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1.
Einleitung
„Von wegen Symbole und Zeichen, diese Dinge ‚spürt man in den Eingeweiden’,
wie Architekten der alten – und neuen – Schule der Empfindungen sagen
würden.“[1]
In selbstbewusster Stellvertretung sagt dies allerdings Bruno Reichlin,
schweizerischer Architekt und Architekturtheoretiker. Wie weit „Erspüren“
synthetisierte Erfahrung aller Wahrnehmungssinne, Intuition oder gar synästhetische
Erfahrung ist, bleibt hier offen. Reichlin spricht aber einen Widerstreit
an, mit dem sich beileibe nicht nur Architekten plagen, der aber offenbar
in der Architektur seine vielleicht unmittelbarsten Dispute erfahren hat.
Denn die Dialektik von Welt und Mensch hat durch die Geschichte
eine Vielzahl von Human- und Geisteswissenschaftlern beschäftigt, und
Architektur stellt dabei für sie bis heute einen exemplifizierbaren Realitätsbezug,
aber auch eine Herausforderung für das Denken der kulturellen Implikationen
dieser Dialektik dar.
Im Kern geht es stets darum, zu ergründen, „wie“ und „warum“ Menschen
im Anschluss an „rohe“ sinnliche Wahrnehmungen des Vorbegrifflichen ein
Verständnis von ihrer Umwelt erhalten, wie sie es formen und mitteilen.
Doch diese Frage hat in der Klärung ihres Bezugs bereits eine wesentliche
Schwierigkeit. Denn wo die rohe sinnliche Wahrnehmung endet und das Deuten
und Verstehen beginnt, welchen Anteil das stets lernende, individuelle
Bewusstsein für sich, im Verhältnis zur Welt im Allgemeinen und zum Ding
im Besonderen als konstruierte Wirklichkeit hat, ist Gegenstand anhaltender
(sprach-) philosophischer Diskurse spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts,
genauer vielleicht seit dem linguistic turn.[2]
Wird das Wie und Warum des Deutens und Verstehens in der Architektur damit
zu einer reinen Frage der Erkenntnistheorie? Allein schon der Philosophie
fällt es zunehmend schwer, die Epistemologie aus nur einer Perspektive,
wie sie in den inzwischen zahlreichen Turns zum Ausdruck kommen, zu erfassen.[3]
Dabei können wir die Welt nicht anders erfahren, als wir sie erfahren,
wir können den Prozess und das Ergebnis dieser Erfahrung aber unterschiedlich
bezeichnen und kommunizieren. Dies ist keine Überzeugung der Philosophie
allein, vielmehr wird sie seit einigen Jahrzehnten disziplinenübergreifend
thematisiert. Der Soziologe Niklas Luhmann etwa würde sie aus der Perspektive
der Systemtheorie so formulieren, dass wir uns und die Welt nicht selbst
beobachten können, sondern dafür einen Beobachter benötigen, der uns als
Individuum oder als Gesellschaft beobachtet – und beschreibt. Worin ihm
der neo-pragmatische Philosoph Richard Rorty mit der Feststellung beipflichten
könnte, dass damit schlicht „to view the self from the outside“ gemeint
ist.[4]
Poststrukturalisten wäre es dann überlassen, auf die große Nähe
und die verbindenden Elemente von Semiotik und Hermeneutik hinzuweisen,
wenn es um Prozesse der Interpretation, des (gegenseitigen) Verstehens
und der Ontologie geht.[5]
Bei Eco, mit Bezug auf Cassirer, ließe sich schließlich die Umschreibung
finden, der Mensch mache als symbolisches Wesen die Kultur insgesamt,
also die Riten und Bräuche, Institutionen, die Wortsprache und die sozialen
Beziehungen zu symbolischen Formen, um darin seine Erfahrungen zu fassen
und sie austauschbar zu machen.[6]
Das soziale Bindeglied, das Symbolnetz, verwandelt dabei sein ganzes
Dasein, er lebt in einer „neuen Dimension der Wirklichkeit“.[7]
Ein Symbol könnte dabei als ein Zeichen verstanden werden, das sich selbst
als Zeichen bezeichnet,[8]
wobei dessen Gebrauch und Verständnis in Gesellschaften kodifiziert ist,
sich mithin also als ein Netz der Überzeugungen sowohl unserer
Erwartungen als auch unseres Verstehens formalisiert.[9]
Es lassen sich weitere, „modern-konstruktivistische“[10],
epistemologische Gemeinsamkeiten oder Übereinstimmungen in den genannten
Wissensgebieten, darüber hinaus auch etwa zur Sprechtakttheorie Austins,
zur Psychoanalyse Lacans[11]
oder zur Anthropologie von Lévi-Strauss ausmachen.[12]
So ist diese Suche nach Schnittmengen in der Systemtheorie, der Erkenntnistheorie,
der Sprachphilosophie und nicht zuletzt der Semiotik als Teil des hier
verfolgten Ansinnens zu verstehen, die wirklichkeitskonstitutive Rolle
der Interpretation am Fallbeispiel der Architektur disziplinenübergreifend
zu skizzieren. Denn in den genannten Fachgebieten sind je eigene Modelle
zum Interpretationsbegriff entwickelt worden, und auch wenn sie in ihren
Facetten und Ausdifferenzierungen kaum erschöpfend darstellbar sind, so
lässt er sich mit Blick auf die Schnittmenge nicht nur stabiler konzeptionalisieren,
sondern auch in seiner Spannbreite erfassen. In diesen Zusammenhang passt
ferner, dass sich beispielsweise Luhmann explizit mit den zeichentheoretischen
Aspekten der Systemtheorie[13]
und Eco, Putnam u. a. mit den gesellschaftsformierenden Implikationen
der Zeichentheorie auseinandergesetzt haben.[14]
Die so skizzierte Interdisziplinarität des Untersuchungsgegenstandes ist
jedoch nicht als Distanzierung von der Architekturtheorie zu verstehen.
Zahlreiche Protagonisten der genannten Wissensgebiete haben sich in ihren
Texten und aus ihrer jeweiligen Perspektive dezidiert mit Architektur
beschäftigt, und daher besteht der Versuch an dieser Stelle auch darin,
den Blick umzukehren, um folglich aus architekturtheoretischer Sicht zu
klären, wie eine Realität der Architektur zurückzuführen ist auf soziale,
philosophische oder auch zeichentheoretische Konzeptionen von Interpretation.
Es wird noch zu zeigen sein, dass sich Architektur kaum auf etwas anderes
zurückführen lässt, vorausgeschickt wird damit aber insbesondere eine
notwendige Fassung des hier thematisierten Gegenstandes. Denn insbesondere
die Semiotik erhebt den Anspruch, nicht nur etwa Architektur als ein
Feld menschlichen Handelns erklären zu wollen, sondern „das Wirkliche“
überhaupt als Zeichenprozess aufzufassen und damit die soziale und kulturelle
Welt insgesamt zum Gegenstand der zeichentheoretischen Forschung zu machen.[15]
Folgt man Eco, so muss in der Konsequenz „die ganze Kultur [...] als Kommunikationsphänomen
untersucht werden“, und das heißt: „Alle Aspekte einer Kultur können als
Inhalte der Kommunikation untersucht werden“.[16]
Gegen diese beiden, wie Eco es sagt, Hypothesen ist zunächst nichts einzuwenden,
ihre Vermittlung bereitet hingegen schon größeres Missfallen.[17]
Aber: Der kulturtheoretische Status der Systemtheorie steht mit diesen
Hypothesen der Semiotik durchaus im Einklang, der Soziologe Günter Burkart
bezeichnet die Kommunikationstheorie als zentrale Säule der Gesellschaftstheorie,
„und
damit wird auch der Kultur eine zentrale Rolle zugewiesen, denn Kommunikation
stützt sich immer auf semantische Themenvorräte, binäre Codes und Programme,
Sprache und Verbreitungsmedien wie Schrift, Buchdruck, Massenmedien, Computer
– aber vor allem auf die symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien.“[18]
Hier erscheint
zugleich die ganze Ambiguität des Medienbegriffs, der sowohl Aspekte der
Beobachtung, aber auch der Übermittlung bis hin zur massenhaften Verbreitung
des zu Übermittelnden in sich trägt. Damit ist schließlich der Bogen zur
(poststrukturalistisch geprägten) sozialen Praxis geschlagen, deren Dichotomie
gerade darin besteht, dass individuell konstruierte Wirklichkeit sowohl
Ergebnis vorhergehender als auch Grundlage der ihr nachfolgenden Bedeutungszuweisung
ist. In diesem System ist, mit anderen Worten, jeder Empfänger zugleich
auch Sender semantischer Themenvorräte, ihr Rezipient wie auch ihr Produzent.
Diese Auffassung lehnt prinzipielle Unterschiede zwischen den Kommunikationsmedien
ab – ihre grundsätzlichen Eigenschaften sind übereinstimmend – und rekurriert
stärker auf funktionale Disparitäten.
