Zum
Interpretieren von Architektur Konkrete Interpretationen 13. Jg., Heft 1, Mai 2009 |
___Henrik
Hilbig Dresden |
„Wege zu einem neuen Baustil...“ Interpretation zwischen Deutung und Handeln am Beispiel anthroposophischer Architekten zwischen 1925 und 1939 |
Ein Thema wie „Interpretieren von Architektur“ dürfte bei vielen architekturtheoretisch
interessierten Lesern sofort Assoziationen zu Juan Pablo Bontas Buch „Über
Interpretation von Architektur“[1]
wecken. Es gehört heute bereits zum kanonisierten Repertoire der Reflexion
über Architektur und über ihre Interpretation. Dies umso mehr, als Bontas
Methode – sehr vereinfacht gesagt – ein Bild erzeugt, das wohl dem Alltagsverständnis
von „ausdeutendem“, „übersetzendem“ Umgang mit Bauwerken am nächsten kommt:
Auf der einen Seite stehen die Formen eines Gebäudes und auf der anderen
Seite wird vom Betrachter etwas hinein interpretiert, werden die Bauwerke
als gut oder schlecht bewertet. Dabei untersuchte Bonta nur das „akademische“ Sprechen über Architektur anhand einer beeindruckenden Menge von baugeschichtlichen und architekturtheoretischen Texten. Die subtileren Beziehungen, die z. B. zwischen Bauherren und Bauwerken bestehen, werden genauso wenig ausführlicher beleuchtet wie die Rolle des Architekten im „Auf und Ab der Formen“. Dies mag seinen Grund in der Methode Bontas und dem daraus entwickelten Modell haben. Ausgehend von den in einem Entwurf entwickelten Formen (Phase 1), werden erste – sprachliche – vorkanonische Interpretationsversuche unternommen (Phase 2), die dann zur Klassifikation (Phase 3) und zur Kanonisierung (Phase 4) führen sollen. Diese Einteilung ist sehr praktisch und leicht anwendbar. Sie hat aber einen Nachteil: Sie beschreibt die Wirklichkeit nur sehr ungenau. Bonta selbst relativiert sein Modell im Epilog: „Es gibt die ganze Zeit über viel mehr Wechselbeziehungen, viel mehr gegenseitigen Austausch als durch die begrenzte Anzahl von Modellphasen erfasst werden kann. Auch der Entwurfsprozess selbst kann als Kette schnell aufeinander folgender Zyklen verstanden werden, in denen der Architekt zwischen Entwerfen und Interpretieren ständig wechselt.“[2] Damit bleibt Bonta der Überschrift von der Architektur auf der einen Seite
und ihrer Interpretation auf der anderen treu, kommt aber – betrachtet
man den Entwurfsprozess – der Praxis der Architekten sicher sehr viel
näher. Letztlich beschreibt dieses Konzept jedoch immer noch nicht genau,
wie denn nun die Formen in die Architektur kommen, wie sich jene Ähnlichkeiten
in Bauten einer Zeit entwickeln, die dann irgendwann gesehen und „erklärt“
werden können. Denn ist Entwerfen und Bauen tatsächlich das Gegenstück
zur Interpretation? Oder bedeutet Interpretieren nicht auch Übersetzen;
das heißt, Einbeziehen von Fremdem in den eigenen Horizont, Verknüpfen
mit als gesichert empfundenem Wissen? Und wenn dem so wäre, was würde
es bedeuten, wenn auch das praktische Handeln des Planers, das Entwerfen,
nur eine Verknüpfung von „Formen“ mit den sprachlichen Fixpunkten wäre,
die er und sein soziales Umfeld als wesentlich und stabil empfinden? „Gesetzgeber werden solche Bauten sein. Und dasjenige, was nicht erreichen können äußerliche Veranstaltungen, das werden erreichen die Formen dieser unserer Gebäude!“[19] |
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Abbildung
1: s. Link Abbildung 2: Rudolf Steiner u. a., Glashaus, Dornach, 1913/1914 Abbildung 3: Rudolf Steiner / Ernst Aisenpreis, Haus Schuurmann, Dornach, 1924/1925 Abbildung 4: Rudolf Steiner u. a., Haus Duldeck (Haus Grosheintz), Dornach, 1915 bis ca. 1918 |
Zwischen
1913 und 1925 entstanden so in Dornach und im Nachbarort Arlesheim über
ein Dutzend Gebäude, zu denen Steiner selbst das Modell und die Skizzen
geliefert oder bei denen er mehr oder weniger beratend zur Seite gestanden
hatte. Dabei muss gesagt werden, dass er zu fast allen Projekten rund um
den Hügel um Rat gefragt und im Nachhinein daraus oft seine Urheberschaft
abgeleitet wurde. Besonders beim „Johannesbau“, dem späteren Ersten Goetheanum
(Abbildung 1) wird die
Problematik deutlich: Zuerst in München als Aufführungsstätte für die Mysteriendramen
Steiners durch den damals noch theosophischen Architekten Carl Schmid-Curtius
nach einer vagen Angabe Steiners detailliert geplant[20]
und dann für den Dornacher Hügel modifiziert, erfolgte die Beteiligung Steiners
vor allem im Innenausbau und den plastischen Details. Schmid-Curtius verließ
die Baustelle Mitte 1914 unter nicht ganz klaren Umständen,[21]
worauf seine wesentliche Beteiligung an den Planungen mehr und mehr in Vergessenheit
geriet. Gerade die unter direkter Mitarbeit Steiners entstandenen Bauten im Umfeld des Goetheanum zeigen allerdings das Problem des Anspruchs, einen neuen Baustil aus anthroposophischem Kunstwollen zu entwickeln: Vergleicht man z. B. das Glashaus (Abbildung 2),[22] das 1914 als Atelier zum Schleifen der Glasfenster des Johannesbaus entstand, und Haus Schuurmann (Abbildung 3),[23] gebaut 1924/25, so mag man nicht glauben, dass beide von einer Hand aus den gleichen Impulsen heraus modelliert bzw. skizziert wurden. Selbst die Anwendung des Metamorphosegedankens im Sinne Steinerscher Goethe-Interpretation[24] zur Erklärung der großen formalen Differenz zwischen den beiden Gebäuden dürfte gerade bei unbefangener Betrachtung zu keinem Ergebnis führen, es sei denn, man resignierte mit dem Schluss, durch „Metamorphose“ könne man eben alles aus allem entwickeln.[25] Aber das war die Situation, vor der die Mitarbeiter des Baubüros am Goetheanum im März 1925 standen. Es waren Architekten aller Ausbildungsgrade, einige Ingenieure und verschiedene Künstler, die zum Teil bereits seit 1914 am Johannesbau in Dornach mitgeplant hatten wie Ernst Aisenpreis und Hermann Ranzenberger, zum Teil Praktikanten oder temporäre Mitarbeiter, einige bereits im Architekturbüro von Mutach und Bay[26] geschult. In der Grundtendenz handelte es sich um junge Architekten, zum Teil Studenten, die sich aus dem Umfeld der anthroposophischen Bewegung heraus, sicher auch getragen von der Aufbruchstimmung jener Jahre, begeistert zur Mitarbeit entschlossen hatten. Dabei sahen sie sich ganz konkret als Baukünstler beauftragt und berufen, für die Entwicklung und Verbreitung des von Steiner inaugurierten neuen Stiles zu sorgen. Denn bei aller Befürwortung von freier Entfaltung des menschlichen Wollens innerhalb der anthroposophischen Bewegung stand doch fest, dass es intensiver Schulung bedurfte, um in die spirituellen Geheimnisse der verschiedenen Lebensbereiche anthroposophischer Kulturentwicklung einzudringen. Das hieß, dass die potentiellen Nutzer über die Ausgestaltung ihres neuen Heims oder ihrer Arbeitsstätte nur innerhalb bestimmter Grenzen mitentscheiden durften. Die Hauptarbeit wurde den Architektur-Schülern Steiners überlassen, die dann die Freiheit ihrer Individualität „in den Dienst einer höheren Objektivität“ stellten.