wir brauchen Sonnenschutz
und einen ausreichenden, aber nicht zu großen Luftförderstrom.
Das
schafft auch für die gemäßigte Klimazone typische Gebäudeformen. Dieser
Grundtyp wird aber in Deutschland und Europa vielfach regional gebrochen,
durch Materialwechsel und durch örtlich oder regional dominierende
Klimaeinflüsse. (Auch zwischen Altenberg/Zinnwald im Erzgebirge und
Rostock/Greifswald an der Ostsee sind die klimatischen Differenzen schon
bemerkenswert und relevant.)
Die
Aufzählung dieser Beispiele lässt natürlich die Frage aufkommen, warum
werden diese Differenzen sowohl regional, wie weltweit kaum noch sichtbar? Ist
klimagerechtes Bauen nicht mehr zeitgemäß? Zwei Argumente sollen das Problem
beleuchten.
Die
Entwicklung der konstruktiven Materialien weg von Holz und Ziegel, Schiefer
und Naturstein, hin zu industriell produzierten, weitgehend gleichförmigen
Materialien wie Stahl, Beton, Glas und Kunststoff bedeutet nicht nur eine
Änderung von Form und Oberfläche. Diese Baustoffe sind, richtig eingesetzt,
wesentlich leistungsfähiger, und es ist einfacher, klimabedingte Einflüsse
mit ihnen zu kompensieren. Daher verdeckt die weltweite Verbreitung des
einheitlichen Materials die alte Formensprache. Vor allem das Glas ist in
seinen thermischen Eigenschaften um ein Vielfaches verbessert worden, so dass
mit seinem Einsatz freizügiger verfahren werden kann. Dieser Aspekt kann
sowohl positiv, wie negativ interpretiert werden.
Das zweite
Argument muss überwiegend als bedenklich angesehen werden. Die angeführten
Verbesserungen der Materialien verführen die Architekten dazu, die vorher als
dominant angesehenen Beschränkungen durch das Klima zu vernachlässigen und
die Formung der Gebäude nach rein ästhetischen Gesichtspunkten vorzunehmen.
Dieses führt dazu, dass die nun zutage tretenden Mängel mit erhöhtem
Energieaufwand ausgeglichen werden müssen.
Natürlich
können auch ältere, traditionell errichtete Gebäude nicht zu allen Tages-
und Jahreszeiten den extremen physikalischen Anforderungen so genügen, dass
ein dem menschlichen Komfortbedürfnis entsprechendes Raumklima erzeugt wird.
Sehr häufig sind diese Mängel dann durch die Nutzer kompensiert worden,
indem sie sich den Gegebenheiten anpassten (z. B. durch andere Kleidung).
Heute sind wir im Allgemeinen nicht mehr bereit, Mängel des Gebäudes, oder
des Raumklimas durch ausgleichendes Verhalten zu kompensieren. Unser Anspruch
bzw. unser Bedürfnis nach Hygiene, Komfort und nach Luxus hat sich verändert
und vergrößert. Insofern kommen wir bei der Nutzung von Gebäuden ohne
zusätzlichen Energieeinsatz nicht aus, früher nicht, und heute erst recht
nicht. Aber wir sollten den Energieeinsatz minimieren. Das kann nur geschehen,
wenn wir das jeweilige regionale Klima (weit gefasst) als eine
Funktionsbedingung in den Entwurf und in die Planung von Gebäuden
einbeziehen.
Wird diese
Funktionsbedingung "Klima" bei der Findung von Form und Konstruktion
nicht beachtet, so wird das immer mit größerem Energieeinsatz in der
Nutzungsphase und häufig auch mit größerem Materialverbrauch erkauft. Dabei
bedeutete "Klimagerechtes Bauen" heute nicht mehr Verwendung
traditioneller Materialien wie Lehm, Fachwerk, Holz und dergleichen. Das ist
weiter oben schon gesagt worden. Wenn man z. B. die Wärmespeicherfähigkeit
der Gebäude verbessern will, sind KS-Steine oder Beton besser als Lehm oder
genau so gut wie Natursteinmaterial. Vielmehr verlässt man sich aber nicht
mehr darauf, dass ein Material möglichst alle Forderungen erfüllt (die
homogene Wand), sondern kombiniert verschiedene Materialien miteinander. Die
Kombination von wärmedämmendem und –speicherndem Material in Schichten ist
heute genau so selbstverständlich wie früher die Kombination von tragendem
Fachwerk und ausfüllendem Gefachmaterial. Das Material ist es also nicht,
oder nicht nur. Es ist die richtige Abstimmung zwischen Belastung durch
Strahlung, Temperaturschwankung, Wind oder Feuchte und Aufnahmefähigkeit
bzw. Speicherfähigkeit bzw. Durchlassfähigkeit der einzelnen Gebäudeteile
wie Wände, Decken, Fußböden, Fenster usw.
