From Outer Space:
Architekturtheorie außerhalb der Disziplin

10. Jg., Heft 2
September 2006
   

 

___Jürgen Hasse
Frankfurt am Main
  Der Mensch ist (k)ein Akteur
Zur Überwindung szientistischer Scheuklappen
in der Konstruktion eines idealistischen Menschenbildes

 

   

Keine Wissenschaft kann Aussagen über (einen Ausschnitt von) Weltgegebenheiten treffen, ohne sich dabei bestimmter Menschenbilder zu bedienen. Das gilt zwar insbesondere für die Sozialwissenschaften, deren zentrales Erkenntnisinteresse auf soziale Prozesse gerichtet ist. Aber auch die Naturwissenschaften forschen auf dem Hintergrund von Menschenbildern. Naturstrukturen sind schon deshalb implizit stets auf Menschen bezogen, weil Menschen sie zum Gegenstand wissenschaftlicher Interessen machen. Nicht zuletzt sind Menschenbilder aber a priori in jedem Forschungsprozess virulent. Ein Forscher[1] kann sich nur als Mensch auf einen Forschungsprozess einlassen, der deshalb auch immer sein Forschungsprozess ist. Es kann keine Forschung geben, auf deren Wege und Resultate Menschenbilder keinen Einfluss haben. Als Moment des Forschungsprozesses wie des (Forscher-) Selbstverständnisses werden sie aber nur in Ausnahmefällen auch thematisiert; die Selbstdeutung des Wissenschaftlers bleibt dann im Dunkeln.

Die aus solchen Ausklammerungspraxen resultierenden Probleme werden seit einigen Jahren z. B. im Zuge der interdisziplinären Diskussion neuer Befunde der Hinforschung besonders deutlich, treten doch namhafte Vertreter der Neurowissenschaften mit dem selbstbewussten Anspruch auf, die geisteswissenschaftlichen Theorien des Menschen müssen neu geschrieben werden oder haben gar ihren Wert verloren. Die Frage, ob die (Selbst-)Erklärung des Menschen künftig ganz und gar in einem naturalistischen Rahmen aufgehen kann oder ob diese Sicht nur als eine neben anderen auf ihrem Geltungsanspruch bestehenden Perspektiven angesehen werden soll, hat nicht nur im Kontext der Sozialwissenschaften „thematische“ Auswirkungen auf die Befunde konkreter Forschung. Die Frage ist von grundlegender ethischer Tragweite.
[2]

Der folgende Beitrag setzt sich mit einem transdisziplinären Thema auseinander. In der Humangeographie ist die wissenschaftstheoretische Konstruktion eines Menschenbildes zu beobachten, die sich pointiert auf die folgende Formel bringen lässt: Der Mensch ist ein Akteur! Im gegebenen Rahmen will ich mich mit diesem Akteurs-Begriff auseinandersetzen und eine Brücke zur Architekturtheorie schlagen. Während Geographen nur im Ausnahmefall räumliche Umwelt selbst (gleichsam professionell) aktiv gestalten, sie vielmehr aus einer theoretischen Analyse-Haltung heraus thematisieren, ist die Architektur mit langer historischer Tradition und unmittelbar in die Herstellung und Veränderung gebauter Umwelten involviert. Die Reflexion des Menschenbildes vom >Akteur< soll eine Sensibilisierung für Fragen nach Mensch-Umwelt-Beziehungen fördern. Aus der Perspektive der Architekturtheorie mag das überflüssig sein. Ich gehe aber davon aus, dass die Kontrastierung disziplintheoretisch je eigener Denkkulturen Früchte tragen kann, die die Rolle von Menschenbildern im Forschungsprozess grundsätzlich deutlicher machen kann. Damit würde die Frage nach jenen Menschenbildern virulent, die dem wissenschaftlichen und praktischen Tun in den wissenschaftlichen Disziplinen meist stumm vorausgesetzt werden. Ich will diese Reflexion aber auch mit dem Ziel betreiben, um den eigenen fachlichen (humangeographischen) Blick im Gebrauch der fremden „Linse“ der Architektur zu schärfen und abschließend dann selbstreferentiell wieder auf die Geographie zurückzuwerfen.


1. Wissenschaft im Schatten ihrer selbst

Der Behaviorismus betrachtete den Menschen als ein sich im Wesentlichen verhaltendes und auf äußere Reize re-agierendes Wesen. Methoden der Introspektion, gar der Einfühlung in Verhalten motivierende Hintergründe wurden abgelehnt. Das Reiz-Reaktions-Modell war für das sozialwissenschaftliche Menschenbild für lange Zeit richtungsweisend (großen Einfluss hatte es in der Zeit zwischen den 1960er und 1980er Jahren). Seit rund 10 Jahren kristallisiert sich in der wissenschaftstheoretischen Selbstkonstitution der Humangeographie ein neues Menschenbild heraus.
[3] Die Anfänge reichen in die 1980er Jahre zurück, an jenen Übergang, an dem aus dem erweiterten Wissen um die Mehrdimensionalität des Menschen (insbesondere in psychologischer und soziologischer Hinsicht), und in der Konsequenz aus einem ethischen Memento gegenüber einem tief in wissenschaftstheoretische Modelle der Sozialwissenschaften eingesickerten anthropologischen Reduktionismus, das Denken des Menschen auf eine revidierte Grundlage gestellt werden sollte. Inwieweit das neue Denken seinerseits einem reduktionistischen Bild aufsitzt, wird im Folgenden zu diskutieren sein.

1.1  Die Reduktion des Menschen zum Akteur

In der Humangeographie mündete diese Revision in einen Paradigmenwechsel, der bis heute den mainstream der Coummunity eint: An die Stelle des reaktiven Menschenbildes ist das Modell des handelnden Menschen getreten. Der Wechsel hat Bedeutung für die theoretische Reflexion menschlicher Tätigkeiten; er berührt das Bild des Menschen grundsätzlich: Der Mensch ist ein Akteur! Dieses Denken wird primär auf die Theorie der Strukturierung von Anthony Giddens zurückgeführt. Ich skizziere wichtige Eckpunkte, ohne in diesem Rahmen dem theoretischen Konzept handlungstheoretischer Humangeographie in Gänze gerecht werden zu können.[4]

Auf dem handlungstheoretischen Theoriehorizont gilt (mit anthropologischer Reichweite) grundsätzlich: „Ein menschliches Wesen zu sein, heißt, ein zweckgerichtet handelnder zu sein, der sowohl Gründe für seine Handlungen hat, als auch fähig ist, diese Gründe auf Befragung hin diskursiv darzulegen (oder auch: sie zu verbergen).“[5] „Kompetente Akteure“ sind „normalerweise dazu in der Lage (sind), für ihr handeln in aller Regel eine Erklärung abzugeben, wenn sie danach gefragt werden.“[6] Akteure sind nicht nur rational agierende Subjekte, sie sind sich auch der Grundlagen ihres rationalen Tuns bewusst. Den Umstand der Einwirkung unbewusster und halbbewusster Impulse menschlichen Tuns exludiert Giddens aus seinem Modell. Der gesamte Bereich des Unbewussten – und damit die gesamte Psychoanalyse i. S. von Sigmund Freud oder Ethnopsychoanalyse i. S. von Erdheim – wird zu einer vernachlässigungswürdigen Marginalie abgewertet. Giddens ist nämlich der Meinung, „daß das Unbewußte nur höchst selten direkt auf die reflexive Steuerung des Verhaltens einwirkt.“[7] Daher bestehe „keinerlei Bedarf für die Annahme irgendwelcher Blockierungsmechanismen.“[8] Das Gedächtnis ist in diesem Ansatz auch nicht als komplex geschichtetes Modell gedacht, sondern als „zeitliche Konstitution des Bewußtseins“. Die Erinnerung wird zu einem „Mittel der Rekapitulierung vergangener Erfahrungen“[9] trivialisiert. Folglich ist das Selbst auch nicht von strukturellen Widersprüchen gekennzeichnet. In der Giddens´schen Vorstellungswelt ist sich das menschliche Leben selbst transparent: „Das Selbst ist der Handelnde, wie er sich selbst sieht.“[10] So ist es in seiner Identität auch nicht durch Nichtidentität charakterisiert.[11]

Der Blick, den die Kritische Theorie der Frankfurter Schule auf das Subjekt geworfen hatte, war ein anderer. Nach Adorno ist das Selbst von strukturellen Widersprüchen gekennzeichnet, das Individuum in seiner Identität durch Nichtidentität charakterisiert und – in Umkehrung von Giddens – der Handelnde ausdrücklich nicht das Selbst, wie er sich selbst sieht. Im Mittelpunkt steht das Subjekt-Objekt-Verhältnis des Individuums. Adorno geht von einer mehrfachen Gefangenschaft des Subjekts aus, von einer anthropologischen Abhängigkeit von den Erkenntnisvermögen des Menschen und von einer gesellschaftlichen Abhängigkeit von kulturellen und technischen Hervorbringungen. Die Vermittlung zwischen Subjekt und Objekt gelingt nur in der Erfahrung, der reflexiven dialektischen Durchdringung dieser Verhältnisse.[12] Zerbricht dieser Reflexionszusammenhang, „verarmt, verroht und regrediert es (das Subjekt, J. H.) auf den Stand des bloßen gesellschaftlichen Objekts.“[13] Der Erfahrung fällt eine Aufgabe zu, die dem Subjekt seine Objekt-Rolle erst verdeutlichen kann.