[27] Diese Aufgabenteilung, die von beiden Seiten akzeptiert wurde, hatte den Nachteil, dass für den Bauherren der formale Aspekt gegenüber praktischen Erwägungen, wie Baukosten und Grundstücksausnutzung, zweitrangig werden konnte und damit auch die Wahl des Architekten eher von seinen Qualitäten auf diesen Gebieten abhing. Dazu kam vermutlich, dass viele Freunde der anthroposophischen Bewegung nicht unbedingt ihre Weltanschauung so deutlich nach außen zeigen wollten, wie es sich Steiner in seinen Grundsätzen für die Anthroposophen-Kolonie vorgestellt hatte. Die ersten Versuche in Richtung anthroposophischer Wohnbauten, wie das Haus Duldeck (Abbildung 4),[28] waren sehr auffällig und dürften ihre Bewohner außerhalb Dornachs, z. B. in der gutbürgerlichen Umgebung der Arlesheimer Villenquartiere, ungewünscht herausgehoben haben. Wollten die anthroposophischen Architekten also in einem weiteren Aufgabenrahmen bis hin zu Bahnhöfen, Warenhäusern oder Leuchttürmen[29] bauen und so den Architekturimpuls Steiners zum Wohle der Menschheit tatsächlich in die Welt tragen, so benötigten sie dafür potente und verständnisvolle Bauherren. Insofern mussten sie die zum Teil divergierenden Angaben Steiners zur Aufgabe der Baukunst in der Menschheitsentwicklung, die disparaten Beispiele seiner Bauten und die Wünsche der möglichen Bauherren nach praktischen, preiswerten Bauten, die ihnen die Verwirklichung ihrer Vorstellungen von „gutem Leben“ ermöglichen sollten, zusammenführen. Ihre Ziele waren in eine für die zur Verwirklichung notwendigen Partner verständliche Wort- und Bild-Sprache zu übersetzen. Dieser Prozess verlief allerdings nicht so eindeutig, wie es hier angedeutet wurde. Im Gegenteil spielte er sich in den nächsten Jahren in vielen kleinen Schritten, an ganz konkreten Aufgaben, auf verschiedenen Ebenen mit Akteuren ganz unterschiedlicher Zielsetzung ab. Am Ende stand dann tatsächlich so etwas wie ein neuer Stil: die spezielle Ausformung von Gebäuden, die jenseits reiner Detailübernahmen eine gemeinsame Gestalt besitzen sollten. „Das alte und das neue Goetheanum“[30] |
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Abbildung 5: Rudolf Steiner / Baubüro am Goetheanum, Zweites Goetheanum, Dornach, 1924-1928 Abbildung 6: Rudolf Steiner u. a., Eurythmeum (Rudolf-Steiner-Halde), Dornach, 1923 |
Am
Anfang ging es jedoch noch nicht darum, Bauherren zu finden, sondern die
bereits fortgeschrittenen Planungen für das Zweite Goetheanum (Abbildung
5) zu vollenden und mit dem Bau zu beginnen. In den Räumen des Baubüros
stand das von Steiner im Frühjahr 1924 plastizierte Modell des Goetheanum-Neubaus,
das keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem abgebrannten Bau aufwies.[31]
Es waren Details zu lösen, bei denen nun nicht mehr Steiner um Rat gefragt
werden konnte, wie z. B. bei den Höhenänderungen im Dach aufgrund der Behördenwünsche
und des Schnürbodeneinbaus.[32]
Es galt, die in den Jahren zuvor beim Ersten Goetheanum und den Nebenbauten
gewonnenen Erfahrungen in praktischer wie gestalterischer Hinsicht anzuwenden
und neue Erfahrungen vor allem mit dem Betonmaterial zu gewinnen. Dies konnte
einzig im intensiven Austausch innerhalb des Baubüros geschehen. Aber nicht nur intern hatten die Architekten formale und praktische Probleme sprachlich zu fassen, sondern auch von außen kam die Anforderung, das eigene Tun für andere als sinnvoll und logisch darzustellen. Dabei waren bauliche Details, Formelemente und aus praktischen Erwägungen getroffene Entscheidungen mit größeren Bedeutungskomplexen zu verknüpfen, die je nachdem von anthroposophischen Laien oder außen stehenden Fachleuten bereits anerkannt waren, d. h. die von den Adressaten überhaupt verstanden und akzeptiert werden konnten. So hatte die Veröffentlichung der Neubaupläne heftige Reaktionen bei Schweizer Heimatschützern und Architektenverbänden hervorgerufen. Angesichts der immer wieder gezeigten, nicht sehr ansehnlichen ersten Seiten-Perspektiven sind diese nur verständlich; umso mehr, wenn man sich die Architekturvorstellung jener Jahre anhand eines Querschnitts zeitgenössischer Bauzeitungen verdeutlicht. Die „windschiefen Dachflächen und Flächen“, die „verschobenen Fenster“ konnten vermutlich kaum anders als „direkt abstoßend und hässlich“[33] gesehen werden (Abbildung 6). Allerdings galten die meisten Angriffe weniger den Formen und der Rettung einer nationalen Gedenkstätte auf dem „Bluthügel“[34] vor architektonischen Missgriffen, denn der „geistigen Landesverteidigung“ gegen die meist ausländischen, oft deutschen Anthroposophen mit ihrem unverständlichen „Tempel“.[35] Insofern dürften auch die noch von Steiner selbst gegebenen Hinweise auf die wesentlich bessere Einfügung des neuen Baus in die Landschaft mit dem gestuften Dach als Aufnahme der Juraformen oder dem Betonmaterial und seiner Ähnlichkeit mit dem Kalkstein der Gegend nicht viel bewirkt haben.[36] Immerhin kämpfte mit dem Stuttgarter Baugeschichtsprofessor Ernst Fiechter (1875-1948) eine fachlich anerkannte Persönlichkeit für den neuen Bau[37], deren Autorität wenigstens bei Fachpersonen eine entspanntere Betrachtung auslösen konnte. Wesentlicher für das Zustandekommen des Zweiten Goetheanum als diese Begründungsversuche waren vermutlich die wirtschaftliche Bedeutung des anthroposophischen Zentrums für die Region und die damals fehlende juristische Handhabe gegen das Bauvorhaben. Nebenbei sei bemerkt, dass der Kampf gegen den Neubau auf dem Hügel wichtige Anstöße zur Institutionalisierung des Heimatschutzes in der Nordwestschweiz gegeben hat, jenes Heimatschutzes, der heute auch über die Steiner-Bauten in Dornach wacht. Trugen die Erklärungsversuche des Architekturwollens auf dem Hügel vielleicht nicht viel zur Lösung des Problems bei, so stärkten sie doch die interne Verbindung mit dem Neubau und festigten bestimmte Deutungsmodelle innerhalb der am Bau Beteiligten. Dies war umso notwendiger, weil auch in der anthroposophischen Bewegung Überzeugungsarbeit geleistet und Verbündete gewonnen werden mussten. Da die Versicherungsgelder für den Neubau und seinen Ausbau nicht reichten, wurden die Mitglieder der anthroposophischen Bewegung zu Spenden für das Goetheanum aufgerufen. Hierbei verbanden sich die Interessen von Architekten und Vorstand von Allgemeiner Anthroposophischer Gesellschaft. Stand für erstere der Wunsch, im Sinne Steiners ein Bauwerk mit ähnlicher Kulturbedeutung wie das Parthenon oder einer gotischen Kathedrale zu errichten, so bewegten letztere wahrscheinlich weniger die baulichen Aspekte als die Notwendigkeit, wieder eine Heimstätte, ein Zentrum für die Bewegung zu haben. Denn neben der Person Rudolf Steiner war es das Erste Goetheanum gewesen, das eine wichtige, den Zusammenhalt fördernde Aufgabe im Selbstverständnis der Anthroposophen besessen hatte, das zum Mittelpunkt anthroposophischer Identität geworden war und die zum Teil sehr divergierenden Strömungen innerhalb der Gesellschaft zusammenhielt. Das Modell des Neubaus stieß allerdings bei vielen Anhängern (wohl auch im Umfeld des Vorstands) auf Unverständnis. Nicht nur von Außenstehenden kam der Vorwurf der Hässlichkeit. Einzig der vom „Neid der Menschen“[38] geschürte Brand war es gewesen, der die Anthroposophen gezwungen hatte, in Beton einen wesentlich primitiveren, einfacheren[39] Schutzbau gegen die Angriffe der Gegnerschaft zu errichten, während das Erste Goetheanum mit seinen handgeschnitzten Details die Vollendung anthroposophischen Bauens darstellte[40]. Steiner selbst hatte in vielen Vorträgen vor und nach dem Brand dem Ersten Bau und (später auch) dem Brand einen besonderen Platz im Leben der Anthroposophen und der Anthroposophischen Gesellschaft zugewiesen.[41] Dagegen war der Zweite Bau unter anderem durch das Verwenden von „zwangsweise“ gezahlten Versicherungsgeldern (gegenüber den freiwilligen Spenden beim Johannesbau) bereits von Beginn an mit einem spirituellen Makel gezeichnet.[42] Deshalb wurde in den Berichten für die Mitglieder der Neubau hauptsächlich als Denkmal für Rudolf Steiner dargestellt, der (nur) aus diesem Grund fertigzustellen zu sei.[43] Andere Aspekte blieben meist unausgesprochen. Diese allgemeine Sicht in der Gesellschaft wurde sicher noch verstärkt durch persönliche Spannungen im Vorstand. Dort hatte vermutlich nur die Ärztin Ita Wegman (1876-1943), Steiners Vertraute in den letzten Monaten vor seinem Tod, den Entwurf zum neuen Goetheanum von Anfang an begeistert gutgeheißen.