Der öffentliche Raum
in Zeiten der Schrumpfung

8. Jg., Heft 1 (September 2003)    

 

___Katrin Günther
& Marietta Tzschoppe

Cottbus
  Modellstadt Cottbus Innenstadt -
Bedeutung des öffentlichen Raumes im Sanierungsprozess

 


 

Städtebauliche Struktur des Sanierungsgebietes
Das Sanierungsgebiet ist in städtebaulich unterschiedlich strukturierte Gebiete gegliedert.


 
Im Zentrum liegt die überwiegend kleinteilig parzellierte Altstadt, deren Stadtmauern zum Teil heute noch erhalten sind. Die Altstadt zeigt sich heute zum größten Teil saniert. Viele Baulücken wurden geschlossen.

 
Die Altstadt wird städtebaulich hervorgehoben durch den Grüngürtel, der auf den ehemaligen Wallanlagen entstanden ist. Dieser zugleich gliedernde und verbindende Grüngürtel sowie seine Anbindung an die Naturräume von Spree und Mühlgraben stellen wertvolle Potenziale der Cottbuser Innenstadt dar.

 
Außerhalb der Altstadt und der Wallanlagen entstanden im Lauf der Jahrhunderte entlang der Fernstraßen und Feldwege organisch strukturierte "Vorstädte", die heute eine gemischte Bau- und Nutzungsstruktur  mit Wohnen, Geschäften, Kleingewerbe und Gastronomie aufweisen.

 
Im wirtschaftlichen Boom der Gründerzeit entwickelten sich orthogonal ausgerichtete Stadterweiterungsgebiete, die wegen ihren geschlossen erhaltenen Gründerzeitblöcken und der Durchmischung mit Handwerks- und Gewerbegebäuden überwiegend unter Denkmalschutz stehen (Denkmalbereich westliche Stadterweiterungen).

 
Die Innenstadt von Cottbus weist einen hohen Bestand an erhaltenswerten Gewerbe- und Industriegebäuden des 19. und 20. Jahrhunderts auf - in besonders stadtbildprägender Form entlang der Flussräume.

 
Eigenständige Quartiere des sozialistischen Städtebaus entstanden, z. T. nach Abriss und Überformung umfangreicher historischer Bausubstanz, westlich der Altstadt (neues Stadtzentrum) und östlich der Spree (Quartier Hainstraße). Alle Bereiche des sozialistischen Städtebaus sind heute integrierte Bestandteile der Innenstadt und als Wohnstandorte beliebt.

 
Nicht verschwiegen werden sollen die "Wunden" innerhalb der dargestellten Struktur der Innenstadt. Die großen, ehemals bebauten Brachflächen sind eines der drängendsten Probleme innerhalb des weiteren Sanierungsprozesses. Eine positive Entwicklung zeichnet sich für den Bereich der Neustadt ab (Kinozentrum u. a.).

 

Das Sanierungsgebiet Innenstadt ist heute durch den Altstadtring und das Achsenkreuz der Straßenbahn hervorragend erschlossen. Die Straßenbahn führt aus allen Stadtteilen unmittelbar in die zentralen Bereiche zwischen Neuem Stadtzentrum und Altstadt sowie zum Altmarkt.

Innerstädtische Nutzungsschwerpunkte
Der Kernbereich der City teilt sich in zwei unterschiedlich strukturierte Pole: auf der einen Seite liegen die Altstadtbereiche mit den Einkaufs- und Flanierbereichen Spremberger Straße und Altmarkt, auf der anderen Seite das in den 70er Jahren entstandene neue Stadtzentrum in der Stadtpromenade mit den beiden Nutzungsklammern Spree-Galerie im Norden und Galeria Kaufhof (sowie künftig der City Galerie Cottbus) im Süden. Zum Kernbereich der City gehören ferner die Bahnhofstraße und Karl-Liebknecht-Straße. Daneben gibt es City-Ausläufer, die zurzeit räumlich nur bedingt in den Citykernbereich eingebunden sind. Sie weisen eher quartiersbezogene Funktionen auf, wie die Friedrich-Ebert-Straße, die Straße der Jugend und die Sandower Straße.

Die Schemazeichnung verdeutlicht den Zusammenhang zwischen den Nutzungsschwerpunkten und den wichtigen öffentlichen Raumachsen, die sich sowohl in Nordsüd- als auch in Ostwestrichtung aufspannen.
 

