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Einen
Beitrag zur Festschrift für Karsten Harries zu schreiben, heißt für mich,
über Invisible Houses zu schreiben. Landschaften,
Gesellschaftsentwürfe, Religionen, Biographien werden in Häuser und
Architekturen verbaut, und Wohnen geht dem Bauen voran
– das wissen wir mit
Heidegger. Karsten Harries liest in The Ethical Function of Architecture
Heideggers fundamentalontologische Heimatlosigkeit in eine späte Nähe
zum Haus des Traumes'
Gaston Bachelards, wie er diese in der
Poetik des Raumes entworfen hat.[1].
Das Haus ist für Bachelard ‚Schlupfwinkel’, geschützter Ort, es ist „für die
Gedanken, Erinnerungen und Träume des Menschen eine der großen
Integrationsmächte ...“[2].
Hier ist der Mensch bei sich, bevor und nachdem er im heideggerischen Sinne
in die „Welt geworfen wird“[3].
In der materiellen Kultur des Hauses ist Erinnerung als psychoanalytisches
Material („verdichtete Zeit“) eingelagert und kann analog zur Psychoanalyse
in der Topo-Analyse systematisch erschlossen werden[4].
Das heißt: Dem sichtbaren Haus ist das oneirische, traumbildhafte Haus
eingeschrieben.
Für Heidegger ist dem (Schwarzwald)Haus und dessen materieller
Ding-Kultur die Welthaftigkeit qua ‚In-der-Welt-Sein’ immanent; in Dingen
und Behausungen spiegelt sich Welt. „Heideggers Welt ist der Ort, der eine
dialektische, bäuerliche, ja auch materielle Nähe vermittelt.“[5]
Das heißt: Dem sichtbaren Haus ist die religiöse, naturbezogene bäuerliche
Arbeitswelt als ‚inneres Haus’ eingeschrieben.
In einer globalisierten, diskontinuierlichen und mobilen Welt ist das
Phänomen des Invisible House nicht verschwunden – die von Bachelard
und Heidegger auf den Fundamenten Traum und Existenz gegründeten Häuser sind
mit dieser Welt nicht mehr kompatibel.
Karsten Harries: „Many
children, to be sure, continue to be raised in similarly stable
environments, but the evolution of the modern life – world seems to point in
a very different direction: how does a much more unstable lifestyle – in
which families move, desintegrate, and reform; in which often there is no
family at all, but a single parent struggling to maintain a home – affect of
our dreams of houses? Of what houses do the inhabitants of our ghettos
dream?“[6]
An anderer Stelle befragt Harries Heideggers Begriff des authentischen
Sterbens mit den Erfahrungen des Holocaust und zeigt, dass und wie sehr
Heideggers existenzphilosophische Begrifflichkeit der traditionssicheren
Welt des Schwarzwaldes verhaftet ist.[7]
Häusern und Wohnformen, so meine an Karsten Harries gebildete These, sind
Invisible Houses eingebaut. Anders ausgedrückt: Wohnen als
performative Alltagshandlung entwickelt ein ‚inneres Haus’, das angefüllt
ist mit Bildern, Utopien, Archiven und Biographien. Die Raumsoziologin
Martina Löw spricht hier vom Spacing[8]
und grenzt diesen komplexen Handlungsbegriff gegen den Raum als Behälterraum
ab. Im Spacing wird die Architektur eines Hauses von den Wohnakteuren
überhaupt erst geleistet. Dies kann eine sozialintensive Interaktion von
Menschen mit Gütern im Raum sein. Dies kann aber ebenso eine gelebte
Architektur sein, deren Alltagschoreographien den Invisible Houses
verpflichtet sind. Darunter sind zunehmend die (Behälter)-Raum
überwindenden neuen Medien zu verstehen[9],
darunter fallen aber auch Dinge der materiellen Kultur – wie bspw. die
Permanenz-Ausstellungen von Urlaubspostkarten an den Wänden von
Dienstzimmern, die eindrücklich Wissen und Bedürfnis nach Invisible
Houses belegen, an Orten, wo diese manchmal gar nicht gebaut werden
können oder dürfen.[10]
Im Folgenden werde ich zwei künstlerische Positionen zum Invisible
House vorstellen: Hannsjörg Voths „Hassi Romi“ aus den Jahren
1986-1987 und Rolf Kluenters ‚Beyond My Chair’ von 2006. Beide
Arbeiten fokussieren sowohl den realen, gebauten Raum wie deren Invisible
Houses. Letzteres erscheint in der Arbeit Voths als Störfaktor der
künstlerischen Intention, bei Kluenter hingegen als intendiertes Movens
eines ‚anderen’ Raumes.
Himmelstreppe oder der Brunnen des Europäers (Hassi Romi)[11]
In der marokkanischen Mârhâ-Ebene am Rande der Sahara realisierte der
Münchner Künstler in den Jahren 1985-1988 sein künstlerisches Projekt
‚Himmelstreppe‘. Dieses massive, in traditioneller Stampflehmtechnik
gebaute, im Inneren vom Künstler bewohnbare Bauwerk hat eine Länge von 23
Metern, eine Höhe von 16 Metern und eine Hypotenuse von 28 Metern.[12]
Es ragt in der Ebene weithin sichtbar, ist in der Schräge über 52 Stufen
außen zu erklimmen und hat über diese Funktion durch den Künstler die
Bezeichnung ‚Himmelstreppe‘ erhalten. Die künstlerische Intention Voths lag
darin, mit dem Treppenaufstieg „in den Himmel“ eine räumliche Grenzsituation
erfahrbar zu machen: Der Hinaufsteigende erfährt zwar die physische Grenzmarkierung
der Bewegung nach oben, gleichzeitig jedoch auch die mentale Grenzenlosigkeit.
