Das Konkrete und die
Architektur |
__Eva Reblin Berlin |
Lücken im Konkreten – die Leerstellen der Stadt |
![]() Abb. 1: Leerstehendes Bürogebäude, Potsdamer Straße ![]() Abb. 2: Kulturforum, September 2008 |
„[…] weil halt
überall so komische Lücken sind. Lücken, Lücken, Lücken. Überall sind halt
irgendwelche Dinger, die leer stehen.“ Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Lücken, Löchern und Leerstellen[1] in der Stadt. Ausgangspunkt für diese Überlegungen waren Aussagen von Anwohnern und Gewerbebetreibenden der Potsdamer Straße in Berlin, die ich im Sommer 2008 zu ihrem Vorstellungsbild der Potsdamer Straße interviewt habe. Für die Befragten sind diese Abwesenheiten offenbar sehr konkrete Phänomene: es sind ständig präsente Teile ihres Lebensumfelds. Viele stören sich an diesen Lücken, sie sind für sie Zeichen eines Scheiterns der Straße. Sie unterbrechen die Kontinuität und sie schaffen Grenzen zum umgebenden Stadtkontext. Gesprochen wird in den Interviews beispielsweise von „Putenschlund“ oder „Wüste“ (gemeint ist in beiden Fällen das Kulturforum); leerstehende Bürogebäude oder auch ganze Straßenabschnitte werden als „trostlos“, „abgefuckt“ und „tot“ bezeichnet. In den Feuilletons der letzten Jahre konstatiert man Ähnliches über die Mitte Berlins, auch wenn die Lücken und Brachen im Zentrum Berlins an vielen Stellen durch Neubebauung (Regierungsviertel, Potsdamer Platz) oder ‚kritische Rekonstruktion‘ (Pariser Platz) wieder gefüllt wurden. Die Rede ist von der „Stadt der Löcher“[2]; man fühlt sich „verloren in Berlins größter Leerstelle“[3] (dem Schlossplatz), beschwört und beklagt den „offenen Horizont“ südlich des Brandenburger Tors und „fatamorganische Leeren“ am neuen Hauptbahnhof.[4] Auf der anderen Seite entdecken „Raumpioniere“ die Potentiale der Leerstellen. Industriebrachen an den Flüssen, Areale im ehemaligen Grenzgebiet und leerstehende Läden werden zu Experimentierfeldern. Der Begriff der „Zwischennutzung“ war wahrscheinlich einer der beliebtesten Begriffe des urbanistischen Diskurses der letzten Jahre. Näher thematisieren möchte ich im Folgenden jedoch weder die Ursachen städtischer Leerstellen noch die Strategien, diese neu zu besetzen und zu nutzen. Ich frage vielmehr, in welcher Weise das Leere überhaupt als konkretes ‚Etwas‘ wahrgenommen werden kann,[5] welche Wirkungen urbane Leerstellen auf den Betrachter haben und wie einzelne Leerstellen Zeichenstatus erhalten, d. h. interpretiert werden können. Abschnitt 1 beschäftigt sich kurz mit Semantik und Pragmatik der Begriffe ‚Lücke‘, ,Loch‘ etc. und leitet hin zu der Auseinandersetzung mit den konkreten städtischen Leerstellen in Abschnitt 2. Dieser methodisch zwischen Wahrnehmungstheorie und Semiotik angesiedelte Beitrag ist nur als vorsichtige Annäherung an das komplexe Thema der Leerstellen im städtischen Raum zu verstehen. Viele Aspekte können leider nur angerissen und hier nicht vertieft bearbeitet werden. 1. Abstrakte Lücken: die Lücke als sprachliches Privativum ‚Lücke‘ wird lexikalisch definiert als Unterbrechung innerhalb eines Zusammenhangs oder auch als Stelle, wo etwas mangelt. Die Linguistik fasst Begriffe wie Lücke, Loch, Leere, Nichts oder auch Schatten oder Krankheit unter die Privativa (von lat. privare – rauben).