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Entwerfen Entwerfen heute, als virtueller, medialer und realer Planungs- und
Bauprozeß, strebt ganzheitliche und nachhaltige städtebauliche sowie gebäudeplanerische
Architekturkonzepte an. Der zukünftige Planungs- und Bauprozeß vollzieht sich nicht mehr
konventionell linear sondern komplex iterativ- integral. ( Abb. 1)
Architektonische Qualitäts- und Wertschöpfungsprozesse
bedürfen heute mehr denn je komplexer Entwurfsansätze, -methoden, -prozesse,
-beteiligungsstrukturen und ziele. Integrale Planungs- und Bauprozesse waren und
müssen wieder originäre Architektenleistungen werden, um im offensichtlich wandelnden
Berufsbild der Architekten bestehen zu können. (Abb. 2)
Nachhaltigkeit
Inhalt der Schlußdokumente der Erdkonferenz" in Rio de Janeiro 1992,
die auch die Bundesregierung unterschrieben hat ist: Nachhaltige Entwicklung ist ein
neues Leitbild: Ziel ist ein tragfähiger Weg, die Bedürfnisse der hier und heute
lebenden Menschen zu befriedigen, ohne in anderen Erdteilen oder in Zukunft lebenden
Generationen in ihren Chancen zu beschneiden".
Nachhaltige Stadtentwicklung strebt dabei die Gleichrangigkeit von ökologischen, sozialen
und ökonomischen Zielen an. Die Möglichkeiten die Stadt und insbesondere ihre
Beziehungen zum Umland bzw. zur Umwelt im globalen Sinne ökologischer, ökonomischer und
sozialer zu entwerfen, sind (noch) nicht ausgeschöpft. Folgt man Carl Fingerhuth, so
würde eine neue Gedankenwelt auch eine neue Formensprache für die Gestalt der
nachhaltigen Stadt" mit sich bringen. Die Uneinheitlichkeit der Formensprache beweist
jedoch: keinesfalls kristallisiert sich hieraus schon ein geschlossenes meines
Erachtens dringend erforderliches neues gesellschaftliches Leitbild heraus. Dieses
würde sich dann auch in einer neuen, breit akzeptierten Stadtgestalt und ästhetik
widerspiegeln.
Die zentralen Forderungen der Nachhaltigkeitsdebatte, nämlich (technische) Effizienz und
Suffiziens (anderes Verhalten und teilweiser Verzicht auf Umweltinanspruchnahme) bedeuten
doch eine Architektur der Funktion und Bescheidenheit. In den Stadtgrundrissen wird eine
nachhaltige Stadtentwicklung sicherlich auf Dichte, Mischung und andere viel zitierte
Begriffe (Wiederbelebung und Erhaltung der Kernstädte, Regionalstadt usw.) abzielen. (Abb.
3)
Nachhaltige Gebäudeentwürfe basieren ebenfalls auf den Leitbildern des
ressourcensparendem, umweltschonendem und nutzergerechtem Bauen. Dabei sind rechtliche
Grundlagen, wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Einwirkung baulicher Tätigkeiten auf die
natürlichen Ressourcen, nachhaltige Bauwerksplanung sowie das Umwelt- und
Qualitätsmanagement auf der Baustelle und im Unternehmen von besonderer Bedeutung (Abb.
4)
Architekturprozess
Dies bedeutet für Architekten und alle Planungsbeteiligten veränderte
Leistungsbilder, -in- halte, - honorierungen, -beteiligungsstrukturen normen und
richtlinien, kurz gesagt neue Kompetenzen und Kompetenznachweise. (Abb. 5)
Neben dem klassischen Leistungsbild von Grundlagen- und
Entwurfsphasen bis zur Herstellung und Dokumentation von Neu- und Altbauten treten in
Vernetzung Lebenszyklusbetrachtungen in kaufmännischen, infrastrukturellen und
technischen Bereichen von Gebäuden bis zur Rückführung in Wertstoffkreisläufe stärker
ins Interesse von Immobilienbesitzern, -betreibern und nutzern, der Gesellschaft,
Umwelt sowie ihren Sachwaltern den Architekturschaffenden. (Abb. 6)
EDV-Instrumente
Mit dem Entwurfswerkzeug EDV haben wir Architekten Instrumente von der
computergestützten Grundlagenermittlung, d.h. Informations- und Datenerfassung,
Simulation, über die virtuelle und mediale CAD-Entwurfsarbeit, EDV-Gebäüdesystemtechnik
bis zur CAFM-Gebäudebewirtschaftung um nachhaltige reale Planungs-, Bau-,
Bewirtschaftungs- und Rückführungsleistungen für Gebäude leisten zu können.
