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1. Wo steht unsere
Architektur? … Für eine Kultur des Vermittelns
Architektur hat eine
eigenartige Zwischenstellung: Für die unmittelbaren Bedürfnisse des Menschen
stellt sie zwar eine notwendige Ergänzung der Natur dar, ihre materielle
Eigengesetzlichkeit aber bildet dazu eine gegenläufige Tendenz.
Architektur steht entwicklungsgeschichtlich auf einer niedrigeren Stufe als
die Produkte der heutigen Technologie.
Sie kann zwischen den elementaren Bedürfnissen des Menschen und den
Gesetzmäßigkeiten seiner selbst geschaffenen Technologie ähnlich vermitteln
wie ursprünglich alleine zwischen dem Menschen und seiner Umwelt.
Architektur ist dem Werkzeug verwandter als dem Werk.
2. Warum sind unsere Gebäude so beliebig? … Für eine Kultur des
Verknüpfens
Architektonisches Arbeiten gibt die Möglichkeit – sinngebend und
zweckgerichtet – ganz unterschiedliche Wirklichkeitsbereiche durch ein
gedankliches Band miteinander zu verknüpfen.
Diese fantastische und einzigartige Möglichkeit der Erzeugung
zweckgerichteter Entscheidungsketten ist das wirkungsvollste und zugleich
das am wenigsten beachtete Merkmal des Architektonischen.
3. Warum sind Gebäude gläsern, aber nicht durchsichtig? … Für eine Kultur
der Nachvollziehbarkeit
Gebäude können durch unmittelbare Anschauung nicht alleine verstanden
werden.
Man benötigt geistige „Durchsicht-Möglichkeiten“, Fenster zum inneren
Aufbau, um das Verstehen eines Gebäudes im Besonderen und damit der Dinge
allgemein zu fördern.
Die NACHVOLLZIEHBARKEIT der bestimmenden Entscheidungen zu einem Bauwerk
ist eine elementare (Dienst)-Leistung.
4. Warum sitzen wir immer noch im Gefängnis der Zahlen? … Für eine
Kultur der Unschärfe
UNSCHÄRFE bezeichnet den Bereich zwischen subjektiver Wahrnehmung und
objektiver Beschaffenheit.
Unschärfe bedeutet die Befreiung von der Herrschaft exakter Zahlen.
Der architektonische Würfel hat ungleiche Kanten.
Nicht die alles klärende Rationalität des geometrischen Ordens wird hier in
Frage gestellt, sondern das kleinliche Beharren auf bedeutungslosen
physischen Gleichheiten, welche die Zusammenhänge nur scheinbar ordnen,
statt sie aufzuhellen.
5. Warum sind unsere Gebäude so unelastisch? … Für eine Kultur der
Robustheit
Die robuste Konzeption fasst und formt den Raum für das Bekannte ohne
Unbekanntes zu verhindern. Sie moderiert also das bauliche Verhältnis von
Einschränkung und Freiheit.
Das robuste Gebäude lässt selbstverliebte Kompliziertheiten hinter sich
und steht höflich hinter seiner Fähigkeit zur Anpassung.
6. Warum haben wir das Subjekt vergessen? … Für eine Kultur der
Zeitlichkeit
Mündigkeit setzt ein Verankert-Sein in der Welt voraus.
Architektur kann eine Orientierungshilfe sein im subjektiven
Raum-Zeit-Kontinuum zwischen erlebter und tatsächlicher Zeit, zwischen Ort
(Subjekt) und Raum (Objekt).
Gebäude können Zeit haben … indem sie diese erfahrbar machen.
7. Warum verleihen unsere Gebäude keine Flügel? … Für eine Kultur des
baulichen Nachdrucks
Architektur ist Teil des offensiven Umgangs des Menschen mit seiner
Lebensumwelt. Diese Welt wird sich unwiderruflich zugunsten neuer
gesellschaftlicher Programme verändern.
Den Entwicklern von Technologie räumt man ein, dass sie den Menschen
bedenkenlos nach ihren Produkten formen.
Der Praxis der Architektur fehlt der aktive Aspekt, ihr fehlt
NACHDRÜCKLICHKEIT, hohe positive Wirksamkeit, als spezifischer Ausdruck der
nach vorne gerichteten, risikobereiten Grunddisposition des Menschen.
Architektur kann dem Willen der Gemeinschaft Flügel verleihen.
Nicht vergessen: Die Kultur des Architektonischen muss immer wieder neu
geschaffen werden.
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