[6] Der Inhalt dieser Begriffe ist nur negativ vor dem Hintergrund eines Bezugssystems, also relational definierbar. Wenn wir von Lücken oder Leerstellen etc. sprechen, sehen wir diese Phänomene zwar substantivisch, gegenstandshaft, als eigenständige, isolierbare Einheiten. Spezifische Bedeutungen können wir jedoch nur herstellen, indem wir diese Begriffe in sprachlichen Äußerungen an anderen Begriffen verankern, denen wir zumindest metaphorisch eine räumliche Ausdehnung zuschreiben (die Gedächtnislücken), die wir also wie Konkreta behandeln. ‚Lücke‘ etc. kann im sprachlichen Kontext oder auch im situationellen Kontext auf zeit-räumlich relativ deutlich abgegrenzte empirische Phänomene referieren („Schau mal, dort ist eine Parklücke“). An diesem Beispiel zeigt sich auch die notwendige deiktische Einbindung dieser Begriffe, die inner- oder außersprachlich stattfinden kann.[7] Ein eigenständiger semantischer Gehalt dieser Privativa, d. h., positive semantische Merkmale sind jedoch ohne eine pragmatische Verankerung nur vage bestimmbar. Eine Denotation von „Lücke“ lässt sich nur negativ formulieren: als Abwesenheit oder Mangel von etwas Erwartetem. Damit leiten sich auch die Konnotationen des Begriffs aus jenen von Leere, Abwesenheit, Mangel her und übernehmen deren eher negative, dysphorische Tendenz. Die ursprüngliche Wortbedeutung von „Lücke“ als „das zu Schließende“ weist noch auf einen weiteren Aspekt als eine Handlungsanweisung hin: diese Leere ist nicht akzeptabel, sie muss gefüllt und die unversehrte Ganzheit wieder hergestellt werden. Etwas als Lücke zu bezeichnen, schließt also häufig eine Bewertung ein. Handelt es sich hier bei der Leerstelle oder Lücke nun im linguistischen Sinne um abstrakte oder konkrete Begriffe? Aus dem eben gesagten folgt, dass sie aus einer semantischen Perspektive als abstrakt anzusehen sind. In der Sprechhandlung werden sie jedoch konkretisiert: sobald wir sie einbetten in eine sprachliche Umgebung, mit der wir unsere konkrete, sinnlich erlebbare Umwelt beschreiben, wird auch die Leerstelle zu etwas sinnlich Vorstellbarem[8]: „Weil auf der anderen Straßenseite eine Baulücke ist, habe ich auch im Winter noch Sonne in meiner Wohnung.“ 2. Konkrete Lücken? Die Leerstellen der Stadt Was sind für uns urbane Leerstellen? Wie konstituieren wir das Abwesende in der Wahrnehmung? Wie machen wir das Fehlende also konkret? Rudolf Arnheim schreibt in Anschauliches Denken: „Die Leere sehen, heißt etwas in eine Wahrnehmung aufnehmen, das in sie hineingehört, aber abwesend ist; es heißt, die Abwesenheit des Fehlenden als eine Eigenschaft des Gegenwärtigen zu sehen“.[9] Das Abwesende wird hier in Bezug zum konkret Anwesenden gesetzt und dabei zu einem Teil von ihm. Das Negative, das Fehlende, wird positiv umgedeutet, es wird zur Figur auf dem Grund seines Kontextes. Die Leere kann aber nur dann als solche erfasst werden, wenn die Wahrnehmung auf eine bestimmte vorgängige Ordnung zurückgreifen kann, wenn das, „was hineingehört“, überhaupt in irgendeiner Weise festgelegt wurde. Welche Bezugssysteme sind es nun, die die Konstitution von urbanen Leerstellen in der Wahrnehmung möglich machen? |
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Städte sind zum einen konkrete, relativ dichte, strukturierte
Ansammlungen von Häusern und Menschen, verknüpft durch dichte Netzwerke von
sozialen, ökonomischen, politischen Funktionen (Funktion soll hier im weiten
Sinne verstanden werden); sie sind, sehr verkürzt ausgedrückt, Artefakte,
die gebraucht werden. Sie sind aber auch imaginierte Einheiten in den Köpfen
der Stadtbewohner und derjenigen, die nicht in Städten leben. Einerseits
werden die konkreten Erfahrungen der Stadt konzentriert und umgesetzt in
stärker abstrahierte mentale Bilder. Andererseits wird die Stadt der
Vorstellungen zurückprojiziert in den konkret wahrgenommenen materiellen und
sozialen Raum. Natürlich erwachsen unsere Stadtbilder nicht nur aus dem
direkt Erlebten, sie sind auch geformt von historischen Bildern und