Wir können somit zunächst einleitend festhalten, dass es in der Systemtheorie
wie auch in der Semiotik Konzepte des Interpretationsbegriffs gibt, die
weitgehende Analogien aufweisen. Gegen die These des hermeneutischen
Universalismus, die beinhaltet, dass „alle menschlichen Aktivitäten
als Ausdruck eines Prozesses der Semiose“ zu beschreiben seien und dabei
von der „Zeichenhaftigkeit des Verstehensprozesses“ ausgegangen werden
müsse,[19]
gibt es allerdings nicht unerheblichen Widerstand. Insbesondere der amerikanische
Philosoph Richard Shusterman wirft genötigt die Frage auf, „ob es überhaupt
eine Zeit gibt, in der wir nicht interpretieren“.[20]
Es ist, so seine Ansicht, dem „Verlust des Glaubens an fundamentalistische
realistische Objektivität“ geschuldet, dass die Überzeugung, jede bedeutungsvolle
Erfahrung sei ein Fall von und das Ergebnis von Interpretation, sich zum
derzeit gültigen Dogma entwickelt habe.[21]
Diese von ihm geäußerte Skepsis gegenüber einem als übermächtig empfundenen
Interpretationsbegriff lässt ihn – wenn auch nicht ohne Polemik[22]
– eintreten für eine Trennung der Auffassung von »Verstehen« und »Interpretieren«
in dem Sinne, dass ein Verstehen auch ohne Interpretation möglich sein
müsse. Sein Widerstand gegen Hans-Georg Gadamers (und letztlich Nietzsches)
These, dass alles Verstehen Interpretation sei, sein Versuch, gegen die
Überzeugung der „Anti-Fundamentalisten-Front“ zu argumentieren, die behaupte,
es gebe nichts vor der Interpretation, kurz, sein Plädoyer für „bescheidenere
Ansprüche an die Interpretation“ lenkt indes erst den Blick darauf, wie
umfassend und grundlegend das Konzept der Interpretation offenbar geworden
ist, und worin es sich von der (Text-) Auslegung unterscheidet. Hiley,
Bohman und Shusterman untersuchen dennoch auch den „Interpretive Turn“,[23]
sehen Bezüge zu den Natur- und Humanwissenschaften und erkennen dabei
die starken sozialen und politischen Implikationen des so verstandenen
hermeneutischen Universalismus an.[24]
Offenbar ist aber der Bedarf damit nur umso dringender geworden, zwischen
zwei grundlegenden Begriffskonzepten zu unterscheiden, die beide mit dem
Ausdruck Interpretation bezeichnet werden.[25]
Schalk schlägt dazu vor, Interpretation in einen erkenntnistheoretischen
und einen technischen Begriff zu differenzieren. Damit könne, im Sinne
Nietzsches, zwischen Interpretation als anthropologischem Merkmal des
Menschen und der enger gefassten Form der Deutung geschriebener oder gesprochener
Texte (aber auch Werken der bildenden Kunst) unterschieden werden.[26]
Vermutlich unfreiwillig liefert Shusterman in der Ablehnung des „allumfassenden“
Interpretationsbegriffs wertvolle Hinweise auf mögliche Abgrenzungen,
wenn er vom Unterschied zwischen unangestrengtem, nicht denkendem Verstehen
einerseits und abwägendem, konzentriertem Denken andererseits spricht,
mit der Konsequenz, nur letzteres könne wirklich als Interpretation bezeichnet
werden und hebe sich damit substanziell von unformulierbaren, präreflexiven,
nicht diskursiven, gefühlten Hintergründen ab, kurz, von Fähigkeiten,
die auf Gewohnheiten und Erfahrungen basierten. Diesen Bereich menschlicher
Existenz weist er, in einer Art bewunderungsstarrer Haltung zu Wittgenstein,
dem Unaussprechlichen, dem Mystischen zu.[27]
Nachdenken, Klären, Auflösen, überlegtes Entscheiden – diese Tätigkeiten
sind tatsächlich mit der Offenlegung unausgesprochener Tiefenstrukturen
in Texten in Verbindung zu bringen, mithin also mit dem technischen Interpretationsbegriff.
Wenn Shusterman die Ansicht vertritt, dass die Benutzung einer Treppe
zwar Entscheidungen zur Manövrierung des eigenen Körpers verlangt, er
aber nur im Problemfall abnormaler Bedingungen in diesem Zusammenhang
von Interpretation sprechen mag,[28]
dann muss ihm bei diesem Versuch der Begriffsverkürzung die Definition
Ecos entgegengehalten werden, wonach eine Treppe zwar einen zwingenden
Bewegungsreiz ausüben kann, ihre Bedeutung jedoch erkannt und ihre Benutzung
erlernt worden sein muss,[29]
um als Benutzer für ihren Gebrauch motorisch disponiert sein zu können.
Ihre formalen Eigenschaften teilen somit ihre Funktion mit, die Differenz
formaler Eigenschaften (Wendeltreppen, Showtreppen, Palasttreppen) hat
wiederum einen unmittelbar sozialen Bezug und ist damit erst recht Gegenstand
erkenntnistheoretischer Interpretationen und Bedeutungszuweisungen.
Nach dieser Einleitung und ihrer Ausweisung des (disziplinenübergreifend
einschließenden wie definitorisch ausschließenden) Zugangs zum Interpretationsbegriff
geht es im nächsten Abschnitt um den Interpretationsprozess und sein wirklichkeitskonstitutives
Sein. Im dritten Abschnitt wird – aus einer architekturtheoretischen
Perspektive – analysiert, wie weitgehend auch solche Wirklichkeiten, die
der Architektur als inhärente Prinzipien zugeschrieben werden, kulturell
konstruiert sind. Der vierte Abschnitt löst sich von den prinzipiellen
Betrachtungen und erörtert, wie in der sozialen Praxis, also durch menschliches
Handeln in Sozialsystemen, durch Architekten, Medien, gesellschaftliche
Teilsysteme, Wirklichkeit hergestellt wird. Vielen Architekten ist das
Ausmaß der sozialen Dimension der Architektur durchaus bewusst, was etwa
der Äußerung Bernard Tschumis zu entnehmen ist, es gebe keine Architektur
ohne Handlung.[30]
Insbesondere auf den in seinem Aufsatz in diesem Zusammenhang thematisierten
Raumbezug wird dabei noch zurückzukommen sein.
Ohne in diesem Rahmen eine Methodik der Architektur-Interpretation vollständig
ausbreiten zu können, ist damit abgeleitet, mit welchen methodischen Mitteln
überhaupt die Interpretation von Architektur – oder genauer, die
Herstellung architektonischer Wirklichkeit als Ergebnis von Interpretation
– analysierbar wird, und wie wichtig eine Unterscheidung und damit Abgrenzung
dieses Prozesses von der rein textlichen / bildlichen Auslegung und Deutung
architektonischer Werke etwa in der Architekturkritik ist.
2. Selektion, (Vor-)Formatierung der Realität und Interpretation zweiter
Ordnung
Wir haben uns also dafür entschieden, von den möglichen Konzeptualisierungen
der Interpretation, von denen, die wir zu kennen glauben, hier den erkenntnistheoretischen
Interpretationsbegriff zu diskutieren und zu vertiefen. So viel ratio
ist jedoch gemeinhin gar nicht nötig, um von Selektion in der Mensch-Welt-Dialektik
sprechen zu können. Sie ist vielmehr eine unhintergehbare Notwendigkeit,
die im spezielleren Verhältnis Kontext – Differenz des menschlichen Bemühens
um Verständnis begründet liegt. Ihre Unhintergehbarkeit impliziert dabei
die Nicht-Existenz teleologischer Substanz, mit der Konsequenz, dass Selektion
in diesem Sinne, ähnlich wie der erkenntnistheoretische Begriff der Interpretation,
kein Ergebnis bewussten Handelns ist, sondern ein Paradigma des Seins
– wir selektieren immer schon, ob wir es wollen oder nicht. Die Explikation
der wirklichkeitsstiftenden Eigenschaften dieses Verhältnisses ist, wie
angedeutet, Gegenstand sowohl der Systemtheorie wie auch der neueren Sprachphilosophie,
wobei die wesentliche Gemeinsamkeit in den differenztheoretischen Ansätzen
besteht.
Mit dem »Kontext« als einer Seite des Verhältnisses ist eine Behauptung
objektiver Realität in dem Sinne, dass es eine interpretierte neben einer
autonomen, vorinterpretatorischen Wirklichkeit gebe, nicht in Einklang
zu bringen. Vielmehr ist der Kontext immer schon Selektion bzw., wie Max
Weber es nennt, ein »Wirklichkeitsausschnitt«, in dem wir „Wirklichkeit
als eine in extensiver wie intensiver Hinsicht unendliche Mannigfaltigkeit“
erfahren:
„Extensiv
bzw. quantitativ unendlich ist die Wirklichkeit, insofern man keine erschöpfende
Beschreibung des Ganzen liefern kann. Intensiv bzw. qualitativ unendlich
ist sie, insofern es ebenso unmöglich ist, einen einzelnen Aspekt der
Wirklichkeit umfassend zu beschreiben. Da jeder Wirklichkeitsausschnitt
über eine unbegrenzte Zahl qualitativer Eigenheiten verfügen kann, gibt
es kein befriedigendes Kriterium, mittels dessen man entscheiden kann,
wann eine Beschreibung als hinreichend gilt. Daher kann weder das Ganze
der Wirklichkeit noch irgendeiner ihrer Bestandteile vollständig begriffen
werden.“[31]
Das gilt kollektiv
für die Gesellschaft und insbesondere für das Individuum. Die Unmöglichkeit
der begrifflichen Vergegenwärtigung der Welt als Ganzes hat demnach zur
Folge, dass wir stets nur über Ausschnitte, über Selektionen sprechen
können. Sprachphilosophisch ist mit ‚sprechen können’ gewissermaßen wörtlich
die Konstituierung von Wirklichkeit mittels der Sprache gemeint[32],
systemtheoretisch geschieht dies, abstrakter formuliert, mittels Kommunikation[33],
und die Semiotik rekurriert auf Zeichen als wirklichkeitsstiftende Elemente[34].
Zusammengefasst ergibt sich aus „Sprache, Sprechern, [sozialen] Praktiken
und Welt“ damit eine Bedeutungstheorie, die erst aus diesen Einzelaspekten
und ihren Interdependenzen ein plausibleres Bild des menschlichen
Stands in der Welt zu entwickeln vermag.[35]
Deleuze erweitert die von Weber konstatierte unendliche Mannigfaltigkeit
der ‚Dinge’ noch um die Zustände, Zusammenhänge und Gefühle und setzt
sie gleich mit dem Chaos als einem „anarchistische[n] Strom der reinen
Differenzen und Singularitäten“.[36]
Den Versuch, dieses Chaos zu ordnen, unterscheidet Deleuze in das philosophische
Denken in Begriffen, das wissenschaftliche Denken in Funktionen und das
künstlerische Denken in Empfindungen. Unbeachtet der Frage der tatsächlichen
quantitativen wie qualitativen Unterscheidbarkeit dieser Kategorien sind
damit einige grundlegende Felder beschrieben, deren Wesen darin besteht,
dass sie überhaupt Unterscheidbarkeit oder mögliche Differenz im Chaos
sind.