„Der Sinn dieser Treppe ist ... : sie soll an der Nahtstelle stehen zwischen
begrenzter Lebenswelt und deren Einordnung im Kosmos, wo eben „Eines in
allem und alles in einem“ zu sein verspricht – als Erlebnis, das Konsequenz
gleichermaßen der physischen Anstrengung ist wie der oben zu machenden
Erfahrung, dass es immer etwas darüber hinaus gibt“[13].
Dieses Projekt platziert sich in einer von Berbern nomadisierten Gegend, die
in textilen Wohnformen, den Black Tents, leben und mit ihren Zelten eine
signifikante Signatur in die weite, spärlich besiedelte Mârhâ-Ebene legen.
Wenn in dieser Ebene massiv gebaut wird, dann in die Tiefe: Brunnen sind dem
Felsen unterhalb des Sandes nur mit hohem Arbeitsaufwand abzuringen und doch
von großer Lebensnotwendigkeit. Voth hatte mit dem Bau der
Himmelstreppe zeitgleich einen Brunnenbau konzipiert, weil er Wasser für das
Baumaterial benötigte. Der Brunnen wurde 18 Meter tief in den Fels
getrieben, bevor er Wasser gab[14]
und war als reziproke Hinterlassenschaft für die Nomaden zu verstehen, die
in dieser Gegend heftiger Wüstenstürme kein aufragendes Haus, wohl aber in
existenzieller Notwendigkeit Wasser brauchen. Und eben diese Nomaden waren
es auch, die dem Projekt seinen abschließenden Namen gaben: Hassi
Romi – der Brunnen des Europäers.
Das Gesamtprojekt hatte die Komplexität eines konzeptkünstlerischen
Ansatzes: Über einen Zeitraum von zehn Jahren entwarf Voth Zeichnungen und
Entwürfe, holte Ortskenntnis über die Mârhâ-Ebene ein, verhandelte mit
Behörden und Sponsoren, baute eine Logistik auf und war in anhaltender Suche
nach Arbeitern und Spezialisten für den Lehmbau der Himmelstreppe wie für
das Sprengen eines Brunnens. Nach Fertigstellung des Baues lebte Voth
sporadisch innerhalb der Treppe in eigens dafür konzipierten Wohnräumen.[15]
Es entstanden Objekte, Zeichnungen und Plastiken als künstlerische Zeichen
zum Leben am Ort, der Menschen und ihrer Mythologie.
Über die Treppe ist der Himmel in künstlerischer Definition nach 52 Stufen in 16
Metern Höhe erreicht. Hier beginnt der liminale Bereich, die „Nahtstelle zwischen begrenzter Lebenswelt und deren Einordnung im Kosmos“[16].
Voths Projekt kollidierte jedoch mit sozialen und kulturellen Wirklichkeiten
des Ortes. Die Übergangserfahrung von physischer Begrenztheit in kosmische
Unbegrenztheit wird eine intense Erfahrung gewesen sein, und dennoch verblieb
sie in den künstlerischen Suchbewegungen eines Hannsjörg Voth. Die
Himmelstreppe als bauliche Erscheinung ist eine Groteske in dieser
Landschaft und in ihrer Wüstenuntauglichkeit ein künstlerische Ich-Ikone.
Der eigentliche, sich von der künstlerischen Intention ablösende Bau
Invisible entsteht erst im Verschneiden zweier sozialer und kultureller
Wirklichkeiten: Es sind die Umstände, die Schwierigkeiten und
Unmöglichkeiten dieses Projektes, die das Invisible House gebaut
haben: Eine ‚markierende‘ Architektur der Sesshaftigkeit vertikalisiert eine
nomadische Landschaft der ‚Glätte‘.
Hannsjörg Voth befragt in der fertig gestellten Himmelstreppe Landschaft
und Leben hinsichtlich seiner mythischen Dichte und seiner rituellen Formen.
Einer der von ihm bewohnten Räume im Inneren der Treppe wurde denn auch als
„Geheimer Landeplatz für eine Utopie“[17]
bezeichnet. Der Künstler sitzt in einer ihm existentiell fremden
Landschaft und schaut aus den markant platzierten Sehschlitzen in eine als
Kulisse fungierende Landschaft. Voth verarbeitet diese zu künstlerischen
Intimitätsverdichtungen im Schutz einer Privatheit im euklidischen Gehäuse,
das eigentlich eine – seine – Wohnsignatur von Sesshaftigkeit ist. Das
Invisible House im oneirischen oder existenziellen Sinne hat in den
Räumen keine Archive, keine Materialitäten ausbilden können, und so holt Voth
sich diese mit künstlerischen Methoden in das utopische Labor hinein. In die
existentielle Lebensrealität der Berber konnte dieser raumragende und
raumkerbende KunstKörper jedoch nicht eingearbeitet werden: Sie taufen die
Himmelstreppe schlichtweg um in den Bau, den Voth lediglich als
instrumentelles Nebenprodukt geplant hatte: Hassi Romi – der Brunnen des
Europäers. Brunnen sind notwendig und kostbar im nomadischen Leben dieser
Landschaft, Himmelstreppen sind es nicht. Die Notizen Voths zum Bau der
Himmelstreppe beschreiben diese Differenz zwischen künstlerischer und
existenzieller Notwendigkeit: „Februar 1986: Ich bin sehr deprimiert. ...
