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Dreams of a better life are inseparable from the good life, which also
entails dreams of a better home.
Karsten Harries, The Ethical Function of Architecture
Heaven is a place where
nothing ever happens.
Talking Heads, Heaven
... woandershin schauen, auch hinauf zum Himmel – denn danach zeigt sich
das Nähere, das am Boden, umso schärfer.
Peter Handke, Kali
Im Lichte des Himmels bauen wir an und auf der Erde; dem
Dunkel des Himmels verdankt sich mancher Traum, der den Entwurf des Neuen,
einer besseren Welt auch, initiierte ebenso wie Visionen von Destruktion und
Vernichtung. Diese Zusammenhänge umkreist und durchkreuzt der vorliegende
Versuch, der vor allem die Utopie, um die es in Zeiten der Spaßgesellschaft
merklich still geworden ist, dem (politischen) Denken als Korrektiv gegen
inspirationslose und lobbyabhängige Polittechnokratie wieder ans Herz legen
will. Im Zentrum steht dabei die Architektur, die
– neben der Literatur – als die
utopische Kunst schlechthin gelten kann, denn selbst das Gebaute noch
enthält ein „Stückchen Utopie“[1].
1 Himmel und Erde in Heideggers Geviert
Die ontologische Bedeutung von Himmel und Erde hat Heidegger in der
Geviertstruktur der Welt entfaltet[2]
– der Welt, in der der Mensch ist und zu sein hat, die er sich einrichten
muß. Aber zwischen Himmel und Erde spielen auch all die Vorstellungen von
besseren, in Utopien entworfenen Welten –
dies auch, da sie in der Regel mit architektonischen bzw. stadtplanerischen
Entwürfen korrelieren. Neue Städte oder Siedlungsformen, aber auch bislang
nicht gekannte Bauformen sollen einem besseren Leben förderlich sein. Welche
Bedeutung haben Himmel und Erde für solche Entwürfe?
Den Aufenthalt der Sterblichen in der Welt als In-der-Welt-sein deutet
Heidegger als Eingeordnetsein in ein Geviert aus Himmel (Sonne, Mond,
Gestirne und, durch sie bedingt, Licht, Dunkel sowie Klima), Erde,
Göttlichen und Sterblichen (die Menschen als fortwährend Sterbende, solange
sie auf der Erde sind). Dieses Eingeordnetsein ist das Wohnen: „Die
Sterblichen sind im Geviert, indem sie wohnen.“[3]
Himmel und Erde verweisen auf „den Rhythmus der Zeiten“ sowie auf „die
tektonische Beschaffenheit der Erde“[4].
Dieser Zeit-Raum umgrenzt die „lebensweltlichen Bedingungen des menschlichen
Daseins“[5].
Das Geviert als Welt-Struktur nennt „die vier Welt-Gegenden (...), die in
ihrem Zusammenspiel die Welt sind“[6],
aufeinander verweisende Seinsbereiche, die dem Menschen begegnen, aber nicht
gegenüberstehen, denn der Mensch als Dasein – wie Heidegger das Seiende, das
der Mensch ist, bezeichnet[7]
– selbst steht in sie hinein, d.h. er interpretiert, entwirft und baut seine
Welt. Insofern können wir das Geviert als eine gleichursprüngliche, Welt
strukturierende Einheit auffassen, in der sich der Mensch als Sterblicher
situiert findet. Der Hinweis auf das Sterblichsein ist insofern von
fundamentaler Bedeutung, als daß der Aufenthalt des Menschen auf der Erde
ein zeitlich begrenzter, ephemerer ist, der der Einkehr eines Gastes in eine
Herberge gleicht, von der er nicht weiß, wie sie ihn aufnehmen wird:
wohlgesonnen, gastlich oder unfreundlich, abweisend, feindlich gar.
Um zu verdeutlichen, daß keine Geviert-Gegend ohne die anderen gedacht
werden kann, spricht Heidegger auch vom Spiegel-Spiel des Gevierts.[8]
Zum einen veranschaulicht die Spiegel-Metaphorik die Gleichursprünglichkeit:
In einem Element spiegeln sich jeweils die übrigen drei; zum anderen ist sie
ein Indiz für die Interpretationsabhängigkeit des Gespiegelten, denn jeder
Spiegel bedarf eines Blicks. Das Geviert ist als metaphorische
Interpretation einer dynamischen Seinsstruktur zu verstehen, die
offensichtlich „nicht nach vom Menschen aufgestellten Regeln“[9]
abläuft. Es stellt keine harmonische Ordnung dar, sondern nur einen
akausalen, wechselseitigen Verweisungszusammenhang, eine offene Struktur,
die unterschiedlichsten Interpretations- und Handlungsmöglichkeiten und
damit Sinnstiftungen überhaupt[10]
Raum und Zeit gibt. Selbst eine utopisch antizipierte Welt wäre nach
Heidegger derart strukturiert zu denken. Von den Welt-Gegenden des Gevierts
sollen uns hier ausschließlich Himmel und Erde interessieren. Sie sind
materiell konstitutiv für unsere Raum- und Zeitvorstellungen. Zwischen ihnen
entfaltet sich unsere Geschichte, und auch unsere Zukunft findet ihren Platz
in dem von ihnen aufgespannten Zeit-Raum: „die einräumende, haltgebende Erde
– sie schenkt den Völkern ihren
Geschichtsraum – und der zeitigende Himmel
(mit dem Mond als dem ersten Kalendermacher) (sind) gleichrangige Chiffren
der Natur. Ohne sie kein Wo und Wann.“[11]
2 Erde als Natur- und Geschichtsraum
Die Erde ist die materiell-einräumende Bedingung der Möglichkeit von
Natur, in der der Mensch – selbst
Naturwesen – lebt; sie gibt damit auch den
Raum vor für das Seinkönnen des Menschen, in dem sich seine Geschichte
entfaltet. Wesentlich die Erde ermöglicht eine spezifisch ontologische
Räumlichkeit der Welt, in dem auch die von Heidegger in Sein und Zeit
als Nähe und Ferne ausgewiesene Räumlichkeit des Daseins gründet:[12]
die Erde als Natur- und Geschichtsraum.
Im Wohnen wird nach Heidegger die Erde gerettet. Er interpretiert
„retten“ als „etwas in sein eigenes Wesen freilassen“[13],
wir können auch sagen: als befreien. Dazu muß das, was freigelassen
wird, vorher unfrei gewesen sein. Das Freilassen von etwas in sein eigenes
Wesen wendet sich in Bezug auf die Erde gegen deren faktische Ausbeutung
durch den Menschen; es „meistert die Erde nicht und macht sich die Erde
nicht untertan, von wo nur ein Schritt ist zur schrankenlosen Ausbeutung.“[14]
Dieser deutlichen Absage an den selbstmächtigen Herrschaftsanspruch des
Menschen gegenüber Erde und Natur, dem die Erde Mittel zum Zweck wird, steht
freilich die Macht des Faktischen gegenüber, wozu auch die Ohnmacht der
Politik, der globalen Zerstörung Einhalt gebieten zu können, aber auch die
Ohnmacht der Politik vor dem Kapital gehören.
Aus Zeiten, in denen Politik noch stets reine Machtpolitik war, stammen die
ersten utopischen Staats- und Gesellschaftsentwürfe. Seitdem haben die
Wünsche nach einer besseren Welt unterschiedlichste Ausprägungen angenommen,
und selbst wenn diese Welt auf ferne Planeten hinweggeträumt wird, gleicht
sie doch auffallend der unsrigen, in die wir uns zwischen Himmel und Erde
geworfen finden, in der wir unseren befristeten Aufenthalt zu nehmen haben.
Insoweit erstaunt es nicht, daß alle Utopien eine spezifische Rettung
anbieten.
3 Empfangen des Himmels
Der Himmel wird, wie Heidegger sich nicht ohne Pathos ausdrückt,
empfangen. Während der Mensch auf der Erde weitgehend aktiv und
verändernd tätig sein kann, bleibt er gegenüber dem stellaren Bereich in ein
deutlich passiveres Verhältnis gedrängt. Er ist gezwungen hinzunehmen, daß
die physikalischen Gesetze des Alls das Leben auf der Erde bestimmen, zumal
hinsichtlich der Zeit, der jegliche Veränderung („der gestaltwechselnde
Mondlauf“) und Bewegung („Wolkenzug“) unterliegen: die Jahreszeiten, der
Wechsel von Tag und Nacht durch die Drehung der Erde (die damit an der
Konstitution unserer Vorstellung von Zeit partizipiert), die durch Mond- und
Erdanziehung bedingte Gezeitenfolge, dazu die klimatischen Verhältnisse
(„das Wirtliche und Unwirtliche der Wetter“). Wolken, Regen, Schnee,
Sonnenschein und das Dunkel der Nacht als Auswirkungen des Himmels auf die
Erde bedingen u.a. wesentlich das Einräumen von Orten und das Bauen in
ihnen. So nimmt – wie die Erde
– auch der Himmel, „der wölbende
Sonnengang“[15],
Einfluß auf unsere Raumvorstellung.