Der Akteur plant und gestaltet seine Rolle dagegen in der Nische lupenreinen Subjektseins. Deshalb kennt die Handlungstheorie, die den Akteur in ein rationalistisch-asepetisches Gitternetz stellt, das von jeder „Unreinheit“ der Gefühle, Stimmungen, Triebe, archaischen Regungen bis hin zur leiblichen Existenz gesäubert ist, auch keine existentielle Kategorie menschlichen Lebens. Ein Akteur führt genau genommen gar kein biographisches Leben, das sich von Ereignis zu Ereignis gleichsam dahinlebt; er vernetzt sich vielmehr in einem gigantischen Schaltplan der Strukturen mit anderen Akteuren.
[14]


Wissenschaftliche Eitelkeiten


Die Ausklammerung des Anderen des Verstandes ist eine lebensphilosophische Kuriosität. Einer der profiliertesten Repräsentanten der Lebensphilosophie ist Friedrich Nietzsche. In großer Klarheit und mit rhetorisch schlagender Schärfe führte er jedes Denken ad absurdum, das den Menschen auf geistige Fähigkeiten reduziert.

Nietzsche erklärt das Verhältnis zwischen Objekt und Subjekt auch nicht aus der Logik einer linearen Beziehung. Vielmehr sieht er zwischen beiden Sphären „keine Kausalität, keine Richtigkeit, keinen Ausdruck, sondern höchstens ein ästhetisches Verhalten, ich meine eine andeutende Übertragung, eine nachstammelnde Übersetzung in eine ganz fremde Sprache …“
[15]. Subjekt- und Objektsein vermitteln sich in dieser Sicht nicht in erster Linie rational, sondern ästhetisch, d. h. leiblich-nachspürend, mimetisch, durch grundlegende Gefühle wie Lust und Unlust motiviert usw. Kein menschliches Tun, das Ausdruck einer vitalen Praxis ist, steht ganz in der Ontologie des Subjektseins. Die Wissenschaft sieht er nicht in der Rolle sensiblen Verstehens. Im Gegenteil – und darin nahm er die moderne Entwicklung der Sozialwissenschaften des 20. Jahrhunderts  vorweg – unterwarf er sie in ihrem Erklärungsanspruch scharfer Kritik. Im Zarathustra heißt es: „Was der Sinn fühlt, was der Geist erkennt, hat niemals in sich sein Ende. Aber Sinn und Geist möchten dich überreden, sie seien aller Dinge Ende: so eitel sind sie.“[16]

Der Vorwurf der Eitelkeit trifft neben der Institution >Wissenschaft< als Instanz rationalistisch-disziplinierten Denkens auch die individuelle Ebene, personifiziert sich die Eitelkeit der „Disziplin“ doch im konkreten Tun individueller WissenschaftlerInnen. Die Kritik mündet in der fröhlichen Wissenschaft in die Bemerkung der „lächerlichen Überschätzung und Verkennung des Bewußtseins“
[17]. Die Verachtung gegenüber dieser Überschätzung wird in der Vorrede zur fröhlichen Wissenschaft noch plastischer:


„Wir sind keine denkenden Frösche, keine Objektivier- und Registrierapparate mit kaltgestellten Eingeweiden – wir müssen beständig unsre Gedanken aus unsrem Schmerz gebären … Leben – das heißt für uns Philosophen alles, was wir sind, beständig in Licht und Flamme verwandeln; auch alles, was uns trifft, wir können gar nicht anders.“
[18]


Wer diese komplexen Wirkungszusammenhänge verkennt und sich der Illusion hingibt, allein mit dem Verstand der sozialen Welt Herr werden zu können – gleichsam ohne die ästhetische Vermittlung zwischen dem Gnostischen (erkennenden Denken) und dem Pathischen (leiblichen Mitsein) – findet sich in jener Situation wieder, die Nietzsche mit dem Bild des Wissenschaftlers pointiert, der ein Ding hinter einem Busch versteckt und das anschließende Wiederfinden als Erfolg seines Verstandes auch noch rühmt.
[19]

Bei Nietzsche kommt (Freud vorwegnehmend) der Mensch auch in seiner Natur zur Geltung.
[20] Dagegen ist die (handlungstheoretische) Natur des Akteurs auf die Körperlichkeit des Menschen begrenzt. Seine Sinnlichkeit ist ebenso aus dem neuen Menschenbild herausgeklärt wie die in aller Regel schwer bis gar nicht prognostizierbaren Gefühle des Menschen. Nur so kann die Idee des Akteurs theoretisch letztlich handhabbar werden. Zwar spricht Giddens unverständlicherweise mit Merleau-Pointy und Heidegger auch vom Leib. Die Rekontextualisierung zeigt aber sehr schnell, dass er die phänomenologische Bedeutung des >Leibes<[21] unterschlägt; vielmehr setzt er Leib umstandslos mit >Körper< gleich.[22] Das hat den „Vorteil“, dass der menschliche Körper sich dann als verfügbarer Gegenstand eigenen intelligiblen Handelns betrachten und anderen (toten) Körpern der materiellen Welt gleichsetzen lässt.

In der sozialwissenschaftlichen Theoriebildung der (Human-) Geographie führt das (konstruktivistische) Akteurs-Denken immer wieder zu absurden Konstruktionen, die nicht nur weit hinter den Stand geisteswissenschaftlicher Debatten zur Theorie des Menschen zurückfallen, sondern als wissenschaftlich abstrakte Denk-Gebilde eine so hohe Suggestivkraft entfalten, dass sie diskursiv selbst dann noch goutiert werden, wenn sie mit der profansten Alltagserfahrung kollidieren. So schreibt Tobias Chilla kürzlich: „Aus konstruktivistischer Perspektive ist >Raum< als materielles Objekt (Hervorhebung J. H.) zu verstehen.“
[23] In solcher Logik kann es keinen Raum geben, der allein im leiblichen Spüren wahrnehmbar ist, da er sich ontologisch jeder Materialität entzieht.

Mit Blick auf die Theorie der Architektur liegt die Pointe eines im Akteurs-Denken kulminierenden Zurechtschneidens von Wirklichkeit auf der Hand. Die handlungstheoretische Idee des Akteurs schafft nicht nur eine übersichtliche Welt, in der es nur Substanz und Akzidenz gibt
[24]. Damit einhergehend prolongiert sie auch eine „Aufspaltung des Menschen nach Funktionen“, einer „Trennung von Gefühl und Verstand“[25]. Architektur lässt sich aus diesem Blickwinkel nicht einmal im Ansatz verstehen, müsste sie in diesem Blickwinkel doch auf eine körperliche Seite ihrer baulichen Materialität (Substanz) und eine semantische Seite aus lauter Eigenschaften (Akzidenz) zusammenschrumpfen. Für das empfindende (pathische) Mitsein leiblich in Architektur sich bewegender Menschen lässt dieses Denken keinen Raum.

 

Exkurs 1: Geographische Bildung – mit Scheuklappen


Es ist besonders bedenklich, dass sich sogar die Didaktik der Geographie, die sich bildungstheoretisch mit dem Lehren und Lernen geographischer Sachverhalte befasst, rückhaltlos auf die Fiktion in Gänze handelnder Individuen einlässt. Irritierend ist das insofern, als sie aufgrund ihrer professionsbedingten Nähe zu Psychologie und Psychoanalyse und schließlich zur Praxis schulischer Bildung besser wissen sollte, wie Menschen leben, wenn sie (nicht nur) denken.

