ARCHITEKTUR DENKEN
40 Jahre kritische Architekturtheorie – 40 Jahre Igma

13. Jg., Heft 2, März 2009

 

___Eduard Heinrich Führ
Cottbus
  Die Kunst des Konjunktivs
Plädoyer für eine selbstbewusste Theorie der Architektur[1]

 

    Vorbemerkung

Mit der Untersuchung des konjunktivischen Charakters einer selbstbewussten Theorie der Architektur geht es mir um die Fragen, ob und inwieweit Architektur als Kunst auch Wissenschaft ist, was die Wissenschaftlichkeit der Architektur als Wissenschaft ausmacht, ferner was in diesem Zusammenhang eine Theorie der Architektur sein könnte und welche Aufgaben sie hätte.


1. Architekturverständnisse und die Wissenschaftlichkeiten von Architektur


Ob Architektur als Kunst auch Wissenschaft oder Kunst ist, hat natürlich viel damit zu tun, wie man Architektur versteht[2].
 

- architectura als ‚Theorie’

Der architectura-Begriff in Antike und Mittelalter unterscheidet sich von unserem heutigen Verständnis von Architektur. Liest man bei dem bis zum Ende des Mittelalters als Referenz genommenen Vitruv nach, so erkennt man, wie wichtig es diesem ist, zwischen aedificatio und architectura zu unterscheiden. Aedificium/aedificatio ist das, was wir heute unter Gebäude/Bauwesen verstehen, architectura hingegen wird ganz im Unterschied zum heutigen Verständnis von Architektur als ‚theoretische’[3] Ordnung verstanden, die sowohl für die aedificatio wie aber auch für den Maschinenbau oder in der Astronomie gilt (dazu siehe Führ 2000); architectura bei Vitruv lässt sich deshalb weder als Architektur noch als Baukunst (Fensterbusch) übersetzen. Ich halte den Begriff der Ordnung für angemessener, wobei sie nur als Ordnung von etwas – eben der aedificatio – existieren kann und sich nicht verselbständigen oder verabsolutieren lässt. Vitruv kannte sicherlich[4]  Marcus Terrentius Varros Aufzählung der neun Disziplinen (siehe die Fragmente aus Disciplinarum libri IX), zu denen dieser neben der Medizin und den später klassisch werdenden sieben ‚artes liberales’ der Dialektik, Grammatik, Rhetorik (Trivium) sowie Musik, Astronomie, Geometrie, Arithmetik (Quadrivium) auch die architectura hinzuzählte. architectura ist wie die Geometrie oder die Grammatik ‚Kunst’, d. h. zu dieser Zeit ein absolutes, regelhaftes und regelgebendes sowie in einer spezifischen Ordnung strukturiertes und Ordnung verleihendes System, das so ist und nicht anders sein kann, mit der das Konkrete, das so oder anders sein kann, in eine wahre Ordnung gebracht wird. architectura ist kein materialer Gegenstand, keine bauliche Anlage, nicht Architektur.

Dieses Verständnis hält sich bis weit in das späte Mittelalter[5]. Thomas von Aquin (ca. 1226-1274) etwa differenziert in untere artes mechanicae und übergeordnete artes liberales, wobei jede ars mechanica aus einer ars architectonica (imperans, principalis, superior), d. h. aus einer leitenden Kunst und zum anderen aus einer ars famulans (subministrativa, subserviens, exsequens, subalterna inferior), also aus dienenden und ausführenden Bereichen (Th.v.A.; In librum Boethii de trinitate, ps 1 qu2, ar2,ra1; S. 524 und Th.v.A.; summa contra gentiles, 1,1,2; S. 1) besteht [6]. architectura ist immer noch nicht Architektur in unserem heutigen Sinne.
architectura ist ei diesen Autoren insofern Wissenschaft – und ich benutze den Begriff von Wissenschaft hier ganz vorwissenschaftlich – als sie den Grund des Seienden, arche, enthält und insofern wahr ist. Sie ist insofern keine Wissenschaft, als sie das Haben und das theoretische Gewinnen der Prinzipien und der Wahrheit weder methodisch durchdenkt noch die Ergebnisse reflektierend evaluiert.
 

- Architektur als Zivilisation

Zugleich setzt sich aber im Spätmittelalter das heutige Verständnis von Architektur durch. Vinzenz von Beauvais (ca. 1190-1264) etwa schildert in seiner Schrift speculum majus (Spec doctr. 11,1) das Verhältnis von liberalen und mechanischen Künste. Letztere bestehen nach seiner Meinung ebenfalls aus sieben Disziplinen, aus lanificum, armatura, navigatio, agricultura, venatio, medicina, theatrica, wobei armatura auch die architectura umfasst, mit der – wie aus dem Kontext ersichtlich – nun das Bauwesen/die Architektur gemeint ist.
Mit Alberti dann wird der Umbruch zu einem neuen Verständnis von architectura deutlich.
Dabei bin ich der Meinung, dass Alberti zwei (!) größere Publikationen zur Architektur veröffentlicht hat, die sich beide ergänzen und seinen weiten Architekturbegriff deutlich machen. Dies ist einmal die Schrift della famiglia mit ihren vier Büchern aus den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts (erst 1843 gedruckt) und die Schrift de re aedificatoria[7] mit ihren zehn Büchern von 1452. In beiden geht es um „multas et varias artes que uitam bene beateque agendam" (Alberti 1452, Blatt 1), um unterschiedliche Künste, welche zu einem guten und glücklichen Leben führen. Im Gegensatz zu Vitruv, für den es das Feuer war, ist es für Alberti die Architektur selbst, ihre Mauern und Dächer, die die Menschen in eine humane und res-publikanische Zivilisation bringt. Dabei dient die Architektur zwar auch zum Schutz vor den Unbillen der Natur, besonders aber geht es  darum, die Bedürfnisse des Lebens zu befriedigen, die Menschen zu humanisieren und das öffentliche und private Wohl zu befördern (Alberti 1452/1912, S. 10). Architektur ist für Alberti das Medium, das Leben der Menschen miteinander zum Guten hin zu entwickeln und in allen Hinsichten harmonisch (concinnitas) zu gestalten, um sie glücklich zu machen. Da die Menschen und ihr Leben im Mittelpunkt des Architekturverständnisses von Alberti stehen, werden seine Propositionen über die Gestaltung von Architektur in Bezug auf Wahrnehmung, Erfahrung und Aneignung der Architektur gemacht. Dabei spielt die architectura (im alten, theoretischen Verständnis) bei ihm als linea mentis (als anzeichnende geistige Struktur) durchaus noch eine wichtige Rolle, solle aber nicht verabsolutiert werden, sondern müsse von dem Architekten zur Form der Materie praktisch umgesetzt und realisiert werden.
Ich kann hier nicht ausführlicher auf die weitere Geschichte dieses Verständnisses von Architektur eingehen, zu erwähnen wären aber sicherlich der Funktionalismus, der Architektur als gute poietische und praktische materiale Ordnung eines Lebens-Mittels versteht oder die Environmentalisten, für die Architektur eine gute materiale Umwelt, die in der wahrnehmenden und handelnden Aneignung sowie im praktischen Gebrauch den Menschen ein gutes Leben ermöglicht, ist oder das politische Verständnis von Architektur, das sie als bauliche Erzeugung einer guten res-publica sieht.
Bei Alberti besteht die Wissenschaftlichkeit in der klaren sprachlichen Setzung und Verfasstheit seiner Aussagen, im klassifizierenden Unterscheiden von Sachverhalten, im Bezug auf Autoritäten und damit in der Einbindung in einen Wissenskontext und in einer als Ursprungsforschung verstandenen Ursachensuche, was nun einem modernen Verständnis von Wissenschaftlichkeit nicht entspricht. Die Funktionalisten sehen die Wissenschaftlichkeit in der Übernahme soziologischer Denkweisen und im Übergang vom Zufälligen zum Notwendigen und Absoluten, indem die Inhalte und Funktionen der Architektur, die zugleich die Inhalte des Lebens sind (Wohnen, Arbeiten, Freizeit / Essen, Schlafen, Kochen) je nach Architekten, als überhistorische Wesen, als überindividueller Habitus, als traditionale Typologien oder als flexible Kombinationen fixer kultureller Patterns genommen werden. Die so verstandene Wissenschaft führt zum Verlust des Transitorischen, Unfassbaren, Individuellen, Konkreten und Komplexen der Wirklichkeit.
 

