Interpretationen
von Architektur betreffen aus sozialwissenschaftlicher Sicht vor allem
die Nutzung architektonischer Erzeugnisse. Die Produzenten von Bauwerken
mögen zwar Zwecke, Handlungsoptionen, Spielräume und Vorgaben in die
„Programmpläne“ ihrer Objekte einbauen; Sinn und Bedeutung erlangt die
gebaute Umwelt aber vor allem dadurch, dass sie in Handlungs- und Kommunikationszusammenhänge
einbezogen, interpretiert und be-deutet wird. Die Interpretation von
Architektur erweist sich aus sozialwissenschaftlicher Sicht also als
eine Form der „Aneignung von Raum“ durch soziale Akteurinnen und Akteure
oder Akteursgruppen.[1]
In der Regel geht es in den sozialwissenschaftlichen Diskussionen dann
um die Frage, inwieweit materielle und symbolische Strukturen der gebauten
Umwelt die Ausrichtung und den Verlauf von Handlungsabläufen bestimmen,
und inwieweit andererseits eben diese Strukturen durch soziale Praktiken
erzeugt, umgedeutet und verändert werden können. Zur Debatte steht aus
sozialwissenschaftlicher Sicht also insbesondere die Aneignungsoffenheit
der gebauten Umwelt. Sowohl von handlungs- als auch von strukturtheoretischen
Positionen aus wird unter diesem Gesichtspunkt eine Art Wechselspiel
zwischen sozialen Praktiken (bzw. handelnden Akteuren) einerseits und
den räumlichen Strukturen des Handlungskontextes andererseits betrachtet.
Dabei wird dieses Wechselspiel wahlweise als Dualität von Handeln und
Struktur[2],
als dialektisches Verhältnis[3]
oder sogar als Trialektik[4]
gesehen.
Bei der Auseinandersetzung mit der sozialen Produktion und Aneignung
von Raum hat die Systemtheorie Luhmanns vergleichsweise wenig Beachtung
gefunden. In der spärlichen Literatur, die sich mit den Möglichkeiten
systemtheoretischer Beobachtung von Architektur befasst, wird ihr zudem
eher geringe Aussagekraft zugestanden. So schreibt beispielsweise Delitz
in einer Überblicksdarstellung über das Spektrum der soziologischen
Theorieperspektiven auf Architektur: Nicht „die Architektur selbst“
stehe aus systemtheoretischer Sicht in Frage, „sondern stets die
Kommunikation über Architektur.“[5]
Damit rücke „die Architekturtheorie als eine Selbstbeschreibung der
Gesellschaft“ in den Blickpunkt; in den Hintergrund trete hingegen
das „Gebaute in seiner Gestalt“.[6]
Ähnlich argumentieren Ziemann/Göbel, die betonen, dass eine systemtheoretische
Auseinandersetzung mit Architektur als Analyse der „vielfältigen,
(…) spezifisch differenzierten Bezugnahmen“ auf gebaute Umwelt erfolgen
müsse und ausdrücklich nicht einen architektonischen Gegenstand selbst,
ein Bauwerk oder dessen Symbolisierung zum Gegenstand habe.[7]
Eine systemtheoretische Betrachtung erlaube es jedoch, die unterschiedlichen
Bezugnahmen auf Architektur aus dem „wie auch immer gearteten Stimmengewirr“
herauszulösen. In der Möglichkeit, die verschiedenen „funktional
differenzierten Weisen der Kommunikation“ über gebaute Umwelt auseinanderzuhalten,
sehen sie dann auch den hauptsächlichen Erkenntnisgewinn einer systemtheoretischen
Auseinandersetzung mit Architektur.
Im Gegensatz zu Ziemann/Göbel versucht Fischer zu zeigen, dass die
Auseinandersetzung mit Architektur aus systemtheoretischer Sicht nicht
allein der Kommunikation über Architektur gelten könne, insbesondere
nicht allein der sprachlichen Kommunikation.[8]
Eine sprachzentrierte Analyse von Diskursen über Architektur greife
ebenso zu kurz wie die Auffassung, Architektur selbst funktioniere wie
eine Sprache. Vielmehr sei Architektur ein „eigenlogisch operierendes
Symbol- und Kommunikationsmedium, dessen nichtsprachliche Ausdrucks-
und Darstellungsleistung sich immer schon in der leibkörperlichen Erfahrung
mitteilt (…).“[9].
Den besonderen Nutzen der Systemtheorie Luhmanns sieht Fischer folglich
darin, dass Systemtheorie „zwar die Sprache als autopoietisches Kommunikationsmedium
kennt, aber eben systematisch nichtsprachliche Medien (wie z. B.
das Geld) in der soziologischen Theorie berücksichtigt.“[10]
Mit der Bezugnahme auf die Systemtheorie verbindet Fischer die Hoffnung,
„nichtsprachliche Ausdrucks- und Darstellungsleistungen“, „leibkörperliche
Erfahrungen“, „sinnliche Anschauung“ und „sinnliches Spüren“ als zentrale
Elemente der Reproduktion gesellschaftlicher Wirklichkeit erfassen und
beschreiben zu können.[11]
Fischer formuliert dieses Ansinnen vor dem Hintergrund seines Entwurfs
einer Architektursoziologie, die sich hauptsächlich auf die Philosophische
Anthropologie Plessners stützt und „Architektur als das schwere symbolische
Kommunikationsmedium der Vergesellschaftung“ betrachtet.[12]
Mit der Anknüpfung an die Systemtheorie möchte Fischer seinen architektursoziologischen
Entwurf „in das Zentrum der soziologischen Theorie der Moderne“
einschleusen.[13]
Fragwürdig bleibt dabei allerdings, warum ausgerechnet die Systemtheorie
Luhmanns, die den Körper menschlicher Individuen zusammen mit der Wahrnehmung
und dem Bewusstsein in die Umwelt sozialer Systeme verbannt (und damit
aus dem Gegenstandsbereich der Sozialwissenschaften hinausbefördert),
geeignet sein soll, leibkörperliche Erfahrung und sinnliche Anschauung
als Modi der Reproduktion gesellschaftlicher Wirklichkeit zu thematisieren.
Im Folgenden soll deshalb ein anderer Weg eingeschlagen und versucht
werden, die Architektur selbst als soziales System – genauer: als Funktionssystem
moderner Gesellschaft – zu betrachten, um so die Möglichkeiten der Thematisierung
von Architektur aus systemtheoretischer Perspektive weiter auszuschöpfen.
Mit „Architektur“ ist dabei stets die programmierte Produktion von gebauter
Umwelt, das Entwerfen, Planen und Ausführen von Bauwerken – die weit
gefasste Tätigkeit von Architektinnen und Architekten (aber auch von
Planerinnen und Planern) – und nicht die gebaute Umwelt selbst, nicht
das Produkt dieser Tätigkeit, gemeint.[14]
Eine Beschreibung der Architektur als gesellschaftliches Funktionssystem
setzt die Identifikation eines gesamtgesellschaftlichen Bezugsproblems
voraus, das die spezifische Leistung (Funktion) der Architektur begründet.
Daran schließt die Frage nach dem Kommunikationsmedium bzw. dem Code
an, unter dem dieses System seine Beobachtungen durchführt.