So steht im österreichischen Lehrplan für das Fach „Geographie und Wirtschaftskunde“ in der Oberstufe schon einleitend unter „Bildungs- und Lehraufgabe“ das menschliche Handeln in der Mitte des Bildungs- bzw. Vermittlungs-Interesses. Das Programm des Fachlehrplanes mündet in ein massives (implizites) Plädoyer für die Gegenaufklärung. Unter der Überschrift „Der Mensch und seine wirtschaftlichen Bedürfnisse“ heißt es: „Verflechtungen des Welthandels (Güter und Kapitalströme) erkennen und die persönliche Rolle als Akteur/Akteurin beurteilen.“
[26] Zumindest außerhalb derart gereinigter Vorstellungswelten (die ja Erklärungswelten sind!) ist es eine Binsenweisheit, dass gerade die persönliche Verflechtung von Individuen in Prozesse des Handels in hohem Maße mit Beweggründen zu tun hat, die gerade nicht auf dem Boden rational rechenschaftsfähiger „Handlungen“ stehen. Wäre dem so, müsste es keine Werbung geben, die sich ausgefeilter Mechanismen subtilster Manipulation bedient.

Noch deutlicher wird die gleichsam automatische Übernahme der handlungstheoretischen Begriffsapparatur in die Erläuterungen des Studienplanes für das Fach Geographie im Studiengang für das Höhere Lehramt an der Universität Karlsruhe. Unter den Anmerkungen zur Humangeographie  heißt es dort: „Der Mensch selbst als Akteur, als zielgerichtet handelndes Wesen mit seinen Motiven, seiner psychischen Gestimmtheit und seinen soziokulturellen Bindungen rückt in den Mittelpunkt des Interesses.“
[27] So wichtig der Hinweis auf psychische Gestimmtheiten und soziokulturelle Bindungen des Menschen zur Erklärung von Umweltbeziehungen auch ist, so wenig passt er doch zum erkenntnistheoretischen Vorverständnis des Akteurs-Begriffes. Kein Mensch geht erkenntnistheoretisch als Akteur durch, dessen Tun aus der Resonanz einer Stimmung, die ihn zu diesem oder jenem Tun oder Lassen neigt, erklärt wird. Das Beispiel zeigt, dass das Akteurs-Konzept von der „Community“ fachlicher Theoriefelder (hier der Didaktik) nicht übernommen wird, weil es konzeptionell kompatibel ist, sondern weil es „angesagt“ ist. Moden und kommunikative (Karriere-) Zwänge können stärker sein als die Ausschlusskraft wissenschaftstheoretischer Inkompatibilitäten.

Das Leben der Menschen ist aus dem Fokus der Geographie als Wissenschaft ebenso heraus gefallen, wie aus dem des Geographieunterrichts. In Österreich scheint sich der Geographieunterricht (in seinem didaktischen Verbund mit dem Fach „Wirtschaft“) nur noch einer Seite ökonomischer Strukturierungen zuzuwenden. Indem nur das Wort der Akteure gilt (bzw. didaktisch im Mittelpunkt des Unterrichts steht), kommen – logisch durchaus konsequent – jene Individuen gar nicht erst in den Blick, die unter den sozial erosiven Prozessen einer Ungleichheit produzierenden Globalisierung lebenspraktisch an Prozessen ökonomischer Differenzierung leiden, anstatt in den Genuss ihrer wirtschaftlichen Segnungen zu kommen.

Wissenschaft generiert nur eine von vielen (und deshalb bestreitbaren) Erzählungen. So kann man die von der Humangeographie vollzogene handlungstheoretische Weichenstellung gelassen zur Kenntnis nehmen. Wenn derselbe Paradigmenwechsel indes auch von einem Unterrichtsfach adaptiert wird, das mit dem Anspruch allgemeiner, aufklärungsorientierter Bildung auftritt, trägt solches „Handeln“ einen nicht übersehbaren zynischen Akzent.


Für den hier zu diskutierenden Rahmen genügt die Rekapitulation dieser wenigen Eckpunkte der Theorie von Anthony Giddens, bzw. ihrer Diffusion und Adaption, um deutlich zu machen, dass das Modell >Menschen = Akteur< nur auf dem Boden einer radikalen Abstraktion von allen menschlichen Eigenschaften gedeihen kann, die der Fiktion eines rational handelnden und (denkend) über sich verfügenden Wesens nicht folgen.
[28] Menschenbilder haben in wissenschaftlichen Aussagesystemen eine filternde (destruierende) und zugleich fokussierende (produzierende) Aufgabe. Diese Filterung konstruiert – als Produkt erkenntnistheoretischer Ein- und Ausgrenzungen – eine ganz bestimmte Relation zwischen innerdisziplinären Erklärungssystemen und „deren“ Gegenstandswelt, auf die sich die wissenschaftlichen Aussagen beziehen.

1.2  WissenschaftlerInnen als Akteure?

Es wäre naiv, die Konstruktion dieser Theorie-Filter als einen durch und durch rationalen Prozess aufzufassen. Der Umstand allein, dass Theorien von WissenschaftlerInnen gemacht werden, ist kein hinreichender Grund für die Zuschreibung von Rationalität. Zwar haben WissenschaftlerInnen gelernt, sich im Gebrauch ihrer (wissenschaftlichen) Sprache von eigenen emotionalen Impulsen zu distanzieren. Das heißt aber nicht, dass sie ihre Gefühle und Affekte auch tatsächlich aus dem Produktionsprozess theoretischen Tuns heraushalten. Dies kann schon lebenspraktisch nicht gelingen: Zum einen agieren Forscher nie aus einer gleichsam gleichgültigen Haltung gegenüber ihrer Gegenstandswelt. Sie werden im Rahmen ihres wissenschaftlichen Tuns stets unter der Voraussetzung eines Wollens tätig. Jedes Wollen ist von ethisch motivierten Zielen ebenso justiert wie es von deren gefühlsmäßigen Wurzeln durchwachsen ist.

Von letztendlicher Rationalität ist wissenschaftliches „Handeln“ aber vor allem deshalb mehr oder weniger weit entfernt, weil die gefühlsmäßige Unterströmung wissenschaftlichen Tuns nur zu einem kleinen Teil offen gelegt und legitimiert wird, zu einem weit größeren Teil aber verdeckt virulent ist. Norbert Elias pointiert das so: Die Forscher „werden verleitet, ihre Probleme so zuzuschneiden, dass sie zu ihrer Methode passen, anstatt Methoden zu entwickeln, die sich zur Lösung relevanter Probleme eignen.“
[29] Die Produktion von Wissenschaft ist ein höchst libidinös besetzter Prozess, der weit davon entfernt ist, sich selbst durchsichtig und von außen kritikfähig zu machen. Im Gegenteil – die Vermittlung von Techniken der Eskamotierung subjektiver Verwicklungen in den Prozess der Produktion von Wissen(schaft) gehört nicht nur zu jeder wissenschaftlichen Sozialisation, die Routinisierung wissenschaftsmethodischen Könnens macht diese Techniken schließlich vergessen, um damit wissenschaftshygienische Reinigungspraxen zu automatisieren, die den Glauben an die Objektivität der Wissenschaft nähren; dies heute – in der Zeit eines postkritischen, ökonomisierten universitären Wissenschafts-Maschinismus – mehr, als zu Zeiten wissenschaftspolitisch motivierter Kritik und Reflexion der Denkvoraussetzungen wissenschaftlichen Tuns.[30]

Neben diesen gleichsam professionsbedingten Einflüssen auf den Prozess wissenschaftlichen Schreibens und Machens spielen biographiebedingte Attraktoren eine weitere wichtige Rolle. Ein Individuum denkt und arbeitet als (männlicher) Wissenschaftler anders als eine (weibliche) Wissenschaftlerin. Das haben die Erkenntnisse feministischer (Gender-) Forschung besonders deutlich gemacht.
[31] Schließlich argumentiert ein Wissenschaftler / eine Wissenschaftlerin mit (vielleicht grundlosem) persönlichem Selbstvertrauen stringenter, sicherer und deshalb letztlich auch überzeugender als ein Wissenschaftler / eine Wissenschaftlerin mit einem in der Sache (vielleicht begründeten) Zweifel.

