Thema
4. Jg., Heft 1
Mai 1999

Alban Janson

Architektur ist Entwurf

Beobachtungen aus der Perspektive des Benutzers

Die Kluft zwischen Architektenarchitektur und Benutzerarchitektur scheint tiefer denn je. Wenn nun die Architekten anfingen, die Architektur vom Erleben her zu begreifen, würden sie vielleicht ihre Konzepte als Gegenstand der konkreten Erfahrung bearbeiten und damit erreichen, daß die Benutzer die Architektur im Konzept begreifen. Die zentrale Rolle spielt dabei das Konzept, das im Entwurf formuliert wird.

In der aktuellen Diskussion über die Rolle des Entwerfens an den Architektur-Hochschulen wird gefordert, sich von der "Wahnvorstellung zu verabschieden, jede Lehreinrichtung habe (...) Entwurfsarchitekten zu produzieren". Dahinter steckt die Vorstellung, daß eine "Trennung in Entwerfer und Gestalter einerseits und Baumanager andererseits" notwendig und sinnvoll sei. Die dabei vorgenommene Unterscheidung zwischen der "Pflicht" des "Handwerklich-Technischen" und der "Kür" des Entwerfens riskiert jedoch, mißverstanden zu werden; insbesondere dann, wenn unter Entwerfen in diesem Zusammenhang die Capricen eines "Starentwerfers" verstanden werden, der den individuellen künstlerischen Genius pflegt und sich dem Drang zur originellen Formschöpfung hingibt. (1)

Tatsächlich sind aber der Entwurf und das Entwerfen etwas für die Architektur - als Objekte und als Praxis sowie von der Idee bis zur Ausführung - Spezifisches und Wesentliches.

1. Teil

A. Situation statt Objekt

Die Rolle des Entwerfens für die Architektur kann nicht unabhängig von der besonderen Art unserer Erfahrung von Architektur erörtert werden. Sobald wir uns im konkreten Erleben (2) klarmachen, wie wir Architektur erfahren, können wir sie nicht bloß als Objekt begreifen. Da Architektur ihrem Wesen nach etwas ist, worin wir selbst uns aufhalten, sind wir auch bei ihrer Betrachtung selbst immer schon in ihr enthalten (3).

So können wir in der Konsequenz feststellen, daß verschiedene am Entstehen von Gebäuden beteiligte technische Einzeldisziplinen auf einen Zweck gerichtet sind, der Bau und Raum nur in Wechselwirkung mit unserem Aufenthalt, unserem Handeln im Raum begreift: Gegenstand von Tragwerk, Haustechnik, Raumorganisation ist nicht das Haus als bloßes Objekt, sondern sind z. B. auch das Gewicht und die Bewegung seiner Bewohner, ihre Ausdünstungen, ihr Wasserverbrauch oder ihre Abnutzungsgewohnheiten. Das erscheint zunächst trivial.

Wenn wir Architektur dagegen ästhetisch betrachten, heben wir sie aus der Alltagsrealität isolierend heraus. Da sie dennoch keine abgetrennte ideelle Kunstrealität bildet, sondern unsere konkrete Alltagsexistenz gleichzeitig mitbedingt, kann sie nur als eine ästhetische Wirklichkeit begriffen werden, in der ebenfalls unser Umgang mit ihr schon enthalten ist (4).

Wenn wir im Alltag mit Architektur umgehen, erfahren wir sie normalerweise nicht im reinen Anschauen. Anschauen ist eine distanzierende Erfahrungsweise. Wir wählen sie dann, wenn wir z. B.

ein Gebäude kaufen oder mieten wollen. Wir sagen dann beispielsweise, "wir schauen uns eine Wohnung an", wenn wir oberflächlich in ihr ein Miet- oder Kaufobjekt sehen, das ökonomisch disponibel ist. Ein verwandter Fall ist die Situation des Touristen oder Kunstbetrachters, der ein Gebäude oder einen Raum als Sehenwürdigkeit oder Kunstobjekt anschaut bzw. vor der Kamera hat. In diesen Fällen bezeichnet "Anschauen" offenbar den besonderen Fall einer Erfahrungsweise, die die Dinge auf Distanz hält und damit einer gezielten Betrachtung verfügbar macht.

Wenn wir dagegen auf gewöhnliche Art mit Architektur umgehen, in ihr leben, herrscht eine andere Betrachtungsweise vor: Wir sind dann immer schon im Raum, auf dem Weg, durch die Tür. Selbst das Gebäude, das vor uns steht, erfahren wir dann im vorweggenommenen oder erinnerten Begehen oder in seiner prägenden Einwirkung auf den Raum, in dem wir uns gerade befinden, dem Straßenraum oder Freiraum.

Die Raumhaftigkeit aller Erfahrung als allgemein menschliche Existenzbedingung ist Grundlage auch für die architektonische Raumerfahrung.

Wie sieht diese Erfahrung im einzelnen aus? Nicht so, daß ich als Subjekt einem getrennten Objekt dort gegenübertrete, das dort bleibt, während ich hier bin. Eine Distanz wäre zu überbrücken, um mit ihm umzugehen (hingehen, herholen, Fernbedienung). Die Distanz (Abstand, Zwischenraum) und die Überbrückung gehören aber nicht zum Gegenstand. Indem er mir gegenübersteht, bleibt er für sich.

