Himmel und Erde (Heaven and Earth)
Festheft für Karsten Harries

12. Jg., Heft 1
August 2007
   

 

___Heidi Helmhold
Köln
  "Invisible Houses" – Zwei künstlerische Positionen

 

   

Einen Beitrag zur Festschrift für Karsten Harries zu schreiben, heißt für mich, über Invisible Houses zu schreiben. Landschaften, Gesellschaftsentwürfe, Religionen, Biographien werden in Häuser und Architekturen verbaut, und Wohnen geht dem Bauen voran das wissen wir mit Heidegger. Karsten Harries liest in The Ethical Function of Architecture Heideggers fundamentalontologische Heimatlosigkeit in eine späte Nähe zum Haus des Traumes'  Gaston Bachelards, wie er diese in der Poetik des Raumes entworfen hat.[1]. Das Haus ist für Bachelard ‚Schlupfwinkel’, geschützter Ort, es ist „für die Gedanken, Erinnerungen und Träume des Menschen eine der großen Integrationsmächte ...“[2]. Hier ist der Mensch bei sich, bevor und nachdem er im heideggerischen Sinne in die „Welt geworfen wird“[3]. In der materiellen Kultur des Hauses ist Erinnerung als psychoanalytisches Material („verdichtete Zeit“) eingelagert und kann analog zur Psychoanalyse in der Topo-Analyse systematisch erschlossen werden[4]. Das heißt: Dem sichtbaren Haus ist das oneirische, traumbildhafte Haus eingeschrieben.

Für Heidegger ist dem (Schwarzwald)Haus und dessen materieller Ding-Kultur die Welthaftigkeit qua ‚In-der-Welt-Sein’ immanent; in Dingen und Behausungen spiegelt sich Welt. „Heideggers Welt ist der Ort, der eine dialektische, bäuerliche, ja auch materielle Nähe vermittelt.“[5] Das heißt: Dem sichtbaren Haus ist die religiöse, naturbezogene bäuerliche Arbeitswelt als ‚inneres Haus’ eingeschrieben.

In einer globalisierten, diskontinuierlichen und mobilen Welt ist das Phänomen des Invisible House nicht verschwunden – die von Bachelard und Heidegger auf den Fundamenten Traum und Existenz gegründeten Häuser sind mit dieser Welt nicht mehr kompatibel.
Karsten Harries: „Many children, to be sure, continue to be raised in similarly stable environments, but the evolution of the modern life – world seems to point in a very different direction: how does a much more unstable lifestyle – in which families move, desintegrate, and reform; in which often there is no family at all, but a single parent struggling to maintain a home – affect of our dreams of houses? Of what houses do the inhabitants of our ghettos dream?“[6] An anderer Stelle befragt Harries Heideggers Begriff des authentischen Sterbens mit den Erfahrungen des Holocaust und zeigt, dass und wie sehr Heideggers existenzphilosophische Begrifflichkeit der traditionssicheren Welt des Schwarzwaldes verhaftet ist.[7]

Häusern und Wohnformen, so meine an Karsten Harries gebildete These, sind Invisible Houses eingebaut. Anders ausgedrückt: Wohnen als performative Alltagshandlung entwickelt ein ‚inneres Haus’, das angefüllt ist mit Bildern, Utopien, Archiven und Biographien. Die Raumsoziologin Martina Löw spricht hier vom Spacing[8] und grenzt diesen komplexen Handlungsbegriff gegen den Raum als Behälterraum ab. Im Spacing wird die Architektur eines Hauses von den Wohnakteuren überhaupt erst geleistet. Dies kann eine sozialintensive Interaktion von Menschen mit Gütern im Raum sein. Dies kann aber ebenso eine gelebte Architektur sein, deren Alltagschoreographien den Invisible Houses verpflichtet sind. Darunter sind zunehmend die (Behälter)-Raum überwindenden neuen Medien zu verstehen[9], darunter fallen aber auch Dinge der materiellen Kultur – wie bspw. die Permanenz-Ausstellungen von Urlaubspostkarten an den Wänden von Dienstzimmern, die eindrücklich Wissen und Bedürfnis nach Invisible Houses belegen, an Orten, wo diese manchmal gar nicht gebaut werden können oder dürfen.[10]

Im Folgenden werde ich zwei künstlerische Positionen zum Invisible House vorstellen: Hannsjörg Voths „Hassi Romi“ aus den Jahren 1986-1987 und Rolf Kluenters ‚Beyond My Chair’ von 2006. Beide Arbeiten fokussieren sowohl den realen, gebauten Raum wie deren Invisible Houses. Letzteres erscheint in der Arbeit Voths als Störfaktor der künstlerischen Intention, bei Kluenter hingegen als intendiertes Movens eines ‚anderen’ Raumes.