- Architektur als Schöne Kunst / bel art

Bereits mit der Gründung der Académie royale d’architecture, 1671, wurden wichtige Schritte getan, die Architektur als Schöne Kunst zu denken. In der Mitte des 18. Jahrhunderts macht dann Abbé Batteux in seiner Schrift 'Les beaux arts réduit à un même principe' (1746) den entscheidenden Schritt (ich folge hier weitgehend Kristeller 1952) zur Etablierung eines Systems der 'Schönen Künste' (Musik, Literatur, Malerei, Skulptur, Tanz), zu dem er allerdings die Architektur noch nicht zählt. Weitgehend im Bezug auf Batteux wird dann aber bereits drei Jahre später in einer anonymen englischen Publikation[8] die Architektur dem Bereich der Schönen Künsten  zugeordnet. D'Alemberts setzt in Frankreich in der von der Sinnlichkeit ausgehenden Einleitung zur 'Encyclopädie' die Definition der Schönen Künste durch und zählt zu ihr dann auch die Architektur; sie sei zwar aus dem Bedürfnis heraus entstanden, überwinde es dann aber durch das Prinzip der Symmetrie und sei so zur Nachahmung des Schönen fähig.
Das Schöne der Architektur als Kunst liegt zum einen in der gelungenen Verwirklichung von nunmehr ästhetisch verstandenen Proportionen bzw. in der Transitfähigkeit zu einer de- oder entmaterialisierten, höheren und eigentlichen geistigen, göttlichen, metaphysischen, idealen oder traditionalen Wirklichkeit.
Die Verständigung über Architektur als Schöne Kunst ist dabei zweitens und in gewisser Weise folgerichtig - verbunden mit einer Ablehnung eines Funktionalismus’; dabei hat diese Haltung zwei Richtungen, einmal gegen die utilitas und zum anderen gegen eine Zweckmäßigkeit.
Utilitas wird in der Folge einer idealistischen Romantik , wie sie etwa von Schlegel oder Novalis formuliert wurde und des – vor allem deutschen – Idealismus, für die Kunst eine wie auch immer geartete Repräsentation oder Realisation eines numinosen, absoluten oder vollkommenen Seins ist, als Bindung an das Materiale, Zufällige, Banale, Alltägliche, Vergängliche und Animalische angesehen und deshalb als Gegenpart zur Kunst, als dasjenige, das man gerade zur Kunst verlassen muss. Mit der Ablehnung der utilitas wird das Niedere (das vorher als das ‚Niedere’ definiert wird), das Materiale, das alltägliche Leben, die Welt (in allen ihren Verständnissen), der körperlich gebundene Leib, das Konkrete, verdrängt. Es findet sich in einigen Neogotiktheorien (hier sei Pugin erwähnt), aber auch Symbolismus, in einem Verständnis von Architektur als Bedeutungsträger, heute in idealistischen Architekturphänomenologien.
Zweckmäßige Architektur, also Architektur, die sich definiert durch einen Zweckbezug auf ein Anderes, steht seiner eigenen Vollkommenheit entgegen und kann deshalb Kunst nicht sein. Nur eine innere Zweckmäßigkeit, eine In-Sich-Vollendetheit, könne Kunst sein (so etwa Karl Philipp Moritz, 1785).
Ein zweiter Ansatz des Verständnisses von Architektur als Schöner Kunst bietet sich in einer Art phänomenischem Verständnis von Baukunst, die dabei Architektur nicht zur Aufschließung metaphysische Entitäten, sondern zur Generierung ästhetischen Wohlgefallens der Rezipienten und Nutzer verstehen[9].
Das Verständnis von Architektur als Schöner Kunst sperrt gegenüber der Wissenschaft weitgehend. Das liegt am Verständnis von Architektur als Kunst, aber auch am – in den unterschiedlichen Positionen stets etwas unterschiedlichen – Verständnissen von Wissenschaft. Wissenschaft zerstöre – so wird gesagt – durch Rationalisierung die Numinosität oder das unmittelbare und damit eigentliche Erlebnis und durch zerlegende Analyse die ideale durch Einheitlichkeit ausgezeichnete Identität. Selbst eine methodisch einigermaßen abgesicherte Interpretation wird bereits als Verwissenschaftlichung und damit als Zerstörung des Kunstcharakters der Architektur angesehen.

Ein drittes Verständnis definiert Architektur als ein Objekt, das sich zu einem Kunstwerk durch seine formalästhetische Gestaltung etabliert, möge diese nachmessbar oder vom Geschmack abhängig sein und als formales, skulpturales, lichtdramaturgisches, raumkünstlerisches, materiales oder technisches ästhetisierendes Spiel verstanden sein.
Wissenschaft ist akzeptiert als Untersuchung, wie man die Kunstwerk herstellt, als Beschreibung bzw. Verbalisierung seiner Wirkung und als methodisch reflektierte, kunstwissenschaftliche Untersuchung der Reaktionen der Rezipienten.
 

- Architektur als Kunst der Erkenntnis

Natürlich wird das Machen von Architektur insgesamt – nicht nur der bauingenieurliche Anteil, für den wissenschaftliches Denken selbstverständlich ist – wissenschaftstheoretisch ganz klassisch auch als Gewinnung von Erkenntnis genommen und verstanden. Das Bauen wird dabei gewissermaßen als eine Art Experiment verstanden, das Gelingen des Baus als Wahrheitsbeweis des dem Bauen zugrunde liegenden Entwurfs’konzepts‘[10], bzw. der Erkenntnishypothese. Das ‚Gelingen‘ wird dabei bisweilen bereits in der Vollendung der Realisierung oder als Akzeptanz (formuliert als die Aussage, der Bau werde ‚angenommen‘[11]) gesehen. Dieses Vorgehen wird aber kaum systematisch, methodisch und wissenschaftstheoretisch abgesichert durchgeführt, was auch damit zu tun hat, dass die zu gewinnende Erkenntnis, das Hypothetische des ‚Konzepts‘ des Experiments nicht explizit gemacht ist und deshalb nicht rational und methodisch abgesichert überprüft werden kann.
Es sind eher alltägliche Dramen und  menschliche Schicksale, die zur Reflektion über die tatsächliche Qualität des Wohnungsbaus, Aufruhr und angezündete Autos in den Vorstädten, die zum Anlass zur Überprüfung stadtplanerischer Setzungen führen.