ich kontrollierte auf der Baustelle die Schalung und wie schon so oft wurde
mir bewusst, viel zu exakt für die Stampflehmtechnik geplant zu haben. Ich
zwirble die Leute von Tag zu Tag von morgens bis abends, aber es will
ihnen
einfach nicht in den Kopf, dass genau gearbeitet werden muss, um oben
richtig anzukommen. ... Auf der Baustelle gab es ein Ärgernis nach dem
anderen. Bevor mit der vierten Lage begonnen werden wird, muss einiges
korrigiert werden. Nur eine Schalung war noch im Einsatz. Mohamed, dieser
Schwachkopf, war von gestern bis heute nicht fähig, an den vier Eckpunkten
Richtstangen gerade aufzustellen. Jedesmal, wenn ich kontrollierte,
differierten sie bis zu drei Zentimetern.“[18]
Nomadische Existenzen wohnen anders. Sie markieren den Raum nicht mit
Richtstangen, noch schalen oder vertikalisieren sie ihn. Sie wohnen in der
Landschaft, in der Periodizität ihres Umherziehens, in der Sozialgestalt
ihres Clans. Das Invisible House ihrer Existenz zeigt sich im
biegeschlaffen Material ihrer Zelte: Raum wird immer wieder ent-raumt, wird
immer wieder zur Fläche – sei es beim Weiterziehen eines Clans zur nächsten
Lagerstelle, sei es beim Herannahen von Sandstürmen. Die Black Tents trotzen
dem kargen, wenig berechenbaren meteorologischen Raum nicht, sondern
verformen und aerodynamisieren sich an ihm und sind damit gewissermaßen
Subjekte ihrer Umgebung.[19]
Die Himmelstreppe Voths hingegen ist der verfestigte Behälterraum einer
künstlerischen Utopie, analog zum White Cube: Die Welt der Nomaden wird
eingefahren, gesammelt und ausgestellt. Eine durchaus koloniale Geste[20]
vor dem Hintergrund, dass nomadische Kulturen wenig Repräsentationstechniken
der Permanenz ausbilden, sie nicht sammeln und nicht horten, um eigene oder
fremde Kulturen zu repräsentieren und sie textilintensive Alltagsgüter mit
sich führen, die eine andere Halbwertzeit als repräsentativ ‚harte’
Materialien haben; ein Black Tent hält in Nutzung etwa zehn Jahre.
Eine Treppe in den (nomadischen) Himmel zu bauen, hieß denn für Voth auch,
sich in das Invisible House der Berber einzuleben.
Das Projekt konnte nur mit dem local knowlegde der Berber bewältigt werden.
Die Wochen vor dem eigentlichen Projektbeginn entsprachen einer Art
‚Einhausung’ Voths in Gesetze und materiale Kultur der Mârhâ-Ebene. So
brauchten Arbeiter und Künstler zum Beispiel während der Bauzeit Unterkunft
und es wurden Lkaïma, Berberzelte, beschafft. Für die Arbeiter, alle in
irgendeiner der Clan-Strukturen sozialisiert, war dies kein Problem, für den
Hauslosen Voth hingegen schon. Ein Lkaïma kann man nicht kaufen, in keinem
Basar, nirgends. Voth konnte die Arbeitskraft der Nomaden kaufen, die ihm
beim Bau halfen. Er konnte die Baumaterialien kaufen. Ein Zelt jedoch gehört
in den Familienkorpus eines Clans; solange eine Familie intakt ist, besitzt
man es. Produziert wird es in langer Planung auf eine Heirat hin. Ist die
Ehe, der Familienkorpus, nicht mehr intakt, wird auch das ‚Haus’ aufgelöst –
in textilsprachlicher Terminologie heißt dies: es wird aufgetrennt und in
kleinen Stoffteilen weiter genutzt.[21]
Über das Haus lassen sich demnach weder Familiengeschichte noch eine
Repräsentanz von Kultur konstruieren. Es steht als Archiv von
Familienbiographien, unabhängig von gelebter Alltagsperformance seiner
Bewohner, nicht zur Verfügung. Das ‚soziale‘ Haus hingegen ist als
Abstammungslinie sehr viel beständiger und unterliegt einer sorgfältigen und
komplexen Erhaltungsstruktur, wie Bourdieu gezeigt hat.[22]
Dieses soziale Haus ist eine Artikulation des Invisible House, das
rhetorisch in den clanspezifischen Webmustern der Zeltgurte oder im
Zeremoniell des Zeltaufbaus zum Ausdruck kommt: Der Aufbau eines Zeltes ist
performativ an die gemeinsame Handlung der gesamten Familien
geknüpft. Dickson hat auf die Performativität dieses Aufbaues hingewiesen:
Der Haushaltsvorstand gibt Regieanweisungen zum Aufbau und konstruiert damit
das konkrete wie das soziale Haus, wird aber in eben dieser Rolle von den
Familienmitgliedern wieder in Frage gestellt, indem Witze und Anspielungen
während des Aufbaus hin und her gehen und das soziale Haus darin seine De-Konstruktion erfährt. Innerhalb dieses performativen Aktes können
familiäre Positionen – und damit das soziale Haus
– neu ausgehandelt werden.[23]
Der ‚Bau’ eines Lkaïma geschieht nicht durch die Vertikalisierung eines
‚Behälterraumes’ von unten nach oben. Es wird – wie alle Typen des Black
Tent – von oben, gewissermaßen mit dem Velum,
dem Dach, gebaut. Alle Teile des Zeltes werden auf dem Boden ausgebreitet,
vernäht und mit einem Pfosten aufgestemmt
– der darunter eingeschlossene
Raum bildet das ‚Haus’. Das heißt, eigentlich ist das Zelt kein Raum,
sondern ein in between von Boden und Himmel: „Zehn Mann waren den
ganzen Tag mit dem Aufstellen des Zeltes beschäftigt. ... Brâhîm, der
ehemalige Nomade, stellte sich beim Aufbauen des Zeltes und Zusammennähen
der dicken Bahnen sehr geschickt an. Und als er jeden Morgen, ohne
Aufforderung, die um das Zelt zur Befestigung liegenden, schweren Steine weg
hob und die Seitenteile zum Lüften locker darüber legte, damit das Gewebe
keinen Schaden nahm, zog ich ihn von der Baustelle ab und machte ihn zu
unserem Zeltmeister. Der Innenraum war überraschend groß. Eine Hälfte der
hundert Quadratmeter Fläche unterteilten wir mit schwarzen Tüchern in zwei
Schlafräume und einen Arbeitsraum[24].
