Thema 1. Jg., Heft 1
Oktober 1996
Barbara Baumüller


Baukunst als Politisierung des Stadtbildes -
aufgezeigt an Einzelaspekten der Stadtbaugeschichte Prags.

 

Prag, als eine der bedeutendsten und größten mitteleuropäischen Metropolen, war schon seit den Zeiten des Hoch- und Spätmittelalters großen städtebaulichen Veränderungen und Zäsuren ausgesetzt.
Einschneidende Modernisierungen und Umgestaltungen erfuhr die böhmische Residenzstadt im Zeitalter Kaiser Karls IV (1316 - 1378).
Böhmen war seit dem frühen Mittelalter Teil des Heiligen Römischen Reiches und der böhmische König war Träger der Kurwürde.
Die 1344 erfolgte Erhebung Prags zum Erzbistum hatte im gleichen Jahr den Beginn des Neubaus der Königlichen Kathedrale zur Folge. Die Choranlage dieser auf dem Bergplateau des Hradschin gelegenen Metropolitankirche entstand zwischen 1344 und 1419 und als ihre Architekten sind der Franzose Matthias von Arras und vor allem Peter Parler, der bedeutendste Baumeister des ausgehenden Mittelalters bekannt.(1)
Weithin sichtbar dominiert bis heute dieser Bau mit seinem markanten Turmmonument das Stadtbild und ist für jeden zum Signum der böhmischen Metropole geworden. Neben seiner kirchenpolitischen Funktion hatte der Veitsdom zudem noch als königliche Grablege und als Krönungskirche für das böhmische Königreich zu dienen.

Bild 1: Hradschin, vom Garten des Palast Schönborn aus
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Hoch ragen Burgkomplex und Kathedrale über der mittelalterlichen Stadt empor, waren und sind aus der Ferne sichtbar, beherrschen den gesamten Moldaukessel und brachten auf solche Weise ideal die Größe der königlichen Macht zur Geltung. Es ging Karl mit dem Bauauftrag für diesen großen Kirchenkomplex ganz klar um die Herausstellung des Veitsdomes als böhmische Königskirche, bei der übergeordnete Reichsinteressen nur eine Nebenrolle spielten.
Die Verbindung der böhmischen mit der römischen Krone bildete eines der Grundelemente in Karls politischer Konzeption. Seiner Auffassung und Zielsetzung nach stellte der böhmische Staat den kompaktesten, stabilsten und wirtschaftlich stärksten Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches dar.

Karl war einerseits, ganz unspektakulär, ein Pragmatiker auf diplomatischem Parkett, ein friedensliebender Realpolitiker, ein Förderer der Städte und des Bürgertums, andererseits besaß er aber, und das ist wichtig für das Verständnis seiner Person, eine tiefe persönliche Religiosität und war von einer fast fanatischen Glaubensmystik beseelt.
Alle seine Handlungen, seien es die der sakralen Stiftungen, also Kirchen und Reliquiensammlungen oder staatsspezifische Aktivitäten, galten stets der Verewiglichung seiner Person und seines Herrschernamens.

Karl hatte, bedingt durch seine Abstammung aus dem französischen Herrscherhaus der Valois, seine frühen Entwicklungsjahre am französischen Königshof, in unmittelbarer Nähe seines Onkels, König Karls des Schönen verbracht.
1346 wurde Karl zum Deutschen König gewählt und in Aachen gekrönt, ein Jahr später konnte er die Nachfolge seines Vaters, König Johanns von Luxemburg, auf dem böhmischen Königsthron antreten. Ohne lange Einarbeitungsphase machte der junge Herrscher sich daran, seinen Anspruch zu manifestieren, und die in Frankreich erworbenen Ideen einer Staats- und Herrschaftsideologie auf die neuen, v.a. den böhmischen Herrschaftsbereich anzuwenden.
Bei all seinen politischen Unternehmungen zwischen 1344 und 1350 erkennt man deutlich eine Betonung seines Herkunftslandes Böhmen und seiner Königsstadt Prag.(2)

Der Hradschin galt zwar als die Residenz des Herrschers des Königreiches Böhmen und seit der Kaiserkrönung 1355 auch des Heiligen Römischen Reiches, aber tatsächlich ist als der eigentliche Residenzsitz der gesamte Prager Städtekomplex zu bezeichnen.

Karl entschied sich deshalb gleich nach seinem Thronantritt dazu, eine gewagte und umwälzende Konzeption zu realisieren, die Prag unter die vordersten Städte der Christenheit erheben sollte.