Selektion ist aber nicht statisch in der Form, dass wir in einem quantitativ
wie qualitativ immer gleich bleibenden Wirklichkeitsausschnitt aufgehen,
sondern dynamisch, da sich in unserer Beobachtung der Welt auch stets
der Ausschnitt verändert, den wir begrifflich abbilden: „Beobachten erzeugt
[…] den Unterschied, der eine Umgebung schafft.“
[37]
Antrieb der Veränderung ist demnach das Beobachten, das deshalb nicht
passiv ist, weil es Erkennen und Handeln einschließt.[38]
Auf diese Weise erhält es einen prozessartigen Charakter, der die Welt
nicht als etwas (weder endliches noch unendliches) Ganzes voraussetzen
kann, sondern nur die Gewissheit des in ihr liegenden Unbeobachteten.
Die Welt bleibt
„das
Chaos, die Wildnis, das Unstete und Unständige, das Ephemere, das Gedächtnislose,
das Ungebildete und Unbebaute, das Ungehörige und Unzugehörige (Fremde).“[39]
Diese Gewissheit
ist die erwartbare Seite einer möglichen neuen Differenz, die sich durch
das Auftauchen des Neuen, zuvor Unbeobachteten, vervollständigt. Dabei
ist der Kontext immer schon mitkonstituiert, wiederum nicht als Ganzes
der Welt, sondern als Gesamtheit des partiell und perspektivisch Erkannten
und Verstandenen. Der Wirklichkeitsausschnitt ist so in der Welt verschieb-
oder veränderbar, der wesentliche Unterschied zwischen Welt und Selektion
ist dabei die Nicht-Negierbarkeit der Welt, denn sie wird als „das Unbeobachtbare
par excellence vorausgesetzt“[40],
sie ist vorbegrifflich bedeutungslos und konstituiert sich erst in einer
Selektion als Bedeutungs- bzw. Sinnhorizont.
Die Dynamizität der Beobachtung impliziert darüber hinaus nicht, dass
die Wirklichkeit nur eine Frage des Augenblicks ist oder sich in der Beobachtung
stets vollständig neu herstellt. Denn als Kontext fungiert nach Ansicht
Luhmanns für jeden zunächst einmal das, was das eigene Gedächtnis bereitstellt.
»Eigenes« Gedächtnis, darauf weist auch Böhme hin, meint nicht Erinnerung
in Form eines memorialen Speichers, aus dem nach Bedarf Wissen abgerufen
wird, sondern bezeichnet den Kulturmechanismus der Selbstbeobachtung von
Gesellschaften. Eine durch diesen Mechanismus konstituierte Wirklichkeit
wird zum unmittelbaren kulturellen Gedächtnis der Gesellschaft, es wird
mit all seinen „Normen, Werten, Institutionen, Welt- und Lebensdeutungen
zu einer Selbstverständlichkeit, einer schlechthinnigen, alternativlosen
Weltordnung naturalisiert und in [seiner] Eigenart und Konventionalität
dem Einzelnen unsichtbar.“[41]
„Die Welt“, so sagt es Luhmann, „das ist der blinde Fleck ihrer Selbstbeobachtung“[42]
– und das kulturelle Gedächtnis darin gewissermaßen eine vorformatierte
Realität, möchten wir ergänzen.
Selbst für Shusterman ist der Zusammenhang zwischen der Partialität der
Beobachtung (im doppelten Sinne der Unvollständigkeit und der zweckhaften
Unvoreingenommenheit) und damit die Tatsache, dass Verstehen selektiv
ist, weitgehend unbestreitbar.[43]
Auch dass Selektion als Wahrnehmungs- und Verstehensakt zu begreifen ist,
der automatisch (mechanisch) und unbewusst abläuft, erkennt er an. Wie
festgestellt lehnt er es aber ab, hierbei von Interpretation zu sprechen,
die in ihrem Alltagsgebrauch ja gerade bewusst und abwägend eingesetzt
werde. Festhalten können wir an dieser Stelle damit aber zunächst, dass
der Kulturmechanismus der Selbstbeobachtung von Gesellschaften unmittelbar
zur Herausbildung von Wirklichkeitsausschnitten führt, die als erkannte
und verstandene Selektionen Inhalt des Gedächtnisnetzes dieser Gesellschaften
werden und so Zwischenstufen der Fortsetzung der Beobachtung wie auch
Ausgangspunkt der Kommunikation über die Inhalte bilden. Nicht nur angesichts
der Zweifel Shustermans bleibt indes zu klären, aus welchem Grund dieser
Mechanismus als Interpretation bezeichnet werden muss.
Wie gezeigt werden konnte, konstituiert sich Wirklichkeit allgemein gesagt
aus der Beobachtung von Differenzen, wobei Beobachten wie auch das dadurch
geformte kulturelle Gedächtnis nicht psychisiert, also als Prozess des
individuellen Bewusstseins verstanden werden kann. Damit rückt die Frage
in den Mittelpunkt, wie sich das Beobachten so materialisiert, dass es
zur Basis für Kommunikation werden kann oder anders, wodurch sich eine
Differenz erkennbar macht, und welches die Operatoren der Vergegenwärtigung
und des Austauschs im ‚Netz der Überzeugungen’ sind. Aus Sicht der (postformalistischen)
Sprachphilosophie ist zwar klar, dass es „keine bestimmte Form gibt, in
der alle menschlichen Überzeugungen artikuliert sind“[44],
aber damit ist selbstverständlich nur der deterministische Aspekt der
Form gemeint, der besagen könnte, Überzeugungen ließen sich etwa nur in
der Form einer natürlichen Sprache artikulieren. In der Tat herrscht in
der neueren Sprachphilosophie auch ein „Bild von Sprache als einer umfassenden
Struktur vor“, die dadurch bestimmt ist, dass ein sprachlicher Ausdruck
nicht durch seine Beziehungen zu Elementen nichtsprachlicher Natur, sondern
zu einer Vielzahl, im Grunde der Gesamtheit anderer sprachlicher Ausdrücke
erst seine wirkliche Bedeutung gewinnt.[45]
In der Systemtheorie ist das Beobachten das unterscheidende Bezeichnen,
wobei es auf die operative Basis der Kommunikation selbst nicht ankommt,
ähnlich wie die Sprache für sich auch keinen Sinn enthält. Die denkende
Auseinandersetzung vollzieht sich zunächst einmal in nichtsprachlichen
Vorstellungen oder Begriffen und wird erst im (notwendigen) Moment der
Mitteilung in Sprachform gehüllt. Voraussetzung ist daher, dass die Beobachtung
als (kommunikative) Operation durchgeführt werden kann, und erst auf dieser
Ebene kommt „Sinn ins Spiel“.[46]
Auch in der Semiotik ist seit längerem klar, dass „alle Erfahrungen in
der kulturellen Welt […] zeichenvermittelt [sind]; ihnen liegen Zeichensysteme
zugrunde, die die Art und Weise der Wirklichkeitserfahrung bestimmen.“[47]
Und auch hier ist zu betonen, dass den Zeichen selbst Identität nicht
einfach gegeben ist, nicht als Assoziation und auch nicht in der Lautlichkeit.[48]
Zusammengefasst bekommt der hermeneutische Prozess damit aber eine Struktur,
die des sprachlichen Ausdrucks, Operatoren – die Beobachter einer Gesellschaft,
Operanden – die Zeichen und sprachlichen Ausdrücke selbst, und einen Namen:
den der Interpretation. Zeichensysteme funktionieren nicht ohne Signifikate,
und keine Sprache ist durch ihre Laute allein zu verstehen. „Signifikat“
lässt sich in anderer Terminologie mit „Bedeutung“ übersetzen[49],
und mit beiden Ausdrücken sind die im intersubjektiven Gebrauch entstehenden,
verbindenden Elemente zwischen der denkenden Auseinandersetzung mit der
Welt und der gesellschaftlichen Wirklichkeit gemeint.[50]
Dabei ist die Bedeutung eines Sprachzeichens oder -ausdrucks nicht das,
was jemand damit gemeint oder ein Gegenüber verstanden haben könnte, denn
diese Bedeutung hat es unabhängig von seinem Gebrauch, sie ist bereits
Teil des Zeichens. Deshalb kann es erst in der kodifizierten und erlernten
Verwendung für etwas anderes stehen, als im Zeichenträger erkennbar ist,
und zwar für das bezeichnete Phänomen, das im Zeichen selbst unsichtbar
bleibt.[51]
Das Wort Tür oder das zugehörige Symbol in der Zeichnung des Architekten
sind entsprechend nicht schon Türen, sie haben aber die sinngemäße Bedeutung
und verweisen damit auf etwas, was in den Worten und Symbolen selbst nicht
sichtbar ist. Sie haben diese Bedeutung auch aufgrund ihrer Differenz
zu anderen Sprachzeichen, daher ist nur deshalb verständlich, dass ein
Tor etwas anderes als eine Tür ist, weil es eine bedeutungsvolle Bezeichnung
dieser Differenz gibt. Die Bedeutung entsteht damit auch in der Sinn-Interdependenz
der begrifflichen Teilung von Sprachzeichen, also ihrer Differenz innerhalb
des Sprach- oder Zeichensystems.
Der Interpretationsvorgang entsteht damit in der Notwendigkeit, wahrgenommene
Differenzen zu erklären. Auslöser hierfür ist das Wahrnehmen und damit
Erkennen von etwas Unbekanntem oder von etwas, das als Resultat von etwas
Unbekanntem vermutet wird, wobei die Bereitschaft, eine solche Differenz
als ein Zeichen wahrzunehmen, stets schon vorhanden ist.[52]
Das gilt sowohl für die vorgeschichtliche Entdeckung der Eignung natürlich
vorhandener Hohlräume als Wohnhöhlen wie für das Ausheben einer Baugrube
als vermutetes Resultat des begonnenen Neubaus eines Gebäudes. In beiden
Fällen entsteht die Bedeutung durch das Schließen des unbekannten Phänomens
oder Ereignisses auf Bekanntes in Form vorgängig erworbener Erfahrungen,
also auf gesellschaftlich geformtes Wissen. Während es im ersten Fall
noch einen größeren Anteil rein natürlicher Phänomene gibt, wie etwa bei
der Entdeckung einer zuvor unbekannten Tierart im Amazonas-Dschungel oder
auf dem Meeresgrund, handelt es sich im zweiten Fall schon um eine Differenz
als Ergebnis einer Neukombination bekannter Phänomene.