1. Soziales System
Der Begriff des sozialen Systems ist – das wird in der Rezeption der
Systemtheorie oft übersehen – ein operationaler Begriff. Soziale Systeme
kommen gemäß Luhmann „durch eine bestimmte Art von Operationen zustande.“[15]
Es handelt sich also nicht um Zusammenhänge unterschiedlicher Strukturelemente
(Personen, Gruppen, Organisationen, Institutionen, Schichten oder Klassen),
sondern im Grunde um nichts anderes als das Sich-Ereignen spezifischer
(elementarer) Operationen: „Der Einheit des Systems entspricht die
Einheit der konstituierenden Operationen.“[16]
Von einem System soll, mit anderen Worten, die Rede sein, wenn bestimmte
Operationen aneinander anschließen und damit nicht nur „eine Kontinuität
des Operierens“ hergestellt, sondern auch eine Differenz von System
und Umwelt erzeugt wird.[17]
Vor diesem Hintergrund bilden alle anschlussfähigen Operationen das
System; und alles, was dadurch ausgeschlossen wird, gehört zur Umwelt:
„Die Operationen kondensieren, anders gesagt, eine Differenz von
System und Umwelt. Sie erzeugen eine Form, die zwei Seiten hat, nämlich
eine Innenseite – das ist das System – und eine Außenseite, die Umwelt.“[18]
Die für soziale Systeme konstitutive Operation ist, nach Ansicht
der Systemtheorie Luhmanns, bekanntlich Kommunikation. Kommunizieren
ist salopp gesagt das, was soziale Systeme „tun“ – und soziale Systeme
„tun“ auch nichts anderes als kommunizieren. Sie produzieren „in
einem rekursiv-geschlossenen Prozess fortlaufend Kommunikation aus Kommunikation.“[19]
Die Grenzen der Kommunikation – im Unterschied zu Nicht-Kommunikation
– sind vor diesem Hintergrund zugleich die Grenzen der Gesellschaft.
Alle Systeme, die kommunikativ an Kommunikation anschließen, gehören
nach systemtheoretischer Auffassung zum sozialen System Gesellschaft.
Alle anderen Systeme und überhaupt alles, was nicht an die Kommunikation
anschließt, gehört zur Umwelt der Gesellschaft.[20]
Durch Wiederholung des Schemas System/Umwelt bilden sich innerhalb
der Gesellschaft Teilsysteme, die füreinander (innergesellschaftliche)
Umwelten darstellen. In der modernen Gesellschaft erfolgt diese Binnendifferenzierung
primär als funktionale Ausdifferenzierung; d. h. als Ausdifferenzierung
gesellschaftlicher Funktionssysteme (wie z. B. Wirtschaft, Politik,
Recht, Wissenschaft, Kunst, Religion usw.). Jedes Teilsystem ist auf
eine gesamtgesellschaftliche Funktion bezogen und bearbeitet konkurrenzlos
ein Bezugsproblem in der Gesellschaft. In diesem Sinne erfolgt beispielsweise
die Festlegung kollektiv bindender Entscheidungen in der modernen Gesellschaft
ausschließlich durch die Politik, während für die Verteilung knapper
Güter allein die Wirtschaft und für die Rechtssprechung das Rechtssystem
zuständig ist.
Diese Teilsysteme unterscheiden sich, wie alle sozialen Systeme,
insofern voneinander, als sie in unterschiedlicher Weise kommunizieren.
Sie sind also zunächst nichts anderes als unterschiedliche Kommunikationsweisen.
Ausschlaggebend für ihre Unterscheidung sind (symbolisch generalisierte)
Kommunikationsmedien (Geld, Macht, Recht, Wahrheit, Glaube usw.), in
denen die systemspezifische Kommunikation erfolgt. Luhmann nimmt an,
dass diese Medien im Kern durch einen binären Code gebildet werden:
z. B. zahlen/nicht-zahlen, Macht haben/keine Macht haben (in Demokratien:
Regierung/Opposition), recht/unrecht, wahr/unwahr usw. Kommunikation
unter einem solchen Code bedeutet nicht, dass die Kommunikation stets
von diesen Codewerten handelt. Vielmehr ist damit gemeint, dass die
Kommunikation auf einen Codewert hin zugespitzt werden kann. So kann
sich beispielsweise ein Verkaufsgespräch um Produktmerkmale, Gebrauchswerte,
(Wertentwicklungs‑)Erwartungen, Finanzierungsmöglichkeiten usw.
drehen. Entscheidend dafür, dass es sich dabei um eine wirtschaftliche
Kommunikation handelt, ist jedoch der Gesichtspunkt „zahlen/nicht zahlen“,
unter dem alle Erwägungen stattfinden. Ausschlaggebend für die Reproduktion
des Codes ist, dass es letztlich um die Frage geht, ob eine Zahlung
getätigt werden soll oder nicht. Der Code „zahlen/nicht zahlen“ ist
das, worauf die Kommunikation im Medium Geld hinausläuft.
Das Funktionssystem Wirtschaft besteht also nicht aus Unternehmen, Organisationen
und Interaktionen, sondern umfasst alle Kommunikation, die unter dem
Code „zahlen/nicht zahlen“ erfolgt. Sie kann in der Universität genauso
gut vorkommen, wie in einem Industriebetrieb oder einer Behörde. Umgekehrt
besteht das Funktionssystem Wissenschaft auch nicht aus der Summe aller
Kommunikationen, die in Universitäten und Forschungseinrichtungen stattfinden,
sondern ist aus systemtheoretischer Sicht nichts anderes als Kommunikation
im Medium Wahrheit, unabhängig davon, ob dies an der Universität, „im
Klostergarten oder im Industrielabor geschieht.“[21]
Wichtig ist schließlich der Hinweis, dass die verschiedenen Funktionssysteme
Alleinzuständigkeit für ihren Code beanspruchen und diesen ohne Einschränkung
anwenden. Dies bedeutet zum einen, dass die verschiedenen Codes nur
in den jeweiligen Teilsystemen verwendet werden – der Austausch eines
Codes würde einem Systemwechsel gleichkommen. Zum anderen fungieren
die Codes als Leitunterscheidungen, mit deren Hilfe die verschiedenen
Funktionssysteme Beobachtungen durchführen. Die Systeme beobachten und
beurteilen alles unter dem Gesichtspunkt ihres Codes, d. h. sie
„sehen“ nur in der Perspektive ihrer Leitunterscheidung.
Inwiefern kann die Architektur vor diesem Hintergrund als ein soziales
System begriffen werden? Für die Architektur scheint zunächst zu gelten,
was Pott (2007, S. 102) für den Tourismus feststellt: Sie ist zweifellos
ein „hochgradig strukturierter und organisationsförmig ausdifferenzierter
Kommunikationsbereich“[22],
weist sie doch eine Vielzahl von ausgefeilten und hoch spezialisierten
Programmen (Theorien, Methoden, Vokabulare, Diskussionsformen und -foren,
Präsentationsgewohnheiten usw.) auf, die die kommunikativen Anschlussmöglichkeiten
festlegen. Durch den fortwährenden Bezug auf die eigenen Kommunikationsstrukturen
grenzt sich die Architektur gegenüber äußeren Einflüssen ab. Architektur
bleibt zwar vielfältigen Anforderung ausgesetzt und wird permanent mit
wirtschaftlichen, rechtlichen oder politischen Vorgaben konfrontiert,
sie lässt sich aber „in architektonischen Fragen“ nicht „drein reden“,
sondern entwickelt und beruft sich auf ihre eigenen Programme (Planungs-
und Gestaltungstheorien, Beurteilungsmaßstäbe, Verfahrensweisen usw.).