Bild 2 und 3: Panorama, 1606, (Filip van den Bossche)
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Schon unter den letzten Premyslidenkönigen, vor allem unter Premysl Ottokar II. hatte sich Prag im 13. Jahrhundert zu einer Wirtschaftsmetropole mit aufstrebendem Bürgertum entwickelt. Karls weitergestecktes Ziel war, Prag zum Knotenpunkt der Handelswege zwischen der Ostsee und dem Mittelmeerraum, zwischen Ungarn und Flandern zu machen. Die Stadt sollte als neues mitteleuropäisches Wirtschaftszentrum mit klaren urbanistischen Strukturen versehen werden - und Hauptpunkt dieser Planung war ab 1348 die Gründung eines neuen Stadtgebiets am rechten Moldauufer, südlich der Prager Altstadt.
Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, kaufte Karl eine große Anzahl von Grundstücken auf, die in Form eines breiten Gürtels die Altstadt entlang des südlichen und östlichen Randes umschloß. In der Gründungsurkunde für die Neustadt vom 8. März 1348 wurde festgeschrieben, daß die Neustadt aus legislativer Hinsicht eine Gemeinde mit kommunaler Selbstverwaltung, ganz genauso wie die Prager Altstadt, sein sollte. Ein wichtiger Passus enthält Bestimmungen über die Vorteile und Rechte der Bewohner und aller ihrer Nachkommen; darin wurden die städtischen und öffentlichen Bedingtheiten, Gebräuche, Gewohnheitsrechte und Bestimmungen beschrieben, die in gleicher Form auch der Prager Altstadt zustanden.
Ein völlig neues städtebauliches System mit einem einheitlichen Bebauungsplan, gleich großen Grundstücksparzellen, zwei riesigen Marktplätzen, Klöstern, Spitälern und selbstverwalteten Rathäusern läßt den neuzeitlichen Charakter der Prager Neustadt gut erkennen. Rasch setzte ein regelrechter Bauboom ein und um das Jahr 1400 bestand die Neustadt aus etwa 17.800 bürgerlichen Bauparzellen und circa 1.800 Wohn- und Gewerbeeinheiten. Die gesellschaftliche Struktur zeichnete sich besonders durch mittlere und kleinere Handwerks- und Gewerbebetriebe aus.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daß Juden, Tschechen und Deutsche innerhalb dieser Neuansiedlung wie auch im Großsystem Prag in friedlichem Wettstreit nebeneinander existieren konnten und gefördert wurden.

Bild 4: Panorama (Detail), 1606, (Filip van den Bossche)
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Als gestalterisches Vorbild für den Stadt- und Grundrißplan können die großen römischen Städte mit ihren geraden Mauern und rechtwinklig kreuzenden Straßen und Gassen angenommen werden.(3)
Auffällig in der Grundrißkonzeption sind zwei riesige Stadtplätze, zum einen der Roßmarkt, der heutige Wenzelsplatz, zum anderen der Viehmarkt, der heutige Karlsplatz.
Der Wenzelsplatz war eine Art Hypodrom für die Pferde, die zum Verkauf angeboten wurden, seine Ausmaße betrugen 62 Meter in der Breite und 800 Meter in der Länge und das städtebauliche Umfeld war vorwiegend in rechtwinklige Blöcke aufgeteilt.
Der zweite große Platz, der Karlsplatz, war als Schwerpunkt des südlichen Neustadtgebietes vorgesehen, östlich angelehnt an die große Ausfallstraße, die den Zugang zum wirtschaftlich und kulturell aufgeblühten Südböhmen darstellte. Auch dieser Platz war in seinen Ausmaßen überdimensional: optisch kaum zu fassen, war er etwa 130 Meter breit und 580 Meter lang. Der größte Platz, der im europäischen Städtebau der Zeit überhaupt anzutreffen ist.
Der optischen Überdimensionierung wurde dadurch begegnet, daß man in seiner Mitte einen zentral betonten Kirchenbau errichtete, dem eine politisch herausragende Funktion verliehen wurde. Diese, später so genannte "Fronleichnamskapelle" hatte staatstragende Symbolkraft im Sinne karolinischer Herrschaftsideologie.
Diese Kirche gibt es heute nicht mehr, doch auf dem Stich von Aegidius Sadeler, bzw. von Filip van de Brosche von 1606 können wir ihre Gestalt erkennen. Es handelt sich um einen kreuzförmigen Zentralbau mit Apsiden zwischen den Querarmen.(4)
Mehr wissen wir über den Zweck der Anlage. Erst 1350 war Karl in den Besitz der Krönungs- und Reichskleinodien gelangt und er hatte während seines Kampfes um die Reichsherrschaft die Erfahrung gemacht, wie wichtig eine ständige Repräsentation und Versinnlichung der Machtsymbole, wie z.B. Kaiserkrone, Apfel und Schwert, für die Anerkennung seiner Machtposition und seines herrscherlichen Anspruches war. Von nun an sollten die Heiltümer und Reliquien des Reiches, und dies ist nun wichtig, zusammen mit den Kleinodien des Böhmischen Königreiches in einer prachtvollen öffentlichen Ausstellung einmal jährlich präsentiert werden. Ort dieser bombastischen Schau war die Fronleichnamskapelle und seit 1354 fand immer am Freitag nach Ostern diese Heiltumsweisung auf dem Karlsplatz statt.
Es gehörte zu den Indizien von Karls außergewöhnlichem diplomatischem Vermögen, daß es ihm gelang, die durchaus vorhandene politische Opposition des böhmischen Hochadels auf die Souveränität dieser Krönungsgegenstände zu verpflichten. Durch diesen Schachzug war die Bindung an seine eigene Person umgangen worden.

Eine weitere sakrale Stiftung Karls übernahm, ebenso wie zu gewichtigen Teilen die Fronleichnamskapelle, eine reichspolitische Symbolkraft.
Am südlichen Ende der Neustadt gründete Karl auf einer markanten Anhöhe 1350 das Augustinerchorherrenstift Karlshof. Die Klosterkirche, ein achtseitiger Zentralbau ist dem Reichsgründer Karl dem Großen geweiht. Eine gedankliche Erinnerung an das Oktogon der Aachener Pfalzkapelle ist bewußt intendiert. Karl IV. hatte immer wieder seine Verehrung und Wertschätzung für seinen heiligen kaiserlichen Vorgänger betont und dies durch viele Stiftungen verdeutlicht. Die Karlshofer Stiftung stellte nun ein weiteres Glied im ausgiebig betriebenen Karlskult dar und so sind Stift und Kirche staatspolitische Symbolträger im Sinne des Reiches, mit dem Karl seinen Nachfolgeanspruch auf den Thron des Reichsgründers bekräftigen wollte.