[44] Marie Steiner (1867-1948),[45] die der Beziehung zwischen ihrem Mann und der Begründerin der anthroposophischen Medizin reserviert gegenüberstand, dürfte dies noch mehr Grund gegeben haben, sich innerlich stärker mit dem ersten Bau zu verbinden. Mit der Veröffentlichung verschiedener Vorträge Steiners 1926 und zu Beginn der dreißiger Jahre[46] durch sie als seine Nachlassverwalterin wurden dann auch die Gedanken des Inaugurators des neuen Stils einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, auf die nun direkt Bezug genommen werden konnte. Dadurch bekam das Erste Goetheanum, das mit Texten und Abbildungen den Inhalt der meisten Vorträge bildete, ein größeres Gewicht gegenüber dem Zweiten Bau. Verstärkt wurde diese Tendenz durch öffentliche Vorträge des anthroposophischen Juristen Roman Boos (1899-1952), in denen er die Bedeutung des Zweiten Baus mit ähnlichen Argumenten wie bereits dargestellt zugunsten des Ersten deutlich herabsetzte.[47] „Vom Formgeheimnis des Goetheanum-Baustiles“[48] Die Vermittlung der Ziele des Vorstands, der Architekten und der Mitglieder erfolgte größtenteils durch die Leitung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Die Architekten waren vor allem mit den Arbeiten am Bau befasst. Eine in der Öffentlichkeit präsente Reflexion über das Tun innerhalb des Baubüros existierte bis zum Tode Steiners kaum. Die Deutungshoheit hatte weitgehend bei ihm gelegen, wobei ein Großteil seiner Vorträge zur Baukunst bis 1926 vermutlich nur wenigen Planern als Bezugspunkt in schriftlicher Form zur Verfügung stand. Einzig Hermann Ranzenberger, der vermutlich mit Steiner vertieft Bau- und Gestaltungsprobleme besprochen hatte, veröffentlichte seit Anfang der zwanziger Jahre in der Zeitschrift „Das Goetheanum“ Aufsätze zu architektonischen Fragen.[49] Er sollte ab 1925 eine wesentliche Rolle im Sprechen über den neuen Baustil spielen. Hilfreich waren dabei sicher zum einen die Autorität, die er sich durch die Beteiligung am Bau fast aller Gebäude auf dem Hügel und den regen Austausch zwischen ihm und Steiner gegenüber den anderen, meist nur temporären Mitarbeitern erworben hatte, zum anderen, dass er ab Ende der zwanziger Jahre nicht nur ein relativ erfolgreich praktizierender Architekt war, sondern auch den Willen besaß, seine Anschauungen öffentlich zu machen. Neben Ranzenberger waren es vor allem die Architekten Felix Durach (1893-1963), Felix Kayser und Georg Nemes (1900-1978), die in jenen Jahren wesentlich zur Ausformulierung, zur Vertiefung und Festigung einer Theorie der neuen Baukunst beitrugen. Sie stellten Verknüpfungen her, fügten neue, aktuelle Aspekte ein und ließen andere, „unlogische“ fallen. Bereits die frühen Artikel, die vor allem in der Wochenschrift „Das Goetheanum“, im Nachrichtenblatt „Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht“ und in der deutschen Zeitschrift „Anthroposophie“ erschienen, zeigten wesentliche Elemente, die das Sprechen oder besser Schreiben über Baukunst im anthroposophischen Umfeld der nächsten Jahrzehnte prägen sollten, auch wenn manchmal nicht auf den ersten Blick klar wird, was der Autor eigentlich meinte.[50] Da ist die Bezugnahme auf die großen Epochen der Architektur, ägyptischen und griechischen Tempel sowie gotische Kathedrale, die als Ausdruck der Geistesentwicklung der Menschheit mit deren Fortschreiten folgerichtig zum neuen Baustil führen müsse.[51] Der Beweis wurde in vielerlei Gestalt geführt, am Ende stand aber immer das gewünschte Ergebnis und das (Erste) Goetheanum war mal als geschichtlich folgerichtige Station dieser Baugedanken,[52] mal als Synthese aller bisherigen Baustile „vom indischen bis zum gotischen Stil“[53] erkannt. Es findet sich die in verschiedenen Aspekten beleuchtete Idee der Metamorphose in ihrer Anwendung auf die Baukunst unter Bezugnahme auf Goethe und/oder Steiner.[54] Damit konnte den Vorwürfen begegnet werden, die Ausformungen des neuen Baustiles wären subjektive, willkürliche Kunstgebilde. Im Gegenteil: „Nie hat Rudolf Steiner abstrakte, dekorative oder irgendwelche sonstigen Attrappen-Architekturformen geschaffen. Eine jeder seiner Formen, die kleinste wie die grösste haben einen konkreten Inhalt, sie haben einen konkreten Zusammenhang untereinander und sind alle entstanden aus einem konkreten Anlass heraus. Dass in seinen Schöpfungen die Forderung nach dem, was man äußere Zweckmäßigkeit und Utilität nennt, sowie die nach Materialgerechtigkeit und statischer Wahrheit erfüllt und mit berücksichtigt waren, ist eine Selbstverständlichkeit.“[55] (Fettdruck im Original kursiv, d. A.) Der Metamorphosegedanke bildete ein Konzept, dass als „exakte Methode“
im baukünstlerischen Schaffen,[56]
die Freiheit des Architekten (ohne starre akademische Formvorgaben) mit
notwendigem Könnertum (also Ausschluss von Laien) gegen die scheinbare
Willkür, die Regellosigkeit, das Chaos[57]
der zeitgenössischen Architekturwelt gewährleistete. Es waren die ewigen,
kosmischen Formgesetze, die Gesetze des „Organischen“, die nach dieser
Ansicht die Wahrhaftigkeit der Steinerschen Formensprache begründeten. „Ich gehöre nicht zu denen, für welche ein industrielles Produkt eo ipso ungeistig wäre, im Gegenteil, aber ich sehe in Bauten wie Medelssohns [sic!] `Einsteinturm´ und in Rudolf Steiners Projekten die Versuche, ein anderes Element, eine aus geistigen, nicht materiellen Voraussetzungen entwickelte Form zur Herrschaft zubringen.“[63] Im Kampf für einen neuen, „lebendigen“ Baustil konnte es vorkommen, dass man am Ende gar nicht so weit entfernt von den Argumenten derer landete, die man eigentlich bekämpfte. So wenn Georg Nemes der „nur zweckmäßigen“ Moderne das ihr fehlende künstlerische Element entgegenhielt und dieses für den Goetheanum-Baustil reklamierte: „Die früheren Baustile hatten alle ein eng begrenztes System von Formen. Sie mußten immer einem anderen weichen, wenn die Bewußtseinsentwickelung der Menschheit weitergeschritten war. – Der goetheanistische Gestaltungsimpuls Rudolf Steiner’s [...] ist kein ‚Stil’ im alten Sinne. Er hat keine bestimmten, starren Formgesetze, sondern lebt im ständigen Werden, und die Prinzipien seiner Ausgestaltung werden an der Aufgabe immer neu gewonnen. Er kann auch nicht durch einen neuen „Stil“ abgelöst werden, denn in ihm mag sich der Geist in seinem schöpferischen Reichtum unmittelbar auszugießen, stets aufs Neue zu wandeln und immer gegenwärtig zu bleiben. – Die ihm zugrunde liegende Metamorphoseidee ist das Prinzip des Lebens selber.“[64] Die angesprochenen Vertreter des Neuen Bauens hätten mit Änderung nur weniger
Worte sicher ähnliches von ihren Bestrebungen aussagen können. „Es war deshalb und wird deshalb auch niemals der Fall sein, dass etwa der Unterzeichnete [sic!] von den lebendigen Intentionen, welche Rudolf Steiner für die Architektur gegeben hat, abweicht zu Gunsten `einer offeneren Modernität´, wie er sie nach dem erwähnten Aufsatz (von P.M.) in seinen Arlesheimer Bauten getan haben soll. Es gibt nichts Moderneres und in die Zukunft weisenderes als der [sic!] Goetheanumbaustil.“[73] Peter Meyer zog daraus den Schluss, dass eine Diskussion auf dieser Basis
selbstverständlich weder fruchtbar noch möglich sei und überließ der Zukunft
das Urteil.[74]
Vielleicht lag das Problem aber auch in einem Denkfehler Meyers, denn
möglicherweise geht es beim Schaffen von Architektur und beim Sprechen
darüber gar nicht um eine objektive Logik, die allen Fragen standhält,
sondern darum, dass das Gerüst aus Zielen, Mitteln und notwendigen Elementen
für die in einem gemeinsamen „Denkraum“ Handelnden in sich stimmig ist.