Sie gewinnt allein dadurch eine beachtliche operative Autonomie.[23]
Das zentrale Merkmal sozialer Systeme, die operative Geschlossenheit,
scheint im Falle der Architektur (zumindest von fern gesehen) also durchaus
gegeben zu sein. Mit anderen Worten: Architektur produziert eine spezifische
Form von Kommunikation auf der Basis von kommunikativen Strukturen,
die selbst das Produkt eben dieser Kommunikation sind. Die Anschlussmöglichkeiten
für weitere Kommunikation werden im Kommunikationssystem (und nicht
durch die Umwelt des Systems) festgelegt; die systemspezifische Kommunikation
entscheidet darüber, was weiterverwendet wird, was erinnert und was
vergessen wird. Auch die Grenze des Systems wird durch das System selbst
gezogen: ob Umweltgegebenheiten (z. B. politische Ereignisse, sozial-ökonomische
Verhältnisse oder ästhetische Elemente und Entwicklungen der Kunst)
in der Architektur rezipiert und auf welche Weise sie bei der Produktion
von gebauter Umwelt verwendet werden, hängt von der Aufmerksamkeit der
Architektur ab, wird also durch das Kommunikationssystem selbst festgelegt.
Ob die Architektur darüber hinaus ein eigenständiges Funktionssystem
moderner Gesellschaft darstellt, hängt nach systemtheoretischem Verständnis
einerseits von der Identifikation einer gesellschaftlichen Funktion
ab, für die sie Alleinzuständigkeit beansprucht, und andererseits von
einem Kommunikationsmedium sowie einem Code, der letztlich die operative
Autonomie des Systems garantiert. Den Ausgangspunkt
für die Beantwortung dieser Fragen, bildet die Vermutung, dass das gesellschaftliche
Bezugsproblem der Architektur die strukturelle Kopplung der Gesellschaft
mit der Umwelt ist, genauer: die strukturelle Kopplung der Kommunikation
mit raum-zeitlich situierten Individuen (Menschen).
Laut einem berühmten (und berüchtigten) Diktum Luhmanns, sind Menschen
nicht Teil des Kommunikationssystems Gesellschaft, sondern Konglomerate
unterschiedlicher (psychischer, neurologischer, organischer) Systeme.[24]
Sie werden von der Systemtheorie deshalb der Umwelt der Gesellschaft
zugerechnet. Ohne Menschen können aber weder die Gesellschaft noch ihre
Teilsysteme existieren. Das Kommunikationssystem Wissenschaft z. B.
setzt die Existenz und die (Bewusstseins‑)Leistungen von Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern voraus, die sich Gedanken machen, Vorträge halten,
Artikel verfassen, Briefe oder E-Mails schreiben, Tagungen besuchen
usw. Soziale Systeme sind also sowohl auf psychische Systeme (Bewusstsein)
als auch auf neurologische und organische Systeme (Gehirn und Körper),
d. h. auf Menschen angewiesen. Dieses Verhältnis von operativ geschlossenen
und insofern unabhängigen Systemen, die aber gleichwohl aufeinander
angewiesen sind, bezeichnet Luhmann als strukturelle Kopplung.[25]
Strukturelle Kopplungen beinhalten keine Determination des Systems durch
die Umwelt; die operative Geschlossenheit der Systeme wird durch strukturelle
Kopplungen nicht beschädigt. Strukturelle Kopplungen kennzeichnen lediglich
den Bereich, innerhalb dessen sich Systeme von ihrer Umwelt irritieren
lassen.
Menschen haben spezifische Bedürfnisse und unterliegen aufgrund ihrer
Körperlichkeit besonderen Zwängen, die für die Kommunikation nicht gelten.
Sie müssen z. B. mit Energie (Nahrung) versorgt werden, benötigen
regelmäßig Erholungsphasen (Schlaf), bedürfen eines gewissen Maßes an
(physischem) Schutz vor Umwelteinwirkungen usw. Zudem gelten für Menschen
grundlegende Zwänge der raum-zeitlichen Existenz materieller Objekte.
Dazu gehört insbesondere die Tatsache, dass ein Körper nicht gleichzeitig
an zwei verschiedenen Orten sein kann; aber auch, dass nicht zwei Körper
zur gleichen Zeit dieselbe Raumstelle einnehmen können. Weitere Grundbedingungen
dieser Art sind zum einen die Tatsache, dass alle Aktivitäten eine Dauer
besitzen, und zum anderen, dass jede Bewegung im Raum auch eine Bewegung
in der Zeit darstellt. Mit diesen „capability constraints“ verbinden
sich vielfältige „coupling constraints“, d. h. Koordinationszwänge
und Einschränkungen, die durch die Notwendigkeit entstehen, die Raum-Zeit-Pfade
des eigenen Handelns mit denjenigen anderer abzustimmen.[26]
Dabei handelt es sich aber um die spezifischen Bedürfnisse und Zwänge
raum-zeitlich situierter Individuen, denen das kommunikative Operieren
der Gesellschaft nicht unterliegt. Kommunikation impliziert zwar ebenfalls
Zeit; anders als Körper können Kommunikationsinhalte aber durchaus an
zwei Orten gleichzeitig sein oder denselben Platz einnehmen (Mehrdeutigkeit
von Objekten und Begriffen).
Bedürfnisse und Zwänge von Menschen sind also Bestandteile der Umwelt
sozialer Systeme, mit der die Gesellschaft nur über strukturelle Kopplungen
verbunden ist. Das bedeutet, dass menschliche Bedürfnisse nicht unmittelbar
auf die Gesellschaft einwirken. Als Umweltgegebenheiten können sie die
Operationen des (operativ geschlossenen, autopoietischen) Sozialsystems
Gesellschaft nicht determinieren. Sie treten in der Gesellschaft lediglich
als Irritationen auf. Das Vorkommen von Irritationen impliziert allerdings
nicht, dass Umweltgegebenheiten als solche ins System gelangen und die
Systemproduktion bestimmen: „es gibt (…) keinen Transfer von Irritation
aus der Umwelt in das System.“[27]
Irritationen entstehen vielmehr durch den systeminternen Vergleich mit
etablierten Strukturen (Erwartungen). Irritationen sind also stets systemeigene
Konstrukte – produktive Verunsicherungen, die die Systeme (aus Anlass
von Umweltereignissen) selbst erzeugen. Demzufolge kann die Architektur,
deren funktionsspezifische Leistung in der Bearbeitung der Kopplung
der Gesellschaft mit raum-zeitlich situierten Individuen besteht, die
konkreten Bezugsprobleme ihres Operierens nicht aus der Umwelt importieren,
sondern muss sie selbst konstruieren.[28]
Es erstaunt daher auch nicht, dass die Architektur zusehends von Grundbedürfnissen
abstrahiert und zu abgeleiteten Problemstellungen übergeht, die zu vielfältigen
Symbolisierungen und zu „Symbolisierungen des Symbolischen“[29]
führen.