Wenn diese Einwände schon gegen das Selbstbild des Sozialwissenschaftlers vorgebracht werden können – um das es Giddens in erster Linie aber gar nicht geht –, dann mit Nachdruck für jene „normalen Menschen“, die Gegenstand sozialwissenschaftlicher Theoriebildung sind. Ich ziehe an dieser Stelle ein Zwischenresümee. Die Ubiquität, mit der in der humangeographischen Theoriebildung und Forschung insgesamt heute der „Akteur“ im Sinne des handelnden Individuums nach Giddens mit dem Menschen (als Forschungsobjekt) gleichgesetzt wird, nährt die Illusion eines (sich selbst gegenüber) transparenten Subjekts. Diese Fiktion hat vor allem wissenschaftspsychologische Funktion. Sie suggeriert die theoretisch-analytische Beherrschbarkeit einer sozialen Welt, die doch als wirkliche Welt (i. S. sozialer Wirklichkeit) nur in kleinen Ausschnitten der wissenschaftlichen Introspektion – geschweige denn der präzisen Kontrolle und Analysierbarkeit – zugänglich ist. Das illusionierte Bild des sich in seinem Tun (optional) bewussten Individuums impliziert die Idee einer personalen Identität, die – Adorno zum Spott gereichend – frei ist von einer grundlegenden Struktur des Nicht-Identischen.

Solches Denken setzt eine Verdrängung des Mannigfaltigen und Situativen ebenso voraus, wie es einer Fixierung auf (scheinbar) Eindeutiges bedarf.
[32] Eine in diesem Sinne wissenschaftssoziologisch ergänzungsbedürftige These vertritt R. Schurz. Danach lebe der Naturwissenschaftler in einer Welt der Machbarkeit, des Funktionellen und der Präzision; den Geisteswissenschaftler dagegen platziert er in einer Welt der Skepsis und der Ambivalenzen.[33] Die Dichotomisierung überspringt den „Zwischentyp“ des Sozialwissenschaftlers (dem sich der moderne Humangeograph ganz überwiegend zugehörig fühlen dürfte). Vieles spricht dafür, ihn aufgrund seiner oft quantifizierenden Forschungsmethoden wie vorausgesetzter gesellschaftlicher Verwertungsinteressen mehr in der Nähe des Naturwissenschaftlers als in der Nähe des Geisteswissenschaftlers zu sehen.

 

Exkurs 2: Theater – Der (em)pathische Akteur


Ein anderes, aber sehr verbreitetes Verständnis des Akteurs-Begriffes macht auf die blinden Flecken des sozialwissenschaftlichen Akteurs-Begriffes aufmerksam. Auf der Bühne des Theaters wie in der Welt des Films wird der Akteur gleichsam vom anderen Ende seines rationalistischen Daseins her gedacht. Würde der „spielende Akteur“ dort einem rationalistischen Plan folgen, bliebe er seiner zu spielenden Rolle äußerlich und fremd. Jedes kundige Publikum erwartet mehr als nur das Abspulen von Textrezitationen. Einem Akteur gelingt die Darstellung seiner Rolle nur, wenn er zur Empathie fähig ist. Im Begriff der Empathie steckt das Wort des >Pathischen<, das Erwin Straus für die gelebte Teilhabe an einem Geschehen oder Erscheinen verwendete, welches weniger als Gegen–stand der Erkenntnis Beachtung findet, denn als Medium des (pathischen) Mitseins.
[34] Auch im Begriff der Bühnen-Handlung steckt das Ganze menschlicher Präsenz, das Ganze einer szenisch darzustellenden Situation.

Die Handlung eines Stückes kann also das Andere dessen sein, was >Handlung< im handlungstheoretischen Sinne meint. Das französische Psychodrama Longtemps après la dernière note (Gefangene der Musik, 2005, Regie Mario Fanani) hat in diesem Sinne gar keine Handlung. Es macht den Zuschauer zu einem pathischen Teilhaber von Musik ausgehender gefühlsmäßiger Gestimmtheiten. Das Driften an emotionalen Abgründen folgt weder verstandesrationalen noch zweckgerichteten „Motiven“ – es geschieht, weil sich zwischen Sinnlichkeit und Imagination ein ästhetischer Raum öffnet, in dem es keine objektivierbaren Wegmarken der Orientierung gibt. Die Performanz des Stückes hat weder einen wirklichen (außer einen dramaturgischen) Anfang, noch ein wirkliches (außer ein dramaturgisches) Ende. Was man hier im film- und theaterwissenschaftlichen Sinne eine >Handlung< nennen kann, ist ein vitales Oszillieren zwischen emotionalen Kraftfeldern – auf der einen Seite Atmosphären, zu denen man noch Distanz halten kann, auf der anderen Seite Stimmungen, in denen diese Grenze zwischen Selbst und Nichtselbst gefallen ist.
[35]

Am Beispiel des Erlebens von Plätzen im öffentlichen Raum machen Janson und Bürklin deutlich, von welch zentraler Bedeutung die leibliche Kommunikation als nicht-denkende Form der Raumbeziehung ist.
[36] Jede Fokussierung auf das rational handelnde Subjekt müsste fehlschlagen. Sie könnte bestenfalls zur Analyse des geodätischen Raumes >Platz XY< anleiten, noch nicht einmal aber zu dessen Planung, die eine (empathische) Fähigkeit zum nicht-rationalen Platzerleben voraussetzt.



2. Das Andere des Akteurs-Denkens

Was macht das Andere des Akteurs aus, jene Seite des Menschen, auf der er nicht Akteur ist? In der Mitte des handlungstheoretischen Reduktionismus stehen die menschlichen Gefühle. Sie werden oft dem Verstand nicht nur gegenüber, sondern entgegen gestellt und ganz im platonischen Sinne (samt den Sinnen) als minder rational und trügerisch abgewertet. Für das Verstehen des Menschen ist ein Verständnis von Gefühlen aber schon deshalb unverzichtbar, weil Gefühle eine zentrale Rolle im menschlichen Leben spielen und deshalb auch auf das Handeln der Akteurs-Seite des Menschen einwirken.

Seit den 1980er Jahren lässt sich in den verschiedenen Geisteswissenschaften eine zunehmend differenzierte und sich ausbreitende Debatte beobachten, in deren Mitte die Frage nach der Rolle der Gefühle im menschlichen Leben steht.
[37] Die Geographie nimmt hiervon wenig Notiz und zieht es anstelle dessen vor, an einmal eingeführten und konsensuell konsolidierten Denkmodellen festzuhalten. Es ist wissenschaftspsychologisch außerordentlich bemerkenswert, dass sich eine sozialwissenschaftliche Disziplin (wie die Humangeographie) nachhaltig mehr als zehn Jahre gegenüber jenen akademischen Denkkulturen anderer Disziplinen abzuschotten in der Lage war und ist, die eigene (liebgewordene) Denktraditionen auf den Prüfstand verweisen müssten.[38] Die Referenztheorien, die eine konsequente Integration der sinnlichen und gefühlsmäßigen Seite des menschlichen Lebens in Modelle des Menschen (bzw. wissenschaftliche Menschenbilder[39]) reklamieren, sind zu großen Teilen noch nicht einmal neu, sondern schon in lebensphilosophischen Diskursen vor rund 100 Jahren zu finden[40]. Auf diese rekurrieren auch aktuelle geisteswissenschaftliche Debatten, auf die ich bereits verwiesen habe. Nicht nur in der Philosophie hat eine breite Kritik der Ausklammerung der Gefühle im (anthropologischen) Denken des Menschen eingesetzt.[41] Im allgemeiner wissenschaftssoziologischer Intention spricht sich z. B. Richard Rorty nachhaltig für eine Relativierung der rationalistischen Vereinseitigung des Menschen auf seine Geisteskräfte aus: „Dieser Gedanke, die Vernunft sei „stärker“ als das Gefühl … ist ausgesprochen zählebig.“[42]

Oft ist die Frage nach den Gefühlen mit denen nach dem Unbewussten gekoppelt. Die Verankerung der Sinne und der Gefühle in der Natur des Menschen begründet schon diesen Zusammenhang. Die menschlichen Gefühle stehen in einem doppelten dialektischen Verhältnis; zum einen zwischen dem Bewussten und dem Nicht-Bewussten und zum anderen zwischen dem Geistig-Abstrakten und dem Sinnlichen-Konkreten. Die Isolierung sozialwissenschaftlicher Theorie vom gelebten Leben strebt zumindest implizit das Ziel an, der sich aus diesen dialektischen Verstrickungen ergebenden Offenheit durch theoretische Einengung des Möglichen aufs Vorhersehbare (vorhersehbar Gemachte) zuvorzukommen. Im Unterschied zum Leben der Menschen gilt wissenschaftstheoretisch allein jene Wirklichkeit als forschungsrelevant, die sich als Summe rekonstruierbarer Elemente einer gedachten Rasterstruktur menschlicher Handlung gleichsam addieren lässt. Dieses Denken ist noch weit davon entfernt, sich einer psychoanalytischen Sichtweise anzunähern, die Hans-Jürgen Heinrichs mit Bezug auf Freud vorschlägt, indem er das Unbewusste „als eine Art Relaisstation“ versteht, als eine Art Bildschirm, auf den innere Bild geworfen werden, die unser Tun mitgestalten.
[43]

Damit nähern wir uns von der Seite des Unbewussten der Mimesis, die für das Verstehen ästhetischen Verhaltens unentbehrlich ist
[44], jenem kreativen, imaginativen und intuitiven Prozess der Anverwandlung an eine aktuelle Situation wirklichen Lebens. Die sich mimetisch einander vermittelnden Dimensionen menschlichen Seins lassen sich auch als strukturverschiedene Ausdrucksformen menschlichen Lebens auffassen - als gelebte Weisen, auf eine Situation zu reagieren, in ihr in der einen oder anderen >Lebensform<[45] zu reagieren, zu agieren oder sich auch nur kontemplativ an sie zu verlieren. Aus dieser Perspektive erscheint die Identifizierung der Essenz des menschlichen Wesens im Modell des Akteurs als eine Erzählung, die durch weitere zu bereichern wäre.