Wir kennen
heute die Mechanismen, nach denen sich die Temperatur- und
Feuchteausgleichprozesse im Raum abspielen und können die Kriterien nennen,
von denen ein gutes Raumklima abhängt. Das Gebäude muss in der Lage sein,
die Schwankungen des Außenklimas zu glätten, die Spitzen der Extremwerte zu
kappen und damit den Durchgriff des Außenklimas ins Innere so weit wie
möglich zu dämpfen. Das erfordert eine bestimmte Begrenzung der Glasfläche
und eine daraufhin abgestimmte Speichermasse im Inneren des Gebäudes, die
richtige Dimensionierung des Wärmestroms durch die Außenwand und die genaue
Planung der Lüftungsnotwendigkeit und –möglichkeit. Gerade die Planung der
Lüftung mit ihren baulichen und technischen Aspekten ist wegen der
Einflussnahme auf äußere und innere Belastungen heute von größerer
Bedeutung als früher. Wenn diese o. g. Abstimmungen nicht erfolgen, müssen
die dann entstehenden Differenzen zwischen den Ansprüchen an das Raumklima
und den Realitäten durch erhöhten Energieeinsatz ausgeglichen werden.
Daher kann
man den Begriff des klimagerechten Bauens heute zutreffend auch mit energieeffizientem
Bauen übersetzen. Wie aber kommt energieeffizientes Bauen in den
Architekturzeitschriften heute daher? Sehr häufig finden Sie eine
Glasarchitektur, in der man mit blauen, roten und gelben Pfeilen der Luft
einen Weg durch das Gebäude anweist und mit drehbaren Lamellen, automatischen
Lüftungsklappen und Grünpflanzen im Wintergarten den Durchgriff des
Außenklimas ins Gebäude zu mildern versucht. Sind diese Gebäude Ausdruck
des neuen klimagerechten Bauens?
An
dieser Stelle möchte ich aus einem Artikel von Niklaus Kohler [1]
zitieren, der unter der Zwischenüberschrift: "Sieht man Gebäuden die
‚Energieeffizienz’ an?" Folgendes schreibt:
Gehen
wir davon aus, dass heute die notwendigen planerischen Grundlagen vorliegen,
stellt sich die Frage, ob die planerische Entscheidungsfindung sich in der
Erscheinungsform der Gebäude abzeichnet. Beim Durchblättern der
Architekturzeitschriften stellt man angesichts der vielen Glasbauten, die
heute als Solararchitektur, als nachhaltig oder als ökologische Hochhäuser
bezeichnet werden, mit Erstaunen fest, dass seit langem bekannte, bewährte
Lösungen der Energie- und Behaglichkeitsprobleme von vielen Planern nicht
mehr verstanden oder nicht mehr berücksichtigt werden.
Die durch
die großen Glasflächen und den fehlenden außen liegenden Sonnenschutz
künstlich verursachte Überhitzung (die sich nicht nur auf den Sommer
beschränkt) kann nur über aufwendige Lüftungs- und Klimaanlagen abgefangen
werden. Der Bedarf an hochwertiger elektrischer Energie und damit an einem
Vielfachen von Primärenergie ist beträchtlich. Die strahlend sauberen und
lautlosen "intelligenten" Gebäude sind damit schlussendlich mit
viel Strom, das heißt mit dem extrem umweltbelastenden Verbrennen von Kohle
betrieben. Hohen Investitionskosten stehen entsprechend hohe Nutzungskosten
(Betrieb, Unterhalt und Erneuerung) gegenüber. Die kumulierten Folgekosten
übertreffen oft schon nach wenigen Jahren die Investitionskosten. Auch hier
zeigt sich, wie die willkürliche Festlegung von Bilanzgrenzen (Trennen von
Investitions- und Folgekosten) und das Fehlen von klaren
Energieverbrauchsvorgaben die Frage der "Energieeffizienz"
relativiert. Hinter den Begriffen von High-Tech-Architektur, Intelligenten
Gebäuden, Öko-High-Tech, Ökologischen Hochhäusern steht also kein
umfassendes Modell, das Energieökonomie, Nutzungsqualität und Nachhaltigkeit
berücksichtigt. Hinter dieser Architektur steht eher ein banales und
kurzfristiges Geschäftsmodell.