Die andere Seite war unser Wohnraum mit der Küche. Durch das weitmaschig
gewebte Dach aus Ziegenhaar flutete angenehm weich das Sonnenlicht. Nachts,
wenn wir auf unseren Feldbetten lagen, sahen wir die Sterne und den Mond
durchblinken.“[25]
Hannsjörg Voths Himmelstreppe ist im Verlaufe von fast zwanzig Jahre
durch Restaurationsarbeiten der Wüste wieder und wieder abgestrotzt worden.
Treppenstufen und Fassadenteile wurden durch den Künstler mehrfach erneuert,
heute ist der Bau durch Termiten und Erosion in seiner Statik stark
eingeschränkt.[26]
Verfall und Endlichkeit dieses Lehmziegelbaues waren Teil des künstlerischen
Konzeptes, die Mentalität der Nomaden hingegen war es nicht. Das heißt aber
auch: Der wüstennahe ‚glatte Raum’ hat über die künstlerische Utopie des
‚gekerbten’ Raumes Dominanz behalten. Aber auch: Die Lebens- und
Arbeitsweise der Nomaden erwies sich eher als Störfeld.
In der französischen Philosophie der 1960er und 1970er Jahre werden von
Gilles Deleuze und Félix Guattari zentrale Positionen bezüglich eines
‚nomadischen Denkens’ vertreten. Es geht um nichts weniger als um die
„Auflösung des starren dichotonomen, telelogischen und phallogozentrischen
Denkmodells“[27]
und ist eingebettet in die auch von anderen französischen Philosophen dieser
Zeit geforderte „Verabschiedung des mit sich selbst identischen Subjekts der
Moderne“[28],
verstanden als Arbeit an vernetzten, de-territorialen und gegenkulturellen
Denkstrukturen. Gilles Deleuze und Félix Guattari entwickeln in ihren ‚Mille
Plateaux’[29]
in Analogie zum existentiellen Nomadismus eine ‚Strategie der Fläche‘. Der
von den Nomaden durchquerte Raum wird dabei als der glatte Raum bezeichnet,
ist von wenigen Merkmalen bestimmt, die ihrerseits jedoch zeit- und
raumanfällig sind, denn sie verschwinden auch wieder.[30]
Deleuze/Guattari sprechen hier auch von einer nomadischen Topologie, die
sich nicht aus Punkten oder Objekten aufbaut, wie es dem Raum der Sesshaften
eignet. Die nomadische Topologie beruht nicht "auf Punkten und Objekten ...
sondern auf Haecceïtates[31],
auf einem Zusammenwirken von Verhältnissen (Winde, Wellenbewegungen von
Schnee und Sand, das Singen des Sandes und das Krachen des Eises, ...) ; es
ist eher ein taktiler oder vielmehr „haptischer“ und klanglicher als ein
visueller Raum“[32].
Ausgehend von der ontologischen Konzeption des „Rhizom”[33]
setzen Deleuze/Guattari damit dem metaphysischen Denken das Denken der
Vielheiten entgegen. Oder: Dem Denken, in dem alles aus einem ersten Grund –
modellhaft aus der Pfahlwurzel – heraus entsteht, stellen sie das botanische
Modell des Rhizoms gegenüber. Sie verbildlichen dieses Denken an der
verästelten, rhyzomatischen, knötchenbildenden Knollenwurzel. Entscheidend
ist, dass sie mit diesem Wurzeltypus eine andere Ontologie kennzeichnen: ein
Denken in Vernetzungen und in Verweisungen, das nicht zuletzt eine
Enttarnung von Herrschaftsdenken intendiert.
Den Himmel mittels einer Treppe zu suchen, ist kein nomadisches Anliegen.
Dies entspricht dem Traum eines urbanen Mitteleuropäers, der in der Weite
eines ungekerbten Raumes auf sich selbst geworfen, die Überwindung eben
dieses Raumes und des nun mit sich selbst identischen Subjektes sucht. Es
wäre zu fragen, ob die Berber der Mârhâ-Ebene den Himmel suchen müssen, oder
ob dieser nicht schon immer in ihrem Invisible House enthalten ist.
Enthalten als Einordnung in einen Kosmos, in dem Himmel und irdische
Existenz nicht different sind. Die Berber haben Voths Himmeltreppe gebaut –
unter seiner Anleitung nach seinen Bauplänen und nach seiner künstlerischen
Konzeption; den Himmel gefunden aber haben sie möglicherweise im Bau des
Brunnens. In achtzehn Metern Tiefe stoßen sie nach Monaten auf Wasser, das
„süß und gut“ schmeckte.[34]
Beyond My Chair
Der in Shanghai lebende Künstler Rolf Kluenter zeigte auf der
Shanghai-Biennale 2006 seine Arbeit „Beyond My Chair“.
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Abb. 1, 2, 3.