Ich werde im Folgenden
die Frage in Umrissen diskutieren, welchen Sinn eine Erweiterung des Akteurs-Denkens durch den leiblich-sinnlich spürenden, vitalen Menschen haben könnte. Dabei stelle ich Bezüge zur Architektur-Theorie her.



3. Ein Flaneur ist kein Akteur


Der Flaneur, der als kontemplativ-streunender Bürger im frühen 20. Jahrhundert die Stadt erkundete, indem er sie auf sich wirken ließ und sich dem Strom urbaner Ereignisse überantwortete, verhielt sich ästhetisch zu seiner Stadt. Das Megaereignis >Stadt< sollte in einem pathischen Sinne erlebt werden. Der Flaneur begab sich nicht in einer zielgerichteten Haltung auf den Weg, um etwas zu „erledigen“. Um Erledigung ging es dem Flaneur gerade nicht! Der Flaneur ist das Andere des Akteurs. Zwar ist er seiner Herr, sich seiner auch bewusst, aber doch zugleich bereit, sich einem Geschehen zu überlassen, das nie Gegen
-stand bestimmten Wollens ist.

Der Flaneur ist ein Phänomen der Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts, ließe sich einwenden, und damit kein Fall, an dem sich belegen ließe, dass es noch heute einen Typ Mensch geben könnte, der nicht im Akteurswesen aufginge. Wenn sich der Flaneur auch als eine kulturhistorische Besonderheit verstehen lässt, so darf doch nicht vergessen werden, dass ästhetische Verhältnisse zur Welt ihrer Struktur nach keinen kulturellen, sondern einen anthropologischen Akzent tragen. Wenn Helmuth Plessner der Menschen als Ort beschreibt, „an dem Natur und Geist sich begegnen“
[46], dann weist er diese Begegnung als eine sinnliche aus, die der Vermittlung von Körper und Leib bedarf. Dass diese Vermittlung des Sinnlichen durch das kulturelle Fenster der Bedeutungen gehen muss, kennzeichnet die Künstlichkeit der Natürlichkeit des Menschen.[47] Der Flaneur ist also nur eine kulturelle Konkretisierung einer Form anthropologischen In-der-Welt-Seins. Sie macht eine Variante deutlich, in der Menschen als sich und ihre Welt sinnlich und bedeutsam erlebende Wesen existieren. Damit wird ein Menschenbild gestärkt, das das Platonische Projekt der Konstituiertheit des Menschen als Geistwesen relativiert. Diese Relativierung zieht diesseits der sprachlichen Abstraktionen eine Linie, diesseits des rationalistischen Verstandesbezirks. Aus diesem Veto folgt eine Reihe von Konsequenzen, die für den praktischen wie theoretischen und metatheoretischen Gegenstandsbereich der Architektur von Belang sind.
 

A. Architektonische Räume haben neben ihrem relationalen, materiellen und symbolischen einen leiblichen Charakter
 

Architektonische Räume werden er-lebt. Dürckheim hat solche Um-gebungen des Menschen mit dem Begriff der „leibhaftigen Herumwirklichkeit“ umschrieben. Damit betonte er ein Verhältnis zum umgebenden Raum, das nicht der Logik irgendwelcher Erkenntnisinteressen untersteht, das sich vielmehr durch ein Hineingezogensein und Sich-Hineinziehen-Lassen in den Bann einer Umgebung beschreiben ließe. Dieser Raum „ist in seiner jeweils leibhaftigen und bedeutungsvollen Ganzheit „gegenwärtig“ in Gesamteinstellung, Haltung, Gerichtetheit und Zumutesein, man hat ihn im „Innesein“, hat ihn in den Gliedern und im Gefühl, in Leib und Herz …“[48].

Bei Hermann Schmitz wird die Form des leiblichen Im-Raum-Seins systematisch auf phänomenologischem Hintergrund entfaltet.
[49] Schmitz entwickelt in seinem philosophischen System eine Raumontologie, die dieses Raum-Denken im Unterschied zu natur- oder sozialwissenschaftlichen Konzepten verständlich macht. Der Schmitzschen Phänomenologie liegt ein Raum-Begriff zugrunde, der sich weder aufs Symbolische noch aufs Mathematische reduzieren lässt, also die Konstruiertheit der Dinge im relationalen und sozialen Raum durch Bedeutungen ebenso unterschreitet wie die Reduktion des Raumes auf Gebilde mit Flächen und Kanten. Vielmehr konstituiert sich der leibliche Richtungsraum in gefühlsmäßig spürbaren Ausdehnungen zwischen Enge und Weite als prädimensionales Volumen.[50]

Das Wohnen entfaltet sich z. B. in solchem Erleben, das die heimische Qualität eines „eigenen“ WohnRaumes erst entstehen lässt.
[51] Am Beispiel der Bewegung beschreibt Erwin Straus, wie sich die Motorik ein eigenes leibliches Raumerleben erschließt,[52] das nicht nur für das Wohnen von Belang ist, sondern schon grundlegende anthropologische Bedeutung hat.


B. Die Erlebbarkeit architektonischer Räume konkretisiert sich in Atmosphären

Räumliche Umgebungen im Sinne von leiblichen Herum-Wirklichkeiten werden gefühlsmäßig als Atmosphären erlebt. Atmosphären definiert Schmitz als räumlich ausgedehnte Gefühle, in deren Bann man hineingeraten kann. Im Unterschied zur sozialwissenschaftlichen Sicht betrachtet er Gefühle nicht als subjektive Marginalien, die Produkt individueller (bestenfalls kollektiver) Imagination sind, sondern als objektive Situationen. Verständlich wird diese Perspektive durch die doppelte Funktion, die Gefühle darin einnehmen.[53] Er unterstellt nicht, dass eine Atmosphäre in ihrer Gefühlsgeladenheit jeden zu jeder Zeit und an jedem Ort in gleicher Weise auch wirk-lich ergreifen muss. Nur wer von einer Atmosphäre affektiv auch betroffen wird, gerät gleichsam mitfühlend in den Bann jenes Gefühlsraumes, der als Atmosphäre ‚da‘ ist. Wer sich i. d. S. ergreifen lässt, von dem hat die Atmosphäre als Stimmung in der Form leiblichen Spürens Besitz ergriffen. In einer Stimmung geht man distanzlos auf, während man zu einer Atmosphäre, die affektiv (noch) nicht durch Betroffenheit in das persönliche Befinden übergegangen ist, Distanz hat.

Atmosphären sind alltagsweltlich und ubiquitär. Es gibt nicht keine Atmosphären. Aber wir leben in einer gewissen Selbstverständlichkeit mit ihnen. Das heißt nicht, dass man nicht auf die spürbare Präsenz von Atmosphären reagieren würde. Nur thematisiert man sie in aller Regel nicht sprachlich; man kommuniziert in und über Atmosphären eher im Wege leiblicher Kommunikation, indem man sich in ihnen zu ihnen verhält, sie sucht, weil sie Behagen ausstrahlen oder ihnen ausweicht, weil sie beengend wirken. Solche Atmosphären thematisiert Gernot Böhme (im Rückgriff auf Schmitz) am Beispiel der Dämmerung, der Musik, der Kirchenarchitektur, der Stadt usw.