Zwar können alle die genannten Phänomene wissenschaftlich erklärt
(interpretiert) werden, und doch bleibt die Verfügungsgewalt des Menschen
über den stellaren Bereich im Vergleich zur Erde sehr viel eingeschränkter.
So ist „Zeit (...) das am meisten Unsrige und doch am wenigsten Verfügbare.“[16]
Doch auch der Himmel läßt sich nutzbar machen und wird
– wie in der Raumfahrt- oder
Satellitentechnik – innerhalb eines bestimmten (etwa wissenschaftlichen,
infrastrukturellen oder militärischen) Konzeptes instrumentalisiert, berechnet,
verplant und schließlich verrechnet ganz im Sinne des Ge-stells, wie
Heidegger den Betrieb moderner Technik nennt.[17]
4 Himmel und Erde: Phantasieräume oder Räume für Phantasie?
Himmel und Erde sind aber nicht nur ontologisch, sondern auch ästhetisch
bedeutsam. Wir machen uns unsere Vorstellungen von ihnen, nehmen sie anders
wahr, als sie sich uns in physikalischer Messung gegenwärtigen. Die Erde ist
dann nicht nur der Ort der Welt, alles dessen, was der Fall ist, sondern
auch der Ort unserer Phantasien. Der Dualismus von Himmel und Erde, den
Heidegger im Geviert aufzubrechen versucht, verschmilzt auch in unserer
Phantasie, die Orte der Unschuld suggeriert, in denen Himmel und Erde eins
werden in einem paradiesischen Zustand, in einem Himmel auf Erden, dem auch
utopische Entwürfe noch nachträumen.
„Als das Kind Kind war, wußte es nicht, daß es Kind war“, so lautet Handkes
Anfang von Wenders’ Film „Der Himmel über Berlin“. Er beschwört darin wider
das Nichtidentische einen Zustand des Beisichseins, der Identität, den wir
begriffssprachlich für immer verloren haben. Die Utopie träumt davon, einen
solchen Zustand des Identischen im Sozialen als neue Gesellschaft stiften zu
können. Aber die Entfremdung im Wissen, das Zerrissensein von Dasein und
Welt, auch des Daseins selbst, läßt sich nur partiell überwinden (aufheben),
u. a. durch die Kunst, die Erzählung, um sodann durch Deutung bzw.
Interpretation einer neuerlichen Differenzierung anheimzufallen. Utopische
Entwürfe sind stets Erzählungen von einer besseren Welt, von einem
gerechteren Leben, oft auch von einem neuen Wohnen, wenngleich jenseits der
Unschuld. Sie läßt sich faktisch nicht wiederherstellen, denn mit unserer
Fähigkeit zu urteilen haben wir diesen Zustand –
wenn wir denn je in ihm waren – für immer
verlassen. An diesem Wissen freilich muß jeder Anspruch auf Realisierung
utopischer Entwürfe notwendig scheitern: Ein Himmel auf Erden wird stets in
eine faktische Welt einbrechen und darin sein Ende finden.
Der Himmel als Raum der Phantasie wird zum imaginären Ort, sei’s für
Menschen oder Engel, zu einer Art vollkommener Welt, in der es an nichts
mehr mangelt. Dieser Überfluß aber ist auch sein Problem: Für die Menschen
wird er zum Ort des Erlöstseins, zu einem ewigen Zuhause, in dem alles
gleich gültig, damit aber auch gleichgültig ist. Ein langweiliger Ort, der
in Goethes Faust nur für einen Prolog taugt, während die Geschichte selbst
auf der Erde spielt, in der es Mephisto zwar „herzlich schlecht“[18]
findet, wofür er offensichtlich auch die Vernunft, jenen „Schein des
Himmelslichts“[19],
verantwortlich macht, die der Mensch nur dazu gebrauche, um „thierischer als
jedes Thier zu sein“[20].
Diese Rationalitätskritik Goethes desavouiert auch utopische Entwürfe, denn
sie sind nichts weniger als rational, mitunter sogar durchrationalisiert.
Reale wie utopische Welten finden ihre Orte bzw. ihre Nicht-Orte zwischen
Himmel und Erde. Der Nicht-Ort der Utopie verbindet sich dabei mit
imaginären Orten, die sich stets an realen, zwischen Himmel und Erde bzw.
auf der Erde konstituierten Orten orientieren: Landschaften, Städte,
Menschen – alles durch und durch chthonisch. Selbst die Himmlische Stadt
Jerusalem noch war zeitgenössischen Stadtmodellen nachempfunden. Was sie von
der faktischen Welt unterscheidet, ist die in der Utopie zum Ausdruck
gebrachte Antizipation von besseren Welten: Wunschbilder, die von der Erde
aufsteigen in ferne, sei’s vergangene oder zukünftige Zeiten.
5 Der Begriff der Utopie
Grundsätzlich bieten Utopien Konzepte einer möglichen Welt an, „in der
verschiedene Hypothesen durchgespielt werden können.“[21]
Elias differenziert den Begriff „Utopie“ nach vier formalen Kriterien:[22]
Sie gibt den Wunsch wieder, die gegenwärtige Lage einer Gesellschaft zu
verändern, oder sie malt mögliche Befürchtungen vor einer bestimmten
Veränderung aus. Jedenfalls ist eine Utopie das Phantasiegebilde eines
Autors, der wiederum aus einer bestimmten sozialen Lage heraus spricht und
Lösungsvorschläge, auch in Form von Handlungsanweisungen, zur Bewältigung
bestimmter Konflikte formuliert. Typologisch sind Utopien entsprechend
Elias’ Differenzierung in Wunsch- bzw. Furchtutopien positiv oder negativ
ausgerichtet, wobei auch das Negative als Kontrastfolie für das intendierte
oder zumindest vorgestellte Bessere dient, oder innovativ auf ein neues
Denken, auf neue Ideen gerichtet, wobei die Erzählungen oft von gültigen
gesellschaftlichen Normen abweichen.
Utopien beschreiben bevorzugt eine Gesellschaft in Form eines Staates; die
Betonung dieses intersubjektiv-praktischen Aspekts führt zu einer Abgrenzung
utopischer von anderen literarischen Erzählungen (etwa Science Fiction), die
ausschließlich individuelle Schicksale thematisieren. Auch die
Paradiesesgeschichte der Genesis wäre dieser Definition zufolge keine
Utopie, wenngleich hier – gleichsam vorstaatlich – das Wort vom „Himmel auf
Erden“ zutreffend wäre. Allerdings bleibt bei Elias der Begriff nicht allein
auf die literarische Form beschränkt, denn er zählt daneben auch „gelebte“,
konkrete Utopien (von sozialen Experimenten bis hin zu Sekten) und
wissenschaftliche Utopien (etwa in Form von Zukunftsprognosen) dazu.
Krisen bilden meist den Realgrund von Utopien; daher sind sie immer auch ein
Spiegelbild historischer Zeiten oder bestehender Gesellschaftszustände. Als
rationale Gedankenentwürfe und -räume konstruieren sie abstrakte
Gegenwirklichkeiten, die gleichwohl als konkrete bzw. reale geschildert
werden, als zeitlich und räumlich entfernte Gebilde. Ohne Anspruch auf
Verwirklichung kritisieren sie systemimmanent bestehende Verhältnisse auf
der Folie eines Zukunftsentwurfs (systemtranszendent), wobei sie – nicht
pragmatisch, sondern auf Totalität hin angelegt – Alternativen aufzeigen,
die versuchen, Himmel (den paradiesischen Zustand) und Erde (den realen
Status quo) zusammenzubringen und so eine Verbesserung irdischer
Verhältnisse vorzustellen. Alle Lebensbereiche umfassend, alle
Verhaltensformen regelnd, häufig hierarchisch geordnet, erweisen sich
utopische Entwürfe als statisch und – wie oben schon angedeutet – als
rationalistisch und holistisch, ganz im Gegensatz etwa zum Fallibilismus
empirischer Demokratiekonzeptionen (Popper, Albert)[23].
6 Politische Utopien
Die politische Utopie bezieht sich auf öffentliche, gesamtgesellschaftliche
Phänomene, deren Verbesserung oder Aufhebung entweder evolutionär oder
revolutionär zu erreichen sind. In vielen Fällen richtet sich die Kritik
gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Arbeit wird positiv
konnotiert, allerdings gewährleisten kurze Arbeitszeiten die
Selbstverwirklichung des einzelnen in Muße, Sport, Wissenschaft und
Literatur. In den frühen positiven Utopien herrscht ein streng geregelter
Tagesablauf. Handel, Zwischenhandel, Wucher und Geld sind dagegen oft
negativ besetzt. Statt dessen werden Gemeineigentum und Genossenschaften
bevorzugt, individuelle Bedürfnisse beschränkt. Persönlicher Besitz, in den
auch phallokratisch Frauen und Kinder einbezogen sein können, wird vielfach
ganz aufgehoben. Gemeinsinn geht vor Eigensinn, die Kommune vor dem
Individuum. In positiven Zeitutopien wird das Gemeinwesen als
basisorientiert beschrieben (im Gegensatz zum Dirigismus in positiven
Raumutopien); es kommt zur föderativen Aufteilung staatlicher Macht (Proudhon)[24]
oder zu deren Auflösung in der Anarchie (Fourier, Bakunin) durch die
Gleichsetzung von Gut und Freiheit, die auch praktisch – wenn es sein muß,
in der Revolte – umzusetzen ist: „Die Freiheit (…) kann nur durch die Hilfe
der Gesellschaft und bloß in der striktesten Gleichheit und Solidarität
eines jeden gegenüber allen verwirklicht werden. So kann man in ihr zwei
Hauptmomente ihrer Entwicklung unterscheiden. Das erste ist positiv und
sozial und entspricht der vollen Entwicklung und dem vollen Ausleben aller
menschlichen Fähigkeiten und Kräfte eines jeden durch die Erziehung, die
wissenschaftliche Bildung, das materielle Wohlergehen, alles Bedingungen,
die dem einzelnen Individuum nur durch die kollektive, materielle und
intellektuelle Arbeit der ganzen Gesellschaft gegeben werden können. Das
zweite Moment der Freiheit ist negativ. Es ist das der E m p ö r u n g des
Individuums gegen jede göttliche oder menschliche, kollektive oder
individuelle Autorität.“[25]
Eine kontollierende Gewalt kommt dagegen in negativen Utopien an die Macht.