Die Frage ist auch weniger, ob man Erkenntnisse über Architektur gewinnt, auch nicht ob man vorab gewonnene Erkenntnisse in der Architektur materialisiert, sondern ob die Architektur als solche eine Kunst des Erkennens ist.
Ein intendierte Verständnis von Architektur als Kunst der Erkenntnis findet sich bereits in Baumgartens Schriften (1750, 1758), in denen Ästhetik als eine, neben einem oberen Erkenntnis­vermögen (Logik des Verstandes) stehende Möglichkeit zu sinnlicher Erkenntnis gesehen wird. Eine scientia cognitionis sensitivae sei in der Lage, die durch die Abstraktheit des Begriffes nicht zu fassende konkrete Fülle und Komplexität der Wirklichkeit zu ergreifen. Wie der Verstand die Logik, so hat auch diese scientia ein spezielles Erkenntnisvermögen (analogon rationis), mit dem richtige und vollständige Erkenntnis (Schönheit) gewonnen werden könne.
Das Verständnis von Kunst als eine spezifische Weise von Erkenntnis basiert zumeist auf einer Aufhebung der ansonsten oft gemachten strikten und wie ich meine, auch artifiziellen – Trennung von Sinnlichkeit und Verstand, bzw. von Sinnlichkeit und Begriff oder Sinn.
John Dewey geht es in Art as Experience (1934); in deutsch  Kunst und Erfahrung) um die Erfahrung von Architektur und in Architektur; der Parthenon ist für ihn erst dann von ästhetischer Bedeutung, wenn er in einem Menschen eine Erfahrung bewirkt (Dewey 1934/1988, S. 10) und wenn sich in ihm Erfahrung der Menschen verdichtet hat. Erfahrung wiederum ist für Dewey nur dann als solche anzusprechen, wenn sie mehr ist als simple psychische Affiziertheit durch einen äußeren Reiz, wenn sie einen Vorgang vollständig erfasst, seine Entwicklung bis zu seiner Vollendung durchläuft und wenn sie zu einer abgegrenzten, bewusst gewordenen, sinnhaften und in eine Welt eingeordneten Entität geworden ist (Dewey 1934/1988, S. 47) Für ihn ist Kunst ein spezielles Medium der aktiv zu unternehmenden Erfahrung, die sich im Grunde nicht von der Erfahrung im Alltag unterscheidet, dennoch aber sich im Kunstwerk verdichtet und totalisiert: „Wir werden sozusagen in eine diese Wirklichkeit transzendierende Welt eingeführt, die gleichwohl die tiefere Wirklichkeit der Welt ist, in der wir mit unseren gewöhnlichen Erfahrungen leben“ (Dewey 1934/1988, S. 226). Die Einheit von Kunst und Erkenntnis stellt ganz besonders deutlich der von der Gestaltpsychologie her kommende Rudolf Arnheim in seinen beiden Publikationen Art and Visual Perception. A Psychology of the Creative Eye (1954; deutsch als Kunst und Sehen, 1965) und in Visual Thinking (1969; deutsch: als Anschauliches Denken, 1972) theoretisch und in beeindruckenden Beispielen dar. Kevin Lynch hat die gestaltpsychologischen Ansätze direkt in die Architektur umgesetzt und daraus eine städtebauliche Entwurfstheorie entwickelt (Lynch 1960). Für die Architektur ist dieses Verständnis zudem sehr eng an die Phänomenologie gebunden, insbesondere an Martin Heideggers Vortrag Bauen Wohnen Denken (1951). Heidegger sieht die Architektur (als Wohnen und vom Wohnen her gedachtes Bauen) nicht nur als Mittel der Erkenntnis einer vorab bestehenden Wirklichkeit, sondern als erkennendes herstellendes Hinstellen einer weltlichen Wirklichkeit.
Wissenschaft wird hier nicht als ein in seiner doppelten Bedeutung objektiver, d. h. sowohl allgemeingültiger oder gar absoluter  und zugleich gegenständlich externalisierter Corpus angesehen, wie man ihn in naturwissenschaftlicher[12] Sicht der Naturwissenschaftler findet, wo jede neue Forschung ein Stück weiter an dem einen Körper des Wissens weiterbaut oder in Promotionsordnungen deutscher Universitäten, wenn diese einen ‚Fortschritt des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnis‘ verlangen oder bei Kulturhistorikern, wenn diese personalisiert davon sprechen, dass ‚wir dies noch nicht wissen‘[13]. Wissenschaft ist für die Theoretiker von Architektur als Erkenntnis oder Erfahrung eine wiederum in doppeltem Sinne subjektive, d. h. kulturell bestimmte und innersubjektive zum Teil sozial verankerte, jedenfalls durchstrukturierte und in Architektur umgesetzte Welt.
Im Gegensatz zur externalisierten Wissenschaft fehlen hier allerdings Wahrheitskriterienkataloge und Methoden, die sich in den naturwissenschaftlich gesehenen Naturwissenschaften so einfach durch die Mathematisierung ergibt. Was heißt denn ‚analogon rationis‘ wenn sie eben gerade nicht ratio sein darf? Wie kann man in seiner Entscheidung sicher sein, ob die Heidelberger Brücke, an die Heidegger in seinem Vortrag denkt, eine Landschaft und damit eine Welt und sich selbst als Brücke entwirft? Wie kann man erfassen, was das für eine Landschaft, was das für eine Welt und was das für eine Brücke ist? Wie kann man die Wahrheit der Brücke unabhängig von Heideggers Statement erfassen? Was sind die Kriterien, was ist das Maß, mit dem ich das messe?
Was ist das Wahrheitskriterium einer Hermeneutik?


2. Über die Wissenschaftlichkeit der Architektur als Kunst

Ich hatte schon gesagt, dass es durchaus möglich ist, das antike Verständnis von architectura als Wissenschaft zu bezeichnen, wenn man nicht den modernen Wissenschaftsbegriff als Maßstab anlegt. Zudem steht außer Frage, dass es sich bei einer Reihe von Teilfächern um Wissenschaften handelt. Die Wissenschaftlichkeit der  Ingenieurwissenschaften etwa liegt darin, dass sie sich auf Empirie bezieht, sie mathematisiert, die der Geschichtswissenschaft, weil sie mit historischen Fakten und auch mit Empirie (wie etwa in der Bauforschung) arbeitet.