Dagegen umfaßt der Raum der Architektur, in dem sich der Gegenstand dort befinden mag, auch das Dazwischen. Dazu gehören das Ding, der Zwischenraum, ich selbst an meinem Standort und alles, was sich zwischen mir und dem Dort ereignet: Meine leibliche Ausdehnung im Raum, meine Erstrecktheit bis dorthin (5) und evtl. darüber hinaus. Dazu gehören auch Dimensionen der Raumerfahrung, die nicht Eigenschaften des gebauten Raumes sind. D. h. ich erfahre den Raum nicht gegenständlich als etwas dort, mir gegenüber oder um mich her, sondern im Ausfüllen des Raums durch meine physische und geistige Bewegung und Ausdehnung. Dies gilt in der Vorstellung auch, wenn ich mich faktisch nicht bewege. Erst recht aber, wenn meine Bewegung als ein dynamisches Moment sich ebenfalls in Form von Veränderungen des Gegebenen mit den Eigenschaften des Raumes verbindet und zu ihm gehört. Schließlich wird auch mein Handeln, der Gebrauch, den ich vom Raum mache, am Aufbau der Welt beteiligt sein, die ich so um mich her schaffe.

Vorläufig zusammenfgefaßt empfiehlt es sich also offenbar, Architektur nicht primär objekthaft zu betrachten, sondern als untrennbaren Bestandteil einer Situation, in der wir selbst mit unseren konkreten physischen und geistigen Erfahrungen involviert sind.

Diese Empfehlung ergibt sich einerseits aus naheliegenden Beobachtungen. Andererseits ist sie aber auch die Maxime von Disneyland und den sog. Centerparks (6). Marketing-Strategen haben die Verwertbarkeit von Architektur für ihre Zwecke erkannt. Nicht nur zur unumgänglichen Unterbringung für den Warenumschlag sondern zunehmend als "Erfahrungdesign" (7) wird sie in Dienst genommen. Die Besucher sollen durch reiche räumliche Wahrnehmungen und eine Vielfalt an inspirierenden städtischen Erlebnissen angezogen werden. Arbeitet das Marketing vorwiegend mit erfolgsträchtigen Ikonen und einer Corporate Communication, die v. a. ein Firmenimage repräsentieren, so hat es die Alltagsarchitektur für die Wohnung und den Arbeitsplatz dagegen eher mit räumlichen Erfahrungen im Bereich gewöhnlicher und elementarer Vorgänge zu tun. Sie sollen im weiteren genauer betrachtet werden.

 B. Innewerden

Das spezifisch Architektonische erschöpft sich nicht in der Befriedigung physisch-praktischer Bedürfnisse. Wenn richtige Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit für physiologische Behaglichkeit im Raum sorgen, wenn die Anforderungen an Platzbedarf und Erschließung in praktischer Hinsicht erfüllt sind, wenn psychologische Aspekte, z. B. Helligkeit und Ausblick als Faktoren für Raumstimmung und Orientierung und soziale Bedingungen, Kommunikation, Möglichkeiten der Aneignung und Selbstdarstellung berücksichtigt sind, dann werden zwar entscheidende Voraussetzungen erfüllt, die unser Handeln im Raum als wesentlichen Inhalt von Architektur betreffen. Dennoch ist damit nicht hinreichend beschrieben, was die Erfahrung von Architektur ausmacht.

Manchmal machen wir die Erfahrung, daß wir in bestimmten Räumen unsere Sinne in einem volleren Umfang entfalten können und daß unsere Bewegung, unser Handeln, unser Sein im Raum eine Wertschätzung durch den Raum erfahren, die wir in anderen Fällen nicht erleben. Wir fühlen uns in solchen Fällen nicht einfach nur wohler, sondern empfinden unsere eigene Raumhaftigkeit (die Raumhaltigkeit unserer eigenen Existenz) beantwortet und weitergeführt in der Raumdisposition der Architektur.

Das kann auf sehr unterschiedliche Weise, sehr schlicht oder sehr raffiniert, geschehen:

- Manchmal erscheint uns - ein Grenzfall - bereits ein Naturraum wie entworfen, die Lichtung oder die Hochebene, die wir durch eine enge Paßstelle hindurch wie durch einen Eingang betreten.

- Selbst in der primitivsten Hütte steckt meistens schon ein Akt der Sublimierung.

- Behausung im allgemeinsten Sinne wird mit Hilfe der angemessenen Beziehung zwischen Hohlraum und begrenzenden Massen artikuliert.

- Die Anordnung der Bauglieder entlang eines Weges gibt uns Bewegungstakt oder Rhythmus an.

- Die Überlagerung von Raumzonen und Schichten beim Übertritt von hier nach dort wird durch eine besondere Art von Transparenz (8) nachvollziehbar

- Durch das Gefüge einer durchgängig konzipierten Raumporosität auf allen Detailebenen, - angefangen bei hoher Raumdichte in der Anordnung der plastischen Bauglieder bis hin zur Skulptierung und Materialtextur im Feinen - werden wir vom Raum weich aufgenommen.

Wenn es ein Ergebnis von gelungener Architektur ist, daß wir in Einklang sind mit einem Raum, daß wir uns darin wiederfinden, dann sind daran nicht nur physisch-praktische Faktoren beteiligt, sondern auch Denken und Gefühl.