Die Funktion von Architektur könnte also darin bestehen, dass sie in
der Gesellschaft die Kompetenz zur Bearbeitung von Irritationen monopolisiert,
die aus der Kopplung der Gesellschaft mit raum-zeitlich situierten (körperlichen)
Individuen entstehen.
Eine verlässliche Darstellung der Funktion von Architektur würde eine
umfassende Auseinandersetzung mit deren Bedeutung in der (modernen)
Gesellschaft erfordern. Dabei müsste insbesondere auch der Nachweis
erbracht werden, dass die Architektur in der Gesellschaft für das genannte
Bezugsproblem Alleinzuständigkeit beansprucht. Für eine solche sozialhistorische
Analyse kann hier nicht der Ort sein. Im Folgenden soll jedoch weiter
davon ausgegangen werden, dass die Architektur aufgrund ihrer Strukturierung
einen ausgeprägten kommunikativen Selbstbezug entwickelt, so dass es
gerechtfertigt erscheint, von einem operativ geschlossenen System zu
sprechen. Dies wirft allerdings die Frage nach dem Kommunikationsmedium,
dem Code dieses Kommunikationssystems auf, der letztlich die operative
Schließung ermöglicht und die Autonomie des Systems garantiert. Eine
Annäherung an diese Frage soll im Folgenden unter der systemtheoretischen
Prämisse erfolgen, dass soziale Systeme beobachtende Systeme sind.
2. Beobachtung
Gemeinhin sind es die Produkte der Architektur, die (mehr oder weniger
stark) der Beobachtung ausgesetzt sind: Elemente der gebauten Umwelt
werden betreten und bestaunt, kritisiert und bewundert, interpretiert
und entschlüsselt oder routinemäßig benutzt und (miss‑)verstanden.
Die gebaute Umwelt wird, im Sinne dieser alltagssprachlichen Verwendung
des Wortes „Beobachtung“, vor allem von den Nutzerinnen und Nutzern
beobachtet. Aus systemtheoretischer Sicht kann jedoch auch die programmierte
Produktion gebauter Umwelt – das soziale System Architektur selbst –
als Prozessieren von Beobachtungen begriffen werden. Mit Beobachten
ist dabei allerdings nicht das Sehen mit den Augen oder die Abbildung
der Realität im Bewusstsein gemeint, sondern (im Sinne eines weiter
gefassten, abstrakten Beobachtungsbegriffs) das Treffen von Unterscheidungen
im Rahmen von Bezeichnungen. Beobachten ist in systemtheoretischer Terminologie
die Operation des Unterscheidens und Bezeichnens – wobei Unterscheiden
und Bezeichnen eine Operation sind, weil man einerseits ohne
die Bezeichnung (Markierung) einer Seite nichts unterscheiden kann,
andererseits aber immer schon eine Unterscheidung vorgenommen hat, wenn
man etwas bezeichnet.[30]
Betont werden muss außerdem, dass Beobachten stets die Bezeichnung oder
Markierung einer Seite (im Rahmen einer Unterscheidung), aber
eben nicht beider Seiten gleichzeitig, impliziert.[31]
Dieser Beobachtungsbegriff impliziert die Unterscheidung von Beobachtern
erster und Beobachtern zweiter Ordnung. Kein Beobachter kann die Unterscheidung,
die er benutzt (im Zug der Beobachtung) auch noch beobachten, d. h.
unterscheiden und bezeichnen, ohne in Paradoxien der Selbstanwendung
zu kommen. Wer z. B. die Unterscheidung „wahr/nicht-wahr“ benutzt,
wie es die wissenschaftliche Beobachtung tut, kann feststellen, dass
bestimmte Aussagen wahr und andere nicht wahr sind. Er sieht Wahres
und Unwahres. Aber er sieht nicht, dass er dabei die Unterscheidung
„wahr/nicht-wahr“ benutzt. Er verwendet die Unterscheidung als blinden
Fleck seiner Beobachtung. Dieser Beobachter – ein Beobachter erster
Ordnung – hat es mit stabilen Sachverhalten und Dingen zu tun, die zwar
vielfältig und komplex sein können, die aber letztlich sind, wie sie
erscheinen (z. B.: wahr oder unwahr). Der Beobachter erster Ordnung
bewegt sich also in einem ontologischen Dispositiv.
Jeder Beobachter kann aber beim Beobachten beobachtet werden. Ein Beobachter
zweiter Ordnung kann sehen, welche Unterscheidungen die Beobachter erster
Ordnung benutzen. Er kann somit sehen, was die Beobachter erster Ordnung
zu Gesicht bekommen und was nicht. Als ein solcher Beobachter zweiter
Ordnung treten z. B. jene Wissenschaften auf, die sich darauf kaprizieren,
Beobachtungspraktiken in ihrer innergesellschaftlichen Umwelt zu beobachten.
Das betrifft vor allem Sozialwissenschaften, die ihre Aufgabe darin
sehen, den (kommunikativen) Unterscheidungsgebrauch in allen Bereichen
des täglichen Lebens, der Politik, der Wirtschaft, der Bildung, der
Religion, der Kunst usw. unter die Lupe zu nehmen und vorzuführen, dass
das, was im Alltag notwendig und natürlich erscheint, kontingent und
artifiziell ist (d. h. von Entscheidungen beim Gebrauch von Unterscheidungen
abhängig und deshalb veränderbar und verbesserungsfähig).[32]
Der Preis, den die Sozialwissenschaften dafür bezahlen, ist allerdings,
dass sie mit ihren Beobachtungen nicht mehr direkt an die im Alltag
vollzogenen Beobachtungen anknüpfen können. Sie können den Alltag (die
Politik, die Wirtschaft, die Religion etc.) weder beraten noch disziplinieren,
weil sie mit ihrer Beobachtung von Beobachtungen nicht das politisch
Sinnvolle, sondern den Sinn von Politik entdecken und nicht das wirtschaftlich
Rentable, sondern die Rentabilitätskonstruktionen der Wirtschaft zu
Gesicht bekommen würden. Die Sozialwissenschaften können vor diesem
Hintergrund auch nicht (mehr) mit Besserwissen aufwarten, weil durch
die Iteration von Beobachtern keine Hierarchie, kein Oben und Unten,
entsteht. Der Beobachter zweiter Ordnung befindet sich nicht in einer
hierarchisch höheren Position, denn er muss für seine Beobachtungen
selbst Unterscheidungen benutzen, die er im Zuge der Beobachtung nicht
auch noch beobachten kann.
Deshalb kann Wissenschaft ihre Erkenntnisse auch niemandem aufzwingen,
sie kann sich nur der Beobachtung aussetzen. Ob und wie ihre Beschreibungen
in ihrer innergesellschaftlichen Umwelt aufgenommen und weiterverwendet
werden, hängt dann aber von der eigenwilligen Beobachtung der Systeme
in der Umwelt der Wissenschaft und somit von Operationen ab, auf die
die Wissenschaft keinen direkten Einfluss hat. Wissenschaft kann vor
diesem Hintergrund keine Veränderung von Systemstrukturen in anderen
Systemen herbeiführen. Sie kann nur ihre eigenen Beobachtungen der Beobachtung
aussetzen und kann versuchen, ihre Beschreibungen möglichst transparent
zu machen, um so Anregung für Strukturvariationen in anderen Systemen
zu geben.