Rolf Kluenter, Beyond My Chair, 2006
© Rolf Kluenter |
Diese Rauminstallation verbindet Performance, Film, Text und Objekte. Raum
einnehmend ist ein 4,30 m hoher Flechtstuhl, der auf der Seite liegt. Er
ist aus Streifen handgeschöpften nepalesischen Papiers in traditioneller
nepalesischer Flechttechnik gearbeitet. Seitlich zum Stuhl sitzt eine
Nepalesin auf Strohmatten, wie diese zum Lebens- und Wohnrepertoire im
ländlichen Nepal gehören. Sie flicht kleine Quadrate aus dem gleichen
Material, aus dem der Stuhl geflochten ist. Diese wirft sie nach
Fertigstellung in einen allmählich überquellenden Flechtkorb. Auf der direkt
ihr gegenüber liegenden Wand läuft eine 21-minütige Filmsequenz, Tharu
Village. Der Film ist unterlegt mit Vogelgezwitscher, dessen akustische
Dominanz der Installation im Radius von 50 Metern voranging, das heißt: man
hörte den Raum, lange bevor man die Installation gesehen hatte.[35]
In jeweiligen Filmpausen von 5 Minuten erhebt sich die Frau und fegt mit
einem nepalesischen Besen den Boden um den Stuhl herum. Dabei herrscht
Stille im Raum. Mit Beginn der nächsten Filmsequenz und der erneut
einsetzenden Zwitscherakustik nimmt die Nepalesin ihre Flechtarbeit auf der
Strohmatte wieder auf. Rechts neben ihrem Sitzplatz ist wandwärts eine ‚Word
Chain’ als Textsequenz in schwarzen Tintenlettern auf die Wand gestempelt.
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Abb. 4. ‚Word Chain’ –
aus: Rolf Kluenter, Beyond My Chair, 2006
© Rolf Kluenter |
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Das Territorium dieser Installation wird zunächst akustisch signifikant.
Vogelsang und Vogelruf[36]
suggerieren Intensität von Natur als Refugium, in dem Zeit als Ritornell,
als immer wiederkehrendes Muster einer paradiesischen Kontinuität
wahrgenommen wird. Diesem Muster entspricht die Sequenz im Tun der Frau –
Fegen des Raumes, Flechten von materialem Gut. Die Tonspur des Filmes
perpetuiert das Paradies akustisch. „Der Film zeigt Tharu Village,
die Welt eines Haushaltes in einem traditionell gebauten Lehmhaus eines
Himalaja-Dorfs im Westen Nepals und die monotone Handarbeit einer auf dem
Boden sitzenden Frau. Mit einem Rundmesser, das normalerweise benutzt wird,
um Gras zu schneiden, spleißt sie dünnes, trockenes Schilfrohr. Die Frau
hält den Holzgriff des Rundmesser mit beiden Füssen, so dass das Messer
sozusagen aufrecht steht; die scharfe Kante des Rundmessers zeigt auf ihren
Körper; vorsichtig und geschickt drückt sie die etwa 30 cm langen
Schilfrohrstreifen gegen die Scharfe Kante und spleißt den Streifen so in
zwei Teile.“[37]
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Abb.
5, 6, 7. Stills aus
‚Tharu Village’, Rolf Kluenter, Beyond My Chair, 2006
© Rolf Kluenter |
Welt und Welthaftigkeit zeigt sich in den Dingen. Techne ist darin
Herstellung von Zeug, ein Vorgang, den Heidegger nachhaltig als das
beschrieben hat, was das Seiende überhaupt erst hervor– und
damit zur
Erscheinung bringt.[38]
Die Welt eines nepalesischen Dorfes wird in den Close-Ups einer
handgeführten Kamera eindringlich zur Sprache gebracht. Hier wird die
touristische Brennweite als Totale
gemieden, die Kamera tastet die
materielle Alltagskultur langsam, „forensisch“[39]
ab: Lehmwände, Gefäße, Matten, Kleidung, den Herstellungsprozess einer
Liegefläche aus Flechtwerk, das Pumpen von Wasser. Ein ländliches Leben, das
aus der Betrachterperspektive dieses Filmes ein belassenes Leben zu sein
scheint, analog zum Ritornell der Vögel ein Leben in Zyklen, von linearen
Fortschrittsprozessen nur bedingt tangiert.
Ein Stuhl, eine Akteurin, ein Dorf, Vogelsang und dingliche
Materialität: eine Signatur ländlichen Lebens im Himalaja. Ein Invisible
House, dessen Welt sich in den Dingen des täglichen Lebens und Kultur
sich durch die Routineprozesse des Alltags artikulieren. Insofern erscheint
das Flechten und Fegen der Nepalesin im installierten Raum der Ausstellung
synchronisiert mit dem Invisible House im Tharu Village. Aber:
Das heideggerische Invisible House ist hier nicht tauglich, weil dies
einem Zeitbegriff von Konstanz unterliegt, in dem Dinge der materiellen
Kultur verlässlich Auskunft über die bezeichnete Welt geben.[40]
In dieser Installation aber gerät das Ritornell von Raumsäuberung und
Manufaktur in eine existenzielle Schleife von Warten, von Paralyse, von
Stillstand. Die Fehlstelle in dieser scheinbar unversehrten Existenz ist der
monströse, liegende Stuhl. Er kann nur bedingt besessen werden: Liegend ist
er dysfunktional, wie er in seinem Maßstab ein Herrschaftszeichen
ist: Der
gekippte Stuhl als Ausdruck von gekippter Macht. Ein gestürzter Thron, als
möglicher Hinweis auf das Massaker der nepalesischen Königsfamilie durch den
Kronprinzen im Jahre 2001. Der Stuhl ist nicht mehr besetzt, das politische
Zeichen von gekerbtem Territorium – Thron als Zeichen des be-setzten Raumes
– hat seinen herrschaftskulturellen Ort verloren. Damit wird der Welt von Tharu Village eine Leerstelle implantiert. Diese Leerstelle artikuliert sich
auch durch das Material des Stuhles: verflochtene Streifen handgeschöpften
Papiers, das durch Kohlenstaub eingeschwärzt ist und dessen Schwärzung in
diesem Kontext zu einer tabula rasa[41]
wird. Das existentielle Invisible House ist durch das politische
Invisible House außerhalb der Sichtbarkeit und außerhalb seiner
Gravitation geraten; Unsicherheit und eine Art Haus-Losigkeit konstruieren
eine andere Welt. Das Fegen von Raum, das plural-kulturell in vielen
räumlichen Alltagsritualen eine ‚Glättung’ von Raum darstellt,[42]
konnotiert in der Installation als eine ins Leere laufende Pflege an der
Macht. „By laying the
chair on its side, the work invokes a subtle political meaning while at the
same time allowing for status of the woman sweeping the site to be
re-positioned. In this context, the woman and her act of sweeping the site
has many interweaving layers of meaning and significance, including issues
of guardianship/ownership, maintenance/renewal, change/destruction.“[43]
Herrschaftskulturelle Stühle erhöhen
und separieren den Nobilitierten von räumlicher und zeitlicher Normalität.