Mit der Fronleichnamskapelle und dem Karlshof sind nur zwei der insgesamt 40 Sakralstiftungen in der Prager Neustadt genannt. Ihre politische Aussagekraft ist evident. Das religions- und herrschaftspolitisch bestimmte Programm Karls wird zusätzlich durch einen weiteren Bau besonders bekräftigt. Es handelt sich um das nahe am Karlsplatz gelegene und 1347 von Karl IV. gegründete Benediktinerstift Emaus. Dieses Kloster galt als neuer geistiger Mittelpunkt Böhmens, denn Karl siedelte hier ausschließlich slawische Mönche an, welche die Liturgie in slawischer Sprache gestalteten. Noch vor der neuen Universität und neben der königlichen Hofkanzlei galt Emaus bald als eine der bedeutendsten böhmischen Gelehrtenstätten, mit der Karl einerseits auf seine eigene slawische Herkunft und Tradition hinweisen und andererseits einen entscheidenden Beitrag zur Überwindung des Schisma, der Kirchenspaltung, leisten wollte. (5)

Neben den großen Baumaßnahmen auf dem Hradschin und der Ausgestaltung der Neustadt gehörten die neue steinerne Moldaubrücke und ihre Turmbefestigung nach 1357 zu den weiteren Projekten der architekturpolitischen Programmatik Karls IV. Die von Peter Parler geschaffene Karlsbrücke gilt als eine der großartigsten Ingenieurleistungen der Zeit. Sie schuf die einzige Verbindung zwischen Prager Alt- und Neustadt und der gegenüberliegenden Stadt Kleinseite und dem Hradschin.
Der ursprüngliche Wehrcharakter des Altstädter Brückenturms wird durch die diffizil und feinsinnig behandelte Bauskulptur verunklärt und sogar umgedeutet. Das Hauptgeschoß der zur Altstadt hin ausgerichteten Fassade ist durch einen riesigen Dreipaß struktriert, in dem ein aufwendiges Skulpturenprogramm einen erneuten Eindruck von Karls machtpolitischen Ideen gibt. Auf einem kleinen Brückenmodell steht der Heilige Veit als Patron und Nationalheiliger Böhmens. Ihm thronen zur Rechten Karl IV. als Römischer Kaiser und zur Linken dessen Sohn Wenzel, der ab 1376 gewählter Deutscher König war. Die Wappenkartuschen verweisen auf das Heilige Römische Reich und auf das Königreich Böhmen. In demonstrativer Form wird Karls gesamter Herrschaftsbereich dargelegt: das deutsche und das römische Königreich, das Prager Erzbistum und die böhmische Königs- und Kurwürde.

Bild 5: Altstädter Brückenturm, letzte Viertel 14. Jhd., (Parler)
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Der Altstädter Brückenturm wird ganz seiner imperialen Aufgabe als Triumphtor gerecht und nimmt im Gesamtprogramm der Stadt eine gewichtige Rolle ein. Seine Repräsentationsfassade wird zur Merk- und Gelenkstelle im urbanistischen Konzept und steht mit dem großen Südturm der Kathedrale hoch oben auf dem Hradschin, der durch seine exponierte Lage die bauliche Silhouette sprengt, in einer optischen Korrespondenz- bzw. Blickachse.
Obwohl darüber keinerlei historische Quellen erhalten sind, liegt die Überlegung nahe, der Altstädter Brückenturm sei Teil eines wohlüberlegten Ruhmesprogrammes Karls gewesen, der auf seinem triumphalen Krönungszug über die Neustadt hinweg, vorbei an den sakralen Symbolbauten Karlshof, Emaus und Fronleichnamskapelle, durch die Altstadt über die Brücke mit Brückentor kommend, die Prager Kleinseite, als Wohnstätte des reichen böhmischen Adels erreicht hätte, um dann endlich den Hradschin, die repräsentative Burg mit der Königskathedrale zu betreten, in die er dann mit aufwendig inszeniertem religiösem Pomp eingezogen sei.
Eine historische Grundlage für eine solche Triumphzugsidee findet sich leicht in den Triumph- und Siegeszügen von den römischen bis zu den staufischen Kaisern, auf die Karl sich immer wieder berief.(6)
Er war kein Utopist, sondern ein Machtpolitiker, der seiner Umgebung ein imperiales Gepräge zu verleihen verstand, und ein wohldurchdachtes wirtschaftliches Handeln und eine kontinuierliche Diplomatie waren ihm gleichermaßen wichtig. Auch wußte er, daß stabile Regierungsverhältnisse im Reich eine starke Hausmacht des jeweiligen deutschen Königs und römischen Kaisers voraussetzten.
Prag als Hauptstadt des böhmischen Königreiches fiel in diesem Zusammenspiel die Vermittlerrolle zu, innerhalb eines nach Osten geöffneten Mitteleuropa.

Prag war und ist durch alle Zeiten der geeignete Ort, Repräsentationsbedürfnisse auf imposanteste Weise zu befriedigen.

