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Autor: Schäfer, Karl
In: Die Durchgeistigung der deutschen Arbeit: Wege und Ziele in Zusammenhang von Industrie, Handwerk und Kunst. - 1. - 10. Tsd. - Jena: Diederichs (1912); Ill., 116, 109 S.: zahlr. Ill. (Deutscher Werkbund: Jahrbuch des Deutschen Werkbundes; 1912)
 
Wechselrede über ästhetische Fragen der Gegenwart
 
AUF DER JAHRESVERSAMMLUNG 1911
KARL SCHÄFER, LÜBECK:

UNTER dem Eindruck der Berliner Ton- und Zementindustrie-Ausstellung bin ich im vergangenen Jahre derjenige gewesen, der die Frage Werkbund oder Heimatschutz etwas scharf, schärfer vielleicht, als nötig gewesen wäre, anfaßte. Das sind wohl die Wirkungen der Stimmung, in der man sich befindet unter dem Eindruck von neuen Erscheinungen in der Kunst, auf die wir ja doch alle sehnlich warten, über die wir uns freuen und unter deren Eindruck wir zu einer Revision mancher bis dahin gehegten Auffassung kommen. Niemand wird bezweifeln, welch segensreiche Wirkungen die Heimatschutzbewegung für uns alle gehabt hat. Es ist selbstverständlich, daß wir eine große Anzahl des Laienelementes nicht zu einem Verständnis der Architektur bringen würden, wenn nicht auf dem Wege über den Heimatschutz in das Publikum ein bißchen Verständnis für Architektur hineingebracht wird. Schon für das Schlagwort müssen wir dankbar sein. Was ich damals zum Ausdruck bringen wollte, ist: Gerade weil die Heimatschutzfrage zum Schlagwort geworden ist, gerade deshalb müssen wir vorsichtig sein, daß ihre einseitige Betonung nicht Schaden anrichte. Ich glaube, das ist so naheliegend, daß sich darüber niemand gekränkt fühlen kann, wenn man es ausspricht. Es darf nur nicht vom Standpunkt des Heimatschutzes aus Protest erhoben werden gegen eine Weiterentwicklung unserer modernen Gedanken, die nicht mehr im Sinne der Kunst von 1830 liegen. Die beiden Bewegungen können sich ganz gut nebeneinander betätigen, wenn man die Grenzlinie respektiert. Wir brauchen ein juste milieu für die große Masse. Wir können aber nicht sagen, daß auf Grund dieser Betätigung nun das erwächst, was wir für die Zukunft unserer Baukunst brauchen. Ich denke, daß damit nicht nötig ist, eine polemische Stellung gegenüber den Vertretern des Heimatschutzgedankens einzunehmen. Wenn man das ausspricht, so ist es eine ruhige Erwägung, die jedem sein Recht und Gebiet zuweist.

siehe auch:
Gurlitt, Cornelius
Osthaus, K. E.
Fuchs, C. J.
Schmid, Max
Fischer, Theodor
Avenarius, Ferdinand
Muthesius, Hermann