Erzählungen (z. B. der unzerstörten Stadt vor dem Krieg), von medialen
Repräsentationen anderer Städte, Stadttypen und Stadtidealen. a) Baulich-räumliche Leerstellen: häufig entstanden an Bruchstellen der Stadt (wie entlang der Berliner Mauer), durch Kriegszerstörungen oder Abriss brachgefallene und nicht neubebaute oder neugenutzte Flächen. Ebenso kann eine offene, lockere Bebauung als räumliche Leerstelle wirken.[12] b) Nutzungsleerstellen: leerstehende Ladenräume, Büroflächen, Wohnungen sowie nicht länger genutzte Industrieareale, Bahn- und Hafenanlagen. Eine geringe Nutzungsdichte kann ebenfalls als Leerstelle wirken. c) Historisch-virtuelle Leerstellen: Orte, die historisch eine markante Bebauung und/oder wichtige Funktion aufwiesen. Die Leerstelle muss aktuell nicht mehr wahrnehmbar sein, sondern kann nur im kulturellen Gedächtnis als solche existieren. Beispiel: Sportpalast in der Potsdamer Straße, Palast der Republik/Berliner Stadtschloss, alter Potsdamer Platz. d) Relevanzleerstellen: bezeichnet Orte, deren jeweilige Nutzung für den Stadtbewohner unwichtig, uninteressant ist oder auf Ablehnung stößt. Diese werden im Folgenden nicht weiter betrachtet.[13] | ||
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2.1 Die unterbrochene Ordnung: Axiologie der Leerstelle „Für mich ist es ja eigentlich auch immer interessant da, wo
tatsächlich die Infrastruktur gar nicht mehr so funktioniert. Das liegt
wahrscheinlich daran, dass ich auch immer ganz froh bin, wenn ich leere
Geschäfte sehe, weil ich immer denke, hier lassen sich die Mieten
höchstwahrscheinlich bezahlen.“
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Wenn aber ein materieller Zeichenträger nur negativ, als Unterbrechung
oder Abwesenheit in einem Kontext definiert wird, kann von einer
stabilen Zeichenfunktion Ausdruck-Inhalt (wie sie noch Barthes
Definition suggeriert) nicht die Rede sein. Dennoch können die
individuellen Leerstellen in ihrer zeitlichen und räumlichen Einbindung
bedeutungsvoll werden. |
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![]() Abb. 7: Gleisdreieckgelände, Berlin |
Neben dem Blick auf das Abwesende gibt es jedoch auch einen Blick der
Präsenz, einen Gegenwartsblick. Diesem fehlt aber die Transparenz, seine
Grundlage ist die aktuelle, konkrete Materialität. Auch wenn diese
Materialität im Vergleich zu ihrem Kontext reduziert ist, so kann sie
aber gerade aus diesem Grund auch stärker in den Vordergrund treten. Wo
die Nutzungen des Raumes und der Gebäude, ihre konventionellen
Funktionen ausdünnen oder verschwinden, wird die Wahrnehmung auf das
Material konzentriert. Die akzidentellen Eigenschaften, die
Nutzungsspuren, die Atmosphäre und natürlich die Leere des Raumes selbst
werden sichtbar. Es handelt sich um eine Ästhetisierung der Wahrnehmung;
Aleida Assmann hat diese Spielart der Interpretation auch „wilde
Semiose“ genannt.[21]
Arnheim, Rudolf: Anschauliches Denken. Zur Einheit von Bild und Begriff, Köln 1972. Assmann, Aleida: Die Sprache der Dinge. Der lange Blick und die wilde Semiose, in: Materialität der Kommunikation, hg. von Hans Ulrich Gumbrecht und K. Ludwig Pfeiffer, Frankfurt/M. 1988, S. 237-251. Barthes, Roland: Elemente der Semiologie, Frankfurt/M. 1983. Büscher, Wolfgang: Stadt der Spieler, in: Die Zeit, 06.07.2006. Dotzler, Bernhard J.: Leerstellen, in: Literaturwissenschaft. Einführung in ein Sprachspiel, hg. von Heinrich Bosse und Ursula Renner, Freiburg/Br. 1999, S. 211-229. Eco, Umberto: Semiotik. Entwurf einer Theorie der Zeichen, München 1987. Gibson, James Jerome: Wahrnehmung und Umwelt. Der ökologische Ansatz in der visuellen Wahrnehmung, München [u. a.] 1982. Harweg, Roland: