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In Berlin wird zurzeit das
Stadtentwicklungskonzept 2020 – kurz STEK 2020 – erarbeitet. Ziel ist, die
längerfristigen stadtentwicklungspolitischen Ziele und Leitlinien zu formulieren
sowie einen Rahmen und Schwerpunkte für die zukünftige Stadt- und Freiraumplanung
und -entwicklung zu setzen. Zunächst werde ich kurz auf die allgemeinen Aspekte
des STEK 2020 eingehen und dann die spezifischen Ansätze für die
Freiraumplanung beleuchten.
Ausgangspunkt unserer Arbeit war
eine so genannte Statusbestimmung. Was ist in den vergangenen 10 bzw. 13 Jahren
passiert und wo stehen wir heute? Wie werden sich die Bevölkerung und die
sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen voraussichtlich verändern?
Einzelne Ergebnisse dabei waren:
Die Bevölkerungsanzahl Berlins hat
sich entgegen mancher Erwartungen nicht wesentlich erhöht, sie hat sogar leicht
abgenommen, und zwar in der Innenstadt stärker als am Stadtrand.
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Bevölkerungsentwicklung
(1991-2000)
Die Vermutung ist, dass die
Bevölkerung in Berlin von heute rund. 3,4 Millionen auf 3,3 Millionen im Jahre
2015 abnimmt. Die EU-Osterweiterung wird nach aktuellen
Einschätzungen von Experten nicht dazu führen, dass Berlin wesentliche
Zuwanderungen aus Osteuropa erhält. Im Zusammenhang mit dem
Stadtentwicklungsplan Verkehr ist für 2030 ein Szenario von 3,0 Millionen
Einwohnern erarbeitet worden.
Berlin steht mit dieser
Entwicklung nicht alleine, und relativ gesehen trifft der Bevölkerungsrückgang
insbesondere viele ostdeutsche Städte noch viel dramatischer.
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Nicht nur quantitativ, sondern auch
qualitativ wird sich die Bevölkerung verändern.
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Stagnierende Einwohnerentwicklung
bedeutete bisher allerdings nicht zugleich auch stagnierende Wohnungs- und
Siedlungsflächenentwicklung.
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Die Entwicklungsannahmen des
Flächennutzungsplanes von 1994 wurden allerdings in weiten Teilen nicht
erreicht, so dass nun Diskussionen beginnen, inwieweit Flächenpotenziale für
Wohnungsbau und Gewerbe zu Gunsten einer Freiraumsicherung im
Flächennutzungsplan zurück genommen werden.
Freiraumentwicklung
In Folge der gebremsten Dynamik
hat sich die Inanspruchnahme von Freiflächen zwischen 1990 und 2000 mit
durchschnittlich 48 ha pro Jahr gegenüber der Zeit von 1980 bis 1990 mit
durchschnittlich 370 ha pro Jahr deutlich reduziert. Allerdings wurde dieser
Rückgang der Flächeninanspruchnahme durch die Entwicklung im Speckgürtel mit
durchschnittlichen 1000 ha jährlichen Zuwächsen an Siedlungs- und
Verkehrsflächen deutlich überkompensiert.
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Die Fläche der Grünanlagen hat in
den vergangenen 10 Jahren nicht unerheblich zugenommen. Von den geplanten „16
neuen Parks für Berlin“ sind 10 bereits realisiert bzw. stehen kurz vor der
Realisierung.
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Vielfach wurden
dafür als Folge von Eingriffen in Natur und Landschaft Mittel für
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen verwandt. Während die Mittel für
Investitionen in Grünanlagen zwischen 1991 und 2001 von jährlich 57
Millionen DM auf 14 Millionen DM gesunken sind, belaufen sich allein die von
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorgeschlagenen, gesicherten und
zum Teil realisierten Ersatzmaßnahmen seit 1995 auf ein Volumen von rund 300
Millionen DM. Dramatisch ist vor allen Dingen, dass sich die Mittel für
Pflege und Unterhalt der Grünflächen in den vergangenen Jahren drastisch
reduziert haben.
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Entwicklung der Finanzmittel für die Pflege
und Unterhaltung der öffentlichen Grünanlagen Berlins
Perspektiven
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Es ist davon auszugehen, dass in
den kommenden Jahren in erheblichem Umfang Flächen aus der bisherigen Nutzung
herausfallen und potenziell für eine Freiraumnutzung zur Verfügung stehen.
Allein bei den Friedhöfen besteht zur Zeit schon ein Überhang von über 300 ha. Bis 2015 werden
über 700 ha nicht mehr benötigte Friedhofsfläche existieren.