Von Le Corbusier werden wir immer wieder an die geistige Dimension erinnert, die einem Ding fehle, das nur unseren praktischen Bedürfnissen dient, "es befriedigt nur einen Teil unseres Geistes, jenen ersten Teil, ohne den es keine weiteren, höheren Befriedigungen gibt. Stellen wir diese Rangfolge wieder her!" (9) "Denn die Architektur ist unleugbar ein Ereignis, das eintritt, sobald der Geist, der damit beschäftigt ist, die Dauerhaftigkeit eines Werkes zu sichern und die Forderungen der Bequemlichkeit zu erfüllen, sich emporgehoben fühlt in dem Verlangen, nicht nur zu dienen, sondern den Versuch zu unternehmen, die lyrischen Kräfte, die uns beleben und uns Freude schenken zu manifestieren." (10)

Wenn wir genauer beobachten, worin unsere "Freude", der besondere Wert solcher Erfahrung liegt, können wir feststellen, daß wir in diesen Fällen unserer selbst, unseres Im-Raum-Seins inne werden. Mit "inne werden" ist etwas anderes gemeint als sich eines Sachverhalts bewußt zu werden. Die gemeinte Erfahrung machen wir eben nicht immer voll bewußt, sondern oft beiläufig und unterschwellig (11). Aber selbst wenn wir nur nebenbei, zerstreut bemerken, wie der Raum auf unsere Bewegung oder unser Hiersein anspricht, erleben wir uns in einer stimmigen Ganzheit, der Raum erscheint für uns gemacht, unserem Handeln gemäß gestaltet.

Ob wir uns nun zusammen mit dem Raum als gestaltetes ästhetisches Ganzes erleben und uns in dieser ästhetischen Wirklichkeit - mit den Worten von Dagobert Frey (12)- "wie in eine andere Welt versetzt" fühlen oder uns einfach nur gut aufgehoben und angesprochen vorkommen, in jedem Fall wird daran nicht nur eine praktische Zurichtung sondern auch eine gedankliche und gefühlsmäßige Zugänglichkeit beteiligt sein. Was wir als Entgegenkommen einschätzen, ist - anders als in einem angenehmen Naturrraum - die dargebotene Gemachtheit für uns.

C. Selbstreflexion

Dieses Innewerden oder Andersfühlen aber geht einher - wenigstens augenblicksweise - mit einem Heraustreten aus stumpfer Wahrnehmungsgewohnheit. Der Akt des Heraustretens oder des Herausstellens, enthält ein befreiendes Moment. Indem wir uns als Handelnde im Raum herausgestellt sehen, erhalten wir die Chance, dem blinden Zwang der gewohnten Handlungsroutine zu entgehen, eine Freiheit zu gewinnen, mehr und anderes zu erfahren als es die Schemata der Alltagspraxis vorgeben (13). Diese blenden aus, was nicht wenigstens im weitesten Sinne unter dem Nutzungsaspekt eines zweckrationalen Handelns zugelassen ist (d. i. heute zunehmend ökonomische Verwertungsrationalität). Im Akt des Heraustretens eröffnet sich dagegen ein Feld von Wahrnehmungs- und Erfahrungsmöglichkeiten, die auch unterdrückten Eigenschaften eine Entfaltung erlauben (14).

So rückt durch den ästhetischen Urakt des Zurücktretens auch unser eigenes Agieren im Raum in ein anderes Licht. In solchen Fällen können wir, wenn wir es darauf anlegen, uns selbst und unsere Umgebung wie in einem räumlichen Bild wahrnehmen. Wollte man eine naheliegende Parallele zum Theater beanspruchen, könnte man sagen: So wie für das Theaterpublikum durch ästhetische Verdichtung eine banale Handlung bemerkenswert wird, wenn es den Schauspielern auf der Bühne zusieht, so sehen wir uns als Alltagsmenschen selbst zu, in einem gebauten Raum, der die Rolle der Bühne übernimmt, wenn Raum, Licht, Klang, und Atmosphäre im Zusammenwirken eine Szene schaffen, die offen ist für unsere Bewegung und unser Handeln als Teil von ihr (15).

Centerparks und Shopping Malls beanspruchen das inszenatorische Potential von Architektur exzessiv aber vordergründig gekünstelt und instrumentalisiert für ihre Verkaufszwecke. Kann das theatrale Potential von Architektur genausogut die Entfaltung jedes elementaren Handelns begünstigen?

 D. Gedachter Raum

Durch die veränderte Sicht, die wir mit dem Heraustreten herstellen, können wir also die Situation reflektieren, in der wir uns befinden: Die Faktoren ihres Zustandekommens und ihrer Einwirkung auf unsere Befindlichkeit.

Le Corbusier ist davon überzeugt, daß über den praktischen Gebrauch hinaus unser Geist sich mit der Gemachtheit des Raumes beschäftigt: "Être caressé par des formes, puis savoir comment elles sont engendrés, dans quel rapport assemblées, comment elles répondent à une intention qui devient évidente, comment elles se classent dans la collection qu'on s'est constituée, d'images électives. Mesurer, comparer en son esprit, voir: participer soi-même au délices de l'auteur et à ses tourments..." (16)

 

Das innige Verhältnis zwischen uns und den gebauten Formen, das Le Corbusier hier beschreibt, geht nach seinen Worten über eine Objektwahrnehmung hinaus, bei der wir als Subjekte den Formen auf Distanz gegenüberstehen. Vielmehr seien wir durch den "Geist" und das Gefühl in der Lage, in einer intensiven Einlassung, "liebkost durch die Formen", deren Herkunft und Verhältnisse zu erfassen. Hier wird in lyrischem Glanz und Dunst vorgetragen, was er auch an anderer Stelle betont: Architektur wird wesentlich erfahren durch dieses "Messen, Vergleichen, Teilnehmen" als Nachvollzug einer absichtsvollen konzeptuellen Ordnung.