Für den Interpretationsprozess ist diese Unterscheidung allerdings unwichtig,
da in beiden Beispielen die interpretationsnotwendigen Momente gleichermaßen
enthalten sind: ein Phänomen und damit eine wahrgenommene Differenz muss
als bedeutsam unterstellt werden, auch wenn eine tatsächliche Bedeutung
noch gar nicht bekannt ist. Es hat damit schon Zeichencharakter, der allerdings
so lange hypothetisch und deshalb noch nicht wirklichkeitskonstituierend
ist, wie keine Erklärung für das Phänomen gefunden ist. Die Suche nach
einer Erklärung als Zuweisung einer Bedeutung muss sich dabei auf das
kulturelle Gedächtnis stützen, und gerade wenn dabei Unsicherheiten im
Sinne von Wahlmöglichkeiten existieren, ist der Rückgriff auf Erinnertes
und Gelerntes stets auch mit der Überprüfung auf kontextuelle Gültigkeit
verbunden. Dieser Rückgriff geschieht jedoch in jedem Moment des Erkennens,
er ist deshalb nicht davon abhängig, wie bewusst er sich vollzieht, und
damit immer als Interpretationsprozess wirksam.
Shusterman spitzt den Begriff der Interpretation darauf zu, dass er dann
anwendbar werde, wenn es ein Problem beim Verstehen, eine Verwirrung,
einen Zweifel oder Mangel an Übereinstimmung gebe, wie dies beim Hören
einer unbekannten Sprache der Fall sei, der mich dazu zwinge, Gesagtes
nachdenkend oder klärend aufzulösen.[53]
Wie wir gesehen haben, gibt es die Möglichkeit der Interpretation in genau
diesem Fall nicht. Einem geäußerten, aber unverständlichen Laut kann Zeichenhaftigkeit
unterstellt werden, zur Interpretation fehlt aber der Code des Verstehens,
um aus dem, was gesagt wurde, auf das, was gemeint ist, schließen zu können.
Dafür ist die Kenntnis des kulturellen Kontextes notwendig, in dem sich
die mir unbekannte Lautäußerung vollzogen hat, so dass es selbst dann
noch schwierig wäre, sie zu interpretieren, wenn die reine Wortbedeutung
bekannt wäre.
„Die Sätze müssen sich“, so zitiert Putnam Quine, „nicht einzeln,
sondern als geschlossene Formation dem Erfahrungstest stellen“.[54]
Die geschlossene Formation ist, mit anderen Worten, der semantische Holismus,
sie dem Erfahrungstest zu unterwerfen, ist dabei der Interpretationsprozess.
3. Die Unwahrscheinlichkeit der Architektur
Versuche, ein paradigmatisches Wesen der Architektur zu ergründen, das
unabhängig von diachronischen oder diastratischen Einflüssen abstrahiert
werden kann, gab und gibt es zahlreiche. Ihnen ist gemeinsam, einen Objektbezug
zu suchen, aus dem heraus alle Prinzipien der Architektur erklärbar werden
und ihnen damit Bedeutung und Sinn verleihen. Die Frage lautet dabei letztlich,
ob es etwas im ontologischen Sinne gibt, das mindestens vorhanden sein
muss, um fortan von Architektur sprechen zu können, und ob dieses
Etwas natürlichen oder stets kulturellen Ursprungs ist. Oder: Auf welche
Wirklichkeit – mit Baudrillard möchte man es Radikalität nennen[55]
– kann Architektur zurückgeführt werden, die nicht bereits kulturell konstruiert,
zumindest vorformatiert ist? Was ist ihre vor-interpretative Urszene,
wenn es sie gibt? Denn jede kulturelle Konstruktion ist kontingent, sie
ist teilgesellschaftlich kodifiziert, und gerade dadurch alles andere
als eine naturgegebene Wirklichkeit. Die Suche nach grundlegenden Prinzipien
steht allerdings vor einer Paradoxiehürde: Das Nachdenken über die Konstituierung
architektonischer Realität durch Interpretation hat stets das Problem,
– einer kantischen Antinomie gleich – selbst Ergebnis einer interpretierten
Wirklichkeit zu sein.
Dies zu übersehen, fällt leicht angesichts der Tatsache, dass Architektur
ubiquitär ist. Sie ist derart allgegenwärtig, dass selbst der eigentlich
in solchen Zusammenhängen verwendete und auch hier prinzipiell zutreffende
Begriff der Massenkultur den irritierenden Eindruck erweckt, es
gebe die Möglichkeit eines Verzichts auf Architektur, ähnlich, wie es
die Wahl gibt, den Urlaub nicht auf Mallorca zu verbringen oder keine
Popmusik zu hören. Aber allein die Tatsache, dass wir – unabhängig von
der Gesellschaft, deren Perspektive wir einnehmen – die Nicht-Existenz
von Architektur denken können, indem wir ihre kulturelle Bedingtheit zu
ihrem Wesensmerkmal machen, schließt die Existenz einer anti-anthropologischen
Urszene aus. Denn auch wenn beispielsweise das Wohnen „zentrales Kulturereignis“
ist[56],
dann heißt dies noch lange nicht, dass – wieder abhängig von der gesellschaftlichen
Perspektive – dabei auch zwangsläufig Architektur im Spiel ist.
Architektur ist daher mit einigen Unwahrscheinlichkeitsannahmen konfrontiert;
einer häufig in Architekturdiskursen geforderten Radikalisierung und damit
verbundenen Erweiterung des Architekturbegriffs steht die Weigerung seiner
Anwendbarkeit auf alltäglich erscheinende Bauwerke gegenüber. Dieser Konflikt
steht im Zentrum dieses Abschnitts und mit ihm die Klärung der Frage,
wie selbstverständlich Architektur ist, wie weitgehend sie durch Interpretation
konstituiert ist, und damit, ob es einen Ursprung architektonischer Wirklichkeit
gibt, der immer schon vorhanden ist, und auf den alle weiteren,
in der Folge erst interpretierbaren Ausdifferenzierungen aufbauen. Der
Versuch einer Antwort beginnt mit der Umkehrung dieser Ausgangsfrage.
In seinem 1981 erschienenen Aufsatz „Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation“[57]
stellt Niklas Luhmann seine gleichnamige These nicht zum Zwecke der Provokation
vor, wie es zahlreiche ähnlich klingende Aphorismen vermuten lassen könnten,
denen man auch und gerade in Architekturdebatten begegnet; Luhmann erkennt
ohne Einschränkung an, dass wir Kommunikation „jeden Tag erleben, praktizieren
und ohne sie nicht leben würden“[58],
womit sie ebenso zu einem ubiquitären kulturellen Phänomen wird. Ihm ist
allerdings daran gelegen, durch contra-phänomenologisches Nachdenken Kommunikation
nicht als Phänomen mit dem Ziel der Begriffsklärung aufzufassen, sondern
sie als Problem zu verstehen, um so auf Basis der Unwahrscheinlichkeitsannahme
zum wissenschaftlichen Aufbau einer Theorie durch die Bestimmung ihrer
inneren Zusammenhänge zu gelangen.
Dieses methodische Vorgehen scheint auch in der Architekturtheorie anwendbar
zu sein. Architektur ist wie Kommunikation – ohne dass es hier um die
Annahme ginge, Architektur sei auch Kommunikation – ebenfalls hochgradig
erwartbar, zumindest in ihrer sprachlichen Zuweisung kann man ihr ohne
weiteres begegnen. Eine unzweifelhafte und dekonstruierbare Bindung an
bestimmte Objektqualitäten ist hingegen schon recht unsicher, eine solche
Bindung wird, wie zuvor dargestellt, in aller Regel durch Interpretation
erst hergestellt und ist somit ebenfalls kein objektimmanentes Phänomen,
sondern vor allem ein Problem (sprach-) philosophischer und somit letztlich
gesellschaftlich-diskursiver Emergenz.
Kern dieses Ansatzes ist es deshalb, nach den Hinderungsgründen, der systematischen
Problematik zu suchen, die Architektur überwinden muss, um sui generis
entstehen zu können. Dies impliziert nicht und muss folglich bezweifeln,
dass Architektur – etwa im Duktus des Anti-Realismus – ohne weiteres
auch nicht existieren oder zum Verschwinden gebracht werden könnte[59].
Es wirkt somit dem Verdacht entgegen, durch Interpretation könne in beliebiger
Manier jede architektonische Wirklichkeit hergestellt werden, ungeachtet
ihres vorhergehenden, bedeutungslosen, im Sinne von „noch nicht mit architektonischer
Wirklichkeit aufgeladenen“ Zustandes. Dieser Ansatz soll zudem sicherstellen,
weder reduktionistisch noch komplexitätsanreichernd über das Wesen von
Architektur nachzudenken, sondern nur danach zu schauen, was von der Architektur
verbleibt, wenn alle mit gesellschaftlicher Bedeutung aufgeladenen, durch
Interpretation hergestellten Bezüge abgestreift werden. Er beginnt also
mit der Leugnung alles Sozialen in der Architektur, um auf diese Weise
den Versuch zu unternehmen, in eine vorinterpretatorische Wirklichkeit
der Architektur vorzudringen – oder zu erkennen, dass es eine solche Wirklichkeit
nicht gibt.
In der übertragenen methodischen Konsequenz münden dieser Ansatz und die
zugehörigen Überlegungen somit in der Hypothese: Architektur ist unwahrscheinlich.
Ihr fehlt es, in einer ersten operationalen Annäherung, an einem Weltbezug,
der nicht bereits kulturell hergestellt ist. Mit anderen Worten: Keines
der so häufig anzutreffenden Grundelemente der Architektur, nicht einmal
die Formgesetze bis hin zum „goldenen Schnitt“ (dessen Begriff das semiotische
und damit kulturelle Feld ja bereits vorbestellt), nicht einmal
der Raum kann als etwas architekturinhärentes, als etwas der Kultur vorausgehendes,
als naturalistisch-konstitutives Element der Architektur definiert werden.
Positiv formuliert: Alles, was der Architektur als Gesetzmäßigkeit zugeschrieben
wird, ist im Ergebnis gesellschaftlich – kulturell – konstruierte Wirklichkeit
in der Architektur, mit der als Kontingenz zu bezeichnenden Einsicht,
dass alles auch ganz anders hätte kommen können und stets kann. Beliebigkeit
ist etwas anderes, Postmoderne auch, warum Architektur unwahrscheinlich
ist, aber doch beobachtet werden kann, lässt sich aus den in der Folge
diskutierten Zusammenhängen ableiten.