Dies war im Mittelalter so und fand auch besonders im Zeitalter des Barock ein ausgeprägtes Feld.

Schon in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges entschied sich das Schicksal Böhmens und die katholisch gesinnten habsburgischen Herrscher drückten machtvoll dem Stadtbild Prags ihren Stempel auf. Unverzüglich nach dem Ende des Krieges setzte in einer Art hektischer Wiederaufbauarbeit ein fieberhaftes Bauleben ein, das zielgerichtet von den Habsburgern gefördert wurde. Einerseits mußten die großen Schäden nach der Schwedenbelagerung wieder repariert werden, andererseits hatten viele tschechische Adelige, die nach der Schacht am Weißen Berg 1620 und nach einem anschließenden mißglückten Aufstand des Landes vertrieben worden waren, all ihren Besitz in Bereich des Hradschins und der Kleinseite verloren. Nun unternahmen die von den Habsburgern neu eingesetzten Standesherren, waren es Deutsche oder Italiener, alles, ihren neuen Besitz durch prachtvolle Palaisbauten zu gestalten. Den Waldstein, den Lichtenstein und den Schwarzenberg fielen in dieser böhmischen Fortune enorme Besitzungen zu und ihre riesigen Stadtpaläste prägen noch heute das Straßenbild der Kleinseite.

Auch und gerade die Katholische Kirche sah in dieser Neugestaltungsaufgabe die entscheidende Chance, ihren Einflußbereich zu erweitern und zu festigen.
Schon nach der Schlacht auf dem Weißen Berg trat mit dem Sieg der Katholischen Liga gegen die Protestanten die entscheidende Wende ein. Sofort wurden im Rahmen dieser Rekatholisierungsmaßnahmen 13 neue Ordensniederlassungen, inklusive zweier Ordenshäuser der Jesuiten, je ein Konvent in der Alt- wie auch in der Neustadt gegründet. Diese zahlreichen kirchlichen Institutionen zogen einen unverhältnismäßig großen Kreis der Stadtbevölkerung auch wirtschaftlich an und so ist es selbstverständlich, daß die treuesten Kirchenanhänger sich genau aus diesem gesellschaftlichen Umfeld rekrutierten.
Eine neue, habsburgisch gesinnte Oberschicht übernahm die Führung, Böhmen verlor politisch seine relative Eigenstaatlichkeit.

Jedoch muß nun dieser recht subjektiven Schilderung der politischen Geschehnisse eine differenziertere Betrachtung folgen.
Trotz des nun herrschenden Übergewichts der katholisch-habsburgischen Zielsetzungen, darf nicht übersehen werden, daß die Prager Stadtbevölkerung zu einem großen Teil aus Tschechen bestand, die in der Standesvertretung des Magistrats ausreichende Position und Sitz hatten.

Direkt unter dem Hradschin, in zentralster Lager der Kleinseite, begründeten die Jesuiten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ihre dritte Niederlassung, mit dem Ziel, von nun an in allen drei Prager Städten präsent zu sein. Die Bau- und Bedeutungsgeschichte der mächtigen St. Niklaskirche und des anschließenden Profeßhauses verdeutlicht die Vielschichtigkeit der Prager Stadtpolitik.
Noch Sadelers Stadtansicht von 1606 zeigt eine vorwiegend mittelalterliche Bebauung. Man erkennt deutlich den gotischen Vorgängerbau von St. Niklas und daneben den massigen Kleinseitner Stadtturm, das Symbol der städtischen Selbstverwaltung. Die gotische Niklaskirche diente im 15. und 16. Jahrhundert den Hussiten, 1628 kam der Komplex an die Jesuiten, die endlich 1673 den Grundstein zur heutigen Anlage legten. Für den ehrgeizigen Plan der Jesuiten mußten die alte Kirche, der Stadtturm und ein riesiges mittelalterlich bebautes Areal abgetragen werden.
Die nun folgende Jesuitenbebauung zeigt eine für das Barock typische Erscheinung von spannungsvollen Kräften und Baumaßen. Der Neubau von St. Niklas gab der Kleinseite erst ihre architektonische Dominante und Turm und Kuppel bilden ein städtebauliches Gegengewicht zum darüber aufragenden Hradschin. Nach allen Seiten greift die Kirche in das umliegende Stadtgefüge ein, die prachtvolle, reich bewegte Fassade prägt den oberen westlichen Teil des Kleinseitner Ringes, wie andererseits die machtvolle Kuppel die östliche Seite beherrscht.(7)

