Thema
4. Jg., Heft 2
Februar 2000

Rainer Graff

ROUND TABLE „LANDSCHAFT MACHEN"

Vorbemerkung:

Zwei kurzweilige Tage lang habe ich den interessanten Referaten der Konferenz gelauscht. Detlef Ipsen sprach u. a. von der Notwendigkeit, Räume in Bilder zu transponieren, um Landschaft begreifbar zu machen.
Bei aller Neigung, mich selbst und meine Projektpartner durch Szenarien und Leitideen hinsichtlich zukünftiger Entwicklungszustände zu ambitionieren, sei doch - nach jahrelanger Begleitung von Städten und Kommunen bei der Erarbeitung und von Entwicklungsleitbildern – gesagt, dass ich inzwischen wohl eher zu den auf-, wenn nicht gar abgeklärten „Bildermachern" zähle.
Nun wird von dem Mitwirkenden einer Landesentwicklungsgesellschaft wahrscheinlich ohnehin ein gewisses Quantum an Pragmatismus und operativen Vorschlägen erwartet, und so möchte ich es hier zu folgender These zuspitzen:

These:

Die Produktion von Visionen, Leitbildern und vor allem Planungen (sofern sie nicht in hermetisch geschlossenen Werkstätten stattfindet; die es aber praktisch nicht gibt, weil einige Beteiligte immer auch ein gehöriges Maß an Eitelkeit mitbringen oder gehalten sind, Ergebnisse in einem öffentlichen Ausschuss vortragen zu lassen), muss immer einhergehen mit der Etablierung von Organisations- und Managementstrukturen, die den eigentumsrechtlichen Zugriff auf die Fläche sichern, auf die sich die Bildproduktion bezieht oder zumindest mit der Anwendung geeigneter Instrumente, die zum "Einfrieren" der Verkehrswerte führen.
Denn je eindrucksvoller die Bilder etc. sind, desto eher und reger reagiert der Markt mit wachsender Bauerwartung oder zumindest Bauhoffnung. Auf den Markt wiederum reagiert der eingeschaltete Bodengutachter bei der Bestimmung der Verkehrswerte. Auf Letzteren reagiert natürlich der Verkäufer einer Liegenschaft mit deren Preis.
Wenn nun - bezogen auf die bei dieser Konferenz betrachtete Landschaft -„Vermarktung der Liegenschaften zum Verkehrswert zentrale Arbeitsinhalte und Geschäftsfelder" des Unternehmens LMBV (90.000 ha Land sind Eigentum der LMBV in den neuen Bundesländern) sind, d. h. an den Meistbietenden zu veräußern, dann müssen wir uns mit der IBA fragen, wie sie mit ihrer de facto Funktion: Marketing für die LMBV zu betreiben („Sahnehäubchen"), umgeht, wenn dies dazu führt, dass die Preise durch die an die Öffentlichkeit gelangten Bilder in einem Maße steigen, dass in der Folge die Realisierung der in den Bildern vorgesehenen – sicherlich nicht immer renditeträchtigen – Nutzungen, großflächig nicht mehr möglich ist. Zugespitzt heißt das: Je schöner das Bild, desto eher bleibt es unter diesen Bedingungen immer nur Bild.
Ich habe mir sagen lassen, Sanierungsarbeiten in der Tagebaufolgelandschaft durch die LMBV erfolgen nach dem Verwaltungsabkommen VA2a in der Grundsanierung und nach VA2b in der Verbesserung der Nachfolgenutzung und Strukturverbesserung.
Wie oben gesagt, gehört die Veräußerung von Liegenschaften zu den Aufgaben der LMBV (als Treuhänder des Bundes) und dies u. a. auch an Gemeinden, Städte oder Kreise. Die Finanzkraft der meist zu kleinen Gemeinden reicht nicht aus, um Bodenbevorratungspolitik und Flächenmanagement zu betreiben.

Vor diesem Hintergrund ist meine operative Empfehlung die,

einen Zweckverband bzw. Planungsverband der betroffenen Gemeinden gründen, um im Verbund hoheitliche Planungsrechte und –ziele zu sichern,

eine gemeinsame Entwicklungsgesellschaft etablieren, um rechtzeitig Flächenerwerb zu betreiben, gemäß abgestimmter Planung und Trägerkonzepten herzurichten, zu erschließen, zu entwickeln und zu vermarkten.