Die gestaltete räumliche Situation erscheint in der ästhetischen Erfahrung nicht als unausweichliche Notwendigkeit, der wir ausgeliefert wären, sondern stellt eine Möglichkeit neben anderen dar. Die Situation wurde hervorgebracht (engendré) durch eine Entscheidung, die sich im Heraustreten nachvollziehen läßt. Diese Entscheidung ist im Entwurf gefällt worden, ausgewählt aus einem Feld von Alternativen und begründet in einer durchdachten Struktur als entschiedene freie Setzung. Im Freistellungsakt der ästhetischen Erfahrung können wir an dieser freien Setzung im Geiste teilhaben (savoir, participer aux délices et à ses tourments).

Le Corbusier ist nicht der erste, der ein geistiges Konzept als Kern und Fundament der Architektur fordert. Bereits bei Vitruv verweisen die Begriffe ordinatio, dispositio, eurythmia, symmetria, decor, distributio auf ein zugrunde liegendes, gemeinsames konzeptionelles Fundament, das der Architektur als Basis dient, ohne von ihm eigens benannt zu werden (17).

In den unterschiedlichen Auslegungen dieses Vehältnisses von geistiger Vorstellung und realem Bau hat die gedachte Architektur eine mehr oder weniger vorrangige Bedeutung:

Alberti trennt als einer der ersten zwischen Konzept und Bauausführung, um mit dem Konzept "den richtigen und klaren Weg zu zeigen (...) den Gebäuden und deren Teilen den geeigneten Platz und die bestimmte Anzahl, das richtige Maß und die angemessene Ordnung vorzuschreiben..." (18). Daß dies in einer schlüssigen Weise am Gebäude nachvollziehbar werden soll, wird durch die Forderung nach "concinnitas", der gesetzmäßigen Übereinstimmung aller Teile unterstrichen. Ähnlich wie mit den Schlüsselbegriffen "régularité" und "symétrie" für die französische Architekturtheorie des 18. Jahrhunderts (J. F. Blondel, C. E. Briseux) ist damit ein Form- und Maßgefüge gemeint, das unserem Nachvollzug als durchdacht und durchgearbeitet erscheint, gemäß den Gesetzmäßigkeiten von menschlicher Wahrnehmung und Verstandestätigkeit (19).

Auch der "Typus" als zentraler Begriff der Architekturlehre von Quatremère de Quincy repräsentiert eine konzeptuelle Idee, die eine intelligible Struktur vorgibt, ohne die einzelne Form zu bestimmen. "Daraus folgert, daß die Nachahmung von Typen nichts enthält, was Gefühl und Geist nicht wiedererkennen können (...) Trotz späterer Veränderungen haben sie alle für Gefühl und Verstand deutlich erkennbar, ihr Grundprinzip beibehalten." (20) Aldo Rossi bezeichnet den Typus später als konkreten Fall eines "logischen Ausdrucks, der vor der Form besteht" (21).

"Was ist Architektur?" fragt Boullée. "Soll ich Vitruv folgen und sie als die Kunst zu bauen definieren? Sicherlich nicht! In dieser Definition steckt ein grober Fehler: Vitruv verwechselt Ursache und Wirkung.

Um etwas praktisch zu verwirklichen, muß man es zuerst verstandesmäßig erfaßt haben. Unsere Vorfahren haben ihre Hütten erst dann gebaut, als sie eine feste bildliche Vorstellung davon hatten. Gerade diese Geistesarbeit, dieser schöpferische Akt ist es, aus dem Architektur entsteht..." (22).

Eine "bildliche Vorstellung" als Gegenstand dieser Geistesarbeit verlangt auch die konstruktive Durchbildung eines Baus. Für Schinkel ist die Architektur "mit dem Gefühl erhobene Konstruktion" (23).

Hans van der Laan spricht stattdessen vom "Raumbild" des architektonischen Erfahrungsraums, das der materiellen Durchbildung von Masse und Hohlraum als Vorstellung dient, um unsere physische Erfahrung von Innen und Außen sinnlich in Form umzusetzen und schließlich durch die entsprechende Maßordnung rationalem Verstehen zugänglich zu machen (24).

In neuerer Zeit finden wir das Gemeinsame dieser Aussagen am stärksten komprimiert in der Theorie von Philippe Boudon, der dabei noch einen Schritt weiter geht, indem er Architektur ganz von der Konzeption her definiert, als "bestimmten gedachten Raum" (25). Nur so lasse Architektur sich geistig (auch durch wissenschaftliche Untersuchung) erschließen. "Die Frage ist nicht mehr, 'was ist Architektur', im Sinne eines Objekts, das schon existiert, sondern die Frage ist, 'wie läßt sich Architektur denken' oder ' wie wird Architektur gedacht.'" (26)

 E. Das Architektonische

Die architektonische Erfahrung hat keinen beliebigen Inhalt, sondern ihr Inhalt ist unser Im-Raum-Sein-und-Handeln. Daran sind strikt wir selbst und der architektonische Raum beteiligt. Die genauere Betrachtung soll sich auf diese Interaktion von Selbst und Raum konzentrieren. Wir erfahren sie als gestaltet, d. h. als zubereitet für uns. Die Mittel der Zubereitung sind also nicht beliebig, sondern müssen sowohl den Raum und seine Eigenschaften als auch unsere eigene Raumentfaltung betreffen; beides nicht unabhängig voneinander, sondern im Ganzen einer räumlichen Situation aufeinander bezogen.