Bild 6: Kleinseite, Luftaufnahme
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Der Abriß des mittelalterlichen Stadtturmes hatte ein politisches Nachspiel, das typisch ist für einen heute schon sprichwörtlichen "Prager Pragmatismus". Hatten die Jesuiten nach der Grundsteinlegung für die Kirche, die auch unter der Schirmherrschaft Kaiser Leopolds I. (1658-1705) stand, das Ziel, die Baumaßnahme zügig zu einem Abschluß zu bringen, zogen sich doch die Arbeiten bis 1752 hin.
Die Kleinseitner Bürgerschaft hatte nach über einem Jahrhundert Zusammenleben mit dem größten und mächtigsten Mönchsorden keinerlei Zuneigung gefaßt und wenn sich die Möglichkeit bot, wurden die Antipathien auch gezeigt und Kompetenzstreitereien öffentlich ausgetragen. Ständig bedrängte der Magistrat die Patres, nun endlich, wie zugesagt, den Stadtturm, das Wahrzeichen der Stadt, wieder neu zu errichten. Wie es kommen mußte, zunächst dachten die Jesuiten nicht daran, ihr Versprechen einzulösen und diesen, zum Teil politischen Widerstand, begleiteten auch konkrete finanzielle Schwierigkeiten.
Nach der Präsentation unterschiedlichster Planvorlagen, für welche die beiden Architekten Christoph und sein Sohn Kilian Ignaz Dientzenhofer, die beiden bedeutendsten Barockbaumeister Böhmens, verantwortlich zeichneten, konnte endlich eine Lösung gefunden werden, die sowohl die Jesuiten als auch das ständische Selbstbewußtsein der Kleinseitner zufriedenstellen konnte
Auffällig im heutigen Erscheinungsbild des Kirchenbaues ist die Lage des Turmes, der den durch Kilian Ignaz errichteten Chor und die riesige Tambourkuppel flankiert und machtvoll dominiert. Diese beiden, groß und mächtig aufstrebenden Bauteile bilden eine Baugruppe, die sowohl auf Nah- als auch auf Fernansicht angelegt ist.
Das viergeschossige Turmmonument steht nicht durch Zufall an der südöstlichen Ecke des Kirchenbaues, sondern seine Ausrichtung zielt ganz klar auf die Brückengasse, also derjenigen Straße, welche die Moldaubrücke mit dem Zugang zum Hradschin verbindet.
Eine legislative Regelung der Eigentumsverhältnisse unterstreicht die politische Bedeutung des Turmes, denn seit seiner Errichtung befindet er sich im Besitz der Stadt.
Neben dem Rechtsstreit über das Turmprojekte steht der gesamte Komplex der Niklaskirche darüber hinaus in einem übergeordneten ikonographischen Zusammenhang und ist Sinnbild für typisch barocke Pracht- und Machtentfaltung.
Wie bereits erkannt, spielt St. Niklas auf der Kleinseite eine entscheidende Rolle im gesellschaftspolitischen Gefüge der Stadt. Einerseits übernehmen Konvent und Kirche ihre Funktion als Niederlassung der Jesuiten und der Turm als Zeichen bürgerlichen Selbstdarstellungswillens, andererseits steht die Kirche auch für imperiale, das heißt habsburgisch- kaiserliche Macht.
Diesen Eindruck gewinnt man durch eine Blick auf das Planmaterial, denn der sog. "Kiedricher Plan", eine Architekturzeichnung, zeigt im Chor der Kirche eine Herrscherempore mit den kaiserlichen Symbolen des Doppeladlers und der Kaiserkrone. Schon in der Planungsphase wurde also mit der tatsächlichen oder symbolischen Anwesenheit des Kaisers gerechnet.
Wie ist aber nun dieser neue Bedeutungszusammenhang im Gesamtgefüge der Stadt zu verstehen?
Turm und das ausschließlich für habsburgisch-kaiserliche Bauten vorbehaltene Motiv der Tambourkuppel befinden sich an einer städtebaulich äußerst kritischen Position. Hier kommt wiederum die Idee der "via triumphalis" zum Tragen, denn St. Niklas steht an einem Wendepunkt des Triumphweges, der bekanntermaßen von der Neustadt über die Altstadt und über die Karlsbrücke hinauf zum Hradschin führte. Für die in Prag einziehenden Herrscher war der Krönungszug von der Neustadt zur Prager Burg mit dem sakralen Zentrum, dem Veitsdomes, verpflichtend. Diese mittelalterliche Tradition wurde von den barocken Herrschern Böhmens beibehalten und z.B. auch von Kaiserin Maria Theresia anläßlich ihrer Krönung zur böhmischen Königin erfüllt. Auf diesem, im gewissen Sinn auch mühsam ergangenen Triumphweg stellte die Niklaskirche einen Wendepunkt dar, da genau auf der Höhe der barocken Hauptfassade der steile Anstieg zum Burgplateau beginnt.
In diesem Zusammenspiel ist nun auch der Turm erneut zu verstehen, denn mit diesem Monument erweist der Kleinseitner Magistrat dem zukünftigen Herrscher seine Reverenz und findet zudem Gelegenheit sich selbst unübersehbar innerhalb der großartigen barocken Herrscherinszenierung zu positionieren.(8)

Bild 7: Einzug Maria Theresias in Prag, 1743, Wälscher Platz,
Kupferstich von M. Dvroff
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Mag es nun auf den ersten Blick scheinen, die Architektur und Stadtgestalt Prags sei vorwiegend während der Blütezeit der Luxemburger und während der Hochzeit der Habsburgerherrschaft geprägt, so ist doch das heutige Prag ebenso gut als eine Stadt des 19. und 20. Jahrhunderts zu sehen.