Es gibt einige Versuche, Baukunst zur Wissenschaft auszuweiten, etwa indem sie sie durch Einzel­ergebnisse anderer Wissenschaften bereichert. So etwa in technischer Hinsicht, Viollet-Le-Ducs Aufnahme von Untersuchungen Cuviers zum Knochenbau und zum Funktionieren von Gelenken (siehe Picon 1999, S. 315) oder die – zeitverzögerte – Übernahme des Begriffs der ‚circulation‘ aus William Harveys Arbeit über den Blutkreislauf (siehe Forty 1999, S. 213ff). Das gilt auch für die Integration von Erkenntnissen wie etwa im Funktionalismus aus der Betriebswissenschaft.
Diese einzelnen Übernahmen machen teilweise Sinn, manchmal schaden sie zumindest nicht. Oft erhalten sie bei Weiterführung der vorgegebenen Sprachregelungen eine neue, genuin architektonische Bedeutung; z. B. führt die Übernahme und Umwandlung von Konzept und Begriff der ‚circulation‘ in der Architektur letztlich zum Konzept des ‚Fließenden Raums‘.
Zumeist aber werden die jeweiligen epistemologischen Bilder und die wissenschaftstheoretischen Paradigmen aus den Ursprungswissenschaften in die Architektur übertragen, formen so Problemlösungsverhalten und blockieren genuin architektonische Lösungen. Der Bezug der Funktionalisten auf das ‚Scientific Management‘ der amerikanischen Autoindustrie in ihrem Versuch zur Verwissenschaftlichung der Architektur etwa führt zur unreflektierten Übernahme eines Verständnisses von ‚Analyse‘ als Zerlegung der Gesamtheit einer Sache bzw. als Zerlegung von Abläufen in distinkte Einheiten und zu einer Reduktion auf das Wesentliche, wobei das Wesentliche mit dem Wesen gleichgesetzt wird, ohne dass es zu einer eigentlichen Wesensforschung, bzw. -erforschung gekommen wäre. Das Wesentliche wiederum wird als Reduktion des Material- und Arbeitsaufwandes, also des Aufwands zu einem gegebenen Zweck, nicht als Reflexion über den Zweck und nicht als Chance über die Entwicklung eines neuen ‚wahreren‘ Zweckes genommen. Die Inhalte der Architektur, die zugleich die Inhalte des Lebens sind (Wohnen, Arbeiten, Freizeit / Essen, Schlafen, Kochen) wissenschaftlich zu nehmen, bedeutet je nach Architekten, sie als überhistorische Wesen, als überindividuellen Habitus, als traditionale Typologien oder als flexible Kombinationen fixer kultureller Patterns zu verstehen.
Bisweilen sind aber auch die Versuche, wie etwa die Umwandlung der Stadtplanung in eine Fraktalwissenschaft, nichts weiter als ein Cargo-Kult[14].

Zugleich gab es immer wieder Ansätze, die Architektur vollständig in eine andere, vorgegebene Wissenschaft umzuwandeln, ich darf hier nur an die Versuche der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnern, Architektur zur Kybernetik, zur Informationsästhetik, zur Semiotik oder zu einer Sozialwissenschaften umzudenken. So verstandene Verwissenschaftlichung macht Architektur eindimensional (und führt nebenbei zum Verlust des Transitorischen, Unfassbaren, Individuellen, Konkreten und Komplexen der architektonischen Wirklichkeit).

Ganz eigenartig und eulenspiegelig kommt mir der Versuch vor, eine Identität von Architektur und Wissenschaft zu konstatieren, indem man Bauten der Wissenschaft (wie Museen, Krankenhäuser oder Universitäten und physikalische Forschungseinrichtungen / dazu etwa  Galison/Thompson 1999) untersucht und damit – eher klammheimlich – Architektur nicht mehr als Disziplin und damit Wissenschaft nicht mehr als spezifisch begründete und spezifisch verfasste Ordnung der Erkenntnis, sondern beide als singulare tantum, zum einen für das Gebaute und zum anderen für konkrete akademische Institutionen nimmt. Das hat seinen Zusammenhang mit der Kulturtheorie Michel Foucaults, insbesondere seiner Analyse der Geburt des Gefängnisses und der dort vorgeführten Analyse von Benthams Idee eines Panopticons (Foucault 1975) oder mit der Diskussion von Athanasius Kirchers Versuch, im Bau- und  Belegungsplan der Arca Noë (1675) eine frühe Form klassifizierender Biologie zu verwirklichen. Wichtig – und das kennzeichnet das Architekturverständnis der Autoren – ist, dass Architektur hier in einer impliziten wissenschaftstheoretischen Setzung allein als Plan, also als explizites Wissen, verstanden wird und nicht die Umsetzung und der Gebrauch untersucht werden.
Das trifft sich mit Ansätzen, Architekturen in explizite Wissensbestände umzuwandeln. Ganz wichtig war in diesem Zusammenhang ein Buch von Frances Yates (The Art of Memory, 1966), das allerdings weniger für seine Entstehungszeit und auch weniger für die dort eigentlich betriebene geisteswissenschaftliche Untersuchung zur Rhetorik und der Benutzung von Gebäuden als mit Wissen assoziierbares Ordnungs­gerüst, das das Memorieren erleichtert steht, als vielmehr als Beleg und Beispiel für eine Umwandlung von Architektur in Wissensbestände und damit einer Entmaterialisierung der Architektur diente.
 

- Bauwissenschaft und Wohnwissenschaft

In den letzten Jahren etabliert sich im Rahmen der Diskussionen über Wissensgesellschaft in der Philosophie und Technikphilosophie in der Architektur eine ‚epistemic history of architecture‘. Sie überwindet zwei Gefahren. Zum einen vermeidet sie, Wissen einseitig als im Kontext von Theorien stehende und in eine Wissenschaft eingebundene, explizite Denkinhalte zu definieren. Wissen wird hier in seinen unterschiedlichen Formen, als ausdrückliches Wissen, als Erfahrung, als Intuition und als im Tun impliziertes Wissen angesehen. Zum zweiten geht es ihr nicht um addiertes und assoziiertes Wissen oder um Absichten (Pläne); das konkrete Gebäude wird als Quelle genommen (Bühring, Kieven, Renn, Schlimme 2006).
Das erforschte Wissen ist das Bauwissen, wenn ich das einmal so bezeichnen darf. Bauen ist handlungstheoretisch der poietische Teil der Architektur, das herstellende Tun, an dessen Ende der Bau steht. Man bezeichnet diesen herstellenden Anteil gewöhnlich auch als Architektur (1), etwa wenn man sagt, ‚ich studiere Architektur‘. Dies unterscheidet sich aber vom Verständnis von Architektur (2) als singulare tantum für die Gebäude, baulichen Anlagen, urbanen Räume und Strukturen. Es gibt noch einen eher ungewöhnlichen dritten Begriff von Architektur (3), mit dem man die Aufführung, die Aneignung als Gebrauch, Kontextualisierung und Weltentwurf bezeichnen kann, den man in gewöhnlicher Weise als Wohnen[15] bezeichnet.
Beim Bauwissen geht es um das Wissen der Produzenten von Architektur, nicht um das ihrer Nutzer, es geht nicht um deren Erfahrung. Es geht letztlich nicht um das Werk, sondern um die Bedingungen der Entstehung des Werks. Das ist natürlich mit Recht Gegenstand wissenschaftlicher Forschung.