Die Fehlstellen darin können übersehen werden (sofern nicht jemand wie
P. M. darauf weist) wie alles jenseits des Horizonts ganz aus der Wahrnehmung
fällt. An den Dornacher Reaktionen sieht man, wie dicht das gedankliche
Netz bereits geworden war. Man erkennt aber auch, dass die als Angriff
empfundenen Gedanken Meyers immer noch pariert werden mussten. Gleichzeitig
scheinen diese Reaktionen gar nicht nur nach außen gewandt, sondern auch
innere Abgrenzungen bewirkt zu haben (besser als jede interne Diskussion):
zum einen eine weitere Festigung des argumentativen Netzes in der deutlichen
Ablehnung der Vergleiche mit Jugendstil und anderen formal ähnlichen Tendenzen
der Baugeschichte einschließlich „stichhaltiger“ Begründung, zum anderen
im Beweis Ranzenbergers, dass er tatsächlich (noch) dazu gehörte und nicht
etwa bereits einer „offeneren Modernität“ nachstrebte. |
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Abbildung 7: Hermann Ranzenberger, Umbau Haus Efringerweg 2, Dornach, Anfang 1920er Jahre Abbildung 8: Carl Kemper / Otto Moser, Haus Jewsiejenko, Dornach, um 1930 Abbildung 9: Mieta Waller-Pyle / Ernst Aisenpreis, Anthea-Institut, Dornach, um 1928 Abbildung 10: Hermann Ranzenberger, Eingangsbereich Haus Messmer, Dornach 1936 |
Gegenüber den schriftlichen Quellen, die zur Veröffentlichung bestimmt waren
und veröffentlicht wurden, ist der Zugang zum praktischen Schaffen der ersten
anthroposophischen Architektengeneration nicht so einfach. Eine wissenschaftliche
Aufarbeitung hat überhaupt noch nicht stattgefunden und die wenigen Angaben,
die es über die „organischen“ Häuser in Dornach gibt,[76]
sind zum Teil nicht stimmig. Ein weiteres Problem besteht in der Abgrenzung
von anthroposophischen und nicht-anthroposophischen Bauten. Denn während
die Texte über den neuen Baustil durch ihren Erscheinungsort und die Wortwahl
meist deutlich als solche zu identifizieren sind, ist dies bei den Gebäuden
nur im Rückblick erkennbar, das heißt aus der Situation einer bereits fertigen
Deutung heraus. Möglicherweise entstanden verschiedene Bauten in „anthroposophischem
Bauwollen“, gehörten aber zu den bereits von Steiner in einem Brief an den
Architekten und Stadtplaner Walter Schwagenscheidt (1886-1968) kritisierten
„Scheußlichkeiten“.[77]
Das vermutlich Anfang der zwanziger Jahre von Hermann Ranzenberger in Dornach
„anthroposophisch“ umgebaute Haus Efringerweg 2 (Abbildung 7) dürfte als
eine solche frühe Ausformung gelten. Insofern müsste auch eine Untersuchung
der formalen Entwicklung bei den anthroposophischen Bauten mit vielen Abbildungen
und wenig Text unterlegt werden, was an dieser Stelle nicht zu leisten ist.
Deshalb sei das Entstehen des „anthroposophischen Baustils“ hier nur mit
wenigen Beispielen kurz skizziert. Nach Abschluss des Goetheanum-Rohbaus 1928, dessen Fertigstellung im Inneren in kleinen Schritten die nächsten Jahrzehnte andauern sollte, machten sich viele der am Bau beteiligten Planer selbständig oder arbeiteten in den Büros der Kollegen mit. In Dornach prägten in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre das Büro Otto Mosers und jenes Hermann Ranzenbergers das Baugeschehen auf dem Hügel. Daneben entstanden auch Bauten, die (meist in Modellform) von anderen Beteiligten aus Baubürozeiten entworfen worden waren, so von den Malern Carl Kemper (1881-1957) (Abbildung 8) und Mieta Waller-Pyle (1883-1954) (Abbildung 9). Die Ausführung erfolgte meist durch Otto Moser oder Ernst Aisenpreis. Die wirtschaftliche Situation hatte sich in Mitteleuropa, vor allem Deutschland, wo die meisten Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft beheimatet waren, wesentlich gebessert, und auch die Lage auf dem Hügel stabilisierte sich zur Zeit des Abschlusses der wesentlichen Arbeiten an der „Hochschule für Geisteswissenschaften“. In den Jahren zuvor waren einige Bauten für Anthroposophen entstanden, die aber oft im „Stil der Zeit und des Ortes“ gehalten waren, d. h. einen schlichten Klassizismus mit Heimatstilelementen zeigten. Daneben errichtete manBauten wie das Haus Wachsmuth von Otto Moser, das heute nur anhand weniger Details der Hügelarchitektur zugeordnet werden kann. Waren die Autoren der Texte zum anthroposophischen Bauen relativ frei in dem, was sie schreiben wollten (sieht man von einem bereits bestehenden „Denkrahmen“ ab, der eingehalten werden musste, damit die Artikel überhaupt in den anthroposophischen Zeitschriften veröffentlicht wurden), so war das Planen und Bauen mit wesentlich stärkeren Hindernissen in Form von Bauherrenwünschen und praktischen Erwägungen verbunden. Die Architekten standen mit ihren Vorstellungen von den „richtigen“ Formen im neuen Baustil den Forderungen der Bauherren gegenüber, die ihr Haus als gute Anthroposophen möglicherweise im Sinne Steiners gestaltet wissen wollten, die aber über ein begrenztes Baubudget verfügten und vor allem ihr Leben im neuen Heim nach ihren Vorstellungen von einem guten Leben führen wollten. Das hieß für die Planer, mit Kreativität und Phantasie die Wünsche des Bauherren mit ihrer eigenen Sicht auf Sinn und Zweck von Architektur zu verknüpfen. Es galt, die Bauwilligen auf ihre Seite zu bringen, um mit ihrer Hilfe das zu bauen, was sie als Planer (noch unklar) als richtig ansahen, und die Vorstellungen der Geldgeber so zu gestalten, dass sie zur Ausformung der undeutlichen Ideen von guter anthroposophischer Architektur wurde. Viele Details der damaligen Verhandlungen zwischen Bauwilligen und Baukünstlern können heute nicht mehr rekonstruiert werden. Gegenüber den hehren Ansprüchen der Baukünstler in ihren Artikeln waren die Forderungen der Auftraggeber wohl eher banal, wie z. B. ein Brief des Publizisten Willy Storrer (1895-1930) an Hans Reinhart (1880-1963) zeigt:[78] Es geht darin nicht um die Wichtigkeit des Metamorphosegedankens für die Menschheitsentwicklung, sondern um das Raumprogramm, die Größe der Zimmer und ihre Nutzung sowie die Möglichkeiten, durch Vermietung von Räumen einen Zuschuss zur Zeitschrift „Individualität“ zu erhalten, die Storrer und Reinhart herausgaben. Als Architekt war Otto Moser gewählt worden, da er als „erprobt und zuverlässig“ galt und sehr rationell bauen würde. Wahrscheinlich waren die Verhältnisse zwischen praktischen Wünschen und deren Ausformung bei anderen Bauwilligen ähnlich. So erstaunt es auch nicht, wenn 1936 Otto Messmer explizit für sein außerordentlich feines Verständnis und seine große Freigebigkeit gedankt wird,[79] die zum Entstehen seines bis ins Detail gestalteten Wohnhauses in Dornach (Abbildung 10) maßgeblich beitrugen – Messmer war nach dem Bau allerdings finanziell ruiniert.