Architektur ist ohne die Kenntnis der sie bestimmenden kulturellen
Codes unverständlich. Das meint nicht den Architekturbegriff selbst,
sondern beispielsweise die auf ihn bezogenen Formgesetze, wie den goldenen
Schnitt, die Fibonacci-Zahlenreihen und ähnliche Proportionssyteme. Die
suggestiv-metaphorische Bezeichnung „goldener Schnitt“ für das damit gemeinte
Teilungsverhältnis entstand erst im 19. Jahrhundert, auch wenn es schon
in der Antike entdeckt worden war.[60]
Da es sich aber um eine zahlentheoretische Teilung in der Mathematik handelt,
ist der goldene Schnitt, allen Versuchen zum Trotz, ihn auch bei der Cheopspyramide
nachzuweisen, auf architektonische Bauwerke vor der Zeit Euklids nicht
anwendbar. Auch in späterer Zeit, etwa der Renaissance, ist häufig nur
ex post feststellbar, dass bestimmte Bauwerke Teilungsverhältnisse
nach dem goldenen Schnitt aufweisen, lediglich Le Corbusier hat sich in
eindeutiger Weise zur Anwendung dieses Bauprinzips geäußert.[61]
Die ästhetische Anziehungskraft des goldenen Schnitts ist sicher unverkennbar,
wenn auch kognitionswissenschaftlich unerklärt. Er hat seine Anwendung
auch in anderen Bereichen der Kunst gefunden, doch insbesondere als ästhetisches
Prinzip ist er vor allem kulturell geformt und kein Naturgesetz. Gleiches
gilt für die Fibonacci-Zahlen, die zwar einige Naturphänomene zu beschreiben
vermögen, wie etwa die Fortpflanzung von Kaninchen, sie entstammen aber
ebenfalls vor allem der Mathematik und sind eine gelegentliche kulturelle
Verbindung mit der Architektur eingegangen, wie mit Werken der Musik.
Ob Ästhetik, Vitruvs venustas, aber auch die von ihm postulierten
utilitas und firmitas, Leon Battista Albertis Wesensbeschreibungen
der Architektur oder ähnlich lautende Definitionsversuche mehr oder weniger
bzw. qualitativ unterschiedlich konventionalisiert sind, immer sind sie
dabei auch kulturell geformt, der Architektur beigegeben, ohne mit ihr
untrennbar verbunden, geschweige denn aus ihr heraus erklärbar zu sein.
Sie kommen damit als konstitutives Element der Architektur nicht in Frage,
und dies ohne den empirisch motivierten Begründungszusammenhang, dass
es eine ganze Reihe von Bauwerken gibt, die keines der Formgesetze erfüllen,
aber dennoch als Architektur, gelegentlich vielleicht sogar als Stararchitektur
bezeichnet werden.
Die Verständlichkeit der kulturellen Codes bezieht sich aber auch auf
den Funktionsbegriff in der Architektur, insbesondere unter der Berücksichtigung,
dass der Einsatz der Methode funktionaler Analyse häufig ebenfalls nur
im Nachhinein möglich ist, wodurch eine bestimmte architektonische Funktion
nicht un-bedingt, also ohne von außerhalb einwirkende Einflüsse,
planvoll gesetzt, sondern zumeist erst im realisierten Zustand vergleichend
festgestellt werden kann.[62]
Dies gilt für eine ganze Reihe von historischen Stätten und Bauwerken,
deren Funktion sogar gänzlich unbekannt ist, aber auch umgekehrt, wenn
eine geplante Funktion buchstäblich nicht funktioniert hat, wie auch Eco
am Beispiel Brasilias beschreibt.[63]
Letztlich lässt sich die Architektur nicht einmal aus einem Raumbegriff
deduzieren und damit verständlich machen. Es ist schon unter philosophischen
Gesichtspunkten fraglich, ob ein Raum ohne Menschen überhaupt denkbar
ist, denn eine solche Vorstellung basiert zwangsläufig auf einem differenztheoretischen
Vergleich, der erlernte Raumcharakteristika auf eine hypothetische Zeit
projiziert, aus der lediglich alles „Menschsein“ subtrahiert wird. Wir
können selbstverständlich den Versuch unternehmen, uns von einer solchen
Zeit ein plastisches Bild zu machen, das so gut wie irgend möglich auf
wissenschaftlichen Erkenntnissen aller relevanten Disziplinen beruht,
doch es bleibt immer ein kulturell geformtes Bild von einem solchen Raum.
Und damit nicht genug: Es ist in der Rezeption aus der Perspektive eines
Beobachters entstanden, der seine Beobachtung nicht in gleicher Weise
mit einem anderen Beobachter teilen kann. Doch diese Perspektivabhängigkeit
existiert nicht nur beim Blick auf einen Raum in der Vergangenheit, sondern
bei jedem Raum in jeder Zeit. Das Element der Zeit, die Perspektivabhängigkeit
der Raumbeobachtung, beides zwingt zur Relativierung des Raumbegriffs.
Nimmt man noch hinzu, dass es keine beobachterunabhängige Gleichzeitigkeit
der Ereignisse geben kann, wird der Raumbegriff vollends relativistisch.
Aus der notwendigen Präsenz eines aktiven Beobachters bei der Konstitution
eines Raumereignisses wird auch Tschumis Feststellung verständlich,
dass „Handlungen Räume qualifizieren“, dass „Raum und Handlung untrennbar
sind und keine brauchbare Interpretation einer Architektur, Zeichnung
oder Notation die Berücksichtigung dieser Tatsache verweigern kann.“[64]
Wenn in den Worten Cassirers zudem alles Handeln symbolisch ist, dann
muss Kenzo Tange zugestimmt werden, wenn er sagt, „Raum ist die Welt der
Bedeutung“[65]
– und damit Ergebnis kultureller (auch wenn dieser Zusatz mehr und mehr
zur Tautologie wird) Interpretationsprozesse.
Ein solches kulturell induziertes Raumverständnis lässt sich allerdings
nicht mehr auf einzelne Elemente des Wahrnehmungsapparates reduzieren,
wie das Sehen, die Bewegung, einer Kombination aus beidem o.ä. Es ist
zudem klar zu trennen vom kartesischen Raumbegriff, der immer wieder auf
einen Objektbezug rekurriert. Für Lefebvre ist der Raum damit zu eng definiert:
„Unfortunately
it is also the space of blank sheets of paper, drawing-boards, plans,
sections, elevations, scale models, geometrical projections, and the like.
Substituting a verbal, semantic or semiotical space for such a space only
aggravates its shortcomings. A narrow and desiccated rationality of this
kind overlooks the core and foundation of space, the total body, the brain,
gestures, and so forth. It forgets that space does not consist in the
intellectual representation, does not arise from the visible-readable
realm, but that it is first of all heard (listened to) and enacted (through
physical gestures and movements).“[66]
Raum ist somit
kein Behälter, er ist weder von der Architektur noch durch die Architektur
gegeben, sondern durch die Präsenz des Beobachters konstituiert. Er lässt
sich durch kulturelle Handlungen formen, die wiederum die Beobachtungen
eines Beobachters nachfolgender Ordnung formen, sein ontologischer Status
ist aber nicht auf Medien übertragbar. Sie haben als Kommunikationsmittel
eine Zweckbestimmung, so dass es wie beim Interpretations- oder Kulturbegriff
auch beim Raum eine „weite“ und eine „enge“, oder eine erkenntnistheoretische
und eine technische Konzeptionalisierung des Begriffs gibt.
Aus all dem wird klar, dass wenn Architektur in all ihren Grundprinzipien
und erst recht in ihren Ausformulierungen und -differenzierungen kulturell
konstituierte Wirklichkeit und damit Produkt der Interpretationsprozesse
des Menschen ist, dann muss Architektur anerkannt werden, um entstehen
zu können. Dies bedeutet vor allem zweierlei: Die Herstellung von
architektonischer Realität muss Erfolg in der Rezeption haben und kann,
selbst im Falle des Erfolgs, abgelehnt werden. Wenn die Höhle eine Urszene
der Architektur sein soll, dann ist klar, dass nicht jede Höhle bewohnt
war, sondern nur jene, die sich für die Lebensbedürfnisse der frühgeschichtlichen
Bewohner eignete, und nicht jedes Naturphänomen, das als Höhle und damit
Behausung prinzipiell erkennbar war. Eine Architekturinterpretation muss
daher ebenso anschlussfähig sein, d.h. die Kenntnis bestimmter Architekturcodes
ist zwar notwendig, aber nicht hinreichend, um eine architektonische Wirklichkeit
zu konstituieren. Anschlussfähigkeit schließt zudem Beliebigkeit und Willkür
aus, denn „jedes Auslösen von Unwahrscheinlichem stützt sich auf Artikulation
des Wahrscheinlichen“.[67]
Jede hochindividualistische »Handschrift« des Architekten, jede ureigene
»Formensprache« kann damit nur dann Architektur (genannt) werden, wenn
sie sich auf ein Verhältnis Redundanz – Information stützt, das Neues
an Bekanntem soweit bindet, dass es als architektonische Wirklichkeit
verständlich wird. Dieses Verhältnis ist sowohl dynamisches Element des
Interpretationsprozesses wie auch Bedingung für seine inhaltliche Fortsetzung.
Mit anderen Worten: Architektur lässt sich nur begrenzt erfinden, sondern
wird immer auch in der gesellschaftlich hergestellten Wirklichkeit mitgefunden.
Was Architekten und die ihnen zustimmende Gesellschaft dabei auffinden,
sind keine parallel existierenden Objektsysteme, auch wenn sie auf ihre
Weise real sind. Vielmehr liegt ihre dingliche Unterscheidbarkeit und
damit Beschreibbarkeit daran, dass „die Beschreibungen selbst als Operationen
in der Welt sichtbar sein müssen; denn anderenfalls könnte man nicht sehen,
welche Unterscheidungen sie benutzen, um etwas zu bezeichnen, und welchen
Unterschied es macht, wenn dies geschieht und wie dies geschieht.“[68]
Architektur, mit all ihren formalen, ästhetischen, räumlichen oder funktionalen
Bestandteilen, deduziert sich aus und induziert selbst damit immer kulturelle
Wirklichkeiten, die ihr nicht vorausgehen, sondern sie unmittelbar mitbegründen.