Vorteil: vor Festlegung der künftigen Nutzung ist gesichert, dass die damit einhergehende Preissteigerung - der planungsbeeinflusste Mehrwert - den Verbandmitgliedern zugute kommt und Spekulationsgewinne in privater Hand oder Blockierungen von entwicklungspolitisch bedeutenden Vorhaben durch Eigentümer privater Schlüsselgrundstücke vermieden werden (die LMBV hat mit dem Verkauf von Grundstücken mit zukünftiger Seelage begonnen).

Damit kein Missverständnis aufkommt: Der Verkauf von Liegenschaften zum planungsunbeeinflussten Verkehrswert durch die LMBV wird ihr nicht bestritten, aber die gemeindlichen Hoheitsträger müssen dabei ein Vorkaufsrecht durchsetzen, um gerade mit den Liegenschaften, für die eventuell doch eine gewisse Nachfrage erwartet werden kann, eine Basis für regionale Strukturentwicklung legen zu können. Dafür ist Zeit erforderlich, interkommunale Abstimmung und – wie gesagt - die Herausbildung operativ handlungsfähiger Strukturen, nicht zuletzt um seriöse Investoren einzuwerben. Ich bin sicher, dass dann auch das Land sich noch stärker in der Strukturentwicklung der Tagebaufolgelandschaft engagiert, dies mit dem Ziel, den Einfluss auf die Bodenpreisentwicklung und die Entwicklungspotenziale generell zu stärken. Dies wird allerdings auch erforderlich sein, z. B. wenn man Erfahrungen der IBA-Emscher mit dem Grundstücksfond Ruhr für die Lausitz nutzt.
Der Grundstücksfonds Ruhr wurde 1980 durch Runderlass des nordrhein-westfälischen Innenministeriums gebildet. Zweck des Bodenfonds ist die Wiedernutzbarmachung von ehem. Betriebsgeländen stillgelegter Zechen- und Industriebetriebe und nicht mehr betriebener Verkehrsanlagen zur Strukturverbesserung der monostrukturierten Industrieregion. Zu diesem Zweck werden Grundstücke (im freihändigen Erwerb) angekauft, aufbereitet und dann zu Marktpreisen wieder veräußert. Hierfür ist der Grundstücksfonds anfänglich mit einem Finanzvolumen von 500 Mio. DM aus dem Landeshaushalt ausgestattet worden. Bewirtschaftet wird der Grundstücksfonds von der LEG NRW. Diese arbeitet als weisungsgebundene Beauftragte des Landes im eigenen Namen auf Rechnung des Landes.

 Wie war nun der Grundstücksfond an IBA-Projekten beteiligt ?

Neben landschaftsbezogenen Maßnahmen und Maßnahmen zur Nachnutzung industrieller Bauten lag der Schwerpunkt der Aktivitäten des Grundstücksfonds Ruhr an IBA-Projekten (auftragsgemäß) im Bereich der Gewerbeentwicklung. Von den rd. 255 Mio. DM, mit denen sich der Grundstücksfonds an IBA-Projekten beteiligt hat, gingen so allein rd. 215 Mio. DM in die Gewerbeflächenentwicklung.
 

Über welches Flächenpotenzial der lausitzer Tagebaulandschaft im Land Brandenburg reden wir nun eigentlich bei dieser Konferenz ?

Wasserflächen nach Sanierung ca. 7.943 ha

Flutung an Wasser 1.235 Mrd. m³ (Brandenburg)

Kosten für Grundsanierung ohne volle Wasserflutung und Verbesserung des Nachfolgestandards in Brandenburg 4,5 Mrd. DM

Folgende Preise werden genannt:

Wasserfläche 0,04 – 0,03 DM/m²

Aufkippareal 0,10 – 0,30 DM/m²

fester Boden 0,25 – 1,00 DM/m²

Das immense Flächenpotenzial zeigt, dass Platz für alle da ist und Akteure sich nicht der besseren Idee wegen streiten müssen („Hundert Blumen"). Vielmehr ist es erforderlich, an einem Strang zu ziehen, um traditionellen korporativen Strukturen des Braunkohletagebaus und seiner Sanierung Paroli bieten zu können.
Vielseitigkeit ist erwünscht - und nicht Monostruktur -, denn dies ist schließlich ein Kriterium für ‚Landschaft‘.

Rückmeldungen

Thema Subject Tema