An eine andere Macht glauben freilich alle Utopien: an die der Erziehung, an
die Notwendigkeit ganzheitlicher Bildung. Daraus resultiert schließlich eine
neue Moral; die Bandbreite reicht hier von protestantisch-puritanischer
Reglementierung (Bacon)[26]
bis hin zu sexueller Freizügigkeit und zur Emanzipation der Frau (de Sade)[27].
7 Architektur und Utopie
In utopischen Entwürfen spielt oftmals die Architektur eine vor allem für
das soziale Leben dominante Rolle. Der Architekt als Planender und
Entwerfender ist – ebenso wie der Autor nicht nur utopischer Erzählungen –
je schon Antizipierender. Aber seine Wunschbilder treffen, sofern sie gebaut
werden, auf das Faktische, zumal auf die Bedürfnisse derer, für die er baut.
Hilft aber das Wünschen überhaupt noch, oder ist es ganz technizistischen
Sachzwängen zum Opfer gefallen? Handke, der in ähnlicher Weise den Titel
einer Sammlung kleinerer Gelegenheitsarbeiten formulierte, stellt in einem
der Texte, nachdem er dort konstatiert, daß die Architekten von la
défense in Paris sich bereits kurz nach der Fertigstellung der ersten
Hochhausriesen von ihren Entwürfen distanzierten, die Frage: „Was ist das,
ein Architekt?“[28]
Architekten, die zu ihrem Entwurf nicht stehen, sind sich offensichtlich der
utopischen Kraft, die der Architektur wie der Erzählung innewohnt, nicht
(mehr) bewußt. Sie in Frage zu stellen, nach ihrer Bestimmung zu fragen ist
mehr als nur ein Weckruf. Wenn sie aufschrecken und konstatieren, welche
Zumutungen sie gebaut haben, ist es zu spät. Handkes Frage fordert das
Nachdenken, das als solches vorausdenkt und als Wunsch-Denken utopische
Splitter ins Gebälk rissig und spröde gewordener Gedankengebäude zu treiben
vermag. Es geht dieser Frage also nicht so sehr darum, zu einer klaren und
eindeutigen Definition zu finden, als sich vielmehr darauf zu besinnen, daß
der Architekt, der etymologisch als Führer (’αρχός)
der Technik (τέχνη) gelten will, der deren Prinzipien (’αρχή)
kennt und das Ganze der Technik überschaut, seine visionäre Kraft
wiederentdeckt.
Entwürfen und Utopien gemeinsam ist das Projektive: Antizipation,
Vergegenwärtigung von Zukunft, Hoffnung, Abstraktion, kurzum: der Aufriß
eines Plans. Jede Utopie ist Entwurf, aber nicht jeder Entwurf Utopie. Nicht
jeder Architekt plant Utopien als solche, aber ein utopisches Moment liegt
gleichwohl jeder Planung inne: Der Architekt weiß in der Regel nicht, wie
der künftige Nutzer sich einfühlen wird in die für ihn fremde Architektur,
wie er dort wohnen wird; noch viel weniger weiß er es von späteren Nutzern.
Dennoch muß sein Gebäude materielle Bedingung individuellen wie sozialen
Wohnens sein.
So wie die Utopie immer die soziale Komponente im Blick hat, ist auch die
Architektur nie ohne Kontext, hat ihren spezifischen „Sitz im Leben“, den
sie entwerfend auf die Zukunft hin projiziert. Die Destruktion dieses
Kontexts – auch hierin liegen zweifelsohne utopische Momente – kann dann
dazu führen, daß gemäß Enzensbergers Diktum die Architektur als
„terroristische Kunst“[29]
für tabula rasa sorgt, das Bestehende zerstört, es dem Erdboden gleichmacht
und das ganz Neue als das Bessere präsentiert. Davon wird noch zu reden
sein.
Zu den „gelebten“ Utopien (die Anführungsstriche verweisen bereits auf den
immanenten Widerspruch) müssen auch die Versuche gerechnet werden,
politische Utopien wie den Kommunismus oder den Nationalsozialismus, also
ideologische Systeme, in die Tat umzusetzen. Utopie wird dann selbst zur
Ideologie. Eine Avantgarde verfügt stets über einen Erkenntnisvorsprung und
weiß vor allem, was in praktischer Hinsicht für alle das Beste ist. Diktat
herrscht über Dialog und Kommunikation. Wenn man bereit ist, auch Religionen
als Ideologien aufzufassen, können religiöse und theologisch motivierte
Versuche, die Menschheit auf den entsprechenden Heilsweg zu zwingen, von
solchen „gelebten“ Utopien nicht ausgenommen werden. Als gemeinsames Merkmal
ideologischer Utopien kann ihr fundamentalistisches Gedankengebäude mit dem
Anspruch auf fundamentale Wahrheit geltend gemacht werden; ihre extremste
Ausprägung finden sie im fundamentalistischen Terror einer „gelebten“
Utopie, die in Wahrheit die Welt mit „Topoi“ des Schreckens überziehen, die
Utopie in die Gegenwart bomben will.
Darin liegt denn auch das größte Mißverständnis utopischer Entwürfe und
ihrer Rezeption: Utopisches Denken muß frei von Realisierungsansprüchen
bleiben, ansonsten werden utopische Entwürfe ideologisch aufgeladen. Als
Ideologien aber treten sie in Konkurrenz zu anderen Ideologien und
propagieren die Umsetzung der von ihnen vertretenen und als Wahrheiten
ausgegebenen Ideologeme. Utopien wie Ideologien finden ihr Korrektiv allein
in der Kritik eines schwachen oder sein lassenden Denkens.[30]
Beide vermögen die in der Ideologisierung bzw. Politisierung von Utopien
latenten Gefahren zumindest zu benennen.
Das praktische Fundament des Fundamentalismus liegt in der Kontrolle des
Individuums, der Privatsphäre, durch eine Macht, die sich die Lehrsätze
einer fundamentalistischen Ideologie und ihre Durchsetzung auf die Fahnen
geschrieben hat. Fundamentalistische Tendenzen in diesem Sinne aber lassen
sich bereits in klassischen Utopien finden. So betonen sowohl Platon, Morus
oder Campanella auffallend die strikte Öffentlichkeit ihrer Staatsentwürfe,[31]
die einhergeht mit der Negation des Privaten. Öffentliche Speisesäle etwa
beschreiben Morus und Campanella;[32]
Morus und de Sade setzen auf die Gleichheit der Verhältnisse und des
Eigentums.[33]
Campanella nimmt auch die Wohnung, die doch gemeinhin als Hort und Refugium
des Privaten gilt, von der Öffentlichkeit der von ihm konstruierten
utopischen Existenz nicht aus, wenn er allgemein einen sechsmonatlichen
Wohnungswechsel vorsieht.[34]
Und bei Morus muten die architektonischen Vorstellungen zwar bereits
„modern“ an, wenn er von dreistöckigen „Hoch“-Häusern in Utopia berichtet,
angeordnet in parallelen Reihen, in deren Mitte eine Grün- bzw. Gartenzone
angelegt ist; aber die Türen der Häuser stehen offen[35]
– auch ein Indiz dafür, daß Öffentlichkeit das Private dominiert und latent
kontrolliert.
8 Utopien in der Architektur – ein Überblick
In der Architektur nehmen Utopien bevorzugt in idealen Stadtplanungen
Gestalt an; für solche Idealstädte werden naturgemäß auch ideale Gebäude
entworfen. Vitruv kennt zwei Grundmuster: das Raster- und das Radialsystem.
Die Idealität des Stadtplans findet ihren Ausdruck in der strikten
Geometrisierung.[36]
Im Mittelalter herrscht ein allegorisches Stadtideal vor (Rom und Jerusalem
als „himmlische“ Städte).