Damit wird ein spezifisches Terrain eingegrenzt, das den Charakter des Architektonischen zunächst grob konturiert. Situationsfremde Symbolik, narrative und abbildende Bezüge, die auf andere Inhalte verweisen, können eine solche architektonische Erfahrung anreichern, ohne jedoch für sie wesentlich zu werden. Architektur ist kein Kommunikationsmittel zur Übermittlung beliebiger Botschaften. Sie ist in erster Linie überhaupt nicht Kommunikationsmittel, sondern faßt und formt unser Im-Raum-Sein, schafft Bedingungen für unser Handeln. Sie drückt es nicht aus, sondern stellt die Situation allererst her. Erst in der Art, wie sie hergestellt wird, drückt sie sich selbst aus. Die ihr dabei zugrunde liegende Konzeption konfrontiert uns im geistigen Nachvollzug mit einem spezifisch architektonischen Inhalt. Wir lesen ihn nicht als Bedeutung ab, sondern wir vollziehen ihn.

So wie wir beim Fußball von fußballerischen Qualitäten (einem spezifischen System von Taktik und Zusammenspiel) sprechen oder in der Musik von Musikalität (einem Gefüge aus Rhythmus und Klangstrukturen) und damit Eigenschaften meinen, die es nur in der jeweiligen Disziplin gibt, so sind der architektonische Raum und der Umgang mit Raum von bestimmten Gesetzmäßigkeiten bestimmt.

Worin bestehen diese Gesetzmäßigkeiten? Es ließen sich Regeln beschreiben, ähnlich der Grammatik in der Sprache oder den Spielregeln im Fußball (27). Aber wenn der Reporter bei einem guten Spiel ausruft: "Das ist Fußball!" dann meint er damit nicht das besonders genaue Einhalten der Regeln, sondern den gekonnten Einsatz von typisch fußballerischen Techniken, im Gegensatz zu fußballfremden. Ein Spiel, das weitgehend auf Fernschüssen aufgebaut wäre, würde zwar die Regeln einhalten, wäre aber nicht fußballerisch. Auch wenn ein Musikstück nach abstrakten Ton-Frequenzbeziehungen komponiert wäre, ohne den konkreten Klang zu berücksichtigen, könnten wir keine Musikalität erwarten.

So wie die spezifischen Systeme von Mathematik oder Sprache sieht Le Corbusier die Architektur von eigenen Gesetzmäßigkeiten geprägt: "Ihre Beziehungen untereinander haben nichts gemein mit praktischen, durch Worte zu beschreibenden Bedürfnissen. Sie sind eine mathematische Schöpfung eures Geistes. Sie sind die Sprache der Architektur." (28)

Das Architektonische muß demgemäß auch über die Summe der am Bau beteiligten Einzeldisziplinen hinausgehen. Es verdichtet sich in einer kulturellen Dimension, die ihre ideale Eigenheit aufweist.

"... nous connaîtrons donc le sentiment qui, débordant nos travaux minutieux, précis et quotidiens, les conduit vers une forme idéale, vers un style (un style c'est un état de penser), vers une culture, ..." (29)

Entsprechend konzentrieren sich architektonische Sachverhalte in Themen oder Konfigurationen, die nach Gesetzmäßigkeiten strukturiert sind, für oder gegen deren Einhaltung sich der Entwerfer bewußt entscheiden muß.

- Ein Raum ist gerichtet oder zentriert und macht meine Bewegungsrichtung davon abhängig,

- Eine Wand (Fassade) projeziert einen Raumschatten, in den ich treten kann,

- Wandstärken sind je nach Maß mehr oder weniger in der Lage, einen Raum spürbar für mich zu fassen,

- Ein Gebäude hat einen Maßstab, der sich auf meine eigenen Maße bezieht,

- Sich überlagernde Transparenzzonen sind Bedingung für meine Verortung,

- Licht führt mich und weist Orte aus,

- Ein Raum hat eine Gestik, die meine Haltung beeinflußt,

- Innen und Außen gehen auf bestimmte Weise ineinander über (Filter etc.) und steuern damit meinen Übertritt,

- Ein gebautes Volumen tritt plastisch durchgestaltet mit meinem eigenen Körpervolumen in Wechselwirkung.

Alle Sachverhalte beziehen sich auf räumliche Eigenschaften und auf unsere Raumpraxis gleichermaßen.

 

2. Teil

Aus jedem erörterten Aspekt ergeben sich gewisse Hinweise für das Verständnis von Entwerfen:

A. Situation statt Objekt. Wenn berücksichtigt wird, daß Architektur nur in der Weise betrachtet werden kann, daß wir in ihr enthalten sind, kann auch das Entwerfen sich nicht bloß auf ein Objekt richten (Gebäude, Raum, Detail), sondern muß eine Konzeption bieten für den Gegenstand, insofern er uns und unser Handeln einschließt.