Himmelstreppe oder der Brunnen des Europäers (Hassi Romi)[11]

In der marokkanischen Mârhâ-Ebene am Rande der Sahara realisierte der Münchner Künstler in den Jahren 1985-1988 sein künstlerisches Projekt ‚Himmelstreppe‘. Dieses massive, in traditioneller Stampflehmtechnik gebaute, im Inneren vom Künstler bewohnbare Bauwerk hat eine Länge von 23 Metern, eine Höhe von 16 Metern und eine Hypotenuse von 28 Metern.[12] Es ragt in der Ebene weithin sichtbar, ist in der Schräge über 52 Stufen außen zu erklimmen und hat über diese Funktion durch den Künstler die Bezeichnung ‚Himmelstreppe‘ erhalten. Die künstlerische Intention Voths lag darin, mit dem Treppenaufstieg „in den Himmel“ eine räumliche Grenzsituation erfahrbar zu machen: Der Hinaufsteigende erfährt zwar die physische Grenzmarkierung der Bewegung nach oben, gleichzeitig jedoch auch die mentale Grenzenlosigkeit. „Der Sinn dieser Treppe ist ... : sie soll an der Nahtstelle stehen zwischen begrenzter Lebenswelt und deren Einordnung im Kosmos, wo eben „Eines in allem und alles in einem“ zu sein verspricht – als Erlebnis, das Konsequenz gleichermaßen der physischen Anstrengung ist wie der oben zu machenden Erfahrung, dass es immer etwas darüber hinaus gibt“[13]. Dieses Projekt platziert sich in einer von Berbern nomadisierten Gegend, die in textilen Wohnformen, den Black Tents, leben und mit ihren Zelten eine signifikante Signatur in die weite, spärlich besiedelte Mârhâ-Ebene legen. Wenn in dieser Ebene massiv gebaut wird, dann in die Tiefe: Brunnen sind dem Felsen unterhalb des Sandes nur mit hohem Arbeitsaufwand abzuringen und doch von großer Lebensnotwendigkeit. Voth hatte mit dem Bau der Himmelstreppe zeitgleich einen Brunnenbau konzipiert, weil er Wasser für das Baumaterial benötigte. Der Brunnen wurde 18 Meter tief in den Fels getrieben, bevor er Wasser gab[14] und war als reziproke Hinterlassenschaft für die Nomaden zu verstehen, die in dieser Gegend heftiger Wüstenstürme kein aufragendes Haus, wohl aber in existenzieller Notwendigkeit Wasser brauchen. Und eben diese Nomaden waren es auch, die dem Projekt seinen abschließenden Namen gaben: Hassi Romi – der Brunnen des Europäers.

Das Gesamtprojekt hatte die Komplexität eines konzeptkünstlerischen Ansatzes: Über einen Zeitraum von zehn Jahren entwarf Voth Zeichnungen und Entwürfe, holte Ortskenntnis über die Mârhâ-Ebene ein, verhandelte mit Behörden und Sponsoren, baute eine Logistik auf und war in anhaltender Suche nach Arbeitern und Spezialisten für den Lehmbau der Himmelstreppe wie für das Sprengen eines Brunnens. Nach Fertigstellung des Baues lebte Voth sporadisch innerhalb der Treppe in eigens dafür konzipierten Wohnräumen.[15] Es entstanden Objekte, Zeichnungen und Plastiken als künstlerische Zeichen zum Leben am Ort, der Menschen und ihrer Mythologie.

Über die Treppe ist der Himmel in künstlerischer Definition nach 52 Stufen in 16 Metern Höhe erreicht. Hier beginnt der liminale Bereich, die „Nahtstelle zwischen begrenzter Lebenswelt und deren Einordnung im Kosmos“[16]. Voths Projekt kollidierte jedoch mit sozialen und kulturellen Wirklichkeiten des Ortes. Die Übergangserfahrung von physischer Begrenztheit in kosmische Unbegrenztheit wird eine intense Erfahrung gewesen sein, und dennoch verblieb sie in den künstlerischen Suchbewegungen eines Hannsjörg Voth. Die Himmelstreppe als bauliche Erscheinung ist eine Groteske in dieser Landschaft und in ihrer Wüstenuntauglichkeit ein künstlerische Ich-Ikone. Der eigentliche, sich von der künstlerischen Intention ablösende Bau Invisible entsteht erst im Verschneiden zweier sozialer und kultureller Wirklichkeiten: Es sind die Umstände, die Schwierigkeiten und Unmöglichkeiten dieses Projektes, die das Invisible House gebaut haben: Eine ‚markierende‘ Architektur der Sesshaftigkeit vertikalisiert eine nomadische Landschaft der ‚Glätte‘.