Dies löst einen Objektbezug auf, der, „fehlgeleitet durch die Subjektphilosophie“[69],
die einen Zusammenhang zwischen Ontologie und menschlichem Handeln ablehnt,
annimmt, es gebe keinen notwendigen Zusammenhang zwischen dem Objekt und
der Welt, und man könne „sich dann fragen, ob und wie eine solche Beziehung
faktisch besteht.“[70]
Architektur ist stattdessen immer schon, wie Betram et. al. sagen würden,
„welthaltig“, mit den Gegenständen der Welt fest verwoben und damit stets
eine durch Interpretation hergestellte Wirklichkeit. Wenn wir auf der
Suche nach dem eigentlichen Wesen der Architektur alle kulturell ausdifferenzierten
Wirklichkeitsschichten abgetragen haben, all ihre Prinzipien und Paradigmen
als Formen menschlichen Handelns durchschauen, dann blicken wir am Ende
– auf uns selbst.
4. Produzenten, Produktion und Produkte architektonischer Wirklichkeit
Damit ist es an der Zeit, Ross und Reiter zu benennen, bzw. im Bild bleibend,
nur noch die Reiter, nachdem die Art der Fortbewegung und der Parcours
in den vorangegangenen Abschnitten diskutiert wurden. Doch von der Metapher
bleibt nicht mehr als ihre bildhafte Oberfläche, sobald es um den
Reiter geht: Denn es gibt ihn nicht, genauso wenig, wie es den Akteur
gibt. Die eigentliche Wirklichkeitskonstituierung vollzieht sich hinter
dem Rücken eines einzelnen Akteurs, gewissermaßen akteurslos. Auch Luhmann
gibt auf die selbst gestellte Frage, wer denn der konstruierende Beobachter
sei, die schlichte Antwort „Niemand selbstverständlich […] Oder jeder.“[71]
Putnam formuliert es plastischer so, dass wenn man im Innern des Gehirns
nach hier erörterten Bezügen, Zusammenhängen und Vorstellungen suchen
wollte, dann wäre dies schlicht eine Suche am falschen Platz. Den Grund
dafür liefert Putnam mit, und er ist zugleich als Ergebnis der Suche nach
dem Produzenten zu verstehen: Bedeutungen werden nicht in individuellen
Gehirnen, sondern sozial festgelegt.[72]
Einen Produzenten architektonischer Wirklichkeit gibt es demnach
nicht, was nicht mit der Behauptung zu verwechseln ist, dass es den Produzenten
als Erzeuger eines menschlichen Artefakts nicht gebe. Im Prozess der Herstellung
des Artefakts ist es immer auch wandelbares Ergebnis der Verbundenheit
mit dem Netz der Überzeugungen, der Sozialisation seines Produzenten,
er macht, was er macht und wie er es macht, immer auf Basis seines Verbundenseins
mit dem kulturellen Gedächtnis. Doch damit allein ist noch keine Wirklichkeit
hergestellt, keine kulturelle, keine künstlerische und ebenso wenig eine
architektonische. Das menschliche Artefakt benötigt zu seiner Verwirklichung
den Anschluss an die Gesellschaft in Form der Ermöglichung seiner Beobachtbarkeit.
Bis dahin handelt es sich um die Produktion eines Zufalls, bei dem der
Produzent im Produktionsverlauf immer mehr zu seinem eigenen Beobachter
wird, was zur Konsequenz hat, dass er sein Werk schließlich nur noch akzeptieren
oder verwerfen kann.[73]
Für weitere Beobachter ist der Zufall damit aber eine Ausgangsdifferenz,
das Werk wird augenblicklich zum Zeichen seiner Unterscheidbarkeit von
anderen, vergleichbaren Werken. Das inhärent Vergleichbare ist indes keine
Frage objektiver Unterscheidbarkeit, sofern Objektivität einen letztgültigen
Weltbezug meint, sondern das Ergebnis des aus der Beobachterperspektive
vollzogenen Interpretationsprozesses. Ist in dieser Perspektive Erkennen
und Verstehen möglich, dann ist der erste Schritt zur Wirklichkeitskonstituierung
getan, und ein Beobachter nunmehr dritter Ordnung erhielte fortan die
Möglichkeit, die Interpretation des Beobachters zweiter Ordnung erneut
zu interpretieren. Jeder Beobachter ist damit zugleich Interpret und Interpretant,
sprich Folgezeichen einer Ausgangsdifferenz, Teil einer unendlichen Semiose
sowie der Selbstbeobachtung der Gesellschaft.
Aus diesem Grund kann der Prozess der Wirklichkeitsproduktion als ein
iterativ-kumulativer Vorgang bezeichnet werden, der in der Gesellschaft
insgesamt vonstatten geht und damit vom Produzenten eines Werkes nicht
mehr zu kontrollieren ist. Denn die Iteration besteht nicht nur darin,
dass er in seinem Werk auf Vorhandenes, kulturell Vorformatiertes notwendig
zurückgreifen muss, sondern auch darin, dass die weiteren Beobachter im
Prozess der Interpretation auf Gelerntes und Erfahrenes zurückgreifen
und daraus eine Bedeutung ableiten, die mit einer möglicherweise vorhandenen
Intention des Produzenten nicht mehr verbunden ist. Dies führt zu der
gelegentlich vertretenen Position, „that it is impossible to understand
another’s meaning without reliving it.“[74]
Erkennen ist immer Interpretation als Ableitung und Zuweisung einer neuen
Bedeutung, die aber selbst durch ihre Verbundenheit mit dem kulturellen
Gedächtnis charakterisiert und damit nur zum Teil wirklich neu ist. In
jeder Produktion von Differenz und damit Bedeutung liegt damit auch ein
erheblicher Teil an Wiederholung, wenn sie sich als Wirklichkeit konstituiert
hat. Der Prozess ist zudem kumulativ, indem die Bezeichnungen und Begriffe
immer neuer Differenzen, die den Anteil der neuen Information im Werk
anerkennen, das kulturelle Gedächtnis immer weiter ausbauen. „And so
it goes, on and on: Further layers of understanding are added as each
new insight revises prior interpretations in an ever-circular process
of making meaning.“[75]
Der dem hermeneutischen Zirkel immanente Zeitaspekt kann im Zusammenhang
mit der systemisch geschlossenen, gesellschaftlichen Selbstbeobachtung
dennoch dazu führen, dass die Bedeutungen menschlicher Artefakte mit dem
Untergang der Gesellschaft, die sie hervorgebracht hat, verloren gehen.
Sie sind damit umso deutlicher als nur teilgesellschaftlich existente
Wirklichkeiten identifizierbar, denn die jeweiligen Zeichenträger – Pyramiden,
Steinformationen und sonstige Bauwerke oder Hinterlassenschaften – haben
den materiellen Verfall in der Zeit mitunter überlebt, ihre kulturelle
Urheberschaft ist also nach wie vor erkennbar, nicht aber die Wirklichkeit,
die sie einst waren und die nicht die des erhalten gebliebenen Artefaktes
selbst ist. Denn nicht die Gebrauchsfähigkeit ist bereits die bedeutungsvolle
Wirklichkeit, sondern erst die Konventionalisierung des Gebrauchs in seinem
gesellschaftlichen Sinnhorizont macht es erklärbar. Wir können gar nicht
anders, als in den Pyramiden eine bestimmte, häufig astronomisch-naturreligiöse
Bedeutung zu erblicken, ihre Auftraggeber und Erbauer als machtvoll und
ingeniös zu deuten, aber der Sinnhorizont dieser Kultur ist uns unbekannt
bzw. aus dem Wissen konstituiert, das in unserem heutigen Sinnhorizont
liegt. Wir interpretieren die Zeichen neu aus der kulturell geformten
Perspektive unserer Zeit. Bedeutung kann also in der Zeit verloren gehen
und neu gebildet werden, mit ihrer jeweiligen kulturellen Materialisierung,
die menschliche Urheberschaft verrät, die dabei unverändert erkennbar
bleibt. Von den früheren Sinnhorizonten bleibt aber nur, „was die Gesellschaft
in jeder Epoche mit ihrem jeweiligen Bezugsrahmen rekonstruieren kann“.[76]
Nicht immer muss der Zeitabstand derart groß sein, um den Bezug zwischen
einer Differenz und ihrer Bedeutung zu verlieren, er macht ihn nur besonders
deutlich. Tschumi, der schon davon sprach, dass Handlungen Räume qualifizieren,
sieht in der Architektur Referenzpunkte für diejenigen Aktivitäten,
die mit ihr, in ihr und durch sie stattfinden, die aber grenzüberschreitend
im Sinne von »gesellschaftliche Konventionen negierend« sein können und
damit durch Umwandlung eine neue Bedeutung erhalten können – auch ohne
dass es dafür des vorhergehenden, völligen Untergangs einer Gesellschaft
bedürfte. Das auch von ihm dazu verwendete Beispiel der Bedeutungsumwandlung
durch Umnutzung eines kirchlichen Gebäudes[77]
ist – das zeigt nicht nur der Blick auf gesellschaftliche Umwandlungen
in den Niederlanden – aktueller denn je.