Ausgangssituation zu Beginn des Sanierungsprozesses
Zu Beginn des Sanierungsprozesses war die Innenstadt von Cottbus von der jahrzehntelangen Vernachlässigung großer Teile der Altstadt und der angrenzenden Altbauquartiere deutlich gezeichnet. Brachflächen, leerstehende, dem Verfall preisgegebene Altbauten und mangelhaft gestaltete bzw. ungestaltete öffentliche Freiflächen kennzeichneten das Bild.

Es galt, die noch vorhandene Altbausubstanz vor dem endgültigen Verfall zu retten, den gegenüber vergleichbaren Städten in der Cottbuser Innenstadt außerordentlich hohen Wohnanteil zu sichern sowie die Handels- und Dienstleistungsstruktur innenstadtgerecht und entsprechend den gestiegenen Ansprüchen der Bewohner/innen und Besucher/innen auszubauen – letzteres auch im Hinblick auf die sich rasant entwickelnde Konkurrenz der Einkaufszentren "auf der grünen Wiese".
 

Auf dem Weg zur Modellstadt
Bereits 1991 wurde die Innenstadt von Cottbus in das die Sanierungsgebiete begleitende "Modellstadtprogramm der städtebaulichen Erneuerung in den neuen Bundesländern" aufgenommen. Damit verbunden war eine umfassende Unterstützung durch Mittel der Städtebauförderung, durch die früher als in anderen sanierungswilligen Kommunen Missstände behoben werden konnten. Mit dem Status als Modellstadt bestand jedoch auch die Pflicht, einen "Wissenstransfer" zu leisten, also besondere Lösungsansätze und Problemstellungen bei der Sanierung auszuwerten und anderen Gemeinden in den Neuen Bundesländern zur Verfügung zu stellen.

Nach der Einstellung des Modellstadtprogramms 1994 durch den Bund wurde der Name Modellstadt von der Stadt Cottbus als Bezeichnung für das Sanierungsgebiet übernommen. Die Stadt Cottbus sieht ihn als Verpflichtung, durch modellhafte Aktionen und Prozesse der ursprünglichen Intention des Modellstadtprogramms gerecht zu werden.

Als Sanierungsgebiet mit dem Namen "Modellstadt Cottbus-Innenstadt" wurde 1992 mit 125 Hektar und damals etwa 6.500 Einwohnern ein im Bundesdurchschnitt sehr großes, für die neuen Bundesländer jedoch nicht untypisches Sanierungsgebiet förmlich festgelegt. Als Sanierungszeitraum muss von mindestens 20 Jahren ausgegangen werden. Die Gesamtkosten der Sanierung werden auf rund 200 Millionen Euro geschätzt.

Die Einwohnerzahl hat sich im Sanierungsgebiet in den letzten 10 Jahren entgegen dem gesamtstädtischen rückläufigen Trend um ca. 1500 erhöht.

 

Die Rahmenplanung
Die Ziele und Zwecke der Sanierung, nach denen Vorhaben beurteilt werden, sind in der mittlerweile in der 3. Fortschreibung vorliegenden Rahmenplanung für das Sanierungsgebiet "Modellstadt Cottbus-Innenstadt" dokumentiert. In diesem Planwerk werden die zukünftige bauliche, freiräumliche und nutzungsstrukturelle Entwicklung des Sanierungsgebietes konkretisiert.

Auf der Grundlage der Rahmenplanung werden Einzelvorhaben z. B. im Rahmen von Baugenehmigungen beurteilt und vertiefende Planungen, wie z. B. Blockentwicklungskonzepte und Bebauungspläne, entwickelt. Die Rahmenplanung dient den politischen Entscheidungsträgern und Verwaltungsbehörden als flexible Leitlinie und Entscheidungshilfe.

Im Mittelpunkt der Rahmenplanung steht die Darstellung der angestrebten gestalterischen und funktionalen Struktur der Innenstadt. Fünf differenzierte Konzeptpläne mit den unterschiedlichen Themenschwerpunkten Gestaltung, Nutzung, Grün- und Freiflächen, Verkehr und Maßnahmen verdeutlichen die Sanierungsziele.

Aus den Konzeptplänen, die zur Umsetzung der Sanierungsziele erarbeitet wurden, sollen an dieser Stelle nur drei beispielhaft kurz vorgestellt werden:

Das Gestaltungskonzept zeigt in der Zusammenschau die geplante zukünftige städtebauliche und landschaftsräumliche Struktur der Innenstadt – als Idealbild nach Abschluss der Sanierung. Erkennbar ist die bauliche Geschlossenheit der Innenstadtquartiere und die freiräumliche Gliederung der innerstädtischen Grünanlagen und Platzfolgen.
 