Den wissenschaftstheoretischen Denktraditionen der modernen Sprach- und Sozialwissenschaften zufolge wäre Atmosphären nur mit größter Skepsis zu begegnen, gälten sie doch als solipsistische Gebilde reiner Innerlichkeit, weil sie sich eben nicht in sprachliche und damit abstrakte Chiffren übersetzen lassen. Atmosphären wären ganz im Sinne von Platons Höhlengleichnis als Täuschungen und Akzidenzien aufzufassen. Atmosphären scheinen nicht zum Akteur zu passen. Indes ließe sich leicht zeigen, dass gerade darin ein fundamentaler Irrtum liegt, denn niemand wird ernsthaft bestreiten können, dass es Experten gibt, die Atmosphären planmäßig und mit genauem wenn auch diffusem Wissen um ihre Wirkungen herstellen können.


C. Architektonische Räume können - als Bedingung von Architektur und im Unterschied zur Bautechnik - in ihrer atmosphärischen Erlebbarkeit (planvoll) hergestellt werden

Gernot Böhme zeigt an diversen Beispielen, wie professionelle Atmosphären-Experten mit Hilfe geeigneter Mittel (z. B. Licht [54]) bestimmte Atmosphären mit spezifischen Absichten herzustellen in der Lage sind.[55] Schon das alltägliche Leben präsentiert – ganz ohne Wissenschaft – eine Fülle solcher Atmosphären, in deren Bann man durch externe „Zündung“ von Betroffenheit hineingeraten kann. Solche suggestiven Räume entstehen nicht zufällig und nicht durch spirituelle Eingebung, sondern durch die praktische Anwendung professionellen Atmosphären-Wissens. Dies schließt Wissen um die sinnliche und leibliche Affizierbarkeit des Menschen ein. Professionelle Akteure (!) in diesem Sinne sind Architekten, Designer, Kirchenbaumeister, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten/Gärtner, Künstler, Bühnenbildner, Lichtdesigner und viele andere. Dies bedeutet, dass die Macher von Atmosphären nur zu rational handlungsfähigen Akteuren werden und sich als solche professionell bewähren können, weil sie über detailliertes Wissen um jene pathische Konstitution des Menschen als sich und seine Welt erlebendes Wesen verfügen, das am anderen Ende dessen liegt, was die modernen Sozialwissenschaften mit dem Konstrukt des >Akteurs< fassen. Gerhard Auer verortet die Rezeption von Architektur treffend zwischen den Rationalitäten, wenn er sagt: „Architektur wird auf drei Ebenen rezipiert: einer pragmatischen, einer ästhetischen und einer affektiven.“[56] Diese Trilogie der Durchgänge dürfte für den Prozess des Architektur-Machens nicht minder bedeutsam sein.



4. Architekten als Akteure

Architekten können ihre Rolle nur professionell und darin erfolgreich wahrnehmen, wenn sie als Akteure ihres Faches auftreten. Im Zentrum der Arbeit von Architekten steht nicht die Anwendung bautechnologischen Wissens, sondern – auf dem Boden einer Zusammenarbeit mit Bauingenieuren sowie dem gesamten Baugewerbe – die Herstellung räumlicher Wirkungen, d. h. die Gestaltung von Mensch-Umwelt-Beziehungen als Verwirklichung eines ästhetischen Projekts. In dieser identitätsspezifischen Frage ist das Selbstverständnis der Architektur aber gebrochen. Die Resonanz auf das Werk Camillo Sittes, der den Städtebau vor der Vereinnahmung durch Ingenieure und Techniker bewahren und ihn als eine ästhetische Aufgabe der Raum- und Wahrnehmungsgestaltung sicher wollte, zeigte schon im 19. Jahrhundert, dass das Selbstverständnis der Architektur als ästhetisches Projekt keineswegs unumstritten war.
[57] Die Nachhaltigkeit, mit der diese Debatte bis in die Gegenwart andauert, zeigt, dass dieser Dissens einen sensiblen Punkt im Selbstverständnis der Disziplin berührt.

Drei Beispiele
sollen genügen, um Eckpunkte der epistemologischen Verspannung der Architektur zwischen rationalem und mimetischem Können deutlich zu machen und in der Folge zu zeigen, dass der Architekt als Akteur (a) technischen, konstruktiven bzw. propositionalen Wissens bedarf, er dieses Wissen aber nur praktisch gelingend in Situationen der Raumgestaltung anwenden kann, wenn er (b) auch über Erfahrungswissen
[58] verfügt, in dem Wissenssedimente aus beruflicher Erfahrung abgelagert sind, die gerade nicht in Gänze nach einem rationalen Modell menschlichen Handelns jederzeit abrufbar und rechtfertigungsfähig sind.
 

1. Sigfried Giedion gilt als Verfechter des Primats der Konstruktion (und hatte deshalb wenig Sympathie für Camillo Sittes Vorstellungen). Vielleicht ist er aber gerade deshalb ein prädestinierter Repräsentant für die These, dass gute Architektur das Produkt von Akteuren ist, die sich auf der Grenze zweier tendenziell inkommensurabler Rationalitäten bewegt. In seinem den Raumkonzeptionen der Architektur gewidmeten Werk[59] zeigen im Prinzip alle Beispiele aus allen Zeiten, dass die erste Aufgabe der Architektur darin bestand und besteht - mit historisch je spezifischen Mitteln -, materialisierte Strukturen über Raumwirkungen zu präsentieren, damit Wahrnehmungsweisen zu eröffnen und Funktionen zu erfüllen. Kein Bauwerk ist auf seine funktionalistische Struktur zu reduzieren. Es steht immer in einem atmosphärischen Wirkungsrahmen. So geht es in der Architektur auch nie um die Alternative zwischen Form und Funktion, sondern immer um die Frage der Beziehung beider Dimensionen zueinander. Dabei kann die mit einer Architektur sich ausdrückende Atmosphäre Moment der Form, aber auch Moment der Funktion sein.

2.
Das Werk des großen Gartenbautheoretikers Christian Cay Laurenz Hirschfeld[60] (1779-1785) ist ein schlagender Beweis für die hohe Professionalisierung im Bereich pathischen (Erlebnis- oder Gefühls-) Wissens, das in einer Raumgestaltung zur Anwendung kommt, die sich in besonderer Weise ihrer gestaltenden Einwirkung auf Mensch-Umwelt-Beziehungen bewusst ist. Hirschfeld entfaltet in seinem mehrbändigen Werk ein hoch differenziertes Gefühls-Alphabet von Pflanzpraktiken. Seit über die Anwendung der Gestaltungsprinzipien des englischen Gartens Gefühlsräume geschaffen worden sind, die bis in die Gegenwart wegen ihrer atmosphärischen Qualitäten attraktiv geblieben sind und deshalb immer wieder aufgesucht werden, muss die Gartenkunst in erster Linie als gefühlsmäßige Ausdrucksarbeit verstanden werden. Zwar war dies in der Garten- und Landschaftsarchitektur nie anders; aber die Konturen des diesem Handeln zugrunde liegenden Wissens sind durch Hirschfelds Werk besonders unmissverständlich hervorgetreten.

Hirschfeld zeigt, was bis heute für die gesamte Architektur gilt: Das bewusste (und damit rational verfügbare) Wissen zur Herstellung ästhetischer Raumwirkungen kann nur so lange zu emotionalisierenden Wirkungen führen, als die Rezipienten solch atmosphärischer Räume nicht über den Code zur Entschlüsselung des künstlichen Zaubers verfügen. Mit anderen Worten: Das professionelle Handeln von Architekten hat spezifisches Wissen über nicht-rationale und in großen Teilen auch nicht bewusste Erlebnisweisen von Architektur notwendig zur Voraussetzung. Erst aus der Differenz zwischen Akteur (der der Architekt ist) und Nicht-Akteuer (der der lebensweltliche Rezipient von Architektur ist), mit anderen Worten, aus der Differenz zweier inkommensurabler Rationalitäten (der theoretischen Rationalität von Architekten und der ästhetischen Rationalität erlebender Architektur-Nutzer) kann es zu Raumwirkungen kommen, auf deren Herstellung Architektur im wesentlichen auch abhebt.