In der Renaissance[37]
geht die Planung realer Städte in die utopischen Vorstellungen ein. Ein
lebenspraktischer Ansatz findet sich bei Alberti; das von ihm beschriebene
soziale Ideal wird allerdings durch Geometrisierung überlagert. Er
rationalisiert bereits Funktionalität zu Schönheit. Durch rationale Planung
soll das Leben gemeistert werden. Filarete[38]
legt Wert auf die Ausarbeitung verschiedener Verkehrswege (Straßen, Kanäle).
Stets ausgenommen von der Planung bleibt indes das Bevölkerungswachstum;
insofern sind die Grundrisse der Idealstädte, wie sie die Renaissance kennt,
statischer Natur. Stadtmauern sorgen für innerstädtische Geschlossenheit,
die innere Ordnung bestimmt den städtebaulichen Grundriß.
Im Zeitalter des Barock[39]
verliert infolge des Absolutismus die Stadtmitte ihren Status der
Öffentlichkeit.[40]
Das Zentrum wird gleichgesetzt mit Macht. In Frankreich wird gar der gesamte
Staat zentralistisch gegliedert und organisiert; Paris/Versailles werden zum
Mittelpunkt der Grande Nation. Aber auch das Interesse an der
Architekturgeschichte erwacht (Fischer von Erlachs „Entwurf einer
historischen Architektur“[41]);
die beginnende Historisierung führte auch den utopischen Blick in die
Vergangenheit. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang überdies Piranesis
traumatische Erfahrungen mit der Architektur in den Carceri: Er
zeichnet eine Utopie ohne Zukunft und Vergangenheit,[42]
die den Betrachter in einen Sog nie endender Gegenwart zieht und ihn darin
bannt wie die einsamen Gefangenen: ein Ort, an dem nichts geschieht außer
schierer räumlicher Gewalt.[43]
Aufklärung und Klassizismus (Boullée, Ledoux) richten sich in ihren
utopischen Entwürfen gegen die Tradition und setzen an ihre Stelle die
Vision einer egalitären Gesellschaft.[44]
Durch die Universalsprache der Architektur soll sie allgemein vermittelt
werden; auf diese beiden Architekten werde ich im Anschluß an diesen
Überblick noch näher eingehen, weil sie für entgegengesetzte Utopietendenzen
richtungsweisend wurden: Boullée für eine Utopie staatlich sanktionierter
totaler Ordnung, Ledoux für eine Utopie sozialer Architektur, die zumal am
Entwurf neuer Siedlungsformen arbeitete. Und beide Architekten idealisierten
ihre Architektur in der geometrischen Form der Kugel; damit aber beziehen
sie sich auf eine Form, die ästhetisch auch Himmel und Erde verbindet. Die
Kugelgestalt von Sonne und Mond begegnet sichtbar am Himmel, die der Erde
war damals immerhin als Resultat von Messungen und Berechnungen bekannt,
wenngleich der Blick aus dem All erst den Raumfahrern des zwanzigsten
Jahrhunderts vergönnt war.
Neue Bauaufgaben entstehen in der Moderne, da Städte als Massenquartiere
geplant werden. Sozialutopien[45]
(Fourier, Owen, Saint-Simon, Cabet [Frühsozialisten]; Ruskin, Morris) wollen
diese Entwicklung in die „richtigen“ Bahnen lenken; Gartenstädte sollen
Urbanität und Natur versöhnen.[46]
Werkbund und Bauhaus, das Neue Bauen schließlich entwerfen (für) ein Wohnen,
das durch Typisierungen und Standardisierungen den unterstellten
gleichförmigen Bedürfnissen der Massen entsprechen wollte.[47]
Blieben die expressionistisch-utopischen Zukunftsstädte der Glas- und
Kristallarchitektur noch Vision, wurden Le Corbusiers Wohnmaschinen Realität
und im Internationalen Stil zur Massenwohnmaschine brutalisiert.
Öffentlichkeit und Rationalität lassen sich als vorherrschende Momente nicht
nur moderner Architektur, sondern auch ihrer Utopien geltend machen.
Zumindest gegen Rationalität und Rationalisierung wandten sich zahlreiche
Architektur-Manifeste in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts:
Hundertwasser vs. Rationalismus, für Architektur-Kunst und wilde
Architektur;[48]
Friedman setzte wildes Leben, wildes Wachstum und wilden Verkehr gegen
starre Konstruktionen; Haus Rucker Co propagierte provisorische Architektur,[49]
Coop Himmelblau temporäre Architektur,[50]
Bauformen, wie sie aus pragmatischen Gründen (wegen der permanenten Gefahr
der Zerstörung von Gebäuden und Städten durch Erdbeben) in Japan längst gang
und gäbe waren.
9 Boullées ästhetische Architektur-Utopie
Boullée (1728-1799) entwirft eine Utopie der Massengesellschaft gemäß der
Leitidee einer „großen Zukunft der Menschheit“.[51]
Die Tätigkeit des Bauens differenziert er arbeitsteilig in Entwurf
(Architekt), Konstruktion (Ingenieur) sowie Ausführung (Baumeister)[52]
und stellt sich darin gegen die Auffassung Vitruvs, der zufolge die Kunst zu
bauen (Baumeister) der des Entwurfs (Architekt) als allenfalls
wissenschaftlicher – und gerade nicht künstlerischer – Teil der Architektur
untergeordnet ist.[53]
Boullée unterscheidet seine vierzehn Bautypen[54]
nicht nach Formen, sondern nach Aufgaben, die sie zu erfüllen haben.[55]
Er strebt gleichermaßen einen Fortschritt von Wissenschaft und Kunst an.[56]
Schöne Werke werden seiner Ansicht nach dennoch selten bleiben, „da es nicht
jedermann gegeben ist, im Buch der Natur zu lesen“[57].
Der Aufschein der Avantgarde-Idee ist nicht zu übersehen.
Insofern wundert es nicht, wenn Boullée beim modernen Bauherrn und beim
Architekten unterschiedliche Verhältnisse zur Tradition konstatiert.
Insbesondere beklagt er, daß der Architekt von Bauherrn abhängig sei, denen
es völlig an ästhetischem Urteilsvermögen mangele.[58]
Der Architekt habe die Freiheit, von den Traditionen abzuweichen.[59]
Deutlich ist Boullée einer Ästhetik des Erhabenen (le sublime) verpflichtet.[60]
Selbst die Schönheit des Schrecklichen, des Unvergleichlichen und des
Unendlichen ruft noch Bewunderung in uns hervor.[61]
Da Schönheit in der Natur – im Zeit-Raum unter den Bedingungen von Himmel
und Erde – zu finden ist, fordert Boullée vom Architekten, der Natur zum
Ausdruck zu verhelfen[62]
und „die gesamte, verstreute Schönheit der Natur zu vereinigen“
[63].
Natur strebe zur Vollkommenheit,[64]
und die Prinzipien der Architektur, die Boullée finden will, sollen ihren
Ursprung in der Natur haben,[65]
wobei ein Gesetz bzw. Prinzip dadurch definiert ist, „daß es keine
Möglichkeit gibt, von ihnen abzuweichen.“[66]
Kunst bestimmt Boullée als den Versuch, die Natur nachzuahmen; alle unsere
Vorstellungen stammen ihm zufolge aus der Natur.[67]
Als schön bezeichnen wir „die unserem Organismus ähnlichsten Gegenstände“[68];
der regulärste Körper, die Kugel, verkörpere als Paradigma der
Regelmäßigkeit in der Architektur das Gesetz der Proportion (régularité).[69]
Die Kugel-Gestalt der Erde bringt Boullée im Newton-Kenotaph zum Ausdruck.[70]
Regelmäßigkeit impliziere Ordnung und Klarheit; erst das Zusammentreffen von
Regelmäßigkeit, Symmetrie sowie Vielfalt bedinge Proportion und Harmonie
eines (regelmäßigen) Körpers.[71]
Für den Gesamteindruck entscheidend ist daneben der Charakter (caractère)
(Farbe, Profil, Eigenart sowie Prägung) des Bauwerks.[72]
Die Schaffung des Charakters setzt nach Boullée Phantasie voraus,[73]
und zwar sowohl beim Architekten als auch beim Betrachter. Aus der
perfektesten Symmetrie (Kugel als unendliches Polyeder) leitet sich die
unendlichste Vielfalt ab. Ihre Eigenschaften kommen der Kugel von Natur aus
zu. Symmetrie gefalle uns, weil sie Klarheit, Ordnung und Vollkommenheit
verkörpere, die der Geist mühelos erfasse; Vielfalt gefalle, weil sie das
Bedürfnis des Geistes nach Neuem befriedige.[74]
„Das Bild des Großen gefällt uns in jeder Hinsicht, denn unser Wesen, immer
bestrebt, sein Lebensgefühl zu erhöhen, möchte das ganze Universum
umfangen.“[75]
In den von Boullée aufgeführten Eigenschaften sollen zugleich die Gesetze
der Architektur liegen, denn von ihnen könne nicht abgewichen werden, „ohne
daß unser Auge ernsthaft beleidigt wird.“[76]
Die Poesie der Architektur läßt sich Boullée zufolge nicht an Wohngebäuden
verwirklichen;[77]
sie bestehe vielmehr darin, „bildliche Eindrücke durch die Wirkung der
Körper zu schaffen.“[78]
Ordnung und Klarheit benennen offensichtlich die grundlegenden Zwecke von
Boullées utopischen Entwürfen, die freilich vollkommen ästhetisch
ausgerichtet sind, denn sie haben dem Auge zu gefallen, wobei seine
Begründung sich nicht im Sinne Kants Rechenschaft darüber gibt, was die
menschliche Vernunft ihrerseits zu solchen Kategorisierungen beiträgt. Bei
einer Transformation ins Politische würde freilich aus Boullées
Architektur-Utopie ein Staats- bzw. Gesellschaftsmodell, das die von ihm
betroffenen Individuen dem durch und durch symmetrischen Entwurf
unterordnete, ja sie eigentlich nur als Masse gebrauchen könnte,[79]
an der sich berauschen, die sie (ver)führen und lenken. Der Weg zu den
politischen Inszenierungen von Masse und Macht im zwanzigsten Jahrhundert
sowie zu Speers architektonischen und stadtplanerischen Entwürfen für Berlin
war bei Boullée bereits vorgezeichnet.