Im Grün- und Freiflächenkonzept kommt die Entwicklung der öffentlichen und privaten Grün- und Freiflächen als Teil einer nachhaltigen, ökologisch orientierten Stadtentwicklung zum Ausdruck. Die Einflussnahme auf private Bauherren, auf Hofflächen und anderen privaten Grundstücksflächen hochwertige Aufenthalts-, Spiel- und Grünflächen zu schaffen, ist ein Schwerpunktziel im Sanierungsprozess.
 
Das Maßnahmenkonzept schließlich ist als Umsetzungsinstrument für die in den vorangegangenen Plänen dargestellten Zielaussagen zu verstehen. Hier werden themenübergreifend die wichtigsten Maßnahmen dargestellt, die zur Verwirklichung der Sanierungsziele erforderlich sind (z. B. Gebäudesanierung, Neubau, Abriss, Gestaltung von Straßen und Plätzen). Wichtigen baulichen und gestalterischen Maßnahmen werden Prioritätsstufen zugeordnet.
 
Die Rahmenplanung wird dem Umsetzungsstand der Sanierungsplanung entsprechend fortgeschrieben; die 4. Fortschreibung steht kurz vor dem Abschluss. Im Bilanzplan wird deutlich, dass bis zur Halbzeit im Sanierungsprozess eine wesentliche Anzahl an Maßnahmen umgesetzt werden konnte. Trotz der unbestreitbaren Sanierungserfolge sind noch schwerwiegende Aufgaben zu bearbeiten, die mit erschwerenden Entwicklungshemmnissen behaftet sind und für die besondere Sanierungsstrategien erforderlich sind.
 
Bedeutung des öffentlichen Raumes für die Cottbuser Innenstadt
Mit Blick auf das Thema des Symposiums möchte ich im Folgenden auf die öffentlichen Räume der Innenstadt zu sprechen kommen.

In der Stadt Cottbus haben öffentliche Räume eine hohe Bedeutung - auch als 'demokratische' Orte – als Spiegelbild des Gesellschaftslebens, an denen Öffentlichkeit entsteht, wo sich jeder frei aufhalten, bewegen und artikulieren kann. Der öffentliche Raum ist Teil der persönlichen Lebenserfahrung.

Die Cottbuser Bürger und Bürgerinnen gehen gerne "hinaus". Nicht nur das zumeist schöne Wetter lädt dazu ein, sondern auch das Bedürfnis zum Bummeln, zum Gaststättenbesuch, zum Sehen und Gesehenwerden. Die zentralen innerstädtischen Räume sind auch ein wichtiger sozialer Treffpunkt - hier trifft man immer wieder Bekannte und Freunde. Anonymität, wie bei vielen größeren Städten, ist hier kaum gegeben.

Durch diese intensive Verbundenheit der Cottbuser mit Ihren Straßen und Plätzen in der Innenstadt ist die Gestaltung der öffentlichen Räume stets ein "öffentliches Anliegen". Zu diesem Ergebnis kam auch die im Jahre 2001 erarbeitete Sozialstudie für das Modellstadtgebiet.
 

Die Stadt Cottbus hat sich zum Ziel gesetzt, das charakteristische Netz öffentlicher Räume in der Innenstadt - mit den fließenden Übergängen zwischen "städtischen" und landschaftlichen Freiräumen - Zug um Zug zeitgemäß zu gestalten und zu verknüpfen. Wichtige Orte wie der Altmarkt, die Spremberger Straße, der Platz Am Stadtbrunnen, die Friedrich-Ebert-Straße, der Klosterplatz oder der Gerichtsplatz sind bereits fertiggestellt. Ohne attraktive Verknüpfungen zu anderen öffentlichen Räumen entsteht jedoch eine nur solitäre Qualität, gewünschte Interaktionen bleiben aus.
Die zentralen öffentlichen Räume der Stadt standen und stehen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, organisiert die Stadt Cottbus für die wichtigsten Planungen im öffentlichen Raum so genannte "diskursive Verfahren", die offen für öffentliche Mitwirkung, Anregungen und Kritik sind und über die sich ein hohes Maß an Planungskultur definiert.
 