[80] Sicher aus diesem Kontext heraus zeigen sich die Grundrisse der anthroposophischen Bauten erstaunlich „normal“. Die eine oder andere Ecke mag gegenüber dem typischen Landhaus jener Jahre zusätzlich zu finden sein, aber das gutbürgerliche Raumprogramm (wenn es die Mittel erlaubten einschließlich Dienstboteneingang und -wohnung) wurde fast immer integriert.[81] Immerhin ist an vielen Grundrissen ein Detail tatsächlich typisch anthroposophisch: das Vorhandensein eines Ateliers, „oft mit hellem Fichten- oder Birkenholz ausgekleidet. In diesem Raume wird Eurythmie, Musik oder sonstiges Studium gepflegt, er dient dem geistigen Leben seiner Bewohner.“[82] Eine anthroposophisch „erweiterte“ Grundrissentwicklung fand im Zuge der Diskussion um den neuen Stil also kaum statt. Der Schwerpunkt lag auf der äußeren und inneren baukünstlerischen Gestaltung. Ebenso wurden die in der Anfangszeit hin und wieder geplanten Unterkünfte für finanziell weniger bemittelte Mitglieder kaum mehr thematisiert. Das Angebot an preiswerten Räumen für Tagungsgäste und Studenten übernahmen dafür mehr und mehr die neu gebauten Privathäuser und Pensionen. Angesichts der durch Steiner initiierten sozialen „Dreigliederungsbewegung“ und Gesellschafts-Mitgliedern wie Adolf Messmer (1874-1948), einem Pionier der Schweizer Baugenossenschaftsbewegung,[83] erstaunt das geringe Engagement der Dornacher Architekten in der damals intensiven Diskussion um Kleinhäuser für Arbeiter oder „Wohnungen für das Existenzminimum“. Mietwohnungen scheinen die Phantasie der Baukünstler wohl weniger beflügelt zu haben als die „zeitgemäßen Bauaufgaben“ Bahnhof oder Warenhaus. Ohne deutliche Vorbilder, mit einem im Detail vagen Bedeutungsgerüst und den Forderungen der Bauherrschaft im Nacken bedeutete der Entwurfsprozess in der ersten Zeit für die Architekten eine immerwährende Suche nach der „richtigen“ Lösung der jeweiligen Bauaufgabe. Otto Moser beschrieb es 1933 so: „Man bestrebt sich, den Aufgaben, die an einen herankommen, so gut man vermag, gerecht zu werden. Dies gelingt das eine Mal besser, das andere weniger gut.“[84] |
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Abbildung 11: Dach-Wand-Übergang am Eurythmeum Abbildung 12: Otto Moser, Haus "Zu den sieben Zwergen", Dornach, um 1928 Abbildung 13: Hermann Ranzenberger, Haus Dall'Armi, Arlesheim, um 1930 Abbildung 14: Erwin Drescher, Haus Rust, Dornach, 1934 |
Für Mosers Bauten bedeutete das vor allem eine gesamthafte oder im Detail
deutliche Ausrichtung auf das Goetheanum hin (selbst wenn dieses hinter
einem Hügel verborgen lag) und eine spürbare Einbindung in das Terrain.
Dies hatte in Teilbereichen auch asymmetrische Lösungen zur Folge, die aber
von Moser in Kauf genommen wurden.[85]
Dazu kamen oft die Verwendung von ähnlichen Materialien, wie sie beim Zweiten
Bau und beim Eurythmeum (Abbildung 6), benutzt worden waren: heller Verputz
und norwegischer Schiefer sowie das Anwenden von bestimmten Baudetails,
die sich vor allem an den beiden genannten Bauten wiederfinden lassen. So
hatte sich bereits bei den „Steiner-Bauten“ ein spezieller Übergang Wand-Traufe
herausgebildet (Abbildung 11), der auch bei anderen Architekten (bis heute)
zu einem der wichtigsten, wenn auch nicht unbedingt notwendigen Kennzeichen
anthroposophischer Bauten werden sollte. Beim Haus „Zu den sieben Zwergen“
(Abbildung 12) finden sich fast alle dieser Merkmale verbunden: Von den
Materialien über das Dachdetail und teilweise abgeschrägte Fensterecken
bis zum „Ausguck“ Richtung Goetheanum, einer auffälligen Dachgaube. Der
Anbau im Vordergrund entstand später. Die deutliche Orientierung am Zweiten Bau und Eurythmeum erstaunt angesichts der bereits erwähnten starken Betonung der Qualitäten des Ersten Goetheanum oder schlichten späteren Steiner-Entwürfen wie Haus Schuurmann, die ebenfalls als (preiswerte) Vorbilder zur Verfügung gestanden hätten. Peter Meyer berichtete allerdings bereits 1924, dass in Dornach gerade das Eurythmeum als besonders gelungenes Beispiel für den neuen Baustil empfunden wurde.[86] Neben den Moser-Bauten in Dornach entstanden die Häuser Ranzenbergers in
der ersten Zeit vor allem in Arlesheim, wo er vermutlich unter Ärzten
eine baufreudige Klientel gefunden hatte. Die „offenere Moderne“ könnte
dabei auch durch den bereits angedeuteten Wunsch seiner Bauherren nach
einem unauffälligen Leben herrühren. So scheint z. B. Haus Dall’Armi (Abbildung
13) kaum von einem anthroposophischen Architekten zu stammen. Im Gegensatz
zu Moser ist allerdings bei fast allen Ranzenberger-Bauten die einachsige
Symmetrie stärker ausbildet, während eine Bezugnahme auf Goetheanum und
Gelände nicht deutlich wird. Wichtiger als das Zentrum der Anthroposophischen
Gesellschaft scheinen oft andere Aspekte, wie die Lage der Grundstücksgrenzen
oder die Aussicht, gewesen zu sein.[87] „Die neue deutsche Kunst ist erst im Werden. Für einen weitblickenden Verlag ist daher von Wert, ja eine Pflicht, die verschiedensten Strömungen und Gedankengänge, die einer solchen zustreben zu Wort kommen zu lassen und seinen Lesern zur Diskussion zu unterbreiten. Zumal wenn es sich um eine Richtung handelt, die schon zu Zeiten der erst jüngst vergangenen Epoche mit ihrer Überbetonung des Gebrauchswertes von Haus, Raum und Möbel, unbeirrbar dem Ausdruckswert von der Form seine Geltung zu erhalten gesucht hat. Mag auch die Art der Formgestaltung, die in den Arbeiten dieses anthroposophischen Architektenkreises zum Ausdruck kommt, manchen vielleicht nicht zusagen, so werden sie doch das ihr innewohnende eminent Geistige nicht verkennen wollen, das heute Gott sei Dank auch in der Bau- und Raumkunst wieder erhöhte Bedeutung zu gewinnen beginnt.“[98] Fünf Jahre später konnte (oder wollte?) Kayser in einer Rückschau auf die
Architekturtagung nur noch anonymisiert als „Herr Architekt K.“[99]
vorgestellt werden. Gerade der relative Erfolg der „neuen Formensprache“ und ihre weitere Verbreitung
machten es nötig, die Lehre rein und den inneren Kreis geschlossen zu
halten und in diesem Sinne auch den potentiellen Bauherren gegenüber aufzutreten.