Symptomatisch für die Geringschätzung des Individuums auch die
Bedeutungslosigkeit von Wohngebäuden für Boullées Ästhetik des Erhabenen:
Architektur geht in Staatskunst auf – eine Kunst für den Staat, die sich
Boullée utopisch auch als Ausdruck und Verkörperung des Staates wünschte.
Ordnung und Klarheit implizieren für ihn Regelmäßigkeit; politisch gewendet,
liegt darin die strikte Befolgung staatlicher Ordnung. Darüber aber ist
nicht ästhetisch zu entscheiden. Und Natur, deren Vollkommenheit den
Architekten leiten soll, war noch nicht die Natur Darwins, sondern eine
idealisierte, die zur Subsistenz des einzelnen nur sekundär beitrug.
Ordnung und Klarheit blieben Architektenwünsche bis in die Moderne. So war
es für Le Corbusier keine Frage, daß eine „serienmäßig hergestellte Siedlung
von guter Anordnung (…) einen Eindruck von Ruhe, Ordnung und Sauberkeit
auslösen und ihren Bewohnern unweigerlich Disziplin beibringen“[80]
würde. Aber auch dieser Wunsch nach der Internalisierung disziplinierten
Verhaltens blieb Utopie.
10 Utopische Gehalte in der Ledouxschen Architektur
Ledoux (1736-1806) begann seine Karriere als Hofarchitekt. Seine gebauten
Entwürfe im frühklassizistischen Stil repräsentieren zunächst das
absolutistische System Frankreichs. Im englischen Palladianismus mit seiner
Bejahung einfacher und vollkommener Formen findet er jedoch Anregungen, sich
vom Stil seines Lehrers Blondel zu befreien: „ein Würfel, wenn es sich um
eine Villa mit vier gleichen Fassaden handelte; eine Halbkugel und ein
Zylinder für eine Kuppel, die auf ihren Tambour gesetzt war. Kaum Ornamente,
Säulen ohne Kanneluren“[81].
1780 beginnt Ledoux damit, seine Entwürfe bereits errichteter Bauten zu
überarbeiten.
Einen reformerischen Ansatz, der bereits in Zusammenhang mit seiner
Idealstadt Chaux zu sehen ist, kann Ledoux beim Bau des Theaters von
Besançon verwirklichen. Statt den
Theatersaal in Form eines Hufeisens anzulegen, griff er im Anschluß an
Palladio auf das Halbrund der Antike zurück, in dem er die sozialen
Gegensätze der Stände wenn nicht aufheben, so doch durch die von allen, auch
den hinteren Plätzen aus gewährleistete hinreichend gute Sicht zumindest
mildern konnte.
Über seine öffentlichen Tätigkeiten hinaus befaßte sich Ledoux seit 1775,
also bereits Jahre vor der Französischen Revolution, mit dem Plan für die
Stadt Chaux; seit 1790 setzte er die Arbeit an seinen Entwürfen verstärkt
fort. Für die Planung spielte – neben seiner Neigung zur Natur und zur
Rückkehr zum einfachen Leben – auch seine geistige Affinität zu Theosophen
und mystischen Freimaurern seiner Zeit eine Rolle, dokumentiert durch den „offensichtliche(n)
Symbolismus seiner utopischen Architektur und das Esoterische seiner
begleitenden Kommentare“[82].
Zwei Hütten für die Holzfäller und Köhler von Chaux verweisen in ihrer
Einfachheit geradezu auf die Anfänge der Architektur, andere Gebäude auf
Tugenden des Mittelalters, auf die Weisheit antiker Philosophie sowie auf
die Religionen Asiens. Seine utopischen Entwürfe münden letzthin in einem
universellen Humanismus.[83]
Ledoux’ moralische Auffassungen gehen zurück auf die Philosophie Rousseaus,
der zufolge der Mensch von Natur aus gut ist. Moralisch korrumpiert wird er,
wie der Philosoph in seinem Erziehungsroman „Emile“ anschaulich und auch
nicht ohne utopische Attitüde schildert, durch die Sittenlosigkeit der
Stadtgesellschaft, der er durch eine Erziehung auf dem Land und zur Natur
begegnen wollte. „Ich wünschte, daß man die Gesellschaft eines jungen Mannes
so auswählt, daß er nur Gutes von denen denkt, die mit ihm leben; daß er die
Welt so gut kennenlernt, daß er von allem, was er darin sieht, nur Schlechts
denkt. Er soll wissen, daß der Mensch von Natur aus gut ist, daß er es
selbst fühlt und seinen Nächsten nach sich beurteilt; daß er aber sieht, wie
die Gesellschaft den Menschen verdirbt und widernatürlich macht; daß er in
ihren Vorurteilen die Quelle aller ihrer Fehler entdeckt; daß er lieber den
einzelnen achtet, während er die Masse verachtet; (…).“[84]
Hier geht der einzelne nicht mehr in der Masse unter; er wird vielmehr zum
Adressaten eines eigens ihm gewidmeten Erziehungsprogramms.
Ledoux setzte Rousseaus Entwurf kongenial in seiner Planung um. In einer
begrenzten und gut angelegten ländlichen Siedlung wie Chaux sollten Luft,
Wasser, Raum und Licht als Gaben der Natur jedem zugänglich werden.
Schlachthäuser, Hospitäler und Friedhöfe siedelte er – um Epidemien
vorzubeugen – abseits der bewohnten Zonen an. War hier offensichtlich an
arbeitsteilige Tätigkeiten gedacht, sollte jede Familie freilich durch
Bestellung eines eigenen Gartens autark ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Diese Absonderung sollte wiederum durch gemeinsame spielerische, sportliche,
literarische und musikalische Aktivitäten aufgehoben werden, die nicht von
der Obrigkeit zu organisieren waren, sondern sich spontan ausbreiten
sollten. Ledoux hoffte, auch dadurch zur Verringerung der sozialen
Unterschiede beizutragen. Konflikte in Chaux sollte ein Richter im Pacifère
schlichten, guter Taten im Panaretéon, dem Tempel aller Tugenden, gedacht
werden. Auch ein Haus der Erziehung war vorgesehen. Bei der Erziehung kam
den Frauen eine herausragende Bedeutung zu, die ihnen höchstes Ansehen
verschaffte, das Ledoux in einem Tempel zum Ausdruck brachte, der sie zu
Göttinnen erheben sollte. Erste Erzieherin aber sollte die Architektur, im
symbolischen Dekor der Bauten ihre Funktion erkennbar sein.[85]
In der Kirche von Chaux, durch deren Kuppel das Tageslicht auf den der
Dankbarkeit gewidmeten, in den Mittelpunkt gesetzten Altar fällt, verband
Ledoux sinnfällig Himmel und Erde, die in den unbeleuchteten Seitenräumen,
die zur Kontemplation einladen, ihren ideologischen Frieden finden sollten:
„Dort sind Gesetzestafeln und die Hände des Gesetzgebers zu sehen; der
Dichter zeigt seine Lyra, der Architekt seine Zirkel, der Maler seine
Pinsel, die Religion ihre Dogmen; jeder trägt das Seine bei“[86].
Delille, ein Zeitgenosse Ledoux’, notiert zu dem Konzept von Chaux:
„Unaufhörlich verbesserte er die Pläne für eine imaginäre Stadt, in der sich
alle Bauten, die für die Bewohner von Nutzen waren und zu ihrer Erbauung
dienten, vereinigten und in bestmögliche Beziehung zueinander gesetzt
wurden: (...) Es handelt sich wahrhaft um eine Architektur-Utopie, und diese
Arbeit hätte für die Republik von Plato bestimmt sein können. Um sie zu
verwirklichen, hätte es mehrerer Milliarden und einiger Jahrhunderte Frieden
bedurft, auch hätten Generationen über Generationen fleißig daran arbeiten
müssen.“[87]
Die utopische Architektur Ledoux’ versinnbildlicht sich weit mehr noch als
die Boullées in der Gebäudeform die Kugel, wie er sie für das Haus des
Flurwächters wählte. „Dieses Phantom enthüllt blitzartig, daß sich in der
Architektur die ungeheuerste Umwälzung vollzogen hat, die es je gegeben hat.