Wie die Wissenschaft, so ist auch die Kunst ein System moderner Gesellschaft,
dessen Operationsweise und Funktion unter dem Gesichtspunkt der Beobachtung
zweiter Ordnung betrachtet werden müssen. Luhmann zufolge zeichnet sich
das System der Kunst unter anderem dadurch aus, dass es eine eigene
Realität erzeugt, die sich von der gewohnten Realität unterscheidet.
Die Kunst produziert und reproduziert eine Differenz von realer Realität
und fiktionaler, imaginierter Realität.[33]
Sie erzeugt diese Differenz, etwa wenn sie Realität imitiert. Sie reproduziert
die Differenz von Realität und Fiktion aber auch, wenn sie Realität
kritisiert, oder wenn sie versucht, „den Betrachter als Individuum
anzusprechen und ihn in eine Situation hineinzumanövrieren, in der er
selbst der Realität (und nicht zuletzt: sich selber) gegenüber steht
und sie in einer Weise beobachten lernt, die er sich im Alltagskontext
nicht aneignen könnte.“[34]
Die Umgangsweisen mit dieser Differenz sind also höchst vielfältig.
Sie können auch im Versuch bestehen, diese Differenz aufzuheben, was
freilich misslingt (weil ein Kunstwerk, das so sein möchte wie ein „gewöhnliches
Ding“ eben dadurch auf die Differenz von realer und fiktionaler Realität
verweist).[35]
Die Herstellung von Kunstwerken kann unter beobachtungstheoretischen
Gesichtspunkten als ein Entscheidungsprozess begriffen werden. In der
stark abstrahierenden Sichtweise der Systemtheorie besteht die Produktion
eines Kunstwerkes aus einer Sequenz von Selektionen hinsichtlich des
Treffens von Unterscheidungen, d. h. hinsichtlich des Einsatzes
von Formen (Pinselstrichen, Hammerschlägen, Wörtern oder Noten usw.).
Mit jeder Form, für die sich eine Künstlerin oder ein Künstler (bewusst
oder unbewusst) entscheidet, wird ein Möglichkeitsspielraum für weitere
Formen eröffnet; gleichzeitig wird aber durch jede Selektion auch die
Wahl von weiteren Formen eingeschränkt. Wenn ein Pinselstrich getan,
ein erster Satz geschrieben, eine erste Note gesetzt, d. h. eine
Unterscheidung getroffen wurde, ist trotz aller Freiheitsgrade, die
dann noch bestehen, nicht mehr alles möglich, damit das Bild stimmig,
die Komposition klangvoll oder die Geschichte kohärent wird. Es ist
dabei unerheblich, ob der Künstler oder die Künstlerin Stimmigkeit der
Komposition, Kohärenz und Wohlklang anstrebt oder Gegensätze herausarbeiten
und Verwirrung stiften will. Entscheidend ist, dass stets bestimmte
Ordnungsvorstellungen hinsichtlich des Einsatzes von Formen reproduziert
werden, auch (oder gerade), wenn diese Ordnungsvorstellungen umgearbeitet
werden oder dagegen verstoßen werden soll.
Beide Punkte zusammen deuten an, worin die Funktion von Kunst in der
modernen Gesellschaft möglicherweise besteht: „Die Funktion der Kunst
könnte es sein, darauf zu reagieren und zu zeigen, dass im Bereich des
Möglichen Ordnung möglich ist. (…) Sie zeigt, dass und wie im Überschreiten
des Wirklichen im Hinblick auf das nur Mögliche Form zu gewinnen ist.“[36]
Die Kunst lenkt den Betrachter auf die Betrachtung von Formen hin. Sie
weist ihn gewissermaßen darauf hin, dass es um die Formbildung selbst
geht (und nicht um wahrheitsgetreue Abbildung, Anweisung zu Kaufentscheidungen
oder politische Versprechen usw.): „Der Beobachter wird als Beobachter
gefordert – und nicht nur als jemand, der an seinen Rechten, an Gewinn,
an Wahrheit interessiert ist.“[37]
Der Beobachter wird also provoziert zu beobachten, dass er beobachtet.
Die Funktion von Kunst bestünde also letztlich darin, das Beobachten
der Beobachtung auszusetzen. Sie würde damit in der Gesellschaft Beobachtungen
freisetzen, bei denen der Beobachter, das Beobachten selbst und die
Kontingenz bestehender Ordnungen in den Blick kommen. Der psychologische
Gewinn solcher Einsichten mag gering sein; man kann, wie Luhmann lakonisch
feststellt, „ganz gut ohne Kunst leben.“[38]
Die Kunst setzt damit aber in der Gesellschaft Beobachtungsmöglichkeiten
frei, die den Gebrauch von Unterscheidungen und die Kontingenz von Ordnungen
sichtbar machen. „Und es könnte wichtig sein, dass eine Gesellschaft
– und zwar gerade eine Gesellschaft, die ihrer eigenen Ordnung nicht
mehr traut – diese Möglichkeit bereithält.“[39]
Die programmierte Produktion von gebauter Umwelt (Architektur) kann,
wie die Produktion von Kunstwerken, zweifellos als ein Entscheidungsprozess
hinsichtlich des Einsatzes von Formen (Unterscheidungen), d. h.
als ein Prozessieren von Beobachtungen begriffen werden. Vor dem Hintergrund
des funktionsspezifischen Bezugsproblems der Architektur kann diese
Formbildung außerdem als Bearbeitung der strukturellen Kopplung von
Gesellschaft mit raum-zeitlich situierten Individuen betrachtet werden.
Inwieweit die Architektur nun aber in der Lage ist, die Gesellschaft
mit ihrer Formenbildung, d. h. mit ihrer Beobachtung, zu instruieren,
oder ob sie, ähnlich wie die Wissenschaft, Beobachtungen von Beobachtungen
anbieten und versuchen muss, andere Systeme zu Strukturvariationen anzuregen,
hängt von der Bestimmung der Beobachtungsweise ab, die im Architektursystem
ausgeführt wird.
3. Medium und Form
Der abstrakte Begriff der Beobachtung wird in Luhmanns Theorie unabhängig
von der Operation benutzt, die einem System das Durchführen von Beobachtungen
ermöglicht. Konkret können Beobachtungen aber nicht ohne ein Medium
ausgeführt werden, in dem Unterscheidungen getroffen und Markierungen
vorgenommen werden. Medien sind, nach systemtheoretischem Verständnis,
lose Kopplungen von Elementen, die „von einem beobachtenden System konstruiert
(unterschieden) werden“.[40]
Diese lose gekoppelten Elemente stehen im System für Formbildungen,
d. h. für feste Kopplungen bereit, und nur diese Formbildungen
können beobachtet werden. Die Medien selbst bleiben unsichtbar.
Luhmann erläutert diese Unterscheidung von Medium und Form am Beispiel
des Kommunikationsmediums Sprache, das im Sinne einer losen Kopplung
von Elementen als Bestand von Lauten oder Wörtern begriffen werden kann.