Gleichwohl gibt es ein eigenständiges Wohnwissen. Der Unterschied zeigt sich aber z. B. bei einer gotischen Kathedrale: Natürlich steht hinter ihrem Innenraum das explizite, praktische und intuitive Wissen der Baumeister, wie er gebaut wird und wie er hält.  Im Werk ästhetisch vermittelt wird das aber gerade nicht. Es vermittelt den Besuchern einer Kathedrale eine Erfahrung vermittelt, die ihrem außerkirchlichen Alltag widerspricht: ‚es kann nicht halten, hält aber doch‘. Das Werk erzeugt bei den Nutzern das intuitive Wissen, dass es eine reale Möglichkeit zu einer außeralltagsphysikalischen Wirklichkeit gibt (wenn ich das einmal so sagen darf) mit allen theologischen Implikationen, auf die ich hier nicht näher eingehen kann.
Diese intuitive Erfahrung führt uns zum zweiten Wissens- und Wissenschaftsbereich der Architektur, dem Wohnwissen und der Wohnwissenschaft.
Auch hier ist es richtig, vom Werk auszugehen, und in der historischen Forschung bleibt auch in der Regel nicht viel mehr als das Werk. Gleichwohl geht es in der Frage nach einer Architekturwissenschaft um das in der Aneignung generierte Wissen. Blieb nur das Werk, so kann durch dieses hypothetisch und im Modus der Möglichkeiten auf dieses Aneignungswissen geschlossen werden.
Bei der Erforschung des Bauwissens sind die Forscher Experten, die sich aus einer positiven superioren Position des kumulierten und entwickelten Mehrwissens historisch zurück an Kollegen wenden. Beim Wohnwissen sind sie Experten, deren superiore Position ein Positivum und ein Manko zugleich ist. Ein Positivum, weil ihnen ein distanzierter Analysestandpunkt, wissenschaftlicher Kontext, Fachsprache und Rationalisierungskompetenz zu eigen ist, ein Manko, weil ihnen der unmittelbare Zugang, das eigentliche Haben der Architektur, der Einstieg in die Aufführung und die Aneignung fehlen.
 

- Der Wissenschaftsbegriff in der Architektur

Im 18. und 19. Jahrhundert löst sich die Wissenschaft von der Philosophie, dieser geht es um den direkten Zugang zur Wahrheit, der Wissenschaft um eine mediatisierte Wahrheit.
Sie wird im 19. Jahrhundert ein „…konditional-formuliertes, hypothetisch-deduktiv organisiertes System von Propositionen über einen begrenzten Erfahrungs- und Gegenstandsbereich …“ (Artikel ‚Wissenschaft’ im Histor. Wörterbuch der Philosophie, Bd. 12 2004, Spalte 921)
Beim klassischen Wissenschaftsbegriff wird Wissenschaft als Bereich über dem Gemachten (Fakten), nach dem Gemachten oder vor dem Machen gedacht, nicht als die Tätigkeit des Machens. Wissenschaft, so wie sie real existiert, konzentriert sich auf einzelne Kausalketten oder Prinzipien, die sie aus den Fakten herauszieht. Sie will erklären, warum der Apfel fällt, schon nicht mehr, warum dieser Apfel genau an diese Stelle gefallen ist und schon gar nicht, warum ein selbst gepflückter Apfel anders schmeckt als ein aufgelesener. Wissenschaft betreibt man als Grundlagenwissenschaft, bevor man handelt oder als Wissenschaft zur Gewinnung von Erkenntnis von den Ergebnissen des Handelns. Wissenschaft ist nicht gedacht als Erkenntnisgewinnung im Handeln.  Wissenschaft und Anwendung sind kategorisch voneinander getrennt. Man neigte lange Zeit dazu, dieses formalisierte und rationalisierte Wissen als das höhere anzusehen, weil man es als absolut, überindividuell, überkulturell und überhistorisch ansah. Im Rahmen der Entwicklung epistemologischer Forschungen (ich verweise hier wieder auf Bachelard) zeigten sich jedoch auch deren kulturelle Bedingtheiten und Bilderwelten.

Der bauwissenschaftliche Ansatz der ‚epistemic history of architecture‘ ist mir auch insofern sympathisch, als er als Wissen und Wissenschaft auch akzeptiert, was es neben dem ‚konditional-formulierten, hypothetisch-deduktiv organisierten System von Propositionen über einen begrenzten Erfahrungs- und Gegenstandsbereich‘ noch gibt.
Für die Wohnwissenschaft gilt hier sogar, dass das Erfahrungswissen eigentlich die höhere Wissensform ist. Denn unser Leben besteht nicht in einer Denkwirklichkeit[16], sondern ist eine leibliche Praxis innerhalb von uns entworfenen sinnhaften Welten. Das Wissen besteht aus Erfahrungswissen, Anwendungswissen und bewusstem Wissen; in jedem Fall ist es eingebettet in die Ordnung der Welt, die man in der Praxis stets generiert. Das Erfahrungswissen geht aufs Ganze. Das Wissen ist nicht ‚über einen Leisten geschlagen‘, es ist nicht in sich und miteinander konsistent. Das widerspricht dem klassischen Wissenschaftsbegriff, ist teilweise auch problematisch. Zugleich aber entgeht es dem großen Fehler, in der Generierung einer Wissenschaft die tatsächlich komplexe Wirklichkeit in eine eingegrenzte, klassifizierte, durchrationalisierte und damit eindimensionale Unterwelt umzuwandeln, der der weite Horizont und die Fülle des Lebens fehlt. Die im klassischen Wissenschaftsbegriff vorgenommene Trennung in Wissenschaft und Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse entfällt. Wissenschaft wird im Machen gemacht.
 

- Der Begriff der Theorie in der Architektur

‚Theorie‘ bezeichnet – vor allem oft in der Meinung von Praktikern – Traumtänzerei, Spinnerei und ein von der Wirklichkeit abgezogenes und bisweilen sogar abgehobenes Wissen, das kein Fleisch und Blut hat und die Unwägbarkeiten der Tatsächlichkeit nicht aufnimmt. Und diese Gefahr besteht in der Tat.

Theorie kann aber auch

    • ein verallgemeinertes aus der konkreten Praxis entwickeltes, strukturierendes Begreifen im Kontext meinen, das als mathematische Formel oder in generellen Aussagen formuliert wird,
    • meinen, dass das Einzelwissen zu einem Gesamtsystem entwickelt wird,
    • ein verallgemeinertes ohne eine Ableitung aus der Empirie ins Wesen einer Sache zielendes Verständnis meinen, bei dem das Konzeptuelle dieses Verständnisses, sein Entwurfscharakter, gleich mitgemeint ist. (Was hast Du denn für eine Theorie über die Ursachen der Bankenkrise?),
    • im Gegensatz zum Wissenschaftsbegriff ein das Sinnliche mit aufnehmende Begreifen von Wirklichkeit sein (Ritters Theoriebegriff als schauendes Begreifen),
    • als bewusstes – versprachlichtes und verschriftlichtes – Begreifen und Reflektieren über das eigene Tun

verstanden werden.

Etymologisch und begriffsgeschichtlich kommt das Wort ‚Theorie’ aus dem Griechischen und meint Anschauung, Betrachtung, Erkenntnis. In dem bereits benutzten ‚Historischen Wörterbuch der Philosophie’ wird auf den ‚theoros’, den Theoretiker, verwiesen, der in der Antike durch eine polis zur Teilnahme an Götterfesten und Orakeln abgeordnet wird. (Bd. 10, Spalte 1128)
Theorie ist Anteilnahme an der göttlichen Weisheit. Mit der Bezeichnung als Theorie geht es weniger um das Strukturelle, das Systematische, als vielmehr um das Dabeisein und um den Vollzug des höchsten Wissens.
Wenn man also fragen würde, ob Theorie Wissenschaft sei, so müsste man das strikt verneinen. Theorie ist nicht gleich Wissenschaft, sie ist vielmehr die einer Systematisierung zur Wissenschaft vorausgehende, arbeitende, prozessurale Anteilnahme an der Wirklichkeit; sie ist Präsenz der Wirklichkeit; sie bringt die arche, den Urgrund des Seienden zur Präsenz.
 