(...) Die Kugel ist eine unarchitektonische, ja eine antiarchitektonische
Form. Würfel, Pyramide, Zylinder, Kegel sind allerdings in einem sehr vagen
Sinn ‚Urformen’ des Bauens, nicht aber die Kugel, sondern allenfalls die
Halbkugel. Es hat in älteren Epochen die Pyramide, es hat die Halbkugel als
Grundform ganzer Bauwerke gegeben, die Kugel nie.“[88]
Mit seinen beiden Kugelentwürfen, die jeweils vor 1773 datieren, war Ledoux
dem politischen Umsturz von 1789 lange voraus; aber das universale
(wenngleich sicher doch eurozentristisch fundierte) Humanum, das er mit
seiner Architektur-Utopie zum Ausdruck bringen und retten wollte, zerbarst
in der mit der Französischen Revolution einsetzenden Kette gewaltsamer
Revolten und konnte – zumindest realiter – nur bruchstückhaft wieder
zusammengefügt werden, allen Menschenrechtserklärungen und sich darauf
berufenden Verfassungen zum Trotz.
11 Utopie und Terror
Die heutigen Industriegesellschaften haben längst die materiellen
Verheißungen vergangener Utopien verwirklicht; es herrscht ein scheinbar nie
versiegender Überfluß an Waren. Die Technik hat das Leben in der Tat
erleichtert, auch wenn der dadurch bedingte Energieverbrauch in den
utopischen Entwürfen nicht einkalkuliert war. Die Erde hat sich der Mensch,
seitdem er durch den Verlust des Paradieses dem Zwang zum Urteil unterliegt,
verfügbar gemacht, um Raum und Natur zu verbrauchen; an der Eroberung des
Universums wird, seit der Himmel längst weltweit vermessen und aufgeteilt
ist, ebenfalls mit Macht gearbeitet.
Kritisch betrachtet, stellten zumindest Stadtutopien immer auch den Versuch
dar, eine perfekte, einheitliche (politische) Ordnung zu installieren. Darin
sind sie über das Ästhetische hinaus ideologisch ausgerichtet, ersetzen
bestehende durch neue Verhältnisse, in denen Abweichungen gleich welcher Art
naturgemäß nicht vorkamen, weil sie sich ja selbst als Abweichung begriffen
und die Abweichung, der sie hätten Raum geben müssen, nur wieder als die
Verhältnisse begriffen werden konnten, die man utopisch hinter sich gelassen
hatte.
Architektur selbst konnte zur terroristischen Kunst (Enzensberger) werden,
einem gegen das Bestehende gerichteten Zerstörungsfuror anheimfallen. Man
braucht dabei nur an Le Corbusiers „Plan Voisin“ zu denken, dem, wenn er
denn ausgeführt worden wäre, Paris als gewachsene (wenngleich auch geplante)
Stadt zum Opfer gefallen wäre.[89]
Abgesehen davon gibt es Gebautes sonder Zahl, das nichts als Schrecken
verbreitet.
Alle Stadtutopien bedienen das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit und
Schutz – sowohl vor natürlichen bzw. klimatischen Einwirkungen als auch vor
Aggressionen von außen. Das innere soziale Gefüge wird so geregelt, daß
Störungen weitgehend ausgeschaltet sind, um Frieden und Gewaltlosigkeit
dauerhaft zu sichern. Dazu bedürfte es real – modern gesprochen – eines
sozialverträglichen Gleichgewichts von Ökologie (Natur) und Ökonomie
(Verteilungsgerechtigkeit). Gerade dieses Gleichgewicht scheint heute aber
nurmehr utopisch vorstellbar – der Glaube an seine Verwirklichung hat sich
angesichts der Macht eines globalisierten Kapitalismus zunehmend
verflüchtigt. Global aber müßten demnach auch zeitgenössische Utopien
ausgerichtet und ausgestaltet sein. Möglicherweise liegt darin der Grund für
die derzeit beklagte Scheu der Intellektuellen vor dem utopischem Denken: An
der ungeheuren Macht des Faktischen scheitert der Mut zur politischen
Phantasie.[90]
Utopischer Verheißungen müde geworden, klickt man sich seine Träume im
Internet zusammen: Virtualität braucht schließlich keinen realen Ort, das
Netz ist fast überall zugänglich. Auf der Strecke bleiben weltweit freilich
Orte, in denen die Wüste wächst, die zu ihrer Erneuerung utopische Phantasie
– und nicht nur die Hochrechnung von Umsatzzahlen und Renditen – nötiger
denn je hätten; und auf der Strecke bleiben die dort jenseits der
Prosperität Zurückgelassenen.
Gleichheit aller ist zwar real nicht zu haben und sollte auch in utopischen
Gesellschaftsentwürfen ausgespart bleiben; aber über Gerechtigkeit muß
weiterhin nachgedacht werden, da positives Recht nur an ihr arbeiten, sie
aber keineswegs garantieren kann. Ihr sollte zumindest utopisch Raum gegeben
werden. Gerechte Gesellschaftszustände müssen utopisch antizipiert werden,
um der Wirklichkeit ein menschenfreundlicheres Bild entgegenzustellen. Heute
reicht politische Phantasie offensichtlich nur für die Forderung nach einer
Leitkultur, die sich beschränkt auf nationalstaatliche Selbstaffirmation.
Von da ist es nur ein kleiner Schritt zu nationalstaatlichem Effizienz- und
Sicherheitsdenken, zur Instrumentalisierung der Verfassung durch politische
Cliquen. Korruption wird zur ubiquitären Handlungsalternative in Politik und
Wirtschaft, ohne daß sie auf moralische Skrupel stieße geschweige denn
selbst welche hätte. Demokratie findet ihre Erfüllung in Wahlgängen, während
politische Entscheidungen mehr und mehr in die Abhängigkeit von Lobbyisten
geraten.
Staatlich sanktionierte Gewalt der westlichen Industriestaaten widmet sich
dagegen vornehmlich deren größtem Feind: dem Terror. Auch er ist utopisch
motiviert, aber seine Utopie setzt auf die Universalisierung partikularer
Ideologien bzw. auf die tendenziell universelle Vernichtung oftmals diffuser
Gegner. In dieser Unschärfe aber liegt die Chance humaner Utopie: Die Arbeit
der Aufklärung ist – eingedenk der ihr innewohnenden Dialektik – längst
nicht beendet oder gar obsolet. Ihr Ziel: den Terror zu pazifizieren im
Zeit-Raum, im Zwischen von Himmel und Erde, im Hier und Jetzt.
Utopie verweist per se darauf, daß das, was ist, auch anders werden kann,
als es geworden ist. Mithin können Modelle entwickelt werden, anhand derer
die, die mit Hilfe des Terrors die Welt im Sinne einer Ideologie in ihre
Gewalt bringen wollen, möglicherweise zu einer ideologisch unverstellten
Einsicht in das, was ist, gebracht werden können. Auch der Begriff des
Terrors hat sich im Laufe der Zeit gewandelt: Trat er in der Französischen
Revolution noch im Kontext demokratischer Ideale auf, ist er heute auf
seiten seiner Gegner negativ, als demokratieverachtend und -zerstörend konnotiert, während sich Terroristen selbst im allgemeinen als
Freiheitskämpfer verstehen. Insofern kommt es für eine Diskussion über den
Begriff des Terrors wesentlich darauf an zu vermitteln, um welche Art von
Freiheit und um wessen Freiheit es in der Welt geht. Das utopische
Ziel wäre die Freiheit von Ideologien im Sinne einer völligen
Entideologisierung.
Die Freiheit, die der Terror gewaltsam herbeiführen will, ist aber ein
ideologisch bestimmtes Partikularziel – die Realisierung utopischer Entwürfe
durch Gewalt insbesondere gegen Zivilisten. Darin liegt auch der qualitative
Unterschied zum Widerstandskampf, der sich in der Regel gegen politische
Ziele richtet, dabei zwar auch den Tod Unbeteiligter in Kauf nimmt, jedoch
nicht systematisch die Zivilbevölkerung bedroht. Beide, Terrorist und
Widerstandskämpfer, glauben sich moralisch im Recht, aber nur letzterem
könnte womöglich die Begründung und Rechtfertigung seines Handelns
überzeugend gelingen (etwa wenn es um die Frage der Legitimierung des
Tyrannenmordes geht).
Die Ideologisierung auf die Spitze treiben religiös und staatlich
motivierter Terror. Beide setzen die fundamentalistische Ideologie, der sie
sich verpflichtet fühlen, absolut und ihre Wahrheit als die gewisseste aller
Wahrheiten. Lehrsätze bzw. Dogmen ersetzen Argumente, und wenn jene nicht
zum gewünschten Erfolg führen, kommt ihnen der Terror als praktische
Simplifikation zu Hilfe.
Freiheit wird folglich mit dem Versprechen der Gewißheit
fundamentalistischer Ideologien konfrontiert. Kann Aufklärung da überhaupt
etwas ausrichten? Ich meine ja, denn diese Situation ist für sie nicht neu.