Historisch ist der Thron von Sitzgebärden weiblicher Gottheiten aus dem 6.
Jahrtausend vor Christi abgeleitet, die in ihrer eigenen voluminösen
Körperlichkeit thronen und darin Zeichen kosmischer Einheit, Ruhe und Würde
sind.[44]
Das Bedürfnis, diese „Thronwesen“[45]
zu ex-korporalisieren und Stühle zu bauen, setzt menschheitsgeschichtlich
spät ein[46].
Die Architektur von Sitzmöbeln zitiert jedoch die göttlichen Sitzgebärden.
Insofern kann auch ein politischer Thron körperlich gelesen werden: Der
soziale Körper trägt Einzelne und gibt ihnen dadurch Macht. Wenn Kluenter
diese Inkunabel von Macht nun in einer Flechtwerk-Konstruktion darstellt,
dann ist dies ein „geschmeidiger Festkörper“[47]
in der Nähe zum Modell der Weberei, wie es von Platon als Paradigma für die
„Königswissenschaft“ von Regierung und Staatsapparat bemüht wurde[48].
In Gegenlesung zur sozialen Architektur eines Black Tents, das nach
Auflösung des familiären Körpers in Einzelteile zertrennt wird, ist die
Architektur dieses Stuhles aus sich überlagernden einzelnen
Flechtteilen überhaupt erst konstruiert. Dysfunktional wird er dadurch, dass
er umgefallen, ‚gestürzt’ ist. Im Invisible House des politischen
Vakuums spiegelt sich das: Schien im Tharu Village die manufakturelle
Produktion von ‚Zeug’ noch ein Ausdruck von Arbeit am zyklischen Dasein, so
erscheint die manufakturelle Produktion der Flechtarbeiten durch die
Nepalesin in der Installation nur noch als eine disparate Ansammlung
zeugloser Dinge im überquellenden Korb. Der kulturelle Kon-Text ist
gekündigt[49],
das soziale Haus leer gezogen.
Glatter und gekerbter Raum auch in dieser Arbeit, allerdings in differenter
Interaktion. War die Himmelstreppe in das Invisible
House eines glatten, de-territorialen Raumes der Mârhâ-Ebene verbaut, so
ist die gekerbte Welt eines Tharu Village durch das Invisible House
der politischen Situation geglättet. Der Glatte Raum wird hier durch das
Ritornell – Gezwitscher, Leben, Flechten und Säubern – repräsentiert: „Die
Rolle des Ritornells ist oft hervorgehoben worden: es ist ortsgebunden,
territorial, es ist ein territoriales Gefüge. Vogelgesang: der singende
Vogel markiert auf diese Weise sein Revier. ... Das Ritornell kann auch
andere Funktionen übernehmen, amouröse, berufliche oder soziale, liturgische
oder kosmische: es trägt immer Erde mit sich, sein Begleiter ist eine –
manchmal auch spirituelle – Erde, es hat eine wichtige Beziehung zum
Heimatlichen, zum Geburtsort. ... Manchmal verlässt man das
territoriale Gefüge, um zu anderen Gefügen oder sonst wohin zu gehen:
Zwischengefüge, Übergangs- oder sogar Fluchtkomponenten.“[50]
Invisible Houses und das Schwache Denken
Heideggers und Bachelards Invisible Houses lesen sich heute zu klein,
zu heil, zu familiär und zu statisch. In ihrer Phänomenalität hingegen sind
sie existent. Der philosophische Baugrund dafür wäre möglicherweise über
‚Das Schwache Denken’ zu erschließen, wie Gianni Vattimo dieses über
Heideggers Technikkritik entwickelt hat.[51]
Für Heidegger besteht eine Kontinuität zwischen
technischem und abendländisch metaphysischem Denken insofern, als
Technologie die Weiterentwicklung einer metaphysischen Weltkonstruktion in
ihrer Vollendung darstellt. Die metaphysische Bestimmung des Menschen war
für ihn in einer Subjekt-Objekt-Korrelation festgelegt und entsprach damit
einer starken Ontologie. Diese ist jedoch in nachmetaphysischer
Überwindung in einen schwingenden Bereich eingetreten, worin der
verbindliche Rahmen von Wirklichkeit aufgelöst wird und Korrelationen
verfügbar, auch machbar werden. Wahrheit und Fiktion sind darin nicht
mehr scharf voneinander getrennt. Damit wird, wie Vattimo es formuliert, der
Weg aus der Metaphysik ein Weg in eine ‚schwache’ Ontologie. Hier wird
Denken ein zweifelnder, kritischer, anfälliger Prozess, der von
Transformationen (und nicht von kritischen Überwindungen) geprägt ist.