Erst durch die Verbindung von Lauten zu Wörtern und Sätzen wird das
Medium Sprache (anhand seiner Formen) als solches erkennbar und sinnvolle
Kommunikation möglich: „Im Medium der Geräusche werden durch starke
Einschränkungen auf kondensierbare (wiederholbare) Formen Wörter gebildet,
die im Medium der Sprache zur Satzbildung (und nur so: zur Kommunikation)
verwendet werden können.“[41]
Dieses Beispiel zeigt nicht nur, dass Medien immer aus „schon geformten
Elementen“[42]
bestehen, sondern weist auch auf den „Stufenbau“ von Medien hin. In
Sinne eines solchen Stufenbaus bilden beispielsweise Sätze Formen im
Medium der Wörter; sie können aber selber wiederum als lose gekoppelte
Elemente und damit als Medium für Formbildungen benutzt werden, „die
man als Mythen, Erzählungen oder (…), wenn das Ganze sich im optischen
Medium der Schrift duplizieren lässt, auch als Textgattungen und als
Theorien kennt.“[43]
Texte und Theorien können dann wiederum als Medien für Formbildungen
auf einer nächsten Stufe dienen. Theorien zum Beispiel „können im
Medium des Wahrheitscodes zu untereinander konsistenten Wahrheiten gekoppelt
werden, zu Formen also, deren Außenseite der Bereich der untereinander
nicht konsistenten Unwahrheiten wäre.“[44]
Der Begriff der losen Kopplung bezieht sich nicht auf die Qualität einzelner
Verbindungen, sondern auf die Anschluss- und Verknüpfungsmöglichkeiten
von Elementen: „Gemeint ist nicht so etwas wie eine locker sitzende
Schraube, sondern eine offene Mehrheit möglicher Verbindungen, die mit
der Einheit eines Elements noch kompatibel sind – also etwa die Zahl
der sinnvollen Sätze, die mit einem sinnidentischen Wort gebildet werden
können.“[45]
Die Offenheit loser Kopplung kann einerseits in der Sachdimension gesehen
werden: „Sachlich ist dann gemeint, dass viele festere Kopplungen
in Betracht kommen und jede Formbildung eine Selektion erfordert.“[46]
Die Differenz von loser Kopplung und fester Kopplung zeichnet sich aber
andererseits auch in der Zeitdimension ab: „Formen können in einem
Medium wie immer flüchtig oder längerfristig gebildet werden, ohne dass
das Medium dadurch verbraucht würde oder mit Auflösung der Form verschwände.“[47]
Während das Medium also hinsichtlich der Kopplung von Elementen eher
unspezifisch bzw. für eine Vielzahl von möglichen Verbindungen offen
ist (Sachdimension) und bestehende Kopplungen jederzeit für andere Kopplungen
aufgibt (Zeitdimension), ist es insgesamt dauerhafter als die Formen,
die darin gebildet werden. Formen haben zwar gegenüber dem Medium größere
„Durchsetzungsfähigkeit“[48],
sie erfahren vom Medium keinen Widerstand, sind aber dafür instabil
und können verschwinden bzw. vergessen werden.
Das Medium, das der Architektur für Formbildungen zur Verfügung steht,
ist aus systemtheoretischer Sicht mutmaßlich der Raum. Diese Annahme
wird plausibel, wenn man den Raumbegriff der Systemtheorie genauer betrachtet.
Raum meint hier weder bloß materielle Welt, noch ist damit die Erdoberfläche,
eine Art Container oder ein Distanzrelationsgefüge gemeint. Raum ist
gemäß Luhmann ein Medium „der Messung und Errechnung von Objekten“.[49]
Er wird dadurch erzeugt, „dass Stellen unabhängig von den Objekten
identifiziert werden können, die sie jeweils besetzen.“[50]
Stellen sind, gemäß der oben erläuterten Unterscheidung von Medium und
Form, das Medium des Raums, Objekte die Formen, die darin gebildet werden
können: „Stellendifferenzen markieren das Medium, Objektdifferenzen
die Formen des Mediums.“[51]
Eine Unterscheidung von Objekten und Stellen wird normalerweise nicht
bewusst getroffen. Luhmann zufolge handelt es sich beim Errechnen von
Objekten vielmehr um eine Leistung, die die „neurophysiologische Operationsweise
des Gehirns“[52]
erbringt, d. h. um eine Art neurophysiologisches Apriori der Wahrnehmung.
Der Raum ist demzufolge weder ein wahrnehmbarer Gegenstand noch eine
Art Behälter, wie etwa Newtons „absoluter Raum“[53],
sondern eine Dimension, die bei jeder Wahrnehmung vorausgesetzt wird:
„Für die eigenen Operationen des Bewusstseins und der Kommunikation
ist die Welt also immer schon räumlich und zeitlich geöffnet.“[54]
Bewusstsein und Kommunikation können die Unterscheidung von Stellen
und Objekten jedoch rekonstruieren: Wir können Stellen zwar nicht unabhängig
von den Objekten, die sich dort befinden, wahrnehmen; wir können uns
aber, kraft einer Abstraktion, Stellen unabhängig von Objekten denken.
Der Begriff des Raumes verweist in der Systemtheorie also nicht auf
etwas Konkretes – eine Gegend, belebte Orte, Landschaft oder ähnliches
– sondern auf die Bedingung der Möglichkeit, Objekte unabhängig von
Stellen zu denken.[55]
In systemtheoretischer Terminologie ist der Raum also ein kognitiv unzugängliches
Medium, das der Wahrnehmung vorausgeht und vom Bewusstsein (in Gedanken)
oder der Kommunikation vermittels einer Abstraktion rekonstruiert werden
muss. Er besteht als solches aus der infiniten Menge von unbestimmten
Stellen (lose gekoppelten Elementen), die für feste Kopplungen zur Verfügung
stehen. Durch die Besetzung mit Objekten werden die lose gekoppelten
Elemente des Mediums (Stellen) stärker gekoppelt und wahrnehmbare Formen
erzeugt. Erst durch Objektbesetzungen entstehen z. B. Stellenrelationen,
Grenzziehungen und identifizierbare Orte. Pott illustriert dies am Beispiel
der Erdoberfläche, die – obwohl selbst eine Form – im Sinne der Stufenbaufähigkeit
von Formen und Medien auch als Medium dienen kann. Als solches besteht
sie aus den Punkten der Fläche (Stellen), die durch Objektbesetzung
bzw. Markierung zu räumlichen Formen gekoppelt werden können: „Derart
lassen sich zum Beispiel ‚Wege’ (als Punktverbindungen) oder ‚Gebiete’,
‚Bezirke’ oder ‚Territorien’ (als durch Grenzlinien hervorgebrachte
Einheiten) formen, die erneut als Medien zu weiteren Formbildungen zur
Verfügung stehen.“[56]
Damit wird indirekt angedeutet, dass räumliche Formbildung Grenzziehung
impliziert. Konkrete Räume (Gebiete, Areale, Territorien, Grundstücke)
sind bekanntlich nur von ihrer Grenze her identifizierbar. Die Grenze
ist, wie Heidegger an einer viel zitierten Stelle schreibt, „nicht
das, wobei etwas aufhört, sondern, wie die Griechen es erkannten, die
Grenze ist jenes, von woher etwas sein Wesen beginnt.“[57]
Erst Grenzziehungen formieren – mit anderen Worten – Orte, in denen
Dinge versammelt sind. In diesem Sinne liest man bei Heidegger weiter:
„Raum ist wesenhaft das Eingeräumte, in seine Grenzen Eingelassene.