Schon zu Zeiten Lessings hat Aufklärung versucht, argumentativ
fundamentalistische Ideologien (sprich: monotheistische Religionen) zu
versöhnen.[91]
Dazu bedarf es jedoch auch einer Aufklärung gleichsam des eigenen Lagers,
der vermeintlich Aufgeklärten, über den Begriff der Freiheit und
– nach wie vor –
über die Dialektik der Aufklärung, denn stets ist Aufklärung gefährdet,
ihrerseits in Diktatur umzuschlagen. Freiheit darf sich nicht in der
Freiheit eines sich selbst regulierenden Marktes erschöpfen, zu dem
überhaupt nur zwei Fünftel der Weltbevölkerung Zugang haben (sinnfällig
repräsentiert durch den Schutzzaun, der die USA von Mexiko, die Erste von
der Dritten Welt trennt). Aufgabe der Utopie wäre es, neue
Freiheitsspielräume zu entwerfen, zu fragen, wie darin Disparates integriert
und der Markt zum Nutzen aller gestaltet werden kann. Das sapere aude
gegen nationalstaatliche Zersplitterung, die ihrerseits den Terror fördert,
gegen nationalen Solipsismus für eine gerechte Weltgesellschaft sowie gegen
den individuellen Egoismus für eine gerechte nationale Gesellschaft – kurz:
eine Utopie „gelebter“ Menschenrechte, die die Vielheit der Kulturen,
Religionen und der individuellen Weltentwürfe gleichermaßen respektiert, als
Korrektiv der Realität des globalen Marktes, die vornehmlich darin besteht,
zur fortwährenden Steigerung des Profits immer preiswerter zu produzieren.
Als der Kapitalismus noch einen ideologischen Gegner hatte, hieß das
schlichtweg „Ausbeutung“. Der Großteil der Weltbevölkerung lebt unter dem
Existenzminimum oder hungert. Zwar machen Utopien nicht satt, aber wir
brauchen sie, um Auswege zu finden. Revolten freilich kann der utopische
Entwurf selbst nur durch die Binnenutopie der unhintergehbaren idealen
Kommunikationsgemeinschaft begegnen:[92]
Anstelle von Gewalt Monologe und Dialoge gegen den Terror, gegen politische
Ungerechtigkeit.
12 Die visionäre Kraft der Architektur
Eine Ausnahme – zumindest was den Mut zur Phantasie betrifft – bilden seit
je die Architekten. Auch wenn sie keine Utopien mehr entwerfen, scheuen sie
sich nicht, ganze Städte, vorzugsweise in Schwellen- und
Entwicklungsländern, zu planen. Ein derart umfassender Entwurf kommt
freilich dem Entwurf einer Stadtutopie recht nahe, auch wenn sich die realen
architektonischen Probleme der Großstädte des einundzwanzigsten Jahrhunderts
fast unüberwindlich vor den Planern auftürmen: „Überbevölkerung,
Verelendung, Chaos, Segregation, Zerstörung der Ressourcen – und der
Grundregeln menschenwürdigen Lebens.“[93]
Eine verantwortungsvolle Stadtplanung aber wird nicht umhin können, sich auf
die Lebensbedürfnisse der späteren Bewohner einzulassen, sie zu antizipieren
und in den Entwurf zu projizieren. Eine solche Planung, an der neben
Architekten auch Politiker, Energieexperten und Ökonomen beteiligt sind,
will zumindest bessere Zustände schaffen als die jeweils (urban)
vorzufindenden. Dazu aber muß den Verantwortlichen ein Bild vor Augen sein,
wie ein solcher Himmel auf Erden – in Abbreviatur gleichwohl – verwirklicht
werden kann. Unter Globalisierungsaspekten und unter Berücksichtigung
kultureller Differenzen kann eine solche Planung nur gelingen, wenn sie
offenbleibt für künftige Veränderungen, sowohl in der gebauten Architektur
hinsichtlich sich wandelnder Nutzungen als auch strukturell in der Planung
des Stadtgrundrisses. Der Fehler des Neuen Bauens, allen Nutzern die
gleichen Bedürfnisse unterstellen zu wollen, darf dabei nicht wiederholt
werden. Ansonsten braucht sich niemand über eine Flucht in die Virtualität
zu wundern, wenn die realen Wohnorte unbewohnbar werden, weil sie
Gewohnheiten, auch traditionellen, und damit letzthin individuellem Wohnen
keinen Raum mehr geben.
Jedes Bauen antizipiert eine Zukunft, die anders ist als die Gegenwart, denn
entweder bringt es tatsächlich etwas Neues hervor, oder es trägt zumindest
zu Veränderungen bei. Architektur ist nicht nur die Kunst der Utopie,
sondern auch – und darin, aller Bausünden
zum Trotz, wahrhaft einzigartig – der
Integration; damit ist sie außerdem eine zutiefst ethische Kunst: „Der
Gestaltung des menschlichen Lebensraums wohnt immer eine moralische Spannung
inne, die bestimmte Werte des Wohnens gegenüber anderen begünstigt. Wenn das
Werk verwirklicht werden kann, werden diese Werte zu Wohn-‚Ansprüchen’,
gleichsam zu einem Teil des ‚Naturrechts’, das die Menschen in Anspruch
nehmen können (Hervorhebung von mir). Dieser ethische Aspekt gewinnt
seine Legitimität, wenn sich die Architektur des ausgeführten Werks nicht
nur als Ideal, sondern als Gut präsentiert, das sich dem Bürger, seinem
natürlichen Nutzer und Repräsentanten der Gemeinschaft zur Nutzung
anbietet.“[94]
Architektur muß künftigen Bewohnern sowohl in Bezug auf ein Gebäude als auch
bei der Stadtplanung ein Zuhause bzw. einen Lebensraum entwerfen, in dem sie
wohnen wollen, und zwar unter angemessener und ausgleichender
Berücksichtigung von Individualität und Sozialität. Stets muß Architektur im
Entwurf eine existentielle Integration der Betroffenen antizipieren. Gelänge
diese Integration, wäre der Himmel auf Erden zum Greifen nah: eine
Architektur, die ideologischen Verhärtungen den Raum verweigert; zu
verhindern, daß er von außen dem Terror zum Opfer fallen kann, steht
freilich nicht in ihrer Macht.
Diese genuine Antizipationsleistung der Architektur haben sich utopische
Entwürfe seit jeher zunutze gemacht, um die Unzulänglichkeit bestehender
Zustände zu transzendieren. Dazu braucht es nach wie vor Mut zur Utopie, wie
er 1968 schon einmal von Picht angemahnt wurde. Utopie, die zwar mit
Leichtigkeit Himmel und Erde zusammenzubringen vermag, kann als Erzählung
den Dialog zwischen Aufklärung und Terror nur antizipieren, seine
Notwendigkeit sinnfällig machen. Zur Aufklärung gehört wesentlich Kritik der
Ideologien, die utopisch auf eine Entideologisierung des Denkens
hinauslaufen müßte, und sie ist gut beraten, vor der eigenen Ideologisierung
auf der Hut zu sein, sonst bleibt es bei der Konfrontation der Ideologien,
bei einem „Gespräch zwischen einem Stummen und einem Blinden. Der Stumme
kann nicht sagen, was er sieht; der Blinde kann nur sagen, was er nicht
sieht.“[95]
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Anmerkungen:
[1]
Karsten Harries, Warum überhaupt Architektur?, in: Eduard Führ/Hans
Friesen/Anette Sommer (Hrsg.), Architektur im Zwischenreich von
Kunst und Alltag, Münster 1997, S. 42. In diesem Zusammenhang sei
auf den einschlägigen Abschnitt in: Ernst Bloch, Das Prinzip
Hoffnung, 2. Bd., Frankfurt am Main 1973, S. 819-872, verwiesen.
[2]
Martin Heidegger, Bauen Wohnen Denken, in: ders., Vorträge und
Aufsätze, Pfullingen 1978, S. 139-156.
[4]
Heinz Paetzold, Profile der Ästhetik. Der Status von Kunst und
Architektur in der Postmoderne, Wien 1990, S. 49.
[5]
Heinz Paetzold, Philosophie der Stadt. Architektur und Stadtleben,
in: Widerspruch. Münchner Zeitschrift für Philosophie, 14(1987), S.
70 (jetzt auch in Profile der Ästhetik).
[6]
Walter Biemel, Dichtung und Sprache bei Heidegger, in: Man and
World, 4(1969), S. 510.
[7]
Vgl. Martin Heidegger, Sein und Zeit, Tübingen 1979, S. 7.
[8]
Vgl. etwa Martin Heidegger, Vorträge und Aufsätze, a.a.O., S. 172.
[9]
Martin Seel, Heidegger und die Ethik des Spiels, in: Forum für
Philosophie Bad Homburg (Hrsg.), Heidegger: Innen- und
Außenansichten, Frankfurt am Main 1989, S. 255.
[10]
Vgl. Christian Norberg-Schulz, Genius loci. Landschaft
– Lebensraum – Baukunst, Stuttgart
1982, S. 169.
[11]
Wilhelm Perpeet, Heideggers Kunstlehre, in: Otto Pöggeler (Hrsg.),
Heidegger. Perspektiven zur Deutung seines Werkes, Königstein/Ts.