In diesem Sinne sind Invisible Houses schwache Architekturen. Sie
sind reagibel, zeitanfällig, ephemer und hinfällig gar in ihrer
existentiellen oder oneirischen Materialität. Wenn die Seinsbestimmung des
nachmetaphysischen Menschen sich nach Vattimo nicht mehr durch eine feste
Subjekt-Objekt-Beziehung darstellen lässt, dann sind auch Invisible
Houses dem nachmetaphysischen Menschen nur angeheftet, auf dem Durchzug
und von nomadischem Charakter. Möglicherweise aber auch sind sie die
Architekturen der Zukunft: Häuser des Überganges, die des gebauten Hauses
nur noch bedingt bedürfen, sondern sich vielmehr in Performativitäten von
Alltagshandlungen ‚einbauen’. Darin aber Orte bilden, vielleicht in dem
Sinne, wie Karsten Harries es an anderer Stelle als Leistung für das
Ornament kennzeichnet: "Entspringen sie nicht alle der Sehnsucht, diese Welt
nocheinmal als Heimat erfahren zu dürfen, einem Heimweh, das uns die Gestalt
unserer modernen Welt verbietet?"[52]
Literatur:
Bachelard, Gaston (1987), Poetik des Raumes,
Frankfurt:Fischer (orig.1957).
Bourdieu, Pierre (1976), Entwurf einer
Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen
Gesellschaft, Frankfurt.
Deleuze, Gilles, Félix Guattari, (1977)
Rhizom. Indroduction”,
Paris 1976, dt. Rhizom (1977)
Berlin:Merve.
Diess. (1992), Tausend Plateuas,
Kapitalismus und Schizophrenie, Berlin:Merve (org.
Paris 1980).
Dickson, H.R.P. (1949), The
Arab of the Desert. A Glimpse into Badawin Life in Kuwait and Sau’di Arabia,
o. O.
Eickhoff, Hajo (1993), Himmelsthron und
Schaukelstuhl, Die Geschichte des Sitzens, München, Wien: Carl Hanser Verlag.
Flusser, Vilém, (1992) Virtuelle Räume,
Simultane Welten, in: Arch+111, März 1992, Aachen.
Haehnel, Birgit (2007), Regelwerk und
Umgestaltung. Nomadische Denkweisen in der Kunstwahrnehmung nach 1945.
Berlin: Reimer.
Han, Byung-Chul Han (2005),
Hyperkulturalität. Kultur und Globalisierung.
Berlin: Merve.
Harries, Karsten (1998), The
Ethical Function of Architecture, London: The MIT Press.
Harries, Karsten (2001),
Betrachtungen zur Oberflächlichkeit des Ornaments, in: Isabelle Frank, Freia
Hartung (Hg.) 2001, Die Rhetorik des Ornaments, München. Wilhelm Fink Verlag,
103-120.
Heidegger, Martin (1936), Der Ursprung des
Kunstwerkes, in: ders. Holzwege (1972) Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann,
7-68.
Helmhold, Heidi (1991) Das Plüschtier auf
dem Bildschirm – oder: Der Arbeitsplatz von morgen (3. Wettbewerbsgewinn der
Siemens Kulturstiftung, München), in: Arbeitsräume heute und morgen,
München, 108-114.
dies. (2001): Einschreibungen: Von
erstarrten, geflohenen und sensorischen Ornamenten, in: patterns of life,
Ausstellungskatalog Museum Schloss Hardenberg und Kunststiftung Schloss
Ringenberg, Hamminkeln, 66-70.
Institut für moderne Kunst, Nürnberg (Hg),
(1986), Hannsjörg Voth, Hassi Romi, Nürnberg:Verlag für moderne Kunst.
Kluenter, Rolf, A. (1995),
Portals of the Labyrinth, Amsterdam: Gallery Van Der Straeten.
Löw, Martina, Raumsoziologie, (2001)
Frankfurt: stw wissenschaft.
Nippa, Annegret (1991), Haus und Familie in
arabischen Ländern, Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Romain, Lothar (1989), Kein Turm von
Babylon. Über Hannsjörg Voths „Himmelstreppe“, in: Institut für moderne
Kunst Nürnberg 1989, 9-12.
Schache, Ilse (2006),
Beyond My Chair,
www.rolfakluenterarts.com/index3.html.
Schaden, Christoph (1995),
Entering the Labyrinth, About Rolf A. Kluenter’s latest group of works, in:
Kluenter (1995), 9-12.
Vattimo, Gianni, Pier Aldo
Rovatti (Hg), (1983), Il pensiero debole, Mailand.
ders: Nihilismus und Postmoderne in der
Philosophie, in: Wolfgang Welsch (1988), Schlüsseltexte der
Postmoderne-Diskussion, Weinheim:VCH, 233-246.
Voth, Hannsjörg, Hassi Romi, in: Institut
für moderne Kunst (1989), 49-225.
Anmerkungen:
[1]
Harries,1998, S. 202-203.
[2]
Bachelard, 1987, S. 33.
[6]
Harries, 1998, S. 202.
[8]
Löw, 2001, S. 158-166.
[9]
S. dazu Han, 2005, 76-82, Flusser,1992.
[10]
S. dazu Helmhold 1991.
[11]
Auf Abbildungsmaterial zum Projekt ‚Himmelstreppe’ muss im Folgenden
leider verzichtet werden. Das bereits digitalisierte Material kann
nicht eingestellt werden, weil die Rechte dafür nicht zu finanzieren
waren.