Studien zur Deixis, Bochum 1990. Hauser, Susanne: Metamorphosen des Abfalls. Konzepte für alte Industrieareale, Frankfurt/M. 2001. Heinke, Lothar: Verloren in Berlins größter Leerstelle, in: Der Tagesspiegel, 18.11.2007. Hoffmann, Joachim: Die visuelle Identifikation von Objekten, in: Enzyklopädie der Psychologie, Bd. C,2,1, hg. von Carl F. Graumann, Göttingen [u. a.] 1994, S. 391-456. Jakobson, Roman: Das Nullzeichen, in: Jakobson: Aufsätze zur Linguistik und Poetik, hg. von Wolfgang Raible, München 1979, S. 44-53. Joedicke, Jürgen: Raum und Form in der Architektur. Über den behutsamen Umgang mit der Vergangenheit, Stuttgart 1985. Kleiber, Georges: Prototypensemantik. Eine Einführung, Tübingen 1993. Köller, Wilhelm: Perspektivität und Sprache. Zur Struktur von Objektivierungsformen in Bildern, im Denken und in der Sprache, Berlin 2004. Lotman, Jurij. M.: Die Struktur literarischer Texte, München 1972. Maak, Niklas: Stadt der Löcher, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.12.2003. Paimann, Rebecca: Formale Strukturen der Subjektivität. Egologische Grundlagen des Systems der Transzendentalphilosophie bei Kant und Husserl, Hamburg 2002. Romeiß-Stracke, Felizitas: Die europäische Stadt – touristische Attraktion im Wandel, in: Zukünfte der europäischen Stadt. Ergebnisse einer Enquete zur Entwicklung und Gestaltung urbaner Zeiten, hg. von Ulrich Mückenberger und Siegfried Timpf, Wiesbaden 2007, S. 299-311. Seel, Martin: Ethisch-ästhetische Studien, Frankfurt/M. 1996. Shusterman, Richard: Die urbane Ästhetik des Abwesenden: Pragmatische Überlegungen in Berlin, in: Kultur – Urbanität – Moderne. Differenzierungen der Moderne in Zentraleuropa um 1900, hg. von Heidemarie Uhl, Wien 1999, S. 19-38. Trubetzkoy, Nikolaus S.: Grundzüge der
Phonologie, 7. Aufl., Göttingen 1989.
Abb. 1, 2, 4, 5, 6, 7: Fotos: Eva Reblin
[1] Die Begriffe ‚Lücke‘ und ‚Leerstelle‘ werden hier synonym verwendet, ohne die unterschiedlichen Verwendungsweisen (Alltagssprache vs. theoretisch-abstrakte Sprache) zu berücksichtigen. [2] Maak 2003. [3] Heinke 2007. [4] Büscher 2006. [5] Vgl. Dotzler 1999, S. 223: „Dazu ist vorgängig die Materialität in den Blick zu rücken, in der Leerstellen überhaupt greifbar werden.“ Es geht „um die Paradoxie, ein Etwas zu erkennen, das durch nichts gegeben ist, oder auch umgekehrt ein Nichts, das doch als etwas vorhanden ist.“ [6] Vgl. Köller 2004, S. 555ff. Siehe auch Kants Begriff des nihil privativum. Als Beispiele für nihil privativa nennt Kant die Begriffe Schatten und Kälte (Kant KrV, B347-349). In der Linguistik vgl. auch den Begriff der privativen Opposition (merkmaltragend vs. merkmallos) bei Trubetzkoy 1989. [7] Vgl. z. B. Harwegs Begriff der Semideiktika (Harweg 1990, S. 103ff.). [8] Vgl. auch Paimann 2002, S. 122, Fußnote 51 zu Kant: „Beim ‚nihil privativum‘ kann zwar ein Begriff gebildet werden, der aber dadurch, dass er sich nur auf den Mangel eines Gegenstandes bezieht, […] nicht selber positiv bestimmt werden kann. Dem Begriff (beim nihil privativum) korrespondiert damit zwar eine Anschauung, die aber nur als Gegensatz zu einer anderen Anschauung vom Verstand überhaupt gedacht werden kann.