Mit dem Aufkommen der Industrialisierung während des 19. Jahrhunderts erkennen wir auch das neuerliche Erstarken eines latent immer vorhandenen tschechischen Selbstbewußtseins.
Der tschechische Bevölkerungsanteil hatte erheblich zugenommen und bildete bald die Mehrheit. Neben dem tschechischen Bürgertum setzte sich auch der tschechische Adel für eine vom Deutschen Reich getrennte nationale Unabhängigkeit ein.
Besonders die Forderung nach kultureller Selbständigkeit und in diesem Zusammenhang nach einem eigenen Nationaltheater bildete bald ein Sammelbecken patriotischer Kräfte aus. Noch 1845 hatte die deutschsprachige Mehrheit in der Ständeversammlung den Bau eines solch nationalpatriotisch geprägten Baues abgelehnt, aber das Schauspielhaus konnte letztendlich nicht verhindert werden und 1881 wurde das Prager Nationaltheater, das fast ausschließlich durch Spenden aus der Bevölkerung finanziert worden war, mit Smetanas "Libusa" eröffnet.
In seinen architektonischen Formen ist dieser große Theaterbau, der Pariser Oper nicht unähnlich, ganz von einer historisierenden Architekturauffassung geprägt.(9)

Nach der Jahrhundertwende finden wir in Prag, ebenso wie in allen europäischen Metropolen, ein starkes Aufkommen des Jugendstils. Der Prager Jugendstil ist stark durch sein Wiener Vorbild geprägt, und zeigt, wie am sog. "Repräsentantenhaus", der Niederlassung der Prager tschechischen Gemeinde, durchaus ein barockes Stilempfinden.
Der Motivschatz der Prager Sezession ist reich und dekorativ, Blütenornamentik und Maskendekor finden sich, und auch dies ganz in Wiener Tradition, als reines Gestaltungsmittel der Fassadenflächen, wie z.B. an den mehrgeschossigen Häusern der modernen Wenzelsplatzbebauung.

Als revolutionär und modern ist die Prager Architektur jedoch erst nach dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu bezeichnen. Die künstlerische Nähe zu Wien wird immer mehr aufgegeben, der Bezug zur Vergangenheit bewußt unterbrochen und es gelangen vor allem aus Frankreich neue Kunstströmungen in Malerei und Kunsthandwerk. Schon früh konnten durch die Nationalgalerie eine größere Anzahl von Gemälden aus Picassos kubistischer Periode erworben werden. Dessen Kompositionen zeichnen sich durch ein System von schrägen und scharfen Brüchen in den Flächen und eine Kristallisierung von Licht und Schatten aus. Die jungen tschechischen Architekten waren von diesen vehementen und leidenschaftlichen Formen begeistert und fanden den Weg zu einer eigenständigen Architekturgestaltung mit einem System gebrochener, steigender und fallender Flächen, die diagonal oder strahlenförmig geteilt waren und so scharfe Lichtkontraste hervorriefen.
Das in den Jahren 1911/12 von Josef Gocár entworfene und gebaute "Haus zur Schwarzen Madonna", unmittelbar in der Nähe des Pulverturmes in der Celetna gelegen, ist ein viergeschossiges Gebäude mit zwei zurückspringenden Mansardendächern. Die tragende Stahlbetonkonstruktion ermöglichte eine beliebige Raumaufteilung in den Geschossen und eine Durchlichtung durch sehr große Fensterflächen, wobei die schräggestellten kleineren Seitenfenster dem gesamten Fenstermotiv eine prismatische Wirkung geben. Das heute als Museum des Tschechischen Kubismus dienende Haus beherbergte ursprünglich die Prager Künstlergenossenschaft und Büroräume in den oberen Geschossen.

Bild 8: Haus zur Schwarzen Mutter, 1912, Grundriß und Ansicht, J. Gocár
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Der radikalste Vertreter des tschechischen Kubismus in der Architektur war Josef Chochol mit seinen Bauwerken unterhalb des Vyschehrad und besonders auffällig ist darunter ein von ihm 1913 entworfenes Mietshaus in der steilabfallenden Neklanova; ein fünfstöckiges Haus mit kristallinen Fassadendetails, einem expressiv vorkragenden Kranzgesims und einem fast gotisch anmutenden Motiv des Eckpfeilers. Diamantschnittartige Fensterbekrönungen trennen den Sockel von den weiteren Obergeschossen. Josef Chochol, der in seiner strikten Ablehnung des Ornaments einem Adolf Loos in nichts nachstand, schuf hier ein Werk, das zwar neuartig, aber doch Ornament war, sicherlich auch mit dem Zweck durch das Dynamisieren von Flächen, das Zerlegen von Formen, eine künstlerische Mehrdeutigkeit zu erzielen.(10)

Bild 9: Mehrfamilien-Wohnhaus, Neklanova-Str., Josef Chochol
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Innerhalb der modernen europäischen Architekturgeschichte blieb der Prager Kubismus jedoch nur eine Episode. Dies lag sicher auch in den nie ganz aufgegebenen Traditionalismen, denn von herkömmlichen Lösungen unterschied sich ein kubistischer Bau nur in der formalen Durchgestaltung der Fassade, nicht aber in seiner grundsätzlichen Substanz. Meist blieb es bei dem Versuch, den Fassadenflächen mit prismatischen Facettierungen ein dreidimensionales Relief zu geben, doch die Grundrisse blieben konventionell.(11)

Josef Chochol und Pavel Janák, der Theoretiker unter den Architekten des tschechischen Kubismus, waren ursprünglich Schüler des Wieners Otto Wagner gewesen, suchten aber den Weg nach einer kulturellen Autonomie, wie ihn schon zuvor die Bildenden Künste und die Literatur gegangen waren. In den Künstlervereinigungen Manes, Osma und Skupina konnten die zu Grunde liegenden Theorien definiert werden. Demnach galt der Kubismus als eine Annäherung aller Formen an geometrische Gebilde mit der Zerlegung des Volumens in Facetten, um damit eine Verfremdung des Objekts zu bewirken. Die Vervielfachung und Durchdringung der Figurationen kam durch eine Veränderung des Blickwinkels zustande. Diese Theoretisierung der rein formalen Gegebenheiten wurde schon in der Frühzeit durch eine übergeordnete Ideologie überhöht. So hat Pavel Janák die Kristallisation nicht ausschließlich als eine Naturerscheinung sondern auch als eine spirituelle Aktivität verstanden. Abstraktion galt ihm als "die geistige Veranlagung unseres (also des tschechischen) nationalen Wesens".(12)
Diese Aussage deutet schon einen Weg an, den Janák und Gocar nach dem Ersten Weltkrieg konsequent weiterverfolgen sollten.