Auf der Grundlage von Informations- und Kommunikationsträgern wie Gebäudedatenbanken als
Projektmodule können alle alphanumerischen und graphischen Gebäudedaten erfasst,
simuliert, entworfen, verwaltet, gesteuert und geregelt, neudeutsch gemanagt"
werden. Ziel für Städtebau, Neu- und Altbauten ist damit ein Werkzeug für die
Optimierung von Architektur-, Umwelt-, Ökonomie und Nutzeraspekten. Nachhaltiges
Entwerfen heißt ein riesiges Markpotential zu erschließen um nicht weiter, polemisch
gesprochen, auf die ersten drei Leistungsphasen der HOAI" beschränkt zu
werden, sowie von Entwurfs-Ahnungslosen" sogenannten Gebäudemannagern
(FM-Manager usw.) und anderen Ingenieurbranchen den Bauherren gegenüber aus der Kompetenz
für ganzheitliches Entwerfen entbunden zu werden. (Abb. 7)
Entwurfsgerechtes Facility Management
Unter dem Begriff Facility Management versteht man das umfassende Instrument zur
Unterstützung von kaufmännischen, infrastrukturellen und technischen Aktivitäten
zwischen entwurflicher und baulicher Konzeption bis zum Abriß von Gebäuden oder anderen
baulichen Anlagen (Abb. 8)
Facility Management (FM) bezieht sich auf den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes,
beginnend mit der Projektentwicklung, der Planung und der Erstellung des Gebäudes, sich
fortsetzend mit dem Betreiben, Nutzen o.ä. und endet mit der Rückführung in den
Wertstoffkreislauf. Dabei werden alle anfallenden Aufgaben und Prozesse nicht separat
betrachtet, sondern im Sinne der Nachhaltigkeit entworfen.
Ein Gebäude in seinem gesamten Lebenszyklus und nicht nur in der Planungs- und
Bauphase- eröffnet Architekten die große Chance im Folgenden mit notwendigen Planungs-
und Bauprozessen über den Gebäudelebenszyklus beauftragt zu werden. Diese Kontinuität
in der Planung ermöglicht ein durchgehendes Qualitätsmanagement für das Gebäude,
dessen Eigentümer, Betreiber und Nutzer. Dies hat sowohl positive Wirkung auf die
Wertschöpfungskette des Gebäudes als auch eine Verlängerung der Wertschöpfungskette
für Architekten zur Folge. (Abb. 9)
Ziel von FM ist, bei Planung, Bau, Nutzung, Sanierung und Abriß von Gebäuden den
Nutzen zu mehren und den Aufwand zu verringern. Dieses zentrale Ziel von FM ist
deckungsgleich mit den entwurflichen Zielen der Nachhaltigen Architektur.
Architekten sind sicherlich weit mehr berufen und qualifiziert FM als Ganzes kompetent zu
leisten als viele andere sog. FM-Manager mit der Kompetenz für Teilbereiche. Architekt
sein heißt nicht nur Gebäude entwerfen, sondern diese auch richtig zu planen und deren
Bau umfassend koordinieren und leiten zu können bis zur Instandhaltung, -setzung,
Modernisierung und insbesondere Bewirtschaftung. Die Aufgaben des FM sind sehr verwandt
mit den originären Architektenaufgaben uns stellen ein riesiges Marktpotential dar, - die
Kompetenz der Architekten mit dem höchstem Leistungsgrad- , dem entwurfsgerechten FM gilt
es zu erarbeiten und zu beweisen. Die klassische Architektentätigkeit wird dadurch
verändert und erweitert, so wird die DIN 18960, die die Betriebskosten von Gebäuden zum
Inhalt hat, gegenüber der DIN 276, die die Entstehungskosten betrachtet, immer wichtiger
werden und bei der Beurteilung von Architektenleistungen eine größere Rolle spielen.