Fünf Planungsverfahren, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden, zeigen, dass dialogorientierte, diskursive Verfahren mit Gewinn für die Stadt und ihre Bürger/innen verbunden sind und auch ein Gewinn an gestalterischer und funktionaler Qualität erzielt wird. Man muss mitunter intensive Diskussionen "ausfechten", der "Lohn" ist jedoch schlussendlich ein hoher Grad an öffentlicher Akzeptanz der Maßnahme.

 

 

Darstellung beispielhafter Projekte und Verfahren
 

Dialogorientiertes Verfahren Altmarkt

Seit den Anfangstagen der Stadt Cottbus ist der Altmarkt der unumstrittene zentrale Handels- und Marktplatz der Stadt. Mit dem Abriss eines Gebäudeblocks im Westen noch in den dreißiger Jahren und des alten Rathauses aufgrund von Kriegsschäden veränderte sich das Jahrhunderte alte Bild des Platzes schlagartig. Es bot sich ein weitläufiger Platz, der der damaligen Größe von Cottbus und der umgebenden kleinteiligen Bebauung kaum angemessen war.
 
Bis vor wenigen Jahren wurde der Altmarkt noch überwiegend als Stellplatzanlage genutzt – lediglich gelegentliche Feste und Veranstaltungen veränderten das gewohnte Bild. Seine traditionelle Funktion als Markt hatte der Altmarkt eingebüßt, dieser fand auf dem benachbarten Oberkirchplatz und in der Fußgängerzone Spremberger Straße statt.
 

Mit dem Beschluss zur Umgestaltung wurde entsprechend der Bedeutung des Altmarktes ein umfassendes öffentliches Beteiligungsverfahren initiiert, bei dem die Erörterung von Bürgerwünschen einen breiten Raum einnahm. Beauftragt mit der Planung wurde das Büro Nagler & Bahrdt. Wichtige Themen in Bürgerversammlungen, Diskussionsforen der Tageszeitung und dem eigens eingerichteten Bürgerbüro waren das Für und Wider von Pkw-Stellplätzen auf dem Altmarkt (insbesondere eine Forderung der ansässigen Händler), die Wiedererrichtung des Alten Rathauses, die Versetzung des Marktbrunnens, der Umfang der Begrünung und die Einordnung von Sonderelementen wie einer Wasserkunstanlage im Osten und eines Pavillons im Westen des Platzes in Blickachse der Spremberger Straße.
 

Mit der aus dem diskursiven Verfahren entwickelten, im Jahr 2000 umgesetzten Planung wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild des Platzes aufgegriffen und in kritischer Interpretation weiterentwickelt.
 
Die Pflasterungen bestehen aus den traditionellen Materialien Basalt und Granit. Der hervorgehobene Mittelteil entspricht der Breite bzw. der Lage des alten Rathauses. Mit einer umgebenden Baumpflanzung und Sitzgelegenheiten wird der Platz aufgewertet. Als wichtiges raumbildendes Element ist bislang nur das Baumkarree vor dem Stadthaus realisiert. Die Wasserkunstanlage und der Pavillon wurden aus Kostengründen bislang zurückgestellt.
 

Integrativer Bestandteil des öffentlichen Raumes ist seine "Möblierung". Für die den Altmarkt prägenden Terrassenmöbel wurde durch das Büro Herwarth + Holz ein Gestaltungskatalog erarbeitet. Mit den Gastronomen einigte man sich auf einen bestimmten Typus von Tischen und Stühlen und Schirmen sowie auf den Verzicht von Einzäunungen und ähnlichen platzverstellenden Elementen. Neben gestalterischen Aspekten war bei der Auswahl auch die Funktionalität – Wetterfestigkeit, Stapelbarkeit – sowie der Preis der Möblierung von Bedeutung. Man kam übereinstimmend zu der Erkenntnis, dass hochwertiges Mobiliar auch wirtschaftliche Vorteile hat: die Gäste halten sich lieber und länger auf. Von der ansprechenden Platz-Atmosphäre profitieren heute auch die Händler – trotz und gerade wegen der Reduzierung der Stellplätze. Da sich dieses Instrument bewährt hat, wurde der Geltungsbereich des Gestaltungskatalogs auf das gesamte Altstadtgebiet ausgedehnt.

 

Planungswerkstatt „HERON-Platz“ – heute Platz „Am Stadtbrunnen“
"HERON-Platz“ war die provisorische, jedoch gebräuchliche Bezeichnung des Übergangsplatzes zwischen Altstadt und Stadtpromenade. Der offizielle Name lautet "Am Stadtbrunnen".