Sinnhorizonte sind damit stets bedroht, negiert, zurückgewiesen, in neue
Bedeutungszusammenhänge überführt zu werden. Der Ausdruck der Bedrohung
ist deshalb gerechtfertigt, weil die Erinnerungskultur, die mit Traditionen
und Riten nur unzulänglich beschrieben wäre, gerade das Ziel verfolgt,
eine gesellschaftliche Wirklichkeit als existenziellen Sinnhorizont zu
erhalten, was das Beispiel Religion eindrücklich zeigt.[78]
Motiv der Veränderung sind aber auch existierende Ungleichheiten im gesellschaftlichen
System. Dieser Aspekt von Differenz als wirklichkeitsstiftendem Ausgangspunkt
kam hier bislang nur am Rande zur Sprache. Diskutiert wurde die Vertikalität
der Wirklichkeitsproduktion, die durch Zeitbezug und Beobachterhierarchien
zur Herausbildung immer neuer Unterscheidungen führt. Ein ebenso wichtiger
Motor permanenter Wirklichkeitsproduktion sind aber auch die horizontalen
Unterschiede, Unterscheidungen und Unterscheidbarkeiten, die ihre Existenz
den gleichzeitig erkennbaren Ungleichheiten gesellschaftlicher Realität
verdanken. Es ist fraglich, ob es – motiviert, Ungleichheiten überwinden
zu wollen – überhaupt nützlich ist, nach Gründen und materiellen Ursachen
hierfür zu suchen, solange sich gesellschaftliche Teilungsprinzipien und
die Wahrung darauf beruhender Ordnung als scheinbar objektive Notwendigkeit
„in den Köpfen und Gehirnen der Menschen festgesetzt hat“.[79]
In jedem Fall sind sie damit eine der gesellschaftlichen Wirklichkeit
eingeschriebene und stets aufs Neue reproduzierte Differenz; aus gesellschaftlich
organisierten Grenzen wird der Sinn für Grenzen, die praktische Vorwegnahme
dieser Grenzen, die immer neue Unterscheidungen und Unterscheidungsmerkmale
produziert. Schon dadurch sind Menschen stets dafür disponiert, Differenzen
zu erkennen, die ihren eigenen Platz in der Gesellschaft definieren, die
„ausschließen, was einen selbst ausschließt“.[80]
Kurzum: Der gesellschaftliche Blick richtet sich unentwegt auf Unterschiede,
ist geschärft auch für die subtilsten unter ihnen, entziffert sie als
Zeichen und Bedeutungen für Ordnung und soziale Realität stiftende Teilungen
und richtet den Blick damit schließlich immer auf sich selbst. Interpretation
ist damit ein Gesellschaftsprinzip, das Differenz anzeigende Merkmale,
Zeichen und Objekte immer erwartet, immer erkennt und ihnen immer eine
teilgesellschaftlich konventionalisierte Bedeutung zuweist.
Dennoch ist der menschliche Genius durchaus fähig, etwas radikal Neues
zu erzeugen, etwa eine Architektur, die mit allen Konventionen bricht,
sich auf keine hergebrachten Verständigungen stützt, keine gesellschaftliche
Teilung akzeptiert und auch keine Sinnhorizonte anderer kultureller Wirklichkeiten,
etwa der Mode, der Biologie oder der Musik einbindet. Die Paradoxie dieses
Ansinnens muss allerdings nach dem zuvor Gesagten unmittelbar einleuchten.
Selbst der Versuch, sich einem Jean-Baptiste Grenouille gleich allen Einflüssen
der kulturellen Welt zu entziehen, um eine radikal neue Architektur zu
erfinden, ist aussichtslos, wenn sein Erschaffer weiß (und er kann gar
nicht anders, als es aus seiner Sozialisation heraus zu wissen), dass
sie sich gegen irgendeine etablierte Vorstellung von Architektur richtet.
Selbst eine Anti-Architektur in diesem Sinne ist für den Beobachter erster
Ordnung die durch Interpretation erzeugte neue Ausgangsdifferenz als Vorstellung
– von Architektur, denn darauf bezieht sich ja sein Handeln. Ob es aber
damit zur Herstellung einer neuen architektonischen Wirklichkeit kommt,
liegt dann nicht mehr in seiner Macht. Denn etwas radikal Neues wäre unvermeidlich
auch etwas radikal Unverständliches, wenn es sich nicht auf einen Anteil
an Wiederholtem stützt, der den Anteil des Neuen erst vor dem Hintergrund
des kulturellen Gedächtnisses als Architektur interpretierbar, also verständlich
macht. Ist dies nicht der Fall, dann kann sich daraus auch keine Wirklichkeit
konstituieren. Das erschaffene Werk bleibt, was es ist, ein menschliches
Artefakt. Erst die Selbstbeobachtung der Beobachter wird erkennbar machen,
ob es in der Person und / oder dem Werk liegende Unterscheidungsmerkmale
gibt, die es ermöglichen, von Architektur zu sprechen, und es damit erst
im Prozess der Interpretation dazu zu machen. Der Kontingenz der Selbstbeobachtung
wird es zu verdanken sein, dass es Beobachter gibt, die eine solche Möglichkeit
nicht sehen. Beobachter niedrigerer Ordnung beobachten das Werk letztlich
nicht mehr unmittelbar, sondern vermittelt über vorhergehende Beobachter.
Sie tun dies in dem Wissen der Unzulänglichkeit der eigenen Urteilskraft
und im Vertrauen auf Beobachter, denen sie im guten Vertrauen genau diese
Urteilskraft unterstellen.[81]
Dies betont die herausragende Stellung des Beobachters zweiter Ordnung,
dessen Erkennen und Handeln Interpretation zweiter Ordnung ist, sowie
der Selbstbeobachtung insgesamt, die zur Konsequenz hat, dass architektonische
Wirklichkeit, „ähnlich wie Leben und Bewusstsein“, eine akteurslose, emergente,
im Prozess der Interpretation hergestellte Realität ist.[82]
Die Exemplifizierung anhand des »radikal Neuen« hebt hervor, dass es damit
eine Wirklichkeit mit »anti-diastratischem«, also Gesellschaft und ihre
Schichtung ignorierendem Absolutheitsanspruch, nicht geben kann. Für den
Interpretationsprozess selbst ist dagegen lediglich entscheidend, dass
es eine zeichenhafte und beobachtbare Differenz gibt, die bedeutsam sein
kann, und nicht, wie groß diese Differenz ist, wie hoch also der Anteil
des Neuen im Vergleich zum Bekannten in dieser Differenz ist.
Den Massenmedien kommt in diesem Prozess die herausragende Stellung eines
Beobachters zweiter Ordnung zu, mit der zusätzlichen Eigenschaft, dass
sie durch ihre massenhafte Präsenz die Selbstbeobachtung der Gesellschaft
wesentlich erleichtern. Sie sind in dieser Eigenschaft sowohl Interpret
als auch Interpretant. Beobachter zweiter Ordnung, die ihre Beobachtung
mit Hilfe und durch Massenmedien verbreiten, werden von Beobachtern dritter
Ordnung bei ihrer Beobachtung beobachtet, damit im Prozess der Semiose
zum Zeichen einer Differenz, die wiederum interpretiert wird. Massenmedien
allein stellen damit keine Realität her, die nicht ebenfalls schon gesellschaftlich
vorformatiert wäre – ihr Markt ist der des Verstanden-Werdens – und ihre
Beobachtung ist gleichermaßen darauf angewiesen, interpretiert zu werden,
um sich als Wirklichkeit etablieren zu können. Die Kontingenz jeder Beobachtung
und Interpretation führt im Feuilleton einer Tageszeitung zu einer architektonischen
Wirklichkeit, die eine andere als die eines Reiseführers ist, auch wenn
sie sich partiell überschneiden mögen.
Architektonische Wirklichkeit braucht damit Produzenten, braucht Produkte
und braucht auch den gesamten Produktionsablauf – in holistischer Manier
braucht sie aber alles zugleich, um tatsächlich entstehen zu können.
5. Fazit
Dieser kleine Ausflug in die Systemtheorie und die neuere Sprachphilosophie
mit einigen ihrer vielleicht einflussreichsten Vertreter lässt deutlich
erkennen, dass es ein disziplinenübergreifend stabiles Konzept der Interpretation
als wirklichkeitsstiftendes Prinzip menschlichen Daseins gibt. Wirklichkeit
ist auf diese Weise als kulturell hergestellt definiert, und damit sind,
was nicht unumstritten ist, durchaus auch die Naturwissenschaften gemeint.[83]
Er hat außerdem gezeigt, dass jedes einzelne Element des Interpretationsprozesses,
ob Individuum oder Gesellschaft, Vergangenheit oder Gegenwart, Symbole
oder Zeichen, Bild oder Schrift, Wahrnehmen oder Verstehen – allgemein
formuliert: die Dialektik von Mensch und Welt – notwendig als Teile dieses
Prozesses anerkannt werden müssen, erst der Blick auf ihre gleichrangigen
Interdependenzen jedoch hinreichend ist, um Interpretation als semantischen
Holismus verständlich zu machen.
Damit geht eine ‚Verabschiedung des Subjekts’ einher, der einzelne Mensch
steht nicht mehr im Zentrum dieser Prozesse, sondern ist gleichberechtigter
Teil von ihnen, wie alle anderen Teile auch. Das Netz der Überzeugungen
ließe sich so in gewisser Weise auch als Netz von Gummibändern charakterisieren,
als Netz, das jedem Menschen Freiheitsgrade in seinen Handlungen lässt,
das ihn aber zugleich stets daran erinnert, dass allzu große Abweichungen
am flexiblen Widerstand des Verbundenseins mit anderen Menschen scheitern
werden.
Auch die Bourdieu’sche ‚Suche nach Differenz’ gibt den sozial induzierten
Prozess der Ausdifferenzierungen vor. Sie werden selbst unmittelbar zu
Zeichen ihrer Differenz und stellen damit die Austauschbarkeit sicher,
da sie mittels des Verweises auf eine Bedeutung, die nicht in den Zeichen
selbst liegt, sondern in der Konventionalisierung ihres Gebrauchs, auf
vergleichbare Phänomene übertragbar sind – bis sie sich durch weitere
Ausdifferenzierungen erneut teilen. Ein beinahe biologisch anmutender
Prozess, den wir hier vorsichtshalber Interpretation der Kultur als Kultur
der Interpretation nennen wollen.
Architektur ist als soziale Praxis bis hin zu ihren Ursprüngen eine solche
permanente Ausdifferenzierung. Wir haben die gesamte Bandbreite dieser
sozialen Praxis anklingen lassen, von Wirklichkeiten, die in ihrer scheinbaren
Objektivität kaum in Frage gestellt werden bis zu solchen, deren Bedeutungsinhalte
kaum über kleine gesellschaftliche Gruppierungen hinausreichen. Einen
auf dem Wege der Unwahrscheinlichkeitsannahme, also der Dekonstruktion
analysierbaren, abstrahierbaren und damit kontextunabhängig reproduzierbaren
Kern, eine vorkulturelle und damit vorinterpretatorische Phänomenologie
der Architektur kann es damit nicht geben. Sie erhält stets durch Interpretation
einer Ausgangsdifferenz, die nicht in ihr selbst, sondern in ihrer kulturellen
Vorformatierung liegt, einen »Mehrwert«, der sodann das Wesen ihrer kulturellen
Wirklichkeit ist. Sie ist damit zugleich gesellschaftliche Realität, da
sie als Zeichen der kulturell hergestellten Wirklichkeit wahrnehmbare
Eigenschaften hat, die auf nichtwahrnehmbare Sinnhorizonte der sie hervorbringenden
Kultur verweisen.