In Deutschland wurden die Möglichkeiten dazu nach 1933 immer enger, selbst
wenn noch 1938 Helmut Lauer in Stuttgart eine Kirche der von Steiner begründeten
Christengemeinschaft errichten konnte. Die anthroposophischen Zeitschriften
wurden nach 1935 im Deutschen Reich verboten und der öffentliche Austausch
zwischen Dornach und Stuttgart stark eingeschränkt. Damit blieben die
Arbeitswochen die wichtigste Gelegenheit, gemeinsam am neuen Stil zu wirken.
Im Sommer 1936 fand vermutlich auch deshalb erstmals eine Architekten-
und Plastikerwoche im größeren Rahmen einer Veranstaltung der Anthroposophischen
Gesellschaft am Goetheanum statt. Liest man die Berichte, spürt man deutlich,
wie dicht das Netz bereits geworden ist, das sich zwischen den anthroposophischen
Architekten, den bestehenden Bauten und der „Bedeutung“ ihres Architekturschaffens
entwickelt hatte. Wenn Albert Baravalle das 1936 von Hermann Ranzenberger
in Dornach errichtete Haus Messmer (Abbildung 10) als würdiges, organisches
Beispiel für Steiners Bauimpuls beschreibt[104]
und gleichzeitig Georg Nemes über die Prinzipien goetheanistischen Gestaltens
belehrt,[105]
so ist kaum mehr jenes vorsichtige Suchen der ersten Jahre nach 1925 zu
spüren. Und wenige Monate später war es dann die Architektur, die die
anderen am Goetheanum gepflogenen Künste einbinden und so die ihr gebührende
zentrale Bedeutung für die anthroposophische Bewegung und jeden einzelnen
Menschen einnehmen sollte.[106]
Der Weltkrieg verhinderte die meisten weiteren Versuche in dieser Richtung.
Das Bauen im Deutschen Reich und der Schweiz wurde auf ein Minimum reduziert
und viele Architekten fristeten ihr Dasein mit dem Bau von Schutzräumen
o. ä. Erst 1948 wurde die Architektenarbeit am Goetheanum wieder aufgenommen.
Abbildung 1: Rudolf Steiner / Carl Schmid-Curtius, Erstes Goetheanum, Dornach, 1913-1923. Abbildung 2: Rudolf Steiner u. a., Glashaus, Dornach, 1913/1914. Man beachte die sich zueinander neigenden Fensterformen. Abbildung 3: Rudolf Steiner / Ernst Aisenpreis, Haus Schuurmann, Dornach, 1924/1925. Abbildung 4: Rudolf Steiner u. a., Haus Duldeck (Haus Grosheintz), Dornach 1915 bis ca.1918. Abbildung 5: Rudolf Steiner / Baubüro am Goetheanum, Zweites Goetheanum, Dornach, 1924-1928. Abbildung 6: Rudolf Steiner u. a., Eurythmeum (Rudolf Steiner-Halde), Dornach, 1923. Rechts das umgestaltete Haus Brodbeck, ein ehemaliges Landhaus aus der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende. Abbildung 7: Hermann Ranzenberger, Umbau Haus Efringerweg 2, Dornach, Anfang zwanziger Jahre zwanzigstes Jahrhundert. Abbildung 8: Carl Kemper / Otto Moser, Haus Jewsiejenko, Dornach, um 1930. Das „Auge“ unter dem Dach weist in Richtung Goetheanum. Abbildung 9: Mieta Waller-Pyle / Ernst Aisenpreis, Anthea-Institut, Dornach, um 1928. Abbildung 10: Hermann Ranzenberger, Haus Messmer, Dornach 1936, durchgestalteter Eingangsbereich mit Gartentor und Gartenmauer (Foto 2005). Abbildung 11: Dach-Wand-Übergang am Eurythmeum. Abbildung 12: Otto Moser, Haus „Zu den sieben Zwergen“, Dornach, um 1928, der Anbau im Vordergrund erfolgte später. Abbildung 13: Hermann Ranzenberger, Haus Dall´Armi, Arlesheim, um 1930. Abbildung 14: Erwin Drescher, Haus Rust, Dornach, 1934.
Abbildungsnachweis: Abbildung
1: Da der „Verlag am Goetheanum“ als Rechteinhaber an einem Großteil der
Fotografien des Ersten Goetheanum sich nach meiner Anfrage zu einer Veröffentlichung
der geplanten Abbildung leider nicht geäußert hat, muss ich an dieser
Stelle auf folgenden Link verweisen: Abbildungen
2-14: Autor
[o. A.]: Sondernummer von „Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht“, 3. Jg., Nr. 9, 28. Februar 1926. [o. A.]: Kauf- und Warenhäuser aus aller Welt, ihre Architektur und Betriebseinrichtungen, bearbeitet von Georg Grimm, Berlin 1928. [o. A.]: Arbeitswoche der Architekten – am Goetheanum, Dornach, in: Anthroposophie, 14. Jg., Heft 1, Oktober 1931, S. 77f. [o. A.]: Ausschnitt Basler Nachrichten Nr. 2, 2. Januar 1933, in: „Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht“, 10. Jg., Nr. 4, 22. Januar 1933, S. 16. Bachmann, Wolfgang: Die Architekturvorstellungen der Anthroposophen. Versuch einer Deutung und Wertung, Köln/Wien 1981. Baravalle, Albert von: Goetheanistische Architektur. Das zweite Goetheanum in Dornach, in: Individualität, 3. Jg., Buch I/II, Juli 1928, Sonderband: Die Schweiz im XX. Jahrhundert, S. 87f. (Abbildungen nach S. 88) Baravalle, Albert: Der architektonische Impuls Dr. Rudolf Steiners, in: „Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht“, 10. 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[1] Bonta 1982. [2] Bonta 1982, S. 255. [3] Zum Überblick: Belliger/Krieger 2006. [4] Vgl. Latour 2002, S. 381. [5] Pehnt 1973, S. 137-148; Pehnt 1985 und Pehnt 1991. [6] Vgl. z. B. Pehnt 1973, Bachmann 1981, Köllner 1981, Ohlenschläger 1999, aus anthroposophischem Umfeld vor allem Raab/Klingborg/Fant 1972, Biesantz/Klingborg 1978, Kemper 1984, Zimmer 1985. [7] Vgl. van de Ree 2001, S. 65. [8] Vgl. z. B. Krause-Zimmer 1995, von Baravalle 2003/2004. [9] Der Architekten-Begriff muss dabei im Sinne seiner Zeit etwas weiter gefasst werden. Nur ein Teil der Baubüromitarbeiter der ersten Jahre bestand tatsächlich aus akademisch ausgebildeten Architekten (z. B. Carl Schmid-Curtius). Der andere Teil, darunter u. a. Ernst Aisenpreis und vermutlich Hermann Ranzenberger, gehörte wohl eher zu den Absolventen der Baufachschulen. [10] Der Österreicher Baravalle legte das Adelsprädikat bei seiner Einbürgerung in die Schweiz ab, in diesem Text wird er durchgehend ohne Prädikat genannt. [11] Das Wirken von Architekten, die in anderen Orten der anthroposophischen Bewegung nahe standen (mit der Ausnahme Georg Nemes), ist noch weniger dokumentiert als das der Dornacher und Stuttgarter Baukünstler. Vgl. aber z. B. für Dresden: Oberhuber 2003/2004. [12] Der innerhalb der anthroposophischen Architekturdiskussion verwendete Stilbegriff ist relativ diffus, da er zwischen hermeneutischen Konzepten (Stil als Ergebnis einer Weltanschauung ohne formale Festlegungen) und formalen Aspekten (einheitliches Erscheinungsbild) verschwimmt. Im folgenden wird „(Bau)-Stil“ im damals gebräuchlichen Sinne (als Begriff für den damals gebräuchlichen Sinn) verwendet. [13] Vgl. die Zusammenstellung auf http://www.goetheanum.org/1627.html (20.05.2008) [14] Vgl. neben den in Anm. 6 genannten vor allem Fäth 2005. [15] Vgl. vor allem Lindenberg 1988 und 1997 sowie Zander 2007. [16] Titel des Vortragszyklus Rudolf Steiners vom 18.05.