Architekten waren in der Historie und sind es zum großen Teil noch heute Generallisten,
aus diesem Gedanken heraus ist es nur konsequent entwurfsgerechtes FM im Berufsbild, der
Aus-, Fort- und Weiterbildung von Architekten zu sehen. Entwerfen bis ins
Detail" kann und sollte auch als umfassende Werk- und Dienstleistung bei
ganzheitlichen Gebäude-betrachtungen verstanden werden (Abb. 10)
Der breite Einsatz von EDV-gestütztem, entwurfsgerechtem FM durch Architekten ist
künftig bei großen Gebäuden, Liegenschaften und der Stadtentwicklung unverzichtbar. Der
Einsatz von CAFM Systemen gekoppelt mit dem Entwerfen im Planungsprozess dient dabei zur
Datenerfassung, -bewertung, -regelung und steuerung. Sofern mit der Verbreitung von
FM-Systemen auch die Schnittstellenstandardisierung insbesondere zum Entwerfen einhergeht,
ist neben der Gebäudebewirtschaftung auch für den Planungs- und Bauprozess selbst eine
künftig effizientere Nutzung von Planungsdaten zu erwarten. Planungsdokumente werden dann
als Datenbank (EDV-Projektmodul) nur noch einmal integral und interdisziplinär
angefertigt aber mehrfach genutzt.
FM ist nicht nur die Nutzung von EDV sondern basiert auf der Erarbeitung eines Konzeptes,
insbesondere des Entwurfskonzepts, das mit Hilfe von Managementmethoden die verschieden
Abläufe und Aktivitäten vor, innerhalb und nach dem Gebäude integriert. Die Betrachtung
isolierter Lösungsansätze schöpft bei weitem die zukünftigen Möglichkeiten von FM
nicht aus.
Die Herausforderung für die Architektenschaft besteht darin daß sie die durch das
nachhaltige Entwerfen auf das FM und damit verbundenen Leistungen nicht als Einschränkung
betrachten sondern sich ihrer geradezu als Argumente im Bemühen um Entwurfsqualität
bedienen.
Was ist denn nun Entwerfen?
Entwerfen fürs nächste Jahrtausend heißt deshalb für mich, die vorhandenen
Werkzeuge in-telligent zu nutzen, komplexe Städtebau- und Gebäudekonzepte erfordern
ganzheitliche Entwurfstools, -methoden, -prozesse, -beteiligungsstrukturen und
ziele, da Architektur als Ganzes bekanntlich mehr als die Summe seiner Teils ist.
Wenn wir nicht nur von Gebautem sondern von Architektur vor dem Hintergrund des
schwindenden Neubaus, dafür steigenden Altbau- und nachhaltigen Entwicklungsaufgaben
sprechen, sollten wir Architekten als Steuermänner/-frauen (griech. Kybernetis) uns
kompetent diese Stellung wieder zurückerobern, denn globale Akzeptanz und
architektonische Qualität stehen im skizzierten Wandel.
Dieser geleistete Beitrag zur aktuellen, grundsätzlichen Frage: Was ist Entwerfen?, gibt
keine Patentantworten, sondern zeigt, das der dargestellte Weg ein Ziel für
Entwerfer/-innen sein Kann im wandelnden Berufs-, Aufgaben und Leistungsbild der
Architekten. Denn ist nicht die architektonische Realität eine Bewegung, die Gegensätze
einschließt Innerhalb dieser Gegensätze eine Ordnung zu entdecken und dieser Ordnung
virtuell, medial und real eine Gestalt zu entwerfen, das war, ist und wird unsere
originäre Architektenaufgabe sein und beantwortet für mich die Frage nach dem Entwerfen
aus meiner Sicht. (Abb. 11)
Eine aktuelle Forschungsarbeit mit dem Thema: Nachhaltiger
Sanierungsprozeß" interdisziplinär an der Fachhochschule Hannover, unter Leitung
des Autors sowie zweier Kollegen aus dem Maschinenbau und dem Bauingenieurwesen,
gefördert durch die EU (EFRE) und das Land Niedersachsen (MWK), ist zu der dargestellten
Thematik in Bearbeitung. (Abb. 12)
Literatur:
Ulrich Elwert, Das Leistungsbild des FM aus der Sicht der
HOAI, DAB 11/97
Elwert, Haack, Meyer zu Allendorf, Pfeiffer, Pfennig,
Weidemann, FM... oder was?, DBZ 11/97
Martin Pfeiffer, Kybernetische Sanierung, bausubstanz 3/94
Martin Pfeiffer, Ökologiekonzepte für Bürogebäude, das
bauzentrum 4/94
Martin Pfeiffer, Prozeßmanagement für Architekten, DAB
9/101998, Region Niedersachsen
Martin Pfeiffer, Facility Management, in:
Niedrigenergiehäuser, Forum Verlag 1999
Pfeiffer, Nordmann, Zapke: Nachhaltiges Sanierungskonzept,
Zwischenbericht
Forschungsarbeit, Hannover/Nienburg 1999
Harmut Potreck, FM Hoffnungsträger in einer
schlechten Baukonjunktur ?, DAB 11/98
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