Hatte der Kubismus der Vorkriegszeit noch das Flair des Internationalen, so trat ab 1918, nach der Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Gründung der Republik, in der Architektur eine überraschende Wende ein. Ein ausgeprägt nationaler Stil, später auch "Rondokubismus" genannt, negierte alles Vorausgegangene, wirkt gedacht und gezwungen und hatte das einzige Ziel, im neugegründeten Tschechoslowakischen Staat alle zusammengebundenen Kulturen durch eine einheitliche Architektur zu kanalisieren und Identifikationsmöglichkeiten für das neue Staatskonstrukt zu schaffen. So fand eine bewußte Beschränkung auf nationale und regionale Architekturelemente statt.
In Tomás Masaryks Prag entstanden Bank- und Versicherungsgebäude als repräsentative Paläste, die von Dreiecks- und Segmentformen, von tief reliefierten Kreisen und Rechtecken wie von einem starren Panzer überzogen sind. Die Ornamentkrusten des Rondokubismus wurden auffällig oft in den Farben Rot und Blau, den Nationalfarben gestaltet, Bogen- und Wellenmotive sollten auf die slavisch-mährische Mentalität hinweisen.
Besonders Pavel Janák empfand den neuen Nationalstil als Symbol einer Zeitenwende und auch sein Freund und Kollege Josef Gocar sah die größten Chancen in der Verwirklichung dieses Stiles.

Die Fassade der 1921-1923 geschaffenen Bank der Tschechoslowakischen Legionen ist in ein System von Säulen und Halbkreisbändern gezwängt. Der skulpturale Schmuck, der von dem großen Otto Gutfreund stammt, zeigt in breiter Erzählung die Heldentaten der tschechischen Legionäre in ihrem Kampf um einen selbständigen Staat. Auch der Innenraum ist in die Gesamtkomposition einbezogen, denn die große Schalterhalle ist durch ein aus Kreissegmenten und Halbkreisen gebildetes Glasdach gedeckt, hinter dem durchaus fortschrittliche Gedanken der Glas- und Stahlkonstruktion stehen.

Bild 10: Bank der Tschechischen Legionen, 1921-23, Josef Gocár
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Doch schon der an der Jungmannova von Pavel Janák errichtete Versicherungspalast der "Riunione Adriatica di Sicurta" aus den Jahren 1922-1925 konnte einer öffentlichen Kritik einer jüngeren Architektengeneration nicht mehr standhalten. Tatsächlich hat hier die Ornamentik ein verträgliches Maß weit überschritten. Erst nach dem Besuch Le Corbusiers in Prag 1925 sollte, vertreten durch die Jüngeren, auch in Prag mit dem Purismus und Funktionalismus eine neuerliche Wende zur Moderne in der Architektur stattfinden.

Bild 11: Palast Adria, 1922-1925, Fassade, Pavel Janák, J. Zasche
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Daß politische Geschichte die Gestalt einer Stadt ganz entscheidend prägen kann, ist eine allgemein gültige Erkenntnis und gilt für Prag ebenso wie z.B. für Wien oder Paris. Was nun Prag von anderen europäischen Metropolen unterscheidet, ist die Offensichtlichkeit und auch Direktheit der historischen Aussage, die sich in der Stadtstruktur und aus der äußeren Erscheinung der Monumente ablesen läßt. Besonders deutlich wird dies im Selbstdarstellungsinteresse der einzelnen Auftraggeber, die entweder, wie im Mittelalter oder im Barock, Macht bzw. politische Unabhängigkeit demonstrieren wollten, oder wie in Zeiten der Ersten Republik, wo ganz eindeutig nationale Interessen die Impulsgeber waren. Wenn in Wien und Paris ein mittelalterliches Gefüge kaum mehr erahnbar ist, sind dagegen in Prag die Epochenschichten noch immer konkret nachvollziehbar. So hat sich bis heute der Krönungsweg in seinem Verlauf und in seinen Grenzen ungestört erhalten und so richten sich auch modernste Architekturen nach einem vorgegebene Umfeld oder Ensemble, wie man deutlich am dekonstruktivistischen Neubau des Frank Gehry direkt am Moldaukai erkennen kann. Wieder ein Stück typisch Prager Stadtinszenierung, die nicht umsonst im Volksmund den Kosenamen "Ginger und Fred" erhalten hat.
In dieser Zeit nach der "samtenen Revolution" entstehen Unmengen von Neubauprojekten, von denen viele an Scheußlichkeit ihres Gleichen suchen, und doch sind auch sie Sinnbild des historischen Wandels.(13)

Die Hunderttürmige hieß die Stadt in der Literatur. Ihre Faszination hat mit der Senkrechten zu tun, wie es Le Corbusier ausgedrückt hat. Normale Städte liegen, meinte er, Prag steht. Wie lange noch?