-09.06.1923 (Steiner 1961). [17] Nemes 1933, S. 13. [18] Steiner, Rudolf: Gesichtspunkte zur baulichen Gestaltung der anthroposophischen Kolonie in Dornach. Vortrag Berlin, 23. Januar 1914, in: Steiner 1982, S. 38-43. [19] Rudolf Steiner, Der Dornacher Bau – Ein Haus der Sprache, Vortrag zur Einweihung des Künstlerateliers, Dornach, 17. Juni 1914, in: Steiner 1982, S. 62-74, hier S. 64. [20] „Was einzig überkommen war auf mich: nichts als die Angabe Rudolf Steiners, daß zwei ineinandergeschobene Kreise etwa Zuschauerraum und Bühne sein könnten“, Carl Schmid-Curtius in: Kemper 1984, S. 187. [21] Die heute gebräuchliche Erklärung sind Fehler Schmidt-Curtius´ bei der Bauausführung, wobei die Quellenlage relativ dünn ist. [22] Vgl. Zimmer 1985, S. 24-45. [23] Vgl. Zimmer 1985, S. 232-243. [24] Steiner ging mit Goethe davon aus, dass sich in der Natur z. B. aus einem Grundprinzip wie der „Urpflanze“ durch Metamorphose, d.h. Umwandlungen, z. T. Umstülpungen alle verschiedenen Pflanzenarten erklären lassen. Dieses Prinzip wollte Steiner auch auf die Architektur angewandt wissen, wobei in Dornach das Goetheanum als „Urprinzip“ gelten sollte, aus dessen Grundmotiv sich die Bauten des Hügels zu entwickeln hätten. Vgl. z. B. Steiner 2000, S. 148-172. [25] Dass die Ausformung dieser Häuser in engem Zusammenhang mit ihrem Standort in Bezug auf das jeweilige Goetheanum zusammenhängt, ist sehr wahrscheinlich. Mit dem Brand des Ersten und der Errichtung des Zweiten Goetheanum hat aber z. B. das Glashaus seine direkte formale Verbindung zum Hauptbau verloren und wirkt nun eher als Erinnerungsstück für das Erste Goetheanum. [26] Das Büro existierte etwa zwischen 1919 und 1922 in Dornach und Bern und sollte in Anlehnung an die mittelalterliche Bauhüttentradition Planung und Ausführung (in der Bauhütte Bay) verbinden. [27] Nemes 1933, S. 14. [28] Vgl. Zimmer 1985, S. 74-103. [29] Vgl. z. B. Ranzenberger 1932, [S. 2], das Wettbewerbsmodell für den Columbusleuchtturm in Santo Domingo in: Kayser 1933b, S. 29 oder von Baravalle 2003/2004, S. 28, sowie Benirschke 1960. [30] Wegman 1925, S. 69 und Steiner, M. 1928a, S. 158. [31] Zur Gemeinsamkeit via Baumotiv-Metamorphose vgl. Baravalle 1952. [32] Dadurch fiel in der Ausführung der im Modell vorhandene markante Dachversprung fort. [33] Peter Meyer über das Eurythmeum, die heutige Rudolf Steiner-Halde. Meyer 1924, S. 204. [34] 1499 fand die entscheidende, blutige Schlacht im sogenannten Schwabenkrieg auf dem Gelände statt, auf dem dann das Goetheanum errichtet wurde (daher der Name). Die Schweizer siegten über die deutschen Landsknechte. [35] Vgl. als zeitgenössische Quelle Meyer 1924 oder im Rückblick Hagmann 2004. [36] Vgl. Steiner 1924, wieder abgedruckt in: Steiner 1982, S. 119f. [37] Vgl. z.B. Brief Ernst Fiechters an die Redaktion der Schweizerischen Bauzeitung, in: Meyer 1925, S. 88f. [38] Steiner 1985, S. 239-252 [39] Steiner 1985, S. 260. [40] Vgl. z. B. Marie Steiners Nachwort zu Steiner 1932, S. 11. [41] Die Sicht jener Jahre auf den Ersten Bau trifft wohl folgendes Zitat: „Eine kleine Gruppe Menschen meißelte in den Jahren des Weltkrieges aus ungeheuren Holzblöcken einen kostbaren Hallenbau heraus. Unter diesen Menschen wob inniges Vertrauen von Herz zu Herz und so wob von Hand zu Hand sich belebte Form in das empfängliche Holz hinein.“ Dörfler 1927, S. 11. [42] Man sollte allerdings wissen, dass der erste Bau auch durch Goldmark-Darlehen entstand, die dann nach dem Ersten Weltkrieg, während der Inflation in Deutschland und Österreich in Papiergeld zurückgezahlt wurden und manche Existenz ruinierten. [43] Vgl. [o. A.] 1926. [44] Vgl. Wegman 1925, S. 70. [45] Die zweite Frau Rudolf Steiners gehörte vermutlich auch zur relativ großen Gruppe von Anthroposophen, „die den verlorenen Bau geliebt“ hatten, vgl. Steiner, M. 1928b. [46] Steiner 1926 (Der Titel „Wege zu einem neuen Baustil“ sollte dann als Schlagwort für die Ziele der anthroposophischen Architekten dienen und hat es so auch in die Überschrift dieses Textes geschafft.), Steiner 1930 und mit vielen Abbildungen Steiner 1932. [47] Vgl. z. B. Piper 1931oder [o.A.] 1933. [48] Ranzenberger 1927c, S. 131. [49] Vgl. Ranzenberger 1922a und 1922b sowie 1923a und 1923b. Ranzenberger hatte bereits in einem 1919 entstandene Manuskript auf die Notwendigkeit regster Vortrags- und Aufsatztätigkeit zur Propagierung anthroposophischen Kunstwollens hingewiesen (in Dossier Ranzenberger im Rudolf Steiner Archiv Dornach). [50] Ein Beispiel: „Soll nun also die Wahrheit, dass die Architekturen aller Zeiten der formgewordene Ausdruck der Geistes- und Seelenart der Menschen und dass sie die kunstgestalteten Impulse der Weltanschauungen sind, weiterhin gelten, dann muss unsere jetzige, vom freien, selbständigen, tätigen ‚Ich’ getragene Kultur als das nur ihr Eigentümliche die Bewegung hinter die bisher ruhende Form bringen, denn das ‚Ich’ durcheilt gemäss seiner innersten Willens-Bewegungsnatur die Zeiten, es erobert von Stufe zu Stufe immer höhere und immer tiefer Geheimnisse der Welt und es vereint und löst kraft seiner Geistnatur Widerspruch um Widerspruch. Es wird und muss in die Form hineintragen die flutende Bewegung. Bewegung ist in und hinter der Form, wenn die Materie im `Ich´ genossen wird und wenn sie durch das ‚Ich’ gestaltet ist.“ Ranzenberger 1927c, S. 132. [51] Vgl. z. B. Ranzenberger 1922a. [52] Sehr deutlich auch Felix Durach 1930: „Wir können aus den sachlichsten Überlegungen heraus, die sich aus einer solchen Betrachtung einer baugeschichtlichen Entwickelung ergeben, den Bau des ersten Goetheanum als die geschichtlich folgerichtige Station des Baugedankens sehen.