1984, S. 224.
[12]
Vgl. Martin Heidegger, Sein und Zeit, a.a.O., S. 102 ff.
[13]
Martin Heidegger, Bauen Wohnen Denken, a.a.O., S.144.
[16]
Hans Blumenberg, Lebenszeit und Weltzeit, Frankfurt am Main 1986, S.
74.
[17]
Vgl. Martin Heidegger, Bremer und Freiburger Vorträge. 1. Einblick
in das was ist. 2. Grundsätze des Denkens, Gesamtausgabe Bd. 79,
Frankfurt am Main 1994, S. 24 ff.
[18]
Johann Wolfgang von Goethe, Faust, in: Goethes Werke, hrsg. im
Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Weimarer Ausgabe
(Nachdruck), WA I.14, München 1987, Bd. 16, S. 21, Z. 297.
[21]
Frank R. Pfetsch, Politische Utopie, oder: Die Aktualität des
Möglichkeitsdenkens, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur
Wochenzeitung Das Parlament, B 52-53/1990, S. 12; vgl. diesen
Beitrag auch zu den folgenden Ausführungen. Einen umfassenden
Überblick gibt darüber hinaus: Wilhelm Voßkamp, Utopieforschung.
Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie, 3 Bde.,
Frankfurt am Main 1985.
[22]
Vgl. Norbert Elias, Thomas Morus’ Staatskritik, in: Voßkamp, 2. Bd.,
a.a.O., S. 101-150.
[23]
Vgl. etwa Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen
1980, S. 11 ff., 35 ff.
[24]
Bloch spöttelt dazu: „Das Ende der Proudhonschen Utopie wäre
Allmacht der Provinz (…)“ (Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, 2.
Bd., a.a.O., S. 667).
[25]
Hector Zoccoli, Die Anarchie und die Anarchisten, Berlin 1976
(Nachdruck), S. 170 f.; vgl. auch S. 174. Zoccoli, der u. a. auch
auf Proudhon eingeht, bezieht sich hier auf die politische Kritik
Bakunins.
[26]
Vgl. etwa die Schilderung des Familienfestes sowie der Ehe- und
Fortpflanzungsregelungen in: Francis Bacon, Neu-Atlantis, in: Klaus
J. Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, Reinbek bei Hamburg 1983,
S. 196 f., 202.
[27]
Vgl. Marquis de Sade, Franzosen, noch eine Anstrengung, wenn ihr
Republikaner bleiben wollt, in: ders., Schriften aus der
Revolutionszeit, hrsg. von Georg Rudolf Lind, Frankfurt am Main
1989, S. 180 f.
[28]
Peter Handke, Als das Wünschen noch geholfen hat, Frankfurt am Main
1980, S. 38.
[29]
Hans Magnus Enzensberger, Bescheidener Vorschlag zum Schutze der
Jugend vor den Erzeugnissen der Poesie, in: ders., Mittelmaß und
Wahn. Gesammelte Zerstreuungen, Frankfurt am Main 1990, S. 33.
[30]
Zum schwachen Denken vgl. Gianni Vattimo, Ideologie oder Ethik. Von
Marx zum schwachen Denken, in: Information Philosophie 4(1988), S.
5-13; zum sein lassenden Denken: Burkhard Biella, Eine Spur ins
Wohnen legen. Entwurf einer Philosophie des Wohnens nach Heidegger
und über Heidegger hinaus, Düsseldorf 1998, S. 203 ff.
[31]
Vgl. etwa Thomas Morus, Utopia, Zürich 1981, S. 99 („unmittelbar vor
aller Augen muß das Leben sich abspielen“).
[32]
Vgl. ebd., S. 93 f.; Tommaso Campanella, Sonnenstaat, in: Heinisch,
a.a.O., S. 129.
[33]
Vgl. Thomas Morus, a.a.O., S. 64; Marquis de Sade,
Die utopische Insel Tamoé, in: ders., Schriften aus der Revolutionszeit,
a.a.O., S. 74 ff.
[34]
Vgl. Tommaso Campanella, Sonnenstaat, in: Heinisch, a.a.O., S. 128.
[35]
Vgl. Thomas Morus, Utopia, Zürich 1981, S. 79.
[36]
Vgl. hierzu und zum folgenden: Inken Nowald, Stadt und Utopie –
Beispiele aus der Vergangenheit, in: Neuer Berliner Kunstverein
(Hrsg.), Stadt und Utopie. Modelle idealer Gemeinschaften, Berlin
1982, S. 15.
[37]
Vgl. ebd., S. 21 ff.
[39]
Vgl. ebd., S. 30 ff.
[40]
Vgl. im Gegensatz dazu etwa die agora in der Antike.
[41]
Vgl. Nowald, a.a.O., S. 33.
[43]
Vgl. dazu auch die Piranesi-Rezeption in Umberto Ecos Roman Der
Name der Rose oder die kinetische Durchdringung traumatischer
Architektur durch Stanley Kubricks rasante Kamerafahrten in The
Shining.
[44]
Symbolisiert etwa durch die Menschenkette auf einem Leuchtturm
Boullées; der Begriff „Menschenkette“ ist heute demokratisch
konnotiert, insbesondere im Sinne sozialen und ökologischen
Engagements.
[45]
Vgl. Lucie Schauer, Die dynamischen Utopien des industriellen
Zeitalters, in: Neuer Berliner Kunstverein, a.a.O., S. 49 ff.
[46]
Vgl. Ebenezer Howard, Gartenstädte von morgen, hrsg. von Julius
Posener (Bauwelt-Fundamente 21), Frankfurt am Main – Berlin 1968.
[47]
Vgl. Le Corbusier, 1922. Ausblick auf eine Architektur
(Bauwelt-Fundamente 2), Braunschweig 1982, S. 106 („Alle Menschen
haben die gleichen Bedürfnisse.“).
[48]
Vgl. Peter Werner, Über die Utopien der 60er Jahre oder Blick vom
Berliner Teufelsberg, in: Neuer Berliner Kunstverein, a.a.O., S. 96.
[51]
Etienne-Louis Boullée, Architektur. Abhandlung über die Kunst,
Zürich – München 1987, S. 12 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[52]
Vgl. ebd., S. 5, 33 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[53]
Vgl. ebd., S. 33 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[54]
Vgl. ebd., S. 28 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[55]
Vgl. ebd., S. 27 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[56]
Vgl. ebd., S. 118, 139.
[58]
Vgl. ebd., S. 17 f. (Einführung von Adolf Max Vogt).
[59]
Vgl. ebd., S. 35 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[60]
Nach Kant ist das Wohlgefallen beim Schönen mit der Vorstellung der
Qualität, beim Erhabenen mit der Vorstellung der Quantität
verbunden; es enthält „nicht sowohl positive Lust als vielmehr
Bewunderung oder Achtung“ (Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft, B
75/A 74, A 74/B 76, in: ders., Werkausgabe Bd. X, hrsg. von Wilhelm
Weischedel, Frankfurt am Main 1977, S. 165).
[61]
Vgl. Boullée, a.a.O., S. 25 (Einführung von Adolf Max Vogt).
[62]
Vgl. ebd., S. 39 f. (Einführung von Adolf Max Vogt).
[67]
Vgl. ebd., S. 53 ff.
[72]
Vgl. ebd., S. 35 f. (Einführung von Adolf Max Vogt).
[79]
Seine Gedanken zum Kolosseum führen ihn zu einem Stadionprojekt für
dreihunderttausend Menschen (vgl. ebd., S. 111).
[80]
Le Corbusier, 1922, a.a.O., S. 182.
[81]
Michel Gallet, Claude-Nicolas Ledoux.
Leben und Werk des französischen
„Revolutionsarchitekten“, Stuttgart 1983, S. 13.
[84]
Jean-Jacques Rousseau, Emil oder Über die Erziehung, Paderborn 1981,
S. 241.
[85]
Vgl. Gallet, a.a.O., S. 28.
[88]
Hans Sedlmayr, Verlust der Mitte, Salzburg o.J., S. 96.
[89]
Vgl. Le Corbusier, Städtebau, Stuttgart 1979, S. 233.
[90]
Vgl. Thomas Assheuer, Wer hat Angst vor der Utopie?, in: Die Zeit
50/2002, S. 43.
[91]
Das bekannteste Beispiel ist sicherlich die Ringparabel in Lessings
Nathan der Weise.
[92]
Vgl. Karl-Otto Apel, Transformation der Philosophie, Bd. 2: Das
Apriori der Kommunikationsgemeinschaft, Frankfurt am Main 1976, S.
429.
[93]
Dieter Bartetzko, Das Fluchthaus wird zum Zuchthaus. Neue Mauern
teilen die Welt: Die Architekturbiennale in Rotterdam widmet sich
der Zukunft des Städtebaus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom
31. Mai 2007, S. 33.
[94]
Mario Botta, Ethik des Bauens, Basel 1997, S. 28. Vgl. in diesem
Zusammenhang auch: Karsten Harries, The Ethical Function of
Architecture, Cambridge (Mass.) – London 1998.
[95]
Georg Picht, Mut zur Utopie, München 1970, S. 137.
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