A n m e r k u n g e n

Anm. 1:
Detlev Arens: Prag. Kunst, Kultur und Geschichte der "Goldenen Stadt", Köln 1990.
Erich Bachmann: Karolinische Reichsarchitektur, in: Karl IV., Staatsmann und Mäzen, Kat. Ausst., Nürnberg,1978, München 1978. Barbara Baumüller: Der Chor des Veitsdomes in Prag. Die Königskirche Kaiser Karls IV., Berlin 1994.

Anm. 2:
Kunibert Bering, Roland Möning: Herrschaftsbewußtsein und Herrschaftszeichen in der Baupropaganda des 13. und 14. Jahrhunderts, Essen 1988. B. Baumüller (wie Anm. 1), S. 107 - 110.

Anm. 3:
Vilem Lorenc: Zum Grundriß der Prager Neustadt, in: Staletá Praha. Jahrbuch der Zentrale Prag der staatlichen Denkmalpflege und des Naturschutzes, 3, 1967. Karel Stejskal: Prag als kaiserliche Residenz, in: Wiss. Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 30, Heft 3/4, 1981.
Der Schöpfer des Neustadtplanes ist bis heute nicht bekannt, oftmals werden in der Literatur die Namen Arras und Parler genannt, auch bestünde die Möglichkeit im Planentwerfer den Architekten der Burg Karlstein zu sehen.

Anm. 4:
Philipp van de Brosche, Prager Stadtpanorama, fecit Egid. Sadeler, gest. J. Wechter, 1606 (Publ. Oskar Schürer: Prag. Kultur - Kunst - Geschichte, München 1935).
Erich Bachmann: Architektur bis zu den Hussitenkriegen, in: Gotik in Böhmen (Hrsg.) K.M. Swoboda), München 1969.

Anm. 5:
Karel Stejskal: Kláster Na Slovanech, Praha 1974.

Anm. 6:
Gerhard Schmid: Peter Parler und Heinrich IV. Parler als Bildhauer, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Bd. XXIII, 1970, S. 108-153. Als Bildhauer der um 1380 entstandenen Brückenturmplastik wurde zuletzt Michael II. von Savoyen, ein Sohn des Kölner Dombaumeisters gleichen Namens, genannt.
Zum Triumphgedanken und zur Stauferidee: B. Baumüller (wie Anm. 1, S. 114-120).

Anm. 7:
Jaroslava Stanková, Jirí Strusa u.a.: PRAG. Historischer Reiseführer - Elf Jahrhunderte Architektur, Prag, 1991.
Der westliche Teil des Kleinseitner Ringes ist auch unter der Bezeichnung "Wälscher Platz" bekannt.
Jaromir Neumann: Das böhmisch Barock, Wien 1970.

Anm. 8:
Milada Vilímková, Johannes Brucker: Dientzenhofer. Eine Bayerische Baumeisterfamilie in der Barockzeit. Wolf Hartmut Roidl: Die kurvierten Sakralräume des Christoph Dientzenhofer, Müchen 1995. Franz Tichy: Studie zu Sakralbauten des Kilian Ignaz Dientzenhofer, München 1995. Das Langhaus und die kurvierte Fassade der St. Niklaskirche auf der Kleinseite wird allgemein Christoph Dientzenhofer zugeschrieben.

Anm. 9:
Johanna Baronin Herzogenberg: Prag. München 1990, S. 154-169. Eduard Maur: Gegenreformation und Rekatholisierung in Prag, in: Kat.Ausst. Prager Barock, Schallaburg, April bis November 1989, Wien 1989, S. 136-154. Josef Petrán: Das Antlitz Prags im Barock, in: Kat.Ausst. Prager Barock, Schallaburg, April bis November 1989, Wien 1989, Günter Wachmeier: Prag. Stuttgart 1967.

Anm. 10:
Adolf Loos: Ornament und Verbrechen. Vortrag von 1908. Veröffentl. in: Adolf Loos: Trotzdem 1900-1930, Innsbruck 1931, unveränd. Neudruck, Wien 1982, hrsg. Adolf Opel, S. 80: "Wir haben das ornament überwunden, wir haben uns zur ornamentlosigkeit durchgerungen." S. 81: "Nun gut, die ornament-seuche ist staatlich anerkannt und wird mit staatsgeldern subventioniert."

Anm. 11:
Ausst.Kat. Düsseldorf 1991, 1905-1925 Kubismus in Prag, Stuttgart 1911. Ausst.Kat. Weil 1992, Tschechischer Kubismus, Architektur und Design 1910-1925, Hrsg. Alexander von Vegesack. Weil a.R. 1991. Michael Bregant, Lenka Bydzovská u.a.: Das Kubistische Prag 1909-1925, Ein Stadtführer, Prag 1996.
Erst ab den späten sechziger Jahren fand die Kubismusforschung Eingang in die Kunstwissenschaften und die beiden großen Ausstellungen 1991 waren von großen internationalen Interesse begleitet.

Anm. 12:
Bau-Kunst, Kubistische Architektur in und um Prag, mit einer Einführung von Wolf Tegethoff, München 1994. Olga Herbenová: Janáks Notizbücher aus den Jahren 1911-1914, in: Ausst.Kat. Weil a.R. 1984, S. 90-95.

Anm. 13:
"Na Porící'24" Origins and Transformations of the Masterpieces of Czech Architecture from the Thirties and the Forties, published by CSOB, Inc., Praha 1994.

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