Das Eingeräumte wird gestattet und so gefügt, d. h. versammelt
durch einen Ort (…)“[58]
Teilweise in Anlehnung an Heidegger weist Baecker daraufhin, dass die
Kopplung von Stellen dem Medium Beliebigkeit entzieht. Die Besetzung
von Stellen mit Objekten schränkt ein, „welche Anschlüsse für welches
soziale Verhalten im Umfeld dieser Objekte jeweils möglich sind beziehungsweise
nahe gelegt werden können.“[59]
Was an einem Ort (sinnvollerweise) getan werden kann, welche Tätigkeiten
nahezu ausgeschlossen sind, aber auch welche Wahrnehmungen und Empfindungen
er auslöst, hängt unter anderem von der räumlichen Formbildung (Stellenkopplung)
durch die Besetzung mit Objekten ab.[60]
Luhmann bezeichnet die Qualität von Orten auch als Atmosphären. Damit
sind allerdings weniger die subjektiven Empfindungen oder Gefühle von
Individuen gemeint – es geht nicht um eine „Tönung der eigenen Befindlichkeit“,
die sich laut Bischoff beim Betreten eines Ortes „noch vor dem Gewahrwerden
von Gegenständen und Menschen“ einstellt.[61]
Atmosphären erklären sich Luhmann zufolge vielmehr damit, dass aus Stellen
und Objekte Einheiten entstehen und damit Orte (Umgebungen) geschaffen
werden, die „nicht in Stellendifferenz aufgelöst, nicht auf sie zurückgerechnet
werden“ können.[62]
Atmosphären, so könnte man sagen, sind Effekte der Verschmelzung von
Objekten und Stellen bzw. der Indifferenz gegenüber der Unterscheidung
der beiden. Orte erlangen atmosphärische Qualität also dann, wenn Objekte
und Stellen nicht (vermittels einer Abstraktion) auseinander gehalten
werden (können), d. h. wenn die Unterscheidung, die auf der einen
Seite das Medium (Stellendifferenzen) und auf der anderen Seite Formen
(Objektdifferenzen) kenntlich machen würde, ausbleibt oder unsichtbar
gemacht wird. Atmosphären sind demnach Produkte von Beobachtungen, bei
denen die Differenz von Stellen und Objekten nicht auffällt. In diesem
Sinne resümiert Luhmann: „Atmosphäre ist (…) das Sichtbarwerden der
Einheit der Differenz, die den Raum konstituiert: also auch die Sichtbarkeit
der Unsichtbarkeit des Raums als eines Mediums für Formbildungen.“[63]
Die genannten Einschränkungen des Verhaltens, die durch Objektbesetzungen
entstehen, die angesprochene Bedeutung von Grenzziehungen und die Entstehung
von Atmosphären deuten bereits an, welches das Metier der Architektur
ist, wenn diese als Beobachtung, d. h. Formbildung (Unterscheidung
und Bezeichnung) im Medium Raum begriffen wird: Indem sie materielle
Objekte platziert und arrangiert, produziert die Architektur fortwährend
Stellenkopplungen im Raum und schafft dadurch Bedingungen, die definieren,
welches Anschlussverhalten an diesen Orten möglich, nahe liegend oder
ausgeschlossen ist. Die konkrete Nutzung von Räumen wird durch die Besetzung
mit Objekten und durch die entsprechend erreichte Kopplung der Stellen
vorstrukturiert und begrenzt. Damit schafft die Architektur aber gleichzeitig
die Voraussetzungen dafür, dass Objekte und Stellen unterschieden, bestehende
Kopplungen aufgelöst und neue Relationierungen hergestellt werden können.
Obwohl die Strukturen der gebauten Umwelt zuweilen wie „Gussformen“
erscheinen, „in die wir unser Handeln gießen müssen“[64],
sind auch räumliche Formen instabil und können verfallen oder verändert
werden. In der Instabilität der Form scheint also eine grundsätzliche
Aneignungsoffenheit gebauter Umwelt zu liegen.
Hinsichtlich der Einschränkungen, die durch die Besetzung von Stellen
mit Objekten erzielt werden, ist außerdem zu beachten, dass mit Objekten
in der Systemtheorie keineswegs bloß materielle Gegenstände gemeint
sind. Objekte sind nach systemtheoretischem Verständnis nicht einfach
„in der Außenwelt gegebene Dinge, sondern strukturelle Einheiten
der Autopoiesis des Systems, das heißt Bedingungen der Fortsetzung von
Kommunikation.“[65]
Objekte sind, mit anderen Worten, sozial konstruierte Gegenstände, die
im Verlauf von Kommunikation identisch bleiben, d. h. „Festlegungen
des Sinns und der richtigen Form von Gegenständen (Häusern, Werkzeugen,
Plätzen und Wegen oder Namen von Naturobjekten, …), auf die sich die
Kommunikation beziehen kann, ohne dass Zweifel darüber aufkommen, was
gemeint ist und wie damit umzugehen ist.“[66]
Stellenkopplungen werden nicht nur durch die Anordnung von materiellen
Objekten erzeugt. Im Sinne des erläuterten Objektverständnisses sind
auch Stellenbezeichnungen, ortsbezogene Vorschriften (z. B. Zutrittsverbote
oder Eintrittsgelder), symbolische Aufladungen und Deutungen oder praktische
Nutzungen als Objektbesetzungen im Raum zu begreifen.[67]
Eine Kopplung von Stellen wird also auch (und vor allem) dadurch erreicht,
dass dem Raum soziale Bedeutungen eingeschrieben werden.[68]
Die Kopplung von Stellen durch symbolische Objektbesetzung erzeugt ebenfalls
keine stabilen Formen. Wenn ein Gebäude einmal errichtet ist, hat der
Nutzer zwar nur noch geringfügig Möglichkeiten, materielle Kopplungen
zu verändern; er hat aber weiterhin Spielraum für Interpretationen und
Deutungen sowie (temporäre) Umwidmungen, die unter Umständen eine Vielzahl
von Aneignungsmöglichkeiten zulassen. Diese Aneignungsoffenheit bezieht
sich jedoch wiederum nicht auf die Qualität einzelner Kopplungen, also
nicht auf die Dauerhaftigkeit symbolischer Aufladungen, sondern auf
das Spektrum von Zuschreibungen und Verbindungen, die alternativ möglich
sind. Aus Sicht der Architektur kann diese Offenheit auch als Unsicherheit
in Bezug auf die richtige Interpretation und Nutzung von Bauwerken betrachtet
werden. Mit der Kopplung von Stellen durch sozial konstruierte Objekte
wird also nicht erreicht, dass die Produkte der Architektur von anderen
Beobachtern nur auf eine bestimmte Art und Weise benutzt werden. Sie
birgt im Gegenteil die Gefahr, dass Orte umgedeutet, reinterpretiert,
falsch verstanden werden.