3. Der in Hirschfelds Werk liegende Erfahrungsschatz variiert und wiederholt sich im Prinzip in anderen professionellen Gestaltungsfeldern. So liefert z. B. die Materialikonologie ein vielfältiges Wissen über die Wirkungsweise von Baustoffen. Holz entfaltet je nach Farbe, Textur, Dichte und Art der Verwendung (am Bau) eine je eigene atmosphärische Wirkung. Das gilt im Prinzip für alle Materialien.[61] Beachtung verdient an dieser Stelle der Hinweis, dass die Eindrücke, die von bestimmten Materialien in bestimmter Weise zur Erscheinung gebracht werden, nicht auf Symboleigenschaften (im semiotischen Sinne) begrenzt werden können. Vielmehr steht die Symbolik in einem dialektischen Verhältnis zur synästhetischen Erlebnisweise einer Inszenierung. Materialien werden in ihrem symbolischen Verstehen leiblich in bedeutungskomplementärer Weise empfunden (z. B. als weich oder hart, warm oder kalt). Dabei fungieren die symbolischen Bedeutungen nicht generell als Gründe für Empfindungsqualitäten; gespürte Empfindungsqualitäten können auch – umgekehrt – Gründe für die Entstehung einer Bedeutung sein. Werkstoffe sind „Überbringer magischer Botschaften; statt eines lesbaren Textes vermitteln sie Gefühle, erregen Konnotationen, wenden sich an tiefere Schichten unserer Wahrnehmung.“[62]

Das Wissen um diese dialektischen Wirkungsketten gehört zum Wissensbestand je einschlägiger Professionen. Die „Sprache“ der Materialien lässt sich in ihrer kommunikativen Funktionsweise nur aufrechterhalten, wenn die Differenz zwischen der theoretisch-ästhetischen Rationalität der Produzenten und der sinnlich-ästhetischen Rationalität der Rezipienten gewahrt bleibt.

Der Architekt ist ein Akteur. Ich klammere die Frage aus, inwieweit mimetisches Können (als implizites Wissen) auf den im Prinzip rationalen Planungs-, Gestaltungs- und Herstellungsprozess einwirkt. Letzte Vorbehalte gegen das Bild des „reinen“ Akteurs sind also anzumelden. Dies auch aus jenem Grund, der schon eingangs diskutiert wurde: Wie der Forscher seiner Emotionalität in all seinem Tun aufsitzt, so folgt auch der Architekt keiner geistig-aseptischen Handlungsspur. An das Bild des Akteurs ist notwendig das des Nicht-Akteurs gekoppelt. Nur in jenem Teil seines Tuns, für den klare Gründe angegeben werden können, ist das Individuum Akteur. Das „Gesamt-Handeln“ Atmosphären produzierender Architekten ist nach Gerhard Auer kaum zu kalkulieren und nur schwerlich zu planen, da sich letztendlich zündende Wirkungen einer „Unzahl von Ingredienzien, der Spontaneität und der Subjektivität“ verdanken.[63]

Im Fluss des gelebten Lebens gibt es diese Trennlinie in aller Regel nicht. Man tut in zahllosen Situationen, schlicht was man tut und ist dann auch im Nachhinein nur insofern in der Lage, Gründe für solches Tun anzugeben, als sich letztlich immer Gründe nennen lassen. Allein die Möglichkeit, bei hinreichender intelligibler Mobilität ein bestimmtes „Tun“ gewissermaßen „nachlaufend“ durch fiktive Ergänzung begründender Argumente zu einem „Handeln“ zu adeln, zieht eine ethisch schwer legitimierbare Grenze. Als Akteur könnte sich dann stets der geschulte Rhetoriker erweisen, der den Graben zwischen eigenem Nichtwissen um Gründe für ein Tun durch (konventionelle) Eloquenz zu kitten in der Lage wäre. Der Art nach wäre dies eine Grenzen, wie sie im Wissenschaftssystem tagtäglich durch Berufung auf Geltung und Rückgriff auf diskursive Herrschaftspraktiken gezogen wird. Es gibt aber auch eine anthropologische Grenze zwischen Akteur und Nicht-Akteur, die durch die Mitte eines jeden Menschen verläuft. Kein Menschenbild ließe sich deshalb letztlich als wissenschaftlich glaubwürdig machen, in dem jene (lebensphilosophisch so virulent diskutierte) Seite des Menschen ausgeklammert bleibt, die Helmuth Plessner in seiner „Anthropologie der Sinne“
[64] zu Wort kommen lässt. Diese „andere“ (als rational handelnde) Seite des Menschen wird aber nicht nur in Philosophie und Phänomenologie diskutiert; Hinweise auf entsprechende Defizite finden sich auch in der Geschichte der Soziologie. So kritisierte Georg Simmel in seiner „Soziologie der Sinne“ die Methode der Soziologie, die es an Aufmerksamkeit gegenüber den ästhetischen Implikationen des menschlichen Lebens mangeln lasse.[65]

Auch in der Architekturtheorie wird diese vom Akteurs-Bild der modernen Sozialwissenschaften ausgeklammerte Seite des Menschen diskutiert. Juhani Pallasmaa
[66] unterstreicht das Wesen der Architektur als „eine Kunstform des Körpers und aller Sinne“. Die kritische Anmerkung, die durch Architektur vermittelten Emotionen seien auf das Visuelle verengt, macht auf eine der Kultur des Ästhetischen inhärente Ausklammerung nicht-visueller Wirkungsbereiche aufmerksam, die von Räumen und Orten ausgehen können.[67] Mit dem Plädoyer für eine „Architektur der Askese, der Konzentration und der Kontemplation, eine Architektur der Stille“ wird eine für die Disziplin der Architektur neue Aufgabe rationaler Professionalisierung definiert. Für den Stadtbenutzer – den Rezipienten von Architektur – läge in einer solchen programmatischen Erweiterung selbst zugeschriebener Professionalisierungsansprüche dann ein Gewinn, wenn die architektonische Gestalt – auf der Grenze zwischen rational Bewusstem und Noch-nicht- oder Nicht-mehr-Bewusstem – Erfahrungsprozesse zu evozieren in der Lage wäre, die sich im Sinne eines Zuwachses an Selbstreflexivität der Subjekte schlechterdings nur auf dieser Grenze bewerkstelligen lassen (vgl. oben Hinweis zur Reflexion der Differenz zwischen Subjekt und Objekt). Die Tilgung des Nicht-Akteurs in der Universalisierung des Menschen zum Akteur stellt deshalb auch keine qualitative Menschenbild-„Liftung“ dar, sondern seine ontologische Verarmung. Diese impliziert im Übrigen nicht zufällig genau jenen Typ von Erfahrung, der die Ebene der bewussten Gründe bestimmten Tuns ins Halbdunkel diffuser Anlässe zu durchstoßen fähig wäre.[68]

Die Kritik von Alberto Pérez-Gómez
[69] an der Theorie der Architektur, die sich von ihrer technizistischen Anwendbarkeit abhängig gemacht habe, reklamiert unter dem Fokus der Hermeneutik eine zwischen Distanzierung und Annäherung oszillierende Dynamik der Reflexion. Sie strebt im Prinzip nach nichts anderem und kann nur gelingen, wenn sie über die theoretisch-praktische Dimension des Architektur-Machens auch die spiegelverkehrte Seite der sinnlich-ästhetischen Dimension des Architektur-Erlebens theoretisch-konzeptionell mit einbezieht.

Der Mensch ist ein Akteur
- und er ist es nicht! Jede konzeptionelle Verengung zur einen oder anderen Seite wird dem Menschen in der vitalen Praxis seines Lebens nicht gerecht. Wissenschaft muss über kurz oder lang in ernsthafte Legitimationsprobleme geraten, wenn die ihrem Tun zugrunde gelegten (oder vorausgesetzten) Menschenbilder eine Schieflage aufweisen. Die Architekturtheorie führt ihren Diskurs, der ein Streit über den Zweck von Theorie und Metatheorie ist. Damit ist ein Raum für die Verständigung über das Selbstverständnis in Relation zu einem Herstellungs- und/oder Erkenntnisgegenstand geöffnet. Die Frage nach dem Menschen ist hierbei stets undogmatisch mitgestellt.


5. Retrospektive

Die retrospektive Pointe der hier geführten Diskussion für die Humangeographie ist evident. Der Mensch ist nie nur ein Akteur. Diese im Prinzip triviale These, die sich im Blick auf die Gegenstände der (verschiedensten) Architektur(en) leicht belegen ließ, weist auf eine rationalistische Obsession hin. In szientistischen Fächern wie der Humangeographie erschließt sich deren kommunikative Funktion in der wissenschaftlichen Gemeinschaft (die dem Begriff nach das Gegenteil einer „Gemeinschaft“ ist vom Rande der Akteure her – von jener Grenze, an der die rationalen (und als solche rechtfertigungsfähigen) Modelle affektiv von außerwissenschaftlichen „Bedürfnissen“ unterströmt werden. Die erste sich ganz im Sinne von Nietzsches „fröhlicher Wissenschaft“ stellende Aufgabe sehe ich in der kritischen Selbstreflexion der strukturell pluralen Beziehungen, die forschende Subjekte zu Theorien (hier zu Menschenbildern) unterhalten. Die vordringliche Aufgabe liegt in der Suche nach Antworten auf die Frage nach den affektiven Bindungen an Theorien.