Der Platz „Am Stadtbrunnen“ liegt zwar noch innerhalb der Altstadtbegrenzung, ist bautypologisch aber dem neuen Stadtzentrum zuzurechnen. Die Platzanlage entstand im Zuge der Gesamtanlage „Neues Stadtzentrum“ zu Beginn der 70er Jahre.
Die Bedeutung des Platzes liegt in seiner Verbindungsfunktion zwischen der Spremberger Straße, die durch einen Gebäudedurchgang zu erreichen ist, und der Stadtpromenade. Hauptziele der Fußgängerströme sind das Kaufhaus Galeria Kaufhof und die Straßenbahnhaltestelle "Stadtpromenade". Am Platz selbst liegen gastronomische Einrichtungen mit Terrassenanlagen und zwei Buchhandlungen, von denen die eine dem Platz seinen bisherigen Namen gab.
 

Aufgrund der eingeschränkten Aufenthalts- und Nutzungsqualität beschloss die Stadt 1998 eine Neugestaltung des Platzes. Die Freianlagen der Entstehungszeit - mit Waschbeton gefasste Beete, Einfassungsmauern und ein Brunnen - waren in schlechtem Zustand bzw. nicht mehr zeitgemäß, der Brunnen lag still. Stark überwucherte Hochbeete trugen zum insgesamt verwahrlost wirkenden Gesamteindruck bei.
 

Im Rahmen des diskursiven Verfahrens „Planungswerkstatt HERON-Platz“ wurden Leitbilder und Ideen für die Neugestaltung erarbeitet und diskutiert. Ziel war es, in einem zeitlich gestrafften, überschaubaren Verfahren umsetzungsfähige Konzepte mit einem hohen öffentlichen Konsens zu finden.
Im Zusammenwirken von wichtigen Anliegern (HERON-Buchhandlung und Gebäudewirtschaft Cottbus) und der Stadt Cottbus wurden vier Architektur- und Planungsbüros ausgewählt, um ein Leitbild und ein Konzept für den Platz zu entwickeln. Die Aufgabe wurde parallel von einer Studentengruppe der FH Lausitz im Rahmen eines Stegreifs bearbeitet. Wichtigste Entwurfsaufgabe war die Entwicklung eines tragfähigen Konzeptes, das sowohl der Aufenthalts- als auch der Verbindungsfunktion des Platzes gerecht wird.
Im Rahmen der Planungswerkstatt wurden die Arbeiten in einem gemischten Plenum vorgestellt und diskutiert. Das Plenum wurde in so genannte "Teilnehmerbänke" gegliedert, deren Mitglieder unterschiedliche inhaltliche Rollen im Planungsprozess einnahmen.
 

Das im Anschluss an die Plenumssitzungen tagende Expertengremium formulierte schließlich eine Empfehlung zugunsten der Arbeit des Cottbuser Architekturbüros Dr. Jürgen Franke. Eine umfassende Neugestaltung des Platzes wurde einer am Bestand orientierten Rekonstruktion vorgezogen. Mit der Platzneugestaltung sollen dem öffentlichen Raum und damit dem öffentlichen Leben in der Innenstadt neue Impulse gegeben werden.
 

Die Anordnung der Pflaster- und Mobiliarstruktur in Diagonalrichtung, welche die damaligen Hauptbewegungsrichtungen und gleichzeitig den historischen Verlauf der alten Stadtmauer aufnahm, wurde aufgrund der Pläne eines Investors für ein neues Einkaufszentrum in der Stadtpromenade (die City Galerie) nochmals geändert, um den Anforderungen an eine direkte Verbindung zwischen Einkaufszentrum und Altstadt zu entsprechen.
Der Platz ist jedoch nicht nur "Transitraum", sondern ein eigenständiger moderner Stadtplatz mit wichtigen Randnutzungen.

 

Städtebaulicher Ideenwettbewerb Spremberger Straße
Die Spremberger Straße ist die Flaniermeile und Haupteinkaufsstraße der Innenstadt. Sie bildet zusammen mit dem Altmarkt das Erschließungsgerüst der mittelalterlichen Altstadt.
 

Die Spremberger Straße entwickelte sich um die Jahrhundertwende zur Einkaufs- und Flaniermeile mit fünfgeschossigen, reich geschmückten Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie Warenhäusern.

Die "Sprem", wie sie von den Cottbusern und Cottbuserinnen genannt wird, wurde 1976 zur Fußgängerzone umgebaut. Die typische 70er-Jahre-Gestaltung entsprach bald nicht mehr dem gestalterischen Anspruch an eine zentrale Geschäfts- und Bummelmeile.