[12]
Lothar Romain 1989, S. 9.
[13]
Romain, 1989, S. 10.
[14]
Und Wasser führte dieser Brunnen erst nach Beendigung der
Himmelstreppe. Sprengarbeiten, die fehlenden Experten für diese
Arbeit wie die fehlende Motivation der Arbeiter verzögerten die
Arbeit am Brunnen immer wieder.
[15]
Alle Großprojekte Voths sahen Lebens- und Arbeitsräume für den
Künstler im Inneren der Bauten vor, so in der Pyramide im
holländischen Ijsselmeer oder in der Mumie auf dem Rheinfloß.
(Romain, 1989, S. 11).
[16]
Romain, 1989, S. 10.
[17]
Romain, 1989, S. 11.
[18]
Romain, 1989, S. 82.
[19]
Das ‚Black Tent‘ besteht aus einem hoch gepfosteten Zeltdach (velum),
das bei Sandsturm bis auf den Boden hinuntergezogen werden kann.
Dieses velum wird von den Frauen auf schmalen transportablen
Webrahmen aus dem hand versponnenen Haar der Ziegen gewebt. Das
Ziegenhaar ist quellfähig, d. h., dass unter Einfluss von
Feuchtigkeit das Haar aufquillt und die ansonsten lockere
luftdurchlässige Webstruktur geschlossen und wasserfest wird. Die
dunkle Farbe speichert die Sonnenwärme tagsüber, um sie nachts an
den darunter liegenden Raum abzugeben. Es gibt zusätzlich
paraventartige textile Wände, die vor das Zelt gespannt werden, aber
die Grundkonstruktion ist die eines Spannzeltes. Die Zeltbänder, mit
denen das velum zum Boden verspannt wird, sind von den Frauen
in spezifischer Ornamentik gewebt worden und stellen innerhalb der
architektonischen Konstruktion eine spezifische Signatur von lokaler
Identität dar. (Nippa,1991, 90).
[20]
Aus postkolonialer Perspektive befremden die tagebuchartigen
Beschreibungen Voths während der Bauphase der Treppe, worin
litaneiartig seine Wut und Ungeduld über die Unfähigkeit der
Arbeiter und die Unzuverlässigkeit der Nomaden zum Ausdruck kommt.
Kinder die ihn im Souk von Rissani neugierig folgten, bezeichnet er
als „kleine schwarze Käfer“ und sieht sich selbst in der Rolle des
„Rattenfängers“ (Romain:1989, S. 57).
[21]
So ist an das ‚Black Tent’ auch kein Rechtsverhältnis gebunden, es
ist unklar, wem es im juristischen Sinne ‚gehört’. (Nippa, 1991).
[22]
Cf. Pierre Bourdieu, 1976.
[23]
Dickson 1983, S. 60.
[24]
Interessanterweise bewohnte Voth das Zelt nicht im Sinne eines
‚Fließraumes’ mit imaginären Grenzen zwischen den Funktionsbereichen
– nur der Bereich der Frauen ist traditionellerweise durch die
quata von der Männerseite abgegrenzt – sondern zieht mittels
Tüchern die vertrauten Raumgrenzen euklidischer Funktionsräume nach.
[25]
Hannsjörg Voth 1989, S. 67.
[26]
Gespräch der Verfasserin mit Hannsjörg Voth.
[27]
Haehnel, 2007, S. 40.
[29]
Deleuze/Guattari 1992.
[34]
Romain 1989, S. 120.
[35]
Werkbeschreibung durch Rolf Kluenter.
[36]
S. dazu: Helmhold 2001.
[38]
Heidegger 1972, S. 48.
[39]
Werkbeschreibung durch Rolf Kluenter.
[40]
Han 2005, 76: „Es gibt nicht mehr jene erfüllte Zeit, die sich einem
schönen Gefüge aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, also einer Geschichte, einem narrativen Spannungsbogen verdankte. Die Zeit wird
nackt, d. h. der Narration entkleidet.“
[41]
Und damit auch Ausgangsmaterial für eine neue (politische) Situation
sein kann: „Thus it functions like the negative film of a not (yet)
exposed photograph, whose grain is waiting for the first rays of the
sun. Thus the colour black constitues the
starting point of a creative process, which literally as well as
metaphorically can be referred to as VIA NEGATIVA.“ (Schaden,
2005, S. 11-12).
[42]
Es wäre eine Untersuchung wert, ob und welche Unterschiede es in der
Re-Konstruktion von Räumlichkeit eines Raumes macht, ob man diesen
saugt, wischt oder fegt.
[44]
Eickhoff, 1993, S. 26-27.
[46]
Die Kulturgeschichte des Sitzens ist bezogen auf die
Menschheitsgeschichte mit 5.000 Jahren relativ jung (Eickhoff, 1993,
S. 26).
[47]
Leroi-Gourhan, L’homme et la matière, Paris 1971, 244ff (zitiert
nach Deleuze/Guattari, 1992, S. 659).
[48]
Deleuze/Guattari, ebda.
[49]
Diese offene Situation repräsentiert möglicherweise jedoch auch
einen chinesischen Begriff von Kultur, wie ihn Byung-Chul Han in
seiner Arbeit zur Hyperkulturalität anmerkt: „Das erste
chinesische Zeichen „wen“ bedeutet Muster, Linie, Zeichen, Schrift
oder Literatur. Das zweite Zeichen „hua“ bedeutet Wandlung,
Veränderung oder Verwandlung (Han 2005, S. 57).
[50]
Deleuze/Guattari 1992, S. 426.
[51]
Vattimo (1988), S. 233-246.
[52] Harries, 2001, S. 111.
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