Ein Gegenmodell zum objektfixierten Entwurf bieten zwar auch diejenigen Entwurfsansätze, die an Stelle des Designs von statischen objekthaften Endprodukten eine dynamische Entwurfshaltung verlangen. Solche prozessualen Auffassungen von Entwerfen sind allerdings nicht neu. Wenn sie jedoch nur darauf gerichtet sind, Veränderungen in den Entwurfsbedingungen zu berücksichtigen und auf Programmverschiebungen in der Bauaufgabe flexibel zu reagieren bzw. als intelligente Reaktion auf Nutzeranforderungen verstanden werden, ist doch wieder nur das (veränderliche) Objekt der Gegenstand der Arbeit.

Hier wird dagegen etwas anderes verlangt: Jede Entwurfsentscheidung hat sich auf eine komplexe Situation zu richten, in der das Gebäude gar nicht unabhängig von der Befindlichkeit des Benutzers behandelt werden kann. Jeder Entwurfsakt hat ein Gesamtgebilde von Raum und Handeln zum Gegenstand. Das Handeln wird sich dabei nie auf die reine Wahrnehmung oder auf eine cognitive Einordnung beschränken. Die rein formalästhetische Bearbeitung von Gebäuden ist dafür genauso unwichtig wie die elegante, technisch optimierte Konstruktion oder die wirtschaftliche und ökologisch nachhaltige Lösung.

B. Innewerden. In den Fällen gelungener architektonischer Erfahrung - angefangen von der schwächsten Stufe unterschwelligen Empfindens bis zum vollbewußten detailierten Nachvollzug - werden wir angesprochen durch die Gefügtheit und Gestaltung, die wir als Artikulation der Verhältnisse für uns und unser Handeln erleben. Der Entwurf (nicht als Verdinglichung in der Zeichnung, sondern als gedankliches Konzept) ist die entscheidende Instanz, in der diese Artikulation formuliert wird.

Er muß es schaffen, wenigstens augenblicksweise diesen kleinen Kick zu vermitteln, der uns der Situation inne werden läßt, und sie als für uns gemacht erscheinen läßt. Nicht der Raum, sondern die durch ihn vorgetragene Gestaltungsabsicht spricht uns an.

C. Selbstreflexion. Der Entwurf ist in der Lage, an einer Situation Dimensionen aufzuweisen, die gewöhnlich durch zweckrationale Blickverengung verborgen bleiben. Im Entwerfen kommt es also zunächst darauf an, die Fülle an Entfaltungsmöglichkeiten für Wahrnehmung und Handeln zu erforschen, die einer Situation inhärent sind. Dann können im architektonischen Konzept die Bedingungen für ein entsprechend facettenreiches Handeln ausgearbeitet und als Perspektive für die Selbstreflexion angeboten werden. Auch die vervielfältigte Wiederspiegelung und Wertschätzung unseres Raumgebrauchs für uns ist weniger eine Eigenschaft der gebauten Architektur als vielmehr des in ihr aufscheinenden Konzepts.

D. Gedachter Raum. Dieses Konzept gibt sich im Gebrauch des Raums umso vielfältiger zu erkennen, je differenzierter es sich im Einzelnen verfolgen läßt. Ausgangspunkt ist eine grundlegende Vorstellung, so wie die ursprüngliche Wortbedeutung von Entwerfen - abgeleitet vom Vor-wurf des ins Webbild geworfenen Weberschiffschens - besagt: Sich ein Bild machen. Diese Setzung ist wesentlich Entscheidung. Die Interpretation der räumlichen Situation im Entwurf wird als begründete Auswahl unter verschiedenen Möglichkeiten formuliert. Sie erfordert zum einen das, was Adorno "Raumgefühl" nennt oder "architektonische Phantasie". Sie läßt den Raum "mehr sein als das arm Zweckmäßige". Zum anderen aber hat sie sich an der Sache zu orientieren. Deswegen müssen wir vom Entwerfen verlangen, "Daß man etwas aus dem Raum heraus sich einfallen lasse; nicht etwas Beliebiges im Raum, das gegen diesen indifferent wäre." (31)

Je differenzierter der Begründungszusammenhang bis in Detail und Ausführung ausgearbeitet ist, desto vielschichtiger erfahren wir im Nachvollzug die Situation als absichtsvolles, durchdachtes Gefüge von Teilen für uns. Wir nehmen im Vollzug des Raumgebrauchs am kreativen Akt der Raumschöpfung teil und "lernen das Staunen über die Verhältnisse" (32).

E. Das Architektonische. Der Gegenstand des Entwerfens sind nicht literarische Vorlagen, gesellschaftliche Verhältnisse oder interessante Formen, sondern es ist die Architektur in der Weise, wie wir sie im handelnden Vollzug erfahren. Also kann der Entwurf nicht in Dienst genommen werden durch technische Problemlösungsabsichten, ökonomische Maximen, gesellschaftliche Ziele oder formale Ideen, genausonwenig durch persönliche Vorlieben der entwerfenden Person.

Das "Architekturieren" (33), das Bearbeiten der "innerarchitektonischen Wirklichkeit" besteht dann in der Gewinnung der architektonischen Gestalt aus ihren spezifischen Mitteln und deren Verwendungsregeln. Sie dürfen sich allerdings nicht auf Objekteigenschaften beschränken (34), sondern beziehen sich, wie die Eigentümlichkeiten architektonischer Erfahrung zeigen, auf das Ganze der von uns erfahrenen architekturräumlichen Situation.