Dieses Verständnis von Architektur als eine durch Interpretation hergestellte
Wirklichkeit ist weder durch Reduktion noch durch Komplexität charakterisiert,
denn es erkennt die praktisch – im Sinne von: durch soziale Praxis entstandenen
und weiter entstehenden – unendlichen Ausdifferenzierungen von Architektur
nebst all ihren Merkmalen und Phänomenen vorbehaltlos an – und auch wenn
es die soziale Praxis dabei zugleich voraussetzen muss, ist das so definierte
Architekturverständnis damit wesentlich vorbehaltloser, als so manche
Behauptung architektonischer Wirklichkeit verstehen möchte.
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Yanow, Dvora; Schwartz-Shea,
Peregrin (Hrsg.) (2006); Interpretation and Method. Empirical Research
Methods and the Interpretive Turn. (M.E. Sharpe, Armonk, London).
Yanow, Dvora (2006);
Philosophical Presuppositions and the Human Sciences. In: Yanow,
Dvora; Schwartz-Shea, Peregrin (Hrsg.); Interpretation and Method.
Empirical Research Methods and the Interpretive Turn. (M.E. Sharpe,
Armonk, London).
Anmerkungen:
[1]
Reichlin, Bruno (Salzburg; 2001) S. 22.
[2]
Bertram, Georg W. et. al (Frankfurt am Main; 2008) S. 9.
[3]
Yanow, Dvora; Schwartz-Shea, Peregrin (Armonk, London; 2006) S.xi;
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 67 f.
[4]
Rorty, Richard (Ithaca and London; 1991) S. 60.
[5]
Bertram, Georg W. et. al (Frankfurt am Main; 2008) S. 10 f.
[6]
Eco, Umberto (Frankfurt am Main; 1977) S. 108.
[7]
Cassirer, Ernst (Hamburg; 2007) S. 49.
[8]
Luhmann, Niklas (Bern; 1992) S. 63.
[9]
Putnam, Hilary (Frankfurt am Main; 1991) S. 35.
[10]
Diese Formulierung ist dem Versuch geschuldet, eine Position der Neutralität
zu wahren beim Bemühen, die (sprach-) philosophische Entwicklung seit
Ferdinand de Saussure als Übergang vom Strukturalismus zum Post-Strukturalismus
(Münker/Roesler), Formalismus zum Post-Formalismus (Bertram et. al.)
oder vom strong holism zum weak holism (Bohman) begrifflich
zu erfassen.
[11]
Münker, Stefan; Roesler, Alexander (Weimar; 2000) S. 8.
[13]
Luhmann, Niklas (Bern; 1992) S. 63.
[14]
Ulf Harendenski bezeichnet Ecos Interesse an „der Kultur“ als sozialwissenschaftlich
geprägt (Harendenski; Gloy 1996 S.67); Nach Putnam ist der differenztheoretische
Bezug in einer Sprache ein soziales Phänomen (Putnam 1991, S. 58).
[15]
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 85.
[16]
Eco, Umberto (Paderborn; 2002) S. 33.
[17]
Daniel Chandler beklagt in seinem auch im Internet abrufbaren Buch
„Semiotics for Beginners“, dass „much of what is written about
semiotics is written as if to keep out those who are not already ‚members
of the club“. (Chandler, Daniel (1994) [Zugriff am 07/04/2008].
[18]
Burkart, Günter; Runkel, Gunter (Frankfurt am Main; 2004) S. 17.
[19]
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 68.
[20]
Shusterman, Richard (Wien; 1996) S. 67.
[22]
Polemik ist der Debatte um den Interpretationsbegriff ohnehin nicht
fremd. Sie äußert sich beispielsweise in der von Susan Sontag geäußerten
Ansicht, die Interpretationspraxis ersticke „jegliches Kunsterlebnis
in einem überflüssigen Theorierahmen“, der darauf geäußerten
Replik Shustermans, Sontags Positionen verrieten einen „naiven Realismus“
(Shusterman; 1996, S. 70 ff.) – wobei Helge Schalk darauf hinweist,
Sontags Kritik lasse sich gar nicht, wie von Shusterman behauptet,
auf den weiten Interpretationsbegriff des hermeneutischen Universalismus
anwenden – bis hin zur Forderung nach der Abschaffung des Interpretationsbegriffs
(Schalk; 2000 S. 11 ff.) Sie offenbart aber auch unserer Auffassung
nach, dass eine präzise Begriffsbestimmung und -abgrenzung der Interpretation
noch aussteht, mindestens aber noch nicht genügend verbreitet ist.
[23]
Bertram, Georg W. et. al (Frankfurt; 2008) S. 10.
[24]
Hiley, R. David; Bohman, James F.; Shusterman, Richard (Ithaca and
London; 1991) S. 8.
[25]
Man mag sich dabei auch an die schwierige Klärung des Kulturbegriffs
erinnert fühlen, der in seiner definitorischen Bandbreite vom Sängerabend
des Heimatvereins bis zum Horizont jeglichen menschlichen Einflusses
reicht.
[26]
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 13 f.
[27]
„Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist
das Mystische.“ So hat es Wittgenstein, „der größte Sprachphilosoph
des 20. Jahrhunderts in seinem ersten philosophischen Meisterwerk“
formuliert (Shusterman; 1996, S. 98).
[28]
Shusterman, Richard (Wien; 1996) S. 81.
[29]
Eco, Umberto (Paderborn; 2002) S. 299.
[30]
Tschumi, Bernard (Basel, Boston, Berlin; 2003) S. 169.
[31]
Oakes, Guy (Frankfurt am Main, 1990) S. 29.
[32]
Bertram, Georg W. et. al (Frankfurt am Main; 2008) S. 169 f.
[33]
Luhmann, Niklas (Stuttgart; 2001) S. 97.
[34]
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 67.
[35]
Bertram, Georg W. et. al. (Frankfurt am Main; 2008) S. 21 (Klammerangaben
durch die Autoren).
[36]
Münker, Stefan; Roesler, Alexander (Weimar; 2000) S. 128.
[37]
Luhmann, Niklas (Bielefeld; 1990) S. 8. Luhmann gibt hier eine Formulierung
Eva Meyers wieder und führt damit einen dritten Ausdruck für das ein,
was er an anderen Stellen selbst synonym als Kontext oder Umwelt bezeichnet.
Dieser Form der Begriffsverwendung schließen wir uns im hier gegebenen
Rahmen an, ohne damit zum Ausdruck bringen zu wollen, dass eine weitere
Differenzierung insbesondere im Verhältnis zum alltagssprachlichen
Gebrauch der Begriffe nicht trotzdem ratsam sein kann.
[39]
Böhme, Hartmut (2000) [Zugriff am 06/05/2008]; Klammerangabe im Original.
[41]
Assmann, Jan (München; 2005) S. 135. Assmann vergisst nicht, die Paradoxie
der Verwendung des Naturbegriffs einzuräumen.
[42]
Luhmann, Niklas (Bielefeld; 1990) S. 8.
[43]
Shusterman, Richard (Wien; 1996) S. 80.
[44]
Putnam, Hilary (Frankfurt am Main; 1991) S. 162.
[45]
Bertram, Georg W. et. al. (Frankfurt am Main; 2008) S. 13.
[46]
Luhmann, Niklas (Stuttgart; 2001) S. 125.
[47]
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 78.
[48]
Bertram, Georg W. et. al. (Frankfurt am Main; 2008) S. 93.
[49]
Gloy, Klaus (Aachen, 1996) S. 35.
[50]
Schalk, Helge (Würzburg; 2000) S. 112.
[51]
Gloy, Klaus (Aachen, 1996) S. 35.
[53]
Shusterman, Richard (Wien; 1996) S. 83.
[54]
Putnam, Hilary (Frankfurt am Main; 1991) S. 35.
[55]
Baudrillard, Jean (Graz; 1999) S. 20 f.
[56]
Selle, Gert (Frankfurt / New York; 1993) S. 9.
[57]
Luhmann, Niklas (Stuttgart; 2001) S. 76 ff.
[59]
Dies legt, zugegebenermaßen provokativ und ohne die Verfolgung eines
gleichlautenden Anspruchs, der Titel des Buchs „Disappearing Architecture“
nahe, in dem – einmal mehr – „a new kind of architecture“ gefordert
wird. (Flachbart, Weibel 2005, S. 8)
[60]
Beutelspacher, Albrecht; Petri, Bernhard (Mannheim; 1995) S. 10.
[62]
Baecker, Dirk (Bielefeld; 1990) S. 75.
[63]
Eco, Umberto (Paderborn; 2002) S. 353 ff.
[64]
Tschumi, Bernard (Basel, Boston, Berlin; 2003) S. 169.
[65]
Tange, Kenzo (Basel, Boston, Berlin; 2003) S. 157.
[66]
Lefebvre, Henri (Malden; 1991) S. 200 (Kursiv im Original).
[67]
Eco, Umberto (Paderborn; 2002) S. 310.
[68]
Luhmann, Niklas (Bielefeld; 1990) S. 75.
[70]
Bertram, Georg W. et. al. (Frankfurt am Main; 2008) S. 19.
[71]
Luhmann, Niklas (Stuttgart; 2001) S. 278.
[72]
Putnam, Hilary (Frankfurt am Main; 1991) S. 63.
[73]
Luhmann, Niklas (Bielefeld; 1990) S. 11.
[74]
Yanow, Dvora (Armonk, London; 2006) S. 19.
[76]
Assmann, Jan (München; 5. Auflage, 2005) S. 40.
[77]
Tschumi, Bernard (Basel, Boston, Berlin; 2003) S. 173.
[78]
Assmann, Jan (München; 5. Auflage, 2005) S. 212.
[79]
Bourdieu, Pierre (Frankfurt am Main; 1987) S. 734.
[81]
Putnam, Hilary (Frankfurt am Main; 1991) S .58.
[82]
Luhmann, Niklas (Stuttgart; 2001) S. 97.
[83]
Bohman, James F. (Ithaca and London; 1991) S. 148.
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