Begreift man Objekte in dem oben erläuterten Sinne als Konstrukte der
Kommunikation, dann wird klar, dass die Produkte der Architektur permanent
von anderen Beobachtern für deren eigene Formbildung verwendet und mit
neuen Bedeutungen aufgeladen werden. Dabei spielt die Stufenbaufähigkeit
von Medium und Form insofern eine Rolle, als sie erklärt, wie architektonische
Erzeugnisse in anderen Systemen zu Elementen der dort verwendeten Medien
werden können. So können Gebäude z. B. Elemente des Mediums Geld
darstellen und in der Wirtschaft als Anlageobjekte auftreten oder in
der Politik zur Demonstration und Festigung von Macht (Repräsentativbauten)
verwendet werden. Diese Weiterverwendung ihrer Formen als Elemente anderer
Medien kann die Architektur weder kontrollieren noch verhindern. Denn
die Funktionssysteme in der innergesellschaftlichen Umwelt der Architektur
führen, wie oben erläutert, ihre Beobachtungen nach eigenen Maßgaben
in ihrem systemspezifischen Medium durch. Ob und wie Architekturerzeugnisse
von anderen Systemen beobachtet werden, hat so gesehen nichts mit der
Art der Kopplung von Stellen durch Objekte zu tun, die die Architektur
durch ihre Formenproduktion erzeugt. Aneignungsoffenheit ist also weniger
ein Merkmal der Produkte der Architektur als vielmehr eine Konsequenz
der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft, d. h. des Verhältnisses
von Architektur als System und Beobachter zu den Systemen und Beobachtern
in ihrer innergesellschaftlichen Umwelt.
In dieser Situation könnte der Architektur daran gelegen sein, den Beobachter
zu fordern – und zwar so, dass dieser Beobachter nicht nur die Ordnung
der räumlichen Formgebung entdeckt (und benutzt), sondern sich selbst
als jemanden, der beobachtet und damit Formen (Kopplungen von Elementen)
erzeugt. Wenn das gelingt, wäre jede Interpretation von Architektur
eine Art der Selbstreflexion hinsichtlich der eigenen Art der Beobachtung
und der damit einhergehenden Konstruktion von Wirklichkeit.
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Anmerkungen:
[1]
Bourdieu 1991 oder 1997.
[2]
Giddens 1992 und Werlen 1995 oder 1997.
[3]
So beispielsweise Harvey 1996.
[4]
Soja 1996 in Anlehnung an Lefebvre 1974.
[7]
Ziemann/Göbel 2004, S. 53f.
[14]
Vgl. zur Polysemie des Wortes Architektur z. B. Schäfers 2006,
S. 16f.
[15]
Luhmann 1992, S. 119.
[19]
Kneer/Nassehi 1993, S. 80.
[20]
Vgl. Luhmann 1997, S. 150.
[21]
Luhmann 1990a, S. 636.
[23]
Ein Bauvorhaben mag zwar durch systemfremde Gegebenheiten (z. B.
durch rechtliche Vorgaben oder durch mangelnde Finanzierung) blockiert
oder verhindert werden, eine Beurteilung „unter architektonischen
Gesichtspunkten“ ist aber nur innerhalb des Kommunikationsbereichs
Architektur möglich. Auch mögen äußere Umstände (Vorstellungen eines
Bauherrn, Vorgaben hinsichtlich der Nutzung, finanzielle Beschränkungen
usw.) bei der Planung und Realisierung eines Bauvorhabens unumgängliche
Rahmenbedingungen darstellen, eine „architektonische Lösung“ dieser
Probleme kann aber nur unter Bezugnahme auf Traditionen, Formen,
Theorien und Gestaltungsmöglichkeiten der Architektur und mittels
der eingeübten (oder durch Einführung neuer) Entwurfs-, Planungs-
und Realisierungsverfahren – d. h. im Kommunikationssystem
Architektur – gefunden werden.
[24]
Vgl. z. B. Luhmann 1984, S. 286ff. und 1997, S. 744.
[25]
Vgl. z. B. Luhmann 1990a, S. 165ff. oder 1992, 124f.
[26]
Hägerstrand 1970, S. 12ff.
[27]
Luhmann 1997, S. 118.
[28]
Die Architektur orientiert sich nicht an menschlichen Grundbedürfnissen
„an sich“, sondern an Theorien oder Erklärungen, in denen menschliche
Grundbedürfnisse definiert werden; sie reagiert genau genommen nicht
auf „coupling constraints“ (Koordinierungsprobleme der Raum-Zeit-Pfade
körperlicher Individuen), sondern muss sich auf Berechnungen und
Prognosen (beispielsweise des Verkehrs- oder Publikumsaufkommens)
verlassen; sie verarbeitet auch keine psychischen Dispositionen
und kann selbst nicht wahrnehmen, sondern sie stellt Theorien über
Wahrnehmungs- oder Verhaltensgewohnheiten auf und verwendet Lebensstilmodelle,
um Präferenzen oder Konsummuster zu erfassen.
[29]
Schäfers 2006, S. 52.
[30]
Luhmann 1997, S. 69.
[31]
Die beobachtungsleitenden Unterscheidungen (etwa die binären Codes
funktionaler Teilsysteme) enthalten zwar keine Präferenzen für eine
ihrer beiden Seiten; sie lassen aber auch nicht zu, dass beide Seiten
gleichzeitig gewählt werden: Kommunikation im Funktionssystem Wirtschaft
beispielsweise läuft auf Zahlung oder Nicht-Zahlung hinaus
und nicht auf zahlen und nicht zahlen.
[32]
Luhmann 1993, S. 256.
[33]
Luhmann 1995, S. 229 u. 230. Der Unterschied von Realität und Fiktionalität
ist nicht als ontologische Differenz von äußerer, real existierender
und „nur gedachter, vorgestellter“ also innerer (geistiger oder
mentaler) Welt zu begreifen, sondern als Differenz und von Beobachtung
erster Ordnung und Beobachtung zweiter Ordnung. Vgl. Luhmann 1990b,
S. 13.
[34]
Luhmann 1995, S. 230.
[36]
Luhmann 1990b, S. 38f.
[40]
Luhmann 1995, S. 167.
[53]
Vgl. Werlen 1995, S. 152ff.
[54]
Luhmann 1995, S. 180.
[55]
Einen ähnlichen Gedanken äußert an anderer Stelle Bourdieu, der
darauf hinweist, dass sich ein bedeutungsleerer (physischer) Raum
nur vermittels einer Abstraktion denken lässt, „das heißt unter
willentlicher Absehung von allem, was darauf zurückzuführen ist,
das er ein bewohnter und angeeigneter Raum ist“ (Bourdieu 1991,
S. 28).
[57]
Heidegger 1990, 149.
[59]
Baecker 2004, S. 217.
[60]
Vgl. zur Formbildung der Architektur (insbesondere zur Behandlung
der Differenz von Innen und Außen) auch Baecker 1990.
[61]
Bischoff 2006. Vgl. dazu Wiegandt/Kazig 2006.
[62]
Luhmann 1995, S. 181.
[64]
Durkheim 1984, S. 126.
[65]
Luhmann 1997, S. 99.
[67]
Vgl. Pott 2007, S. 35f.
[68]
Vgl. Redepenning 2006.