Fazit: Ausgangsprämisse war, daß Entwerfen es nicht mit Objekten sondern mit Situationen zu tun hat, da auch unsere Erfahrung von Architektur wesentlich auf die ungeteilte Wirklichkeit von architektonischem Raum und unserer Existenz im Raum gerichtet ist. Ein Charakteristikum architektonischer Erfahrung besteht im ästhetischen Akt des Innewerdens dieser Ganzheit: Wir erfahren die Gemachtheit der Situation von Raum und Handeln als für uns gestaltet. Im Nachvollzug erfahren wir sie als Wertschätzung unserer Situation.

Das Architektonische einer solchen durchdachten Gefügtheit für uns besteht in der Bearbeitung spezifisch architektonischer Sachverhalte, die sich allerdings im Sinne der Ausgangsprämisse nicht

auf eine objekthafte Realität beschränken, sondern die existentielle Ganzheit von Raum und Handeln umfassen.

Da also der Gegenstand einer Erfahrung von Architektur wesentlich die nachvollzogene Konzeption eines Gefüges von Raum und Handeln ist, die im Entwurf formuliert wird, ist Architektur im wesentlichen Entwurf und verlangt vom Architekten den Einsatz entwerferischer Fähigkeiten bis in Detail und Ausführung.

 

Anmerkungen:

(1) Meinhard von Gerkan, Der leidige Zwang zum Mittelmaß. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. 1. 1999, S. 41

(2) Im Gegensatz zu analytischen Verfahren, die die Architektur als Gegenstand isolieren, um ihn damit vermeintlich objektiv zu erfassen und anders als Untersuchungen auf der Grundlage vorgegebener Theorien, die bereits eine Voreinstellung gegenüber dem Beobachtungsziel enthalten, sollen die Beobachtungen hier möglichst voraussetzungsfrei und unvoreingenommen aus der konkreten Situation gewonnen werden, in der wir mit Architektur zusammen sind.

(3) Die Aussage "Wir sind in Architektur enthalten" gilt nicht nur für einen Innenraum im engeren Sinne eines umschlossenen, überdachten Raums. Auch Architektur, die wir nur von außen erleben, schließt uns ein, bildet Raum (Umraum, Freiraum), in dem wir enthalten sind. Daher können im Folgenden "Architektur" und "architektonischer Raum" in vielen Fällen als gleichwertige Bezeichnungen gelten.

(4) Anders als das wissenschaftlich-analytische Verfahren der Isolierung von Objekten aus einem komplexen Kontext zum Zwecke der Betrachtung ausgewählter Aspekte, ist die ästhetische Isolierung, der Initialvorgang jeder ästhetischen Erfahrung, nicht selektiv. Sie isoliert nicht Subjekt und Objekt voneinander. Während der wissenschaftliche Analytiker, getrennt vom Objekt, näher herangeht, um bestimmte Einzelheiten genauer zu fixieren, treten wir im ästhetischen Akt etwas zurück, um uns aus der Fixierung zu lösen und den Blick zu weiten. Wir können so weit gehen, daß wir uns selbst und unsere Situation in diesen ästhetischen Blick mit einschließen.

Nach Dagobert Frey handelt es sich um die angemessene (ästhetische) Haltung gegenüber der Architektur, "wenn meine Existenz als betrachtendes Subjekt im Akte der ästhetischen Anschauung mitisoliert wird, das heißt meine Existenz selbst in die ästhetische Wirklichkeit aufgenommen wird."

Dagobert Frey, Wesensbestimmung der Architektur. In: Ders., Kunstwissenschaftliche Grundfragen. Darmstadt 1947, S. 97f

(5) Wie von Martin Heidegger, Maurice Merleau-Ponty, Hermann Schmitz u. a. dargestellt, nehmen wir über unsere Körperoberfläche hinaus Raum ein durch unsere deutlich weiter reichende "leibliche" Ausgedehntheit. Abhängig von unserer Einstellung sind wir hier und gleichzeitig dort. "Das jederzeitige "Hier" eines Menschen gibt es immer nur als ein hiesiges Sein bei den Gegebenheiten dort. Also bestimmt sich mein jeweiliges "Hier" stets von dem "Dort" des mir im offenständigen Vernehmensbereich meiner Welt Begegnenden her." Medard Boss, zitiert nach Rafael Capurro, Bauen als Denkaufgabe. Zur Phänomenologie der Architektur. In: Institut für Grundlagen der Gestaltung der Universität Karlsruhe, Dokumentationsheft 3. Karlsruhe 1997, S. 8f

(6) Vgl. Anna Klingmann, Architektur als Produkt. In: Daidalos 69/70, Dezember 1998 / Januar 1999, S. 22 - 31

(7) Ebd., S. 26

(8) gemäß Colin Rowe und Robert Slutzky, Transparenz. Basel und Stuttgart 1974

(9) Le Corbusier, Ausblick auf eine Architektur. Braunschweig 1982, S. 90

(10) Le Corbusier, Feststellungen. Frankfurt/M Berlin 1964, S. 86

(11) Im Englischen gibt es dafür das Wort "awareness", das sich nicht angemessen übersetzen läßt. Vgl. auch den Begriff der "inferioren Bewußtheit", auch bloß wahrnehmendes Bewußtsein" bei C. G. Jung, Antwort auf Hiob. München 1997, S. 49. Über die Rezeption von Architektur sagt Walter Benjamin: "...sie findet von Hause aus viel weniger in einem gespannten Aufmerken als in einem beiläufigen Bemerken statt." Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt/M 1963, S. 41

(12) Dagobert Frey, Wesensbestimmung, a. a. O., S. 98

(13) Der Akt des Herausstellens bildet auch das ästhetische Prinzip z. B. für die Exposition von Alltagsgegenständen als objets trouvés seit Marcel Duchamp.