Anfang 1999 beschloss die Stadt Cottbus, einen EU-offenen städtebaulichen Ideenwettbewerb zur Umgestaltung auszuloben, um Vorschläge zu erhalten, die der Wertigkeit der Spremberger Straße als wichtigstem öffentlichem Straßenraum der Innenstadt entsprachen.
 

Gemäß der Bedeutung der „Sprem“ als Ort der Identifikation für die Cottbuser wurde dem Wettbewerb eine breit angelegte, pressebegleitete diskursive Vorphase vorgeschaltet. Interviews mit Passanten und eine Fragebogenaktion wurden durchgeführt; es fand ein sehr gut besuchtes Bürgerforum statt. Die eingegangenen Meinungen aller Aktionen wurden ausgewertet und den Wettbewerbsteilnehmern als zu beachtende Planungsgrundlage übergeben.
 

Der Wettbewerb, bei dem 68 eingegangene Arbeiten zu bewerten waren, wurde von der Hamburger Architektin Magdalene Weiß gewonnen. Die Qualitäten des Entwurfs lagen in dem selbstverständlichen stringenten Gestaltungskonzept mit hochwertigen Materialien, das sich nie in den Vordergrund drängt und die umgebenden Raumkanten respektiert.

Ein markantes Gestaltungselement ist die durchlaufende Basaltrinne, in der Bänke und Lichtstelen angeordnet sind und die die konkave Bauflucht auf der Westseite der Spremberger Straße betont.
 

Mit der Planungswerkstatt "Berliner Platz / Stadtpromenade" läuft zurzeit ein weiteres diskursives Verfahren, dessen Ergebnis zu einem weiteren wichtigen Lückenschluss im Netz öffentlicher Räume führen soll. Schwerpunktthemen sind die gestalterische und funktionale Verknüpfung der Altstadt mit den westlich und nördlich anschließenden Innenstadtschwerpunkten sowie die Definition des grünen Rings nordwestlich der Altstadt.

 


 
    
 

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Zusammenfassende Bewertung - die Zukunft öffentlicher Räume
Die vorgestellten Verfahren haben sich aus unserer Erfahrung als effektive Ansätze erwiesen, zu Bürgerfreundlichkeit und Transparenz in Planungsprozessen, kurzum zu einer besonderen Planungskultur zu gelangen.

Die Schaffung von Planungskultur für öffentliche Räume ist auch ein wichtiger Baustein für die Zukunft - trotz und gerade wegen den Schrumpfungsprozessen, von denen auch die Stadt Cottbus nicht verschont wird.

Ein attraktiver, identifikationsfördernder Stadtkern wird angesichts sinkender Bevölkerungszahlen und zunehmender "Perforierung" der äußeren Stadtteile eine zunehmende Bedeutung erlangen. Die Innenstadt muss für potenzielle Neubewohner, Investoren und Touristen eine hohe Anziehungskraft entwickeln. Die Gestaltung der öffentlichen Räume trägt hierzu im besonderen Maße bei. Dass die Stadt Cottbus mit vielen bereits realisierten Maßnahmen "in Vorleistung" gegangen ist, war in dieser Hinsicht keine Fehlinvestition.

Entgegen vieler Prognosen aus den letzten Jahren hat sich  gezeigt, dass die Entwicklung von Internet, Telearbeit und "virtuellen Räumen" nicht zu einem "Leerfegen" öffentlicher Räume beigetragen hat. Es wird auch weiterhin das Bedürfnis bestehen, sich in der Öffentlichkeit "unter Menschen zu mischen".

Ein wichtiger Aspekt, der für die künftigen Planungen öffentlicher Räume eine Rolle spielen wird, ist der Erlebnisfaktor von Freiräumen. Gemeint sind damit nicht nur Brunnen, Spielgeräte und gastronomische Terrassen, sondern auch geführte Stadtrundgänge oder Feste, Theater und Aktionen im Straßenraum.

Eine Rolle im zukünftigen Sanierungsprozess wird auch das Thema "Stadt am Wasser" spielen. Wie kann sich die Innenstadt noch stärker zur Spree und zum Mühlgraben öffnen? Zudem sind noch wichtige Lücken im Rad- und Fußwegnetz zu schließen.

Es gibt also keinen Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Wir hoffen, dass sich auch weiterhin die Cottbuser und Cottbuserinnen einmischen, mitdiskutieren und lebenswerte öffentliche Räume einfordern werden.


 

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8. Jg., Heft 1 (September 2003)