Ein Blick
in die Architekturgeschichte zeigt, dass im Hinblick auf den jeweiligen Stand
der Kenntnisse energetisch sinnvolle Lösungen seit je existieren und
unabhängig von architektonischen Formen realisiert wurden. Der sparsame
Umgang mit knappen Ressourcen, die Realisierung von Behaglichkeits- und
Hygieneanforderungen waren seit Jahrhunderten Teil der Regeln der Baukunst.
Abgesehen vom Kanon der Moderne, besteht kein Anlass, dass Gebäude über ihre
äußere Form ihr Innenleben oder ihre Baustoffe demonstrativ darstellen
müssen. Im Umgang mit der Energie erweisen sich die betont formalen Lösungen
oft als besonders problematisch.
Untersuchungen
am "Haus der Wirtschaftsförderung" in Duisburg von Norman Foster
zeigen beispielsweise einen signifikant über dem heutigen Durchschnitt
liegenden Energieverbrauch, einen hohen Anteil an unzufriedenen Nutzern durch
das unbehagliche Innenklima (Überhitzung, Blendung) sowie mangelnde
Dauerhaftigkeit. Das als "nachhaltig" und "mit erneuerbaren
Energien" klassifizierte Gebäude wurde massiv von der EG gefördert und
vielfach lobend publiziert – allerdings ohne Angabe der Verbrauchswerte und
der Erfahrung der Nutzer. Neben diesen ungünstigen Beispielen gibt es jedoch
auch eine wachsende Zahl von Neubauten und Erneuerungen, die von hoher
funktionaler und formaler Qualität sind und zugleich einen niedrigen
Energieverbrauch, geringe Umweltbelastungen und hohe Behaglichkeit aufweisen.
Grundlage für den Erfolg ist in fast allen Fällen eine intensive und frühe
Zusammenarbeit zwischen Architekten und Fachplanern.
Dieser
eindringlichen Beschreibung des status quo habe ich nichts hinzuzufügen.
Abschließend und zusammenfassend möchte ich feststellen: Klimagerechtes
Bauen hat heute die gleichen Ziele wie vor 500 Jahren. Es hat nichts mit
traditionellem Bauen, aber viel mit Tradition zu tun. Was früher mit "trial
and error" in langen Zeiträumen ausprobiert und bestätigt werden
musste, ist heute die planmäßige Anwendung physikalischer, thermodynamischer
und strömungstechnischer Gesetzmäßigkeit, also die Einbeziehung des
Ingenieurdenkens in den Entwurf. Dieses aber erfordert eine neue zeitgemäße
Arbeitsweise. Sie fordert vom Architekten die sehr frühzeitige
Berücksichtigung dieser Kategorien und vom Fachplaner das Hineindenken in das
klimaaktive Verhalten des Gebäudes, wir sagen dazu gebäudegerechtes
Klimatisieren. Zwar kann "die Anlage" alles, aber sie sollte nicht
alles können, sondern nur die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Gebäudes
stützen. Dieses ist schwieriger und verantwortungsvoller, als sich nur auf
die Leistung der Anlage zu verlassen – und was das Schlimmste ist, es wird
nicht ausreichend honoriert, weil unsere Honorarordnungen für diese Art von
Planungen nicht gemacht sind. Nicolaus Kohler hat dies in dem zitierten
Beitrag schon beklagt.
Zu
erkennen sind klimagerechte Bauten immer daran, dass das Gebäude mit
verhältnismäßig geringer Technik ein den Nutzer zufrieden stellendes
Raumklima erzeugt. Im Allgemeinen kommen diese Gebäude relativ unauffällig
daher, wobei man nicht sagen kann, dass eine unbedingte Formenfestlegung damit
verbunden ist, aber Glashäuser sind es sicher nicht.
[1] Niklaus Kohler: Komplexe Systeme. Der Architekt 2/01, S. 31. Verlag Rudolf Müller