“ Durach 1930, S. 45. [53] Ranzenberger 1927a, S. 15. [54] Vgl. z. B. Ranzenberger 1927b, Nemes 1931a oder Kayser 1933a. [55] Ranzenberger 1926a, S.334. [56] Vgl. Nemes 1933, S. 13. [57] So Ranzenberger 1926: „Auf allen Gebieten des Lebens herrscht Sturm und Drang. Auch in der Baukunst. Die Konvention ist zerrissen. Ihre Fetzen fliegen in der Luft. Form, Mass, Zahl, Gleichgewicht, Verhältnis, Dynamik, Ruhe und Bewegung sind explodiert. Was wirkt im Chaos? Eine Geburt? Ein Abgrund? [...]“ Ranzenberger 1926b, S. 92. [58] Kayser 1932, S. 74. [59] Vgl. Anm. 29. [60] Vgl. z. B. Ranzenberger 1922b. [61] Vgl. Ruthenberg 1927 und Schwebsch 1927. [62] Vgl. z. B. Ranzenberger 1926c oder Ranzenberger 1927d. [63] Kommentar J. Gantners zu Ranzenberger 1927d, S. 223. [64] Nemes 1930, S. 163. [65] [o.A.] 1928, Besprechung: Ranzenberger 1929c. [66] Wilms 1928, Besprechung: Ranzenberger 1929b. [67] Nemes 1930, S. 161. [68] Meyer 1931b, S. 146. [69] Ranzenberger 1931. [70] Moser 1931. [71] Auszüge in: Meyer 1931c, gesamt: Nemes 1931a. [72] Meyer 1931a. [73] Meyer 1931c. [74] Ähnlich ging es Meyer übrigens mit Sigfried Giedeon und anderen Protagonisten des Neuen Bauens, deren Aussagen er hinterfragte und die der Diskussion auswichen. Vgl. Medici-Mall 1998, S. 2f. [75] Kayser 1933b. [76] Vgl. vor allem die auf einer Hausbesitzerbefragung basierende Zusammenstellung von Daten anthroposophisch wirkender Häuser von Markus Fischer im Planarchiv am Gotheanum. [77] „Es hätte anschließend an das Goetheanum eine kleine Kolonie zustande kommen sollen. Der Krieg hat das verhindert. Ich habe, als das Denken darüber noch aktuell war, vor allem an die Architektur des Terrains gedacht und wollte die Einzelbauformen daraus entstehen lassen. Aber später hat der eine oder andere sein Häuschen nach seiner Spezialidee und seinen Spezialbedürfnissen gebaut; und das gibt natürlich die Scheußlichkeiten, die nur verschwinden können, wenn Gedanken wie die von Ihnen gehegten [d. h. Schwagenscheidts Raumstadt-Pläne, d. A.] Verbreitung im allgemeinen Bewußtsein finden.“ Brief Rudolf Steiner an Walter Schwagenscheidt vom 18. Juli 1922, in: Steiner 1987, Brief 648, S. 478-480. [78] Brief Storrer an Reinhart vom 27. Mai 1927, in: Lienhard 2003, S. 160f. [79] Baravalle 1936, S. 146. [80] So mündliche Berichte in Dornach. [81] Die Häuser der Architekten, mit Ausnahme Ranzenbergers, waren allerdings sehr minimiert gehalten. [82] Nemes 1931b, S. 185. [83] Vgl. Brief Messmer an Steiner vom 20.09.1909, in: Rudolf Steiner Archiv, Dossier Messmer, oder Messmer 1912. [84] Otto Moser in: Kayser 1933b, S. 31. [85] Steiner selbst hatte die einachsige Symmetrie seiner Bauten (ähnlich wie Ernst Haeckel beim Phyletischen Museum) immer wieder betont, wollte sie jedoch nicht so streng genommen wissen, wie es in der Folge oft geschah. [86] Steiger 1924. [87] Vgl. z. B. Ranzenbergers Bauten in Arlesheim, die fast alle eine Ausrichtung von Südwest nach Nordost, diagonal zu den Grundstücksgrenzen, besitzen. [88] Rudolf Steiner, Der Dornacher Bau – Ein Haus der Sprache, in: Steiner 1926, S. 17-30, hier, S. 27. [89] Gessner 1931. [90] [o. A.] 1931. [91] „Die Dornacher Künstler haben in so schöner, lebensvoller Weise vom Zusammenarbeiten mit ihrem Lehrer erzählt, dass aus diesen Schilderungen, den Vorträgen, Lichtbildern und Modellen eine lebendige Vorstellung vom Wesen des ersten Goetheanum auch für diejenigen entstehen konnte, die nicht das Glück gehabt haben, es in Wirklichkeit schauen zu dürfen, und dass es beim Studium der übrigen Dornacher Bauten möglich wurde, eine Erkenntnis davon zu erarbeiten, was gewollt und was bei der Ausführung erreicht war. […] Den auswärtigen Teilnehmer fiel vornehmlich die Aufgabe zu, Erfahrungen und Probleme aus ihrer Praxis heranzutragen, so dass es zu ergiebigen Aussprachen über die Grundfragen der Baukunst kam […]“ Gessner 1931. [92] [o. A.] 1931, S. 77f. Vgl. a. Kayser 1932. [93] [o. A.] 1931, S. 78. [94] Baravalle 1928. [95] Gessner 1931. [96] Nemes 1931b, S. 185. [97] Eicken 1932. [98] Kayser 1933b, S. 4 [99] Baravalle 1937, S. 114 [100] Ein Grund der starken Orientierung auf die Innenraumgestaltung dürften auch die strengeren Bauvorschriften in Deutschland gewesen sein, die möglicherweise einiges zur speziellen relativ schlichten „Stuttgarter“ Ausformung anthroposophischen Bauens beigetragen haben. [101] Vgl. z. B. Ernst Uehlis Besprechung des Buches: „Anfänge können nicht Fertiges oder Vollkommenes sein, und Anfängen hafteten auf allen Gebieten, sofern es sich um Neugeburten handelt, die Eierschalen des Zustandes an, der überwunden werden soll. [...] Das Theoretisieren, Diskutieren, Kritisieren hat einem mutvollen Beginnen Platz gemacht.“ Uehli 1933. [102] Vgl. zur Baravalle-Biographie z. B. von Baravalle 2003/2004. Baravalle sollte in den nächsten Jahrzehnten noch weitere Rekonstruktionen vor allem zum Ersten Bau erstellen, so zwei Innenraumdarstellungen und ein Modell 1:100, das neben dem Modell des Zweiten Goetheanum auf der Weltausstellung 1937 in Paris gezeigt wurde. [103] Baravalle 1933, S. 199. [104] „In einer stark bewegten Gesamtform stellt er das Wechselspiel der Kräfte in ein derartiges Verhältnis, dass es von einem Organischen aus gestaltet erscheint. Dieses Organische ist dann bis ins Einzelne durchgeführt, so dass das Bauwerk als absolut geschlossene Einheit erscheint.“ Baravalle 1936, S. 146. [105] „Im organischen Werden geht die Entwickelung immer durch das Komplizierte zu einer gehaltvollen Einfachheit, wie uns Dr. Steiner lehrt, und im allgemeinen wünscht man Herrn Nemes, zu dieser reinen, herben Klarheit der Form vorzuschreiten, die durch das Komplizierte schon hindurchgeschritten ist, bei der die Lage zweier Flächen im Raum mehr spricht, als die kompliziertesten Formzusammenhänge, weil sie in den Kraftlinien des Geistes liegen.“ A.a.O. [106] Ranzenberger 1937, S. 48. [107] Latour 2002, S. 345
[108]
Fleck 1980. |
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