 

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[1] Immer wenn ich in diesem Beitrag die männliche Form verwende, meine ich die weibliche zugleich mit, es sei denn, ich expliziere eine Differenzierung.

[2] Vgl. hierzu Janich / Korsch 2005. Der Frage nach den Menschenbildern in der Geographie haben Ilse Helbrecht und ich uns an anderer Stelle ausführlich gewidmet (vgl. Hasse / Helbrecht 2003).

[3] Vgl. beispielhaft für viele Autoren: Werlen 1999 sowie Reuber 1999.

[4] Kritische Anmerkungen dazu vgl. Hasse u. a. 2000.

[5] Giddens 1988, S. 53.

[6] Ebd., S. 56.

[7] Ebd., S. 100.

[8] Ebd., S. 99.

[9] Ebd.

[10] Ebd., S. 101.

[11] Die Annahme nichtidentischer Identitäten steht dagegen im Zentrum der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, die in der Strukturationstheorie von Giddens konsequenterweise ausgeblendet bleibt.

[12] Adorno 1969, S. 151ff.

[13] Adorno 1944/47, S. 198.

[14] Es ist für die Handlungstheorie charakteristisch, dass sie für die nicht beabsichtigten Effekte eines Tuns eine erklärende Kategorie benötigt (die Restkategorie der unbeabsichtigten Folgen einer Handlung, vgl. Giddens 1988, S. 61 ff), während das komplementäre Gegenstück, das einem Handeln halb oder nur diffus Bewusste theoretisch in die Belanglosigkeit hinausmanövriert wird.

[15] Nietzsche (Wahrheit und Lüge), S. 317.

[16] Nietzsche (Zarathustra), S. 300.

[17] Nietzsche (Fröhliche Wissenschaft), S. 44.

[18] Ebd., S. 12f.

[19] Vgl. Nietzsche (Wahrheit und Lüge), S. 316.

[20] Vgl. dazu auch Hastedt 2005, S. 37ff.

[21] Die wohl umfassendste Theorie der Leiblichkeit des Menschen liegt mit dem System der Philosophie von Hermann Schmitz vor (vgl. Schmitz 1964ff).

[22] Vgl. die verschwommene Terminologie bei Giddens 1988 auf den S. 116 ff.

[23] Vgl. Chilla 2005, S. 33.

[24] Zur Kritik der geistesgeschichtlichen Entwicklung dieses dichotomischen Denkens, an dessen Diffusion bis in die Gegenwart vgl. insbes. Schmitz 1994, S. 19 ff.

[25] Adorno 1944/47, S. 262. Kritik i. d. S. steht aber nicht nur im Mittelpunkt des Werkes von Adorno; sie bildet einen zentralen Nerv im Denksystem der gesamten Frankfurter Schule.

[26] Lehrplan für das Fach Geographie und Wirtschaftskunde (Oberstufe).

[27] Der Studiengang Geographie Lehramt an der Universität Karlsruhe (gültig für Studierende mit Studienbeginn ab dem WS 2005/06).

[28] Zur Kritik i. d. S. an Giddens vgl. auch Gerstenberger 1988.

[29] Elias 1983, S. 36.

[30] I. S. einer Anekdote verweise ich auf eine wiederholte Beobachtung im universitären Alltag. Beharrlich lehren Hochschullehrer, die selbst in einer Zeit lebendig praktizierter Wissenschaftskritik sozialisiert worden sind, Studierenden heute in der Universität wieder vermehrt, in der schriftlichen Abfassung von Referaten oder Hausarbeiten nicht in der Ich-Form zu schreiben, um Objektivität zu verbürgen. Es darf nicht übersehen werden, dass auf diese Weise über „nur“ formales Lernen hinaus, auf einem kategorialen Niveau, die Einverleibung von Routinen der Abstraktion vom eigenen Selbst vermittelt wird. Auch auf solchen scheinbar unbedeutenden Wegen wird die Illusion und Ideologie einer wertfreien Wissenschaft gelehrt. Es liegt auf der Hand, dass dies implizit auch eine Schule der Einübung verantwortungsloser Wissenschaft ist.

[31] Vgl. Fleischmann / Meyer-Hanschen 2005.

[32] Vgl. i. d. S. Großheim 2005, S. 142.

[33] Vgl. Schmidt 2003/2004, S. 172.

[34] Vgl. Straus 1930.

[35] Thema des Filmes sind Symphonien von Jean Sibelius.

[36] Vgl. Janson / Bürklin 2002.

[37] Die ganze Breite dieser Debatten kann hier nicht nachgezeichnet werden. Stellvertretend sei auf das zunehmend Beachtung findende Werk von Hermann Schmitz (1964ff) verwiesen; daneben auf zusammenfassende Veröffentlichungen von Hastedt 2005, Reichold 2004, Fink-Eitel / Lohmann 1993, Meier-Seethaler 1997, Scheele 1990 u. v. a.

[38] Es versteht sich nahezu von selbst, dass aus dem Kontext der jüngeren Diskussionen nicht alles ausgeklammert wurde, was mit Gefühlen zu tun hatte. Charakteristisch dürfte der Sachverhalt sein, dass jene naturwissenschaftlichen Forschungsbefunde aus dem Bereich der Neurophysiologie und Hirnforschung hier und da Beachtung gefunden haben, ließen diese sich doch unmittelbar mit dem rationalistischen Akteursdenken in Geographie und (insbesondere) deren Didaktik verknüpfen (hier ist z. B. an die Arbeiten von Gerhard Roth zu denken, die insgesamt eine breite Resonanz befunden haben (vgl. Roth 1993 sowie Roth 1994).

[39] Im Bezug auf die Theorie der Geographie vgl. dazu Hasse / Helbrecht 2003.

[40] Vgl. resümierend dazu Kozljanič 2004.

[41] Vgl. z. B. kürzlich Nickl 2005, Droschel 2005 oder Rorty 1993.

[42] Rorty 1993, S. 161.

[43] Heinrichs 2005, S. 40.

[44] Vgl. dazu auch Marcuse 1957, S. 171ff.

[45] Ich greife diesen Begriff der Lebensform bei Eduard Spranger auf, der in seiner Analyse menschlichen Lebens nicht nur verschiedene Rationalitäten (theoretische, ästhetische, ökonomische, soziale usw.) rekonstruierte und in der Durchdringung einer je speziellen Rationalität das durch Vereinseitigung entstehende Defizit herausstellte (vgl. Spranger 1914).

[46] Plessner 1923, S. 371.

[47] Vgl. ebd., S. 376.

[48] Dürckheim 1932, S. 26.

[49] Raum- wie umweltbezogene und darin auch architekturtheoretische Konkretisierungen habe ich im Detail an anderer Stelle vorgenommen (vgl. Hasse 2005.1).

[50] Kurz und i. S. einer Zusammenfassung vgl. Schmitz 1998 sowie ausführlicher und zusammenfassend Schmitz 1994.

[51] Zum leiblichen Charakter des Wohnens vgl. bes. Heidegger 1951 sowie Bollnow 1963.

[52] Straus 1930.

[53] Zu Gefühlen als Atmosphären vgl. zusammenfassend Schmitz 1993.

[54] An anderer Stelle habe ich ausführlich die Bedeutung des künstlichen Lichts für die Herstellung städtischer Atmosphären behandelt (vgl. Hasse 2004) sowie mit Bezug auf konkrete städtische Illuminationsprojekte: Hasse 2005.2.

[55] Vgl. Böhme 1998.

[56] Auer 1998, S. 133.

[57] Vgl. Reiterer 2003.

[58] Zur Frage des Zusammenhangs von propositionalem Wissen und Erfahrungswissen im Prozess wissenschaftlichen Handelns vgl. auch Reichert 2000.

[59] Giedion 1969.

[60] Hirschfeld (1779-1785).

[61] Vgl. z. B. Raff 1994.

[62] Auer 1995.

[63] Auer 1998, S. 135.

[64] Vgl. Plessner 1970.

[65] Simmel 1907, S. 149.

[66] Vgl. Pallasmaa 1994.

[67] Mit engagiertem Nachdruck denkt Hans Boesch in diese Richtung (vgl. Boesch 2001).

[68] Zum Begriff der Erfahrung i. d. S. vgl. Dilthey 1958 sowie Gehlen 1936.

[69] Pérez-Gómez 1997.

 


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10. Jg., Heft 2
September 2006