(14) Die geistige Dimension der Architektur ist auch ihr befreiendes Moment, der Spielraum für die Möglichkeiten einer Entfaltung von Denken und Handeln im Raum.

"Das bloß Nützliche dagegen", heißt es bei Adorno, "ist verflochten in den Schuldzusammenhang, Mittel der Verödung der Welt, des Trostlosen, ohne daß doch die Menschen eines Trostes mächtig wären, der sie nicht täuscht. (...) Aber alles Nützliche ist in der Gesellschaft entstellt, verhext. Daß sie die Dinge erscheinen läßt, als wären sie um der Menschen willen da, ist die Lüge..." Theodor W. Adorno, Funktionalismus heute. In: Ohne Leitbild. Parva Aesthetica. Frankfurt/M 1970, S. 123f

(15) Vgl. Institut für Grundlagen der Gestaltung der Universität Karlsruhe, Dokumentationsheft 9 Theaterbilder. Karlsruhe 1998

(16) "Durch die Formen liebkost werden, dann wissen, wodurch sie zustandegekommen sind, durch welche Beziehung vereinigt, wie sie einer evident werdenden Absicht entsprechen, wie sie sich einordnen innerhalb eines Repertoires, das aus ihnen besteht, aus ausgewählten Bildern. Messen, im Geiste vergleichen, sehen: selbst teilnehmen an den Genüssen des Verfassers und an seinen Qualen." Le Corbusier, Urbanisme. Paris 1994, S. 58f

(17) Vgl. den Hinweis bei Philippe Boudon, Der architektonische Raum. Über das Verhältnis von Bauen und Erkennen. Basel Berlin Boston 1991, S. 19

(18) Zitiert nach Georg Germann, Einführung in die Geschichte der Architekturtheorie. Darmstadt 1993, S. 52

(19) Tonis Kask, Symmetrie und Regelmäßigkeit - französische Architektur im Grand Siècle. Basel und Stuttgart 1971, S. 15

(20) "Aussi voyons-nous, que l'imitation des types n'a rien que le sentiment et l'esprit ne puisse reconnoître (...) Aussi voyons-nous, que toutes, en dépit des changemens postérieurs, ont conservé toujours visible, toujours sensible au sentiment et à la raison, ce principe èlèmentaire ...". Quatremère de Quincy, Encyclopédie Méthodique, Paris 1788, S. 544

(21) Aldo Rossi, Das Konzept des Typus. In: Arch+ Nr. 37, 1978, S. 39

(22) Etienne-Louis Boullée, Architektur. Abhandlung über die Kunst. Zürich und München 1987, S. 45

(23) Fritz Neumeyer, Tektonik: Das Schauspiel der Objektivität und die Wahrheit des Architekturschauspiels. In: Hans Kollhoff (Hg.), Über Tektonik in der Baukunst. Braunschweig Wiesbaden 1993, S. 55

(24) Hans van der Laan, Der architektonische Raum, Leiden New York Köln 1992, S. 13

(25) Philippe Boudon, Der architektonische Raum. Über das Verhältnis von Bauen und Erkennen. Basel Berlin Boston 1991, S. 44

(26) Ebd., S. 25

(27) z. B. Steigungsverhältnisse für die Begehbarkeit von Treppen, Türbreiten, Belichtungstiefe etc.

(28) Le Corbusier, Ausblick. a. a. O., S. 151

(29) Le Corbusier, Urbanisme. a. a. O., S. 33

(30) "Selbst die reinsten Zweckformen zehren von Vorstellungen wie der formaler Durchsichtigkeit und Faßbarkeit, die aus künstlerischer Erfahrung stammen" Th. W. Adorno, Funktionalismus. a. a. O., S. 108

(31) Ebd., S. 119

(32) Bruno Reichlin, zitiert nach Peter Lack, Bruno Reichlins gebaute Architekturkritik. Weimar 1995, S. 86

(33) Ein Ausdruck von Le Corbusier, der die Arbeitsweise des Architekten mit spezifisch architektonischem Material bezeichnen soll.Vgl.Bruno Reichlin, Solution élégante: L'utile n'est pas le beau. In: Kat. Le Corbusier - une encyclopédie, hg. v. Centre National d'Art et de Culture Georges Pompidou. Paris 1987, S. 369ff

(34) "Innerarchitektonische Wirklichkeit" wurde von Bruno Reichlin und Martin Steinmann erstmals 1976 als Begriff eingeführt, um die besondere Art einer architektonischen Realität zu charakterisieren, die nach eigenen Gesetzmäßigkeiten aufgebaut ist. Die bis heute noch von Reichlin, Steinmann und anderen Architekturtheoretikern ihres Umkreises verwendete Auffassung beschränkt sich allerdings weitgehend auf ein objekthaftes Verständnis von Architektur. Bruno Reichlin und Martin Steinmann, Zum Problem der innerarchitektonische Wirklichkeit. In: Archithese Nr. 19, 1976, S. 3 - 11

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