“ [Hervorhebungen ER] [9] Arnheim 1972, S. 92. [10] Die durch Opposition zwischen geschlossenem Baukörper (der Randbebauung) und umschlossenem, nach oben offenem Raum gebildeten städtischen Räume wie Straßen und Plätze sind daher nicht als Leerstellen anzusehen. Vielmehr sind sie notwendige Strukturmerkmale des Stadtsyntagmas, es sind im semiotischen Sinne paradigmatische Elemente. Auch diese der Ordnung inhärenten Elemente unterliegen wieder gewissen Schemata. Erst wenn sie nicht mehr „ins Schema passen“, Straßen als zu breit, Plätze zu groß und unbehaust wirken, stellt sich wieder das Gefühl des Fehlenden, der Leere ein. Auch Bahntrassen, Wasserläufe, Fuhrparkflächen etc. können daher sicher individuell als Leerstellen wahrgenommen werden. [11] Die Mischung von Kategorien der Form (a), der Funktion (b) sowie der symbolischen Kraft (c) in dieser Typologie führt zwar zu Unschärfen und Schnittmengenbildungen. Sie kann m. E. jedoch nicht sinnvoll, das heißt nicht ohne Verlust von Unterscheidungskriterien vermieden werden. Wenn in Wahrnehmung und Kognition Form, Gebrauchsfunktion und symbolischer Wert von Objekten entscheidend sind (vgl. z. B. Kleiber 1993, S. 62, Hoffmann 1994, S. 440f), kann nicht eine Kategorie auf die andere reduziert werden. [12] Vgl. z. B. Joedicke 1985, S. 16 zu Raum und Körper in der Architektur: „Die Leere ist definiert durch eine Abwesenheit von wahrnehmbaren Orten.“ [13] Bei einer von mir durchgeführten knappen, in keinem Fall repräsentativen Umfrage nach den Vorstellungsinhalten, die sich mit dem Begriff einer „städtischen Leerstelle“ verknüpfen, wurden auffallend häufig solche Relevanz- oder Interessenlücken genannt. Beispiele waren u. a. große Supermarktparkplätze und Großsiedlungen in der Peripherie. Auf diese grundsätzlich interessante Form kann ich leider in dem engen Rahmen dieses Beitrags nicht näher eingehen. [14] In Hans Scharouns Vortrag von 1946 bildete das zerstörte Zentrum Berlin diesen Möglichkeitsraum: „Was blieb, nachdem Bombenangriffe und Endkampf eine mechanische Auflockerung vollzogen […] gibt uns die Möglichkeit, eine ‚Stadtlandschaft’ daraus zu gestalten.“ Hans Scharoun, Zur Ausstellung ‚Berlin plant‘. Aus der Ansprache des Stadtrats Professor Scharoun zur Eröffnung, in: Neue Bauwelt, H. 10, 1946, S. 3-6. [15] Jakobson 1979. [16] Barthes 1983, S. 64f. [17] Vgl. auch Dotzler 1999, S. 214f. Dotzler unterscheidet zwischen Leerstellen auf der Ebene des Sprachsystems (also phonologischen, morphologischen und syntaktischen Leerstellen) und Leerstellen auf Textebene. [18] Lotman 1972, S. 82. [19] Gibson 1982. [20] Eco 1987, S. 289. [21] Assmann 1988. Zum Zusammenhang zwischen Störungen der urbanen Ordnung und Ästhetisierung vgl. auch Martin Seel, der die Leerstelle des Potsdamer Platzes 1993, also vor seiner Bebauung, als ‚Landschaft in der Stadt‘ im Sinne eines ästhetisch erfahrbaren Raumes betrachtet (Seel 1996, S. 62). „Nur da kann sich Landschaft in der Stadt entfalten, wo ihre wie immer schöne oder hässliche Organisation ein Ende hat, wo es mit ihrer Gemütlichkeit (auch) vorbei ist, wo sie den Raum, den sie einnimmt, nicht (im ganzen) umhegen kann – wo sie ein Stück ihrer Herrschaft über den Raum aufgibt: wo sie Raum entstehen lässt, ohne über ihn verfügen zu können oder zu wollen. Landschaft der Stadt entfaltet sich da, wo ihr Raum von den Einrichtungen der Stadt – ihren Gebäuden, Verkehrswegen, Parks und Plätzen, Wahrzeichen usw. – nicht vollständig koordiniert werden kann.“ (Seel 1996, S. 66). Siehe ferner Hauser 2001, S. 213ff. und 206ff. [22] In dieser Sichtweise können auch Lücken und Brachen zu neuen touristischen Anziehungspunkten werden. So beschreibt Felicitas Romeiß-Stracke den Wandel touristischer Anziehungsmuster, der auch städtische Orte abseits der homogenen, ästhetisch harmonischen alten Zentren attraktiv werden lässt: „Das reine Sightseeing geht in die Suche nach neuen, ungewohnten persönlichen Erfahrungen über, der eher passive Unterhaltungsanspruch in aktive Teilnahme an einer urbanen Szene.“ (Romeiß-Stracke 2007, S. 310). [23] Shusterman 1999, S. 22.
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