Hannsjörg Voth befragt in der fertig gestellten Himmelstreppe Landschaft und Leben hinsichtlich seiner mythischen Dichte und seiner rituellen Formen. Einer der von ihm bewohnten Räume im Inneren der Treppe wurde denn auch als „Geheimer Landeplatz für eine Utopie“[17] bezeichnet. Der Künstler sitzt in einer ihm existentiell fremden Landschaft und schaut aus den markant platzierten Sehschlitzen in eine als Kulisse fungierende Landschaft. Voth verarbeitet diese zu künstlerischen Intimitätsverdichtungen im Schutz einer Privatheit im euklidischen Gehäuse, das eigentlich eine – seine – Wohnsignatur von Sesshaftigkeit ist. Das Invisible House im oneirischen oder existenziellen Sinne hat in den Räumen keine Archive, keine Materialitäten ausbilden können, und so holt Voth sich diese mit künstlerischen Methoden in das utopische Labor hinein. In die existentielle Lebensrealität der Berber konnte dieser raumragende und raumkerbende KunstKörper jedoch nicht eingearbeitet werden: Sie taufen die Himmelstreppe schlichtweg um in den Bau, den Voth lediglich als instrumentelles Nebenprodukt geplant hatte: Hassi Romi – der Brunnen des Europäers.  Brunnen sind notwendig und kostbar im nomadischen Leben dieser Landschaft, Himmelstreppen sind es nicht. Die Notizen Voths zum Bau der Himmelstreppe beschreiben diese Differenz zwischen künstlerischer und existenzieller Notwendigkeit: „Februar 1986: Ich bin sehr deprimiert. ... ich kontrollierte auf der Baustelle die Schalung und wie schon so oft wurde mir bewusst, viel zu exakt für die Stampflehmtechnik geplant zu haben. Ich zwirble die Leute von Tag zu Tag von morgens bis abends, aber es will ihnen einfach nicht in den Kopf, dass genau gearbeitet werden muss, um oben richtig anzukommen. ... Auf der Baustelle gab es ein Ärgernis nach dem anderen. Bevor mit der vierten Lage begonnen werden wird, muss einiges korrigiert werden. Nur eine Schalung war noch im Einsatz. Mohamed, dieser Schwachkopf, war von gestern bis heute nicht fähig, an den vier Eckpunkten Richtstangen gerade aufzustellen. Jedesmal, wenn ich kontrollierte, differierten sie bis zu drei Zentimetern.“[18]

Nomadische Existenzen wohnen anders. Sie markieren den Raum nicht mit Richtstangen, noch schalen oder vertikalisieren sie ihn. Sie wohnen in der Landschaft, in der Periodizität ihres Umherziehens, in der Sozialgestalt ihres Clans. Das Invisible House ihrer Existenz zeigt sich im biegeschlaffen Material ihrer Zelte: Raum wird immer wieder ent-raumt, wird immer wieder zur Fläche – sei es beim Weiterziehen eines Clans zur nächsten Lagerstelle, sei es beim Herannahen von Sandstürmen. Die Black Tents trotzen dem kargen, wenig berechenbaren meteorologischen Raum nicht, sondern verformen und aerodynamisieren sich an ihm und sind damit gewissermaßen Subjekte ihrer Umgebung.[19] Die Himmelstreppe Voths hingegen ist der verfestigte Behälterraum einer künstlerischen Utopie, analog zum White Cube: Die Welt der Nomaden wird eingefahren, gesammelt und ausgestellt. Eine durchaus koloniale Geste[20] vor dem Hintergrund, dass nomadische Kulturen wenig Repräsentationstechniken der Permanenz ausbilden, sie nicht sammeln und nicht horten, um eigene oder fremde Kulturen zu repräsentieren und sie textilintensive Alltagsgüter mit sich führen, die eine andere Halbwertzeit als repräsentativ ‚harte’ Materialien haben; ein Black Tent hält in Nutzung etwa zehn Jahre.

Eine Treppe in den (nomadischen) Himmel zu bauen, hieß denn für Voth auch, sich in das Invisible House der Berber einzuleben. Das Projekt konnte nur mit dem local knowlegde der Berber bewältigt werden. Die Wochen vor dem eigentlichen Projektbeginn entsprachen einer Art ‚Einhausung’ Voths in Gesetze und materiale Kultur der Mârhâ-Ebene. So brauchten Arbeiter und Künstler zum Beispiel während der Bauzeit Unterkunft und es wurden Lkaïma, Berberzelte, beschafft. Für die Arbeiter, alle in irgendeiner der Clan-Strukturen sozialisiert, war dies kein Problem, für den Hauslosen Voth hingegen schon. Ein Lkaïma kann man nicht kaufen, in keinem Basar, nirgends. Voth konnte die Arbeitskraft der Nomaden kaufen, die ihm beim Bau halfen. Er konnte die Baumaterialien kaufen. Ein Zelt jedoch gehört in den Familienkorpus eines Clans; solange eine Familie intakt ist, besitzt man es. Produziert wird es in langer Planung auf eine Heirat hin. Ist die Ehe, der Familienkorpus, nicht mehr intakt, wird auch das ‚Haus’ aufgelöst – in textilsprachlicher Terminologie heißt dies: es wird aufgetrennt und in kleinen Stoffteilen weiter genutzt.[21] Über das Haus lassen sich demnach weder Familiengeschichte noch eine Repräsentanz von Kultur konstruieren. Es steht als Archiv von Familienbiographien, unabhängig von gelebter Alltagsperformance seiner Bewohner, nicht zur