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Knapp 100 Schulen werden
insbesondere in den östlichen Bezirken nicht mehr benötigt. Für über 20 davon
ist der Abriss beschlossen. Wahrscheinlich werden es noch deutlich mehr. Allein
im Bezirk Marzahn-Hellersdorf stehen 60 Kindertagesstätten zur Disposition. Die
abgeräumten Flächen sollen im Wesentlichen für eine Freiraumnutzung
hergerichtet werden.
Darüber hinaus werden aller
Wahrscheinlichkeit nach die beiden innerstädtischen Flughäfen Tempelhof und
Tegel still gelegt. Ein Wasserwerk steht zur Disposition. Mindestens ein großer
Teil dieser Flächen soll als Freiraum erhalten bleiben.
Vor dem Hintergrund der
dramatischen Finanzlage ist nicht zu erwarten, dass zusätzliche Mittel
bereitgestellt werden können, um diese Flächen zu unterhalten. Deshalb sind
veränderte Strategien erforderlich.
Handlungsansätze
Die Pflege und Unterhaltung der
Grünanlagen muss zukünftig differenzierter ausgestaltet werden:
Gesamtstädtisch bedeutsame Anlagen
wie die repräsentativen Flächen im Zentrum (z. B. Platz der Republik, Pariser
Platz, Lustgarten), die hoch frequentierten Parks der Innenstadt (z. B. der
Mauerpark, der Görlitzer Park oder die Hasenheide) sowie gartenkulturell
bedeutsame Anlagen auch in der äußeren Stadt wie z. B. der chinesische Garten
und der kürzlich eröffnete japanische Garten sind intensiver zu pflegen.
Andere Anlagen, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden mit noch weniger
Geld auskommen müssen.
Wir arbeiten zurzeit daran, innerhalb des Systems der Kosten- und Leistungsrechnung
einen so genannten „Wertausgleich“ zwischen den Bezirken Berlins herzustellen.
Dabei sollen für die Finanzmittelzuweisung für die Grünflächenpflege sowohl
grünfachliche Kriterien als auch Sozialdaten herangezogen werden, um das
knappe Geld zielgerichteter verteilen zu können.
Neue öffentliche Grünanlagen in
Form von klassischen Parks und Plätzen können nur noch an strategisch besonders
bedeutsamen Orten entstehen, um z. B. wichtige Verbindungen für Menschen, Tiere
oder Pflanzen im Sinne des Biotopverbunds herzustellen. Die bestehenden
Richtwerte für die Ausstattung mit wohnungsnahen und siedlungsnahen
Grünflächen, die auf Empfehlungen der Gartenamtsleiterkonferenz im Deutschen
Städtetag aus den 70er Jahren basieren, werden daher einer kritischen
Überprüfung unterzogen.
Für die zusätzlichen freien
Flächen sind neue Modelle zu entwickeln, die weder in der Herstellung noch in
der Unterhaltung den Kostenrahmen einer öffentlichen Grünfläche haben können.
Z. B. kann die Entwicklung von Waldflächen an geeigneten Standorten eine
Alternative darstellen, weil sie sowohl in der Anlage als auch in der
Unterhaltung wesentlich preiswerter sind, auch weil im Wald die Verkehrssicherungspflicht nicht den hohen Anforderungen wie in einer
öffentlichen Grünanlage genügen muss.
Auch die Grünfläche auf Zeit wird
in Anbetracht der momentan nicht benötigten Bauflächenpotenziale zu diskutieren
sein, wobei allerdings rechtliche Fragen hinsichtlich der Baumschutzverordnung
und der Eingriffsbewertung nach dem Naturschutzgesetz zu klären sind. Damit
könnten auch aktuelle Freizeitbedürfnisse befriedigt werden, wie man am
ehemaligen Stadion der Weltjugend sehen kann. Der Sportartikelhersteller Nike
betreibt auf einem zukünftigen Wohn- und Büroflächenquartier ein Gelände für Beachvolleyball und anderen Freizeitsport.
Dieses ist nur ein Beispiel für
neue Trägerschaften, die zu entwickeln und zu fördern sind. Dabei sind sowohl
Anlieger von repräsentativen Plätzen wie dem Leipziger Platz oder dem Pariser
Platz gefragt wie Wohnungsbaugesellschaften, für die sich die Vermietbarkeit
von Wohnungen und Büros durch gut gepflegte Freiflächen verbessert. Aber auch
die Verantwortlichkeit von AnwohnerInnen für ihre
Parks und Plätze sollte gesteigert werden. Im Rahmen des Quartiersmanagements
wird dieser Ansatz bereits intensiv verfolgt.
Ziel bleibt es, die grünen
Qualitäten Berlins auch als Faktor in der Standortkonkurrenz der Metropolen zu
erhalten und zu entwickeln.
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