- Architekturtheorie und Theorie der Architektur

Als Architekturtheorie wird der Theoriebegriff im Sinne von bewusstem, versprachlichtem und verschriftlichtem Begreifen und Reflektieren von Architekten über das eigene Handeln und von dem praktischen Handeln in dieser Disziplin Nahestehenden über das Tun in dieser Disziplin verstanden. So ungefähr sind die in der unfassbar reichen und präzisen Anthologie Hanno-Walter Krufts versammelten Autoren und Schriften zu verstehen.
Kruft hat ein Verständnis von Architektur als Baukunst, dann wiederum ein Verständnis von Kunst bzw. von Baukunst, das sich weitgehend auf das Machen der Kunst und auf Intentionen des Künstlers von seinem Werk, nicht auf das Werk in seiner ästhetischen und praktischen Autonomie und nicht auf Gebrauch und Aneignung des Werkes und also auf die Nutzer bezieht.
Damit ist gesetzt, dass nur Autoren, die mit dem Herstellen befasst sind oder die ihnen oder dem Herstellen sehr nahe stehen, als Architekturtheoretiker einbezogen sind. Personen, die Architektur nutzen oder als Wissenschaftler und Theoretiker aus Nichtarchitekturdisziplinen kommen und deren Äußerungen, Texte und Schriften, sind hier nicht aufgenommen.

Ich würde diese Ausgrenzung als nicht gerechtfertigt ansehen. Ich würde von Theorie der Architektur sprechen, die zum einen die klassische Architekturtheorie als einen Teil in ihre Disziplin aufnimmt, zugleich aber Theorien über Architektur, die die erforderliche wissenschaftliche Substanz haben und den Gegenstand treffen, aufnehmen, egal von wem und woher sie kommen.


3. Über das Theoretisieren

Vitruv erläutert im ersten Buch seiner Schriften das innere – zeitlose – Grundgerüst der Architektur, ihre arche. Im zweiten Buch schildert er dann den zeitlichen Ursprung der Menschen und der Architektur und deren beider historische Entwicklung vom einfachen Menschsein und ihren Hütten hin zum Theoretiker  und der Architektur. Bereits bei Vitruv liest man, dass es das Feuer als kontingenter und äußerer Anlass, die Geselligkeit der Hominiden, die Entwicklung ihrer Sprache und ihre Fähigkeit, voneinander zu lernen, als gattungsspezifischer innerer Anlass waren, die die Hominiden zu Menschen zivilisierten und sich zu Theoretikern mit Blick aufs Ganze entwickeln ließen. Kommunikatives Sprechen (auf das ich mich im Folgenden noch genauer beziehen werde), Menschwerdung, Entwicklung zur Theorie und zur Architektur ist ein einziger – wenn auch komplexer – Prozess.

- Indikatives Sprechen

In der Architektur werden Aussagen zumeist im Indikativ gemacht. In Geschäft und Disziplin der Architektur werden zumeist der Indikativ und die Sprache überhaupt vorbewusst benutzt, um in ihr eine Aussage über eine Sache zu machen.

Nehmen wir einen Beispielsatz: Architektur ist Wissenschaft.
So weit so gut. Das ist die Sprache der Manifeste, des Entwurfs- und Projektmarketings und vieler Produzenten- und Nutzerstatements. Auch das ist wiederum OK, es ist aber nicht Theorie.
Wenn ich diesen Satz nicht nur als Feststellung und Aussage über eine Wahrheit nehme, sondern nach der in der Sprachlichkeit des Satzes formulierten Wahrheit frage, also die Sprache, die Versprachlichung der Aussage in den Focus meines Interesses nehme, so breche ich sofort durch das dünne Eis der Scheingewissheit.
Architektur ist Wissenschaft
Was besagt das Wort ‚Architektur’? Den Gegenstand, die Disziplin, Ordnung, ein Gebäude oder was sonst?
Was besagt das Wort ‚Wissenschaft’?
Oder was besagt das Wort ‚ist’?
Besagt es – um mich bei letzterem festzubeißen dass a (Architektur) = a (Wissen­schaft) ist, also dass Architektur und Wissenschaft identisch sind und es sich hier nur um zwei unterschiedliche Wörter für die gleiche Sache handelt? Architektur also zur Wissenschaft steht wie der Morgenstern zum Abendstern und zur Venus, die alle drei den gleichen Gegenstand bezeichnen?
Oder besagt es, dass a = a’ ist, dass also zwei ungleiche Entitäten gleich sind: Der Abendstern ist der Morgenstern, aber als Abendstern ist er etwas anderes – hier durch seinen zeitlichen Kontext am Ende des Tages im Gegensatz zu seiner Existenz am Anfang des Tages.
Oder gilt a = b, dass also a (der Abend- und Morgenstern) b (Planet Venus) ist, dass also ein Stern (a) ein Planet (b) ist.
Oder ist ausgesagt a = A, wobei damit a die Venus, ein Individuum und A die Gattung der Planeten gemeint ist?

Was ich also gerade metaphorisch als ‚Durchbruch durch das dünne Eis der Selbstgewissheit’ bezeichnet habe, führt in eine ‚negative Dialektik’ zwischen Begriff und Gegenstand und damit zur Theorie. Die Sprache selbst – wenn ich in ihr nicht nur den versprachlichten Aussagegegenstand sehe, sondern die Sprache selbst und ihre Beziehung zur Aussage – ist eigentlich bereits Erkenntnisarbeit und damit Theorie.
 

- Konjunktives Sprechen

Ich meine aber, erst im Konjunktiv entwickelt die Sprache ihre volle Macht als Theorie.
Nur zur Erinnerung: den Konjunktiv benutzt man im Deutschen beim Zurück­nehmen des Wichtigkeit der Aussage oder des Sprechenden, zur Betonung des Meinungs­charakters einer Aussage,  zur Präsenz von Fraglichkeit, bei einer irrealen Kondition, bei einer irrealen Konsekution, bei einer irrealen Konzession, in der indirekten Rede  und für den Potentialis, also zum Ausloten von Möglichkeitsräumen.
Ich möchte nun aber nicht der linguistischen Frage nachgehen, wie ich ein Verb konjugieren muss, um es für den Fall des Auftretens eines Konjunktivs richtig zu benutzen. ES geht mir vielmehr um das Sprechen im Konjunktiv, sogar um ein Denken im Konjunktiv, weil darin in besonderer Weise das Sprechen und Nachdenken über Architektur zur Theorie der Architektur werden könnte.
Lassen Sie mich aber dennoch ein paar Beispiele geben:


- Konjunktives Denken

Bei der Benutzung des Konjunktivs der indirekten Rede (I) (Vitruv sagt, Architektur sei eine Wissenschaft) wird der Autor in die Aussage hineingezogen und damit die Gemachtheit der Aussage, ihr Aussagecharakter hervorgehoben. Obwohl in voller Formulierung übernommen distanziert sich der Sprechende von der Aussage, er hält sie vor sich selbst, stellt sie sich gegenüber und tut anderen kund, dass sie einen Dritten als Autoren hat. Der Konjunktiv zeigt den Hypothesencharakter der Aussage an.
Die Benutzung des Konjunktivs (II) (Vitruv sagt, Architektur wäre eine Wissenschaft)
durch einen Autoren kann – in der indirekten Rede – einem Leser oder Zuhörer anzeigen, dass hier eine Aussage in der gleichen Form und im gleichen Sinn reproduziert wird, wie er ursprünglich gesagt oder geschrieben und gemeint war, dessen Wahrheit aber offen gelassen oder sogar in Zweifel gestellt wird.
Wir haben uns angewöhnt, in diesem Zusammenhang von indirekter Rede zu sprechen; das soll so sein, ist aber unglücklich, weil es nur auf die linguistische Funktion, aber nicht auf den neuen komplexen Gehalt der Aussage hinweist. Die indirekte Rede markiert den Unterschied zwischen selbstreflexionslosem Statement (auf der einen Seite) und (auf der anderen Seite) das Selbst ihrer eigenen Autoren reflektierende Theorie, es zeigt den Unterschied zwischen Manifest und Theorie. Die in der indirekten Rede mögliche und oft vorgenommene Bewertung der Validität, also der Wissenschaftlichkeit der Aussage, und damit auch – im Konjunktiv II die Infragestellung der Wissenschaftlichkeit des Inhalts der Aussage erhöht die Wissenschaftlichkeit der Aussage. Mit dem Konjunktiv der indirekten Rede geht es nicht um die Indirektheit der Rede sondern um die Erhöhung der Valenz und Wahrheit der Aussage.
Theorie ist ‚selbstbewusst’, wobei ich unter ‚Selbstbewusstsein’ hier das ‚Bewusstsein seiner selbst’ verstehe, also das reflexives Sich-auf-Sich-Zurückwenden und das Bewussthaben der eigenen Position und der Positionalität der Position. Der Konjunktiv schützt vor Selbstvergessen, weil es stets den Autoren der Aussage bewusst hält.

Das konjunktivische Denken exploriert Möglichkeiten, Möglichkeiten des Tuns, aber auch irreale Möglichkeiten die recht eigentlich erst die Bedeutung des Gesetzten in den Blick, in die Theorie bringen. Die konjunktivische Frage: ‚Könnte man die Fassade des Hauses am Michaeler Platz statt weiß, eierschalenfarbig streichen?‘ entwirft Möglichkeiten, die man natürlich auch realisieren könnte, die aber ihre eigentliche Kraft im irrealis hat, der aus der Differenz die Bedeutung der tatsächlichen historischen Fassade ins Licht bringt, in einer Art vergleichendem Sehen (wobei es eigentlich besser wäre, es entgleichendes Sehen zu nennen).
Wenn ich die ästhetische Brisanz eines Gebäudes theoretisch fassen will, so muss ich es konjunktivisch ansehen.

Theorie ist m. E. konjunktivisch. Die Feststellung eines Fakts ist genau so wenig Wissenschaft wie die Feststellung einer Struktur, oder die Fixierung eines Systems.
Sogar eine mathematische Formel ist leer, wenn ich sie indikativ und nicht konjunktiv, nämlich als Zusammenfaltung einer Mannigfaltigkeit von Möglichkeitsräumen, nehme.

Konjunktivische Theorie

  1. macht die Autoren von Positionen, die Positionalität der Texte, distanzierte Reflexion der Thesen und Konzepte bewusst,
  2. ist Erforschung (exploration) der Seinsmöglichkeiten eines Werkes und
  3. Erforschung (inquiry) der Möglichkeitsräume.


- Theorie als selbstbewusstes, öffentliches Gespräch

Sprechen ist im Grunde schon konjunktivisch, auch ohne konjunktivische Modalwörter. Denn im Sprechen ist der Sprechende präsent, wie in der indirekten Rede der zitierte Autor.
Das Sprechen braucht aber auch die Anderen, braucht Öffentlichkeit, wobei Öffentlichkeit, das Offenwerden, das Unverborgensein in der griechischen Antike als Wahrheit verstanden wurde. ‚aletheia’ (άλήδεια) Wahrheit, heißt wörtlich übersetzt das Unverborgene. Was sich unverborgen gibt, erscheint als wahr. Ob etwas wirklich offen ist, darüber hat die Öffentlichkeit, das zur Öffentlichkeit versammelte Publikum zu entscheiden; nicht ihre Mathematisierbarkeit. Zur Wahrheitsfindung gehört deshalb das Ins-Offene-Stellen und ein Publikum, das das Ins-Offene-Gestellte durch sein Überzeugtsein als Wahrheit konstituiert[17].
Um die Zustimmung der Öffentlichkeit zu erlangen, argumentiere ich, wobei Argumente gute Gründe, Belege, Erfahrungen sind, ohne dass sie alle bereits Beweise oder logische Ableitungen wären. Im kommunikativen Sprechen, im Gespräch stelle ich meine Argumente vor und versuche, sie in einer möglichen Bestätigung durch die Anderen wahr zu machen. Die Qualität eines so bestätigten Argumentes hängt von dem Feld des Argumentierens und von der Erfahrung und Kompetenz der Anderen ab: bestätigt mir ein Koch mein Argumentieren zur Qualität einer Currywurst, hat mein Argument im Nachhinein größere Qualität als wenn es eine Promotionskommission ist. Bestätigt mir eine Promotionskommission die richtige Argumentation über ein neues Gebäude, hat es eine größere Qualität, als wenn der Koch es tut (obwohl man das auch nicht immer so sagen kann).
Das Sprechen bleibt – idealerweise – im Kontakt zum Zuhörer, es ist auf ein konkretes anwesendes Publikum bezogen und somit virtuell und potentiell dialogisch. Denn es sind nicht die Zuhörer allein, die zuhören, es ist auch der Sprechende. Die Zuhörer bilden eine Öffentlichkeit, die über den Inhalt, die Substanz, die Richtigkeit, die Schlüssigkeit und den Wahrheitsgehalt entscheiden und dies – zugegebenermaßen in einer diffizilen und in einer nichtsprachlichen Weise – mitteilen. Der Sprecher muss sie aufnehmen, damit Wahrheit entsteht. Wenn sie entsteht, ist sie präsentisch.

Theorie der Architektur – um zusammenzufassen – wäre ein Gespräch, in dem Möglichkeitsräume exploriert und als diese dargestellt würden, in dem Irrealitäten durchwandert und zur Identitätsfindung des Realen benutzt würden, in dem das Thesenhafte des Sprechens und der Sprecher in seiner Autorenschaft präsent blieben, und in dem nach Öffentlichkeit und nach sozialisierendem Konsens gesucht würde.

 




Literaturverzeichnis:

 

Leon Battista Alberti: de re edificatoria incipit lege feliciter (1452); 1485 (hier zitiert nach
http://archimedes.mpiwg-berlin.mpg.de/cgi-bin/toc/toc.cgi?dir=alber_reaed_004_la_1485;step=thumb)

Leon Battista Alberti (übersetzt von Max Theuer): Zehn Bücher über die Baukunst (1452/1912); Darmstadt 1975 (Wiss. Buchgesellschaft)

Rudolf Arnheim; Kunst und Sehen (Art and Visual Perception. A Psychology of the Creative Eye, 1965 1954); Berlin (deGruyter)

Rudolf Arnheim; Anschauliches Denken (Visual Thinking; 1969); Köln 1972 (DuMont)

Karl-Heinz Bausch: Modalität und Konjunktivgebrauch in der gesprochenen deutschen Standardsprache; München 1979

Günther Binding; Bischof Bernward als Architekt der Michaeliskirche in Hildesheim; Köln 1987

Günther Binding: Baubetrieb im Mittelalter, Darmstadt 1993 (Wiss. Buchgesellschaft)

Claudia Bühring, Elisabeth Kieven, Jürgen Renn, Hermann Schlimme: Towards an Epistemic History of Architecture; in Schlimme 2006, S. 7-12

John Dewey: Kunst als Erfahrung (Art as Experience, 1934); Frankfurt/Main 1988 (Suhrkamp)

Alwin Diemer (Hg): Der Wissenschaftsbegriff. Historische und systematische Untersuchungen; Meisenheim am Glan 1970 (Verlag Anton Hain)

Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe; 1904
http://www.textlog.de/5452.html

Karl-Heinz Esser: Der Architekturraum als Erlebnisraum. Eine kunstwissenschaftliche Wesens- und Begriffsbestimmung; Bonn o. J. (1939)

Adrian Forty: ‘Spatial Mechanics’. Scientific Metaphors in Architecture; in: Galison 1999, S. 213-231

Sophie Forgan: Bricks and Bones. Architecture and Science in Victorian Britain; in: Galison 1999, S. 181-208

Paul Frankl: Die Entwicklungsphasen der neueren Baukunst; 1914

Michel Foucault: Überwachsen und Strafen; Frankfurt am Main 1977. (fr. Ausgabe Surveiller et punir – la naissance de la prison; Paris 1975)

Eduard Führ: Denken im Bestand; Hamburg 2004

Peter Galison, Emily Thompson (Ed): The Architecture of Science, Cambridge, MA 1999

Achim Hahn: Erfahrung und Begriff. Zur Konzeption einer soziologischen Erfahrungswissenschaft als Beispielhermeneutik; Frankfurt/Main 1994 (Suhrkamp)

Paul Oskar Kristeller: The modern system of the Arts. A Study in the History of Aesthetics; in: Journal of the History of Ideas, Volume 13, Issue 1, Jan., 1952, 17-46.
http://www.compilerpress.atfreeweb.com/Anno%20Krislteler%20Modern%201.htm
http://www.compilerpress.atfreeweb.com/Anno%20Krislteler%20Modern%202.htm

Kevin Lynch: Image of the City, Cambridge, MA 1960 (The Technology Press & Harvard Univ. Press)

Alberto Pérez-Gómez; Architecture and the Crisis of Modern Science; Cambridge MA, London 1983 (MIT Press)

Steen Eiler Rasmussen: Architektur Erlebnis (Om at opleve 1959); Stuttgart 1980 (Karl Krämer)

Bruno Reudenbach; Säule und Apostel; in: Karl Haug (Hg); Frühmittelalterliche Studien; Berlin / New York 1980, S. 310-351

Hermann Schlimme (Hg): Practice and Science in: Early Modern Italian Building. Towards an Epistemic History of Architecture; Mailand 2006

Stefan Schuler: Vitruv im Mittelalter. Die Rezeption von "de architectura" von der Antike bis in die frühe Neuzeit; Köln, Weimar, Wien 1999 (Böhlau)  zugl. Diss. Münster 1996

 



Anmerkungen:

[1] Das Wort ‚Architektur’ soll im Folgenden für einzelne bauliche Anlagen, für baulich definierten Raum (Innen- und Außenraum), für Ensembles, Quartiere, Agglomerationen, gebaute Landschaft und für Dörfer und Städte jeder Art und Größe stehen.

[2] Ich kann hier nur einen ganz kurzen Abriss und einige wenige Beispiele geben.

[3] Zum Begriff der ‚Theorie’ siehe weiter unten.

[4] Er verweist in seinem siebten Buch auf ihn.

[5] Siehe hierzu Binding 1987 und Binding 1993 und Reudenbach 1980.

[6] Ausführlicher dazu Schuler 1999.

[7] Der Titel der gedruckten Erstausgabe war de re aedificatoria. Die erste Übersetzung von Pietro Lauro 1546 ins Italienische titelt I dieci libri de l’Architettura di Leon Battista de gli Alberti. (Ins Deutsche 1912 von Max Theuer als Zehn Bücher über die Baukunst übersetzt).

[8] The Polite Arts, or, a Dissertation on Poetry, Painting, Music, Architecture, and Eloquence, London 1749; zit. nach Kristeller.

[9] Dazu gehören meines Erachtens sowohl die Untersuchungen von Karl-Heinz Esser über den architektonischen Raum (1939) wie die von Steen Eiler Rasmussen über eine Bestimmung von Architektur als Erlebnis phänomenischer morphologischer oder visueller Eigenschaften der Architektur (1959/1980), die sich beide auf sinnliche Eigenschaften der Architektur reduzieren.

[10] Ich setze hier den Begriff Konzept in Anführungsstriche, da er in der Architektur eine eigenständige changierende Bedeutung hat. Ein ‚Konzept‘ kann sein, was die Phänomenologie als ‚Welt‘ bezeichnet, es kann eine ästhetisch-stilistische Grundhaltung sein, es kann – sozusagen extra muros – auch ein aufgesetzter, ins Symbolische gehender Sinn oder ganz banal reines Marketing sein.

[11] Hier wird ein methodische Problem meines Argumentierens deutlich: ich beziehe mich hier mit dem Ausdruck ‚ein Gebäude wird angenommen‘ auf eine Denkweise, die dem alltagssprachlichen Umgang unter Architekten entstammt und bisher in keiner expliziten Architekturtheorie aufgenommen ist. Wie weit meine persönliche Erfahrung mit der Benutzung des Begriffs dem tatsächlichen Gebrauch unter Fachleuten entspricht, mag  jeder mit Bezug auf seine eigene Erfahrung selber entscheiden.

[12] Ich betone das hier, weil es sowohl auch eine epistemologische Sicht auf die Naturwissenschaften gibt, wie sie durch den in der Architektur als Raumpoet und Architekturphänomenologen missverstandenen Gaston Bachelard vertreten wurde, wie eine paradigmatische, die mit dem Namen von Thomas S. Kuhn verbunden ist.

[13] Siehe Anmerkung 11.

[14] Unter Cargo-Kult versteht man ein quasireligiöses Verhalten indigener Bevölkerung  Melanesiens nach dem 2. Weltkrieg, mit dem diese durch Nachahmung technischer Geräte (aus Holz geschnitzte Kopfhörer, aus Stroh gefertigte Flugzeuge) und Praktiken (etwa der Aktivitäten in einem Flughafentower) der amerikanischen Armee nach deren Abzug die zu ihnen gekommene Fracht (cargo) für sich herbeirufen wollten.

[15] Siehe dazu Wolkenkuckucksheim – Cloud-Cuckoo-Land – Воздушный замок, 3. Jg., Heft 2/98.

[16] Unter ‚Denken‘ meine ich hier rationalisiertes und formalisiertes Denken.

[17] Hier setzt auch die ‚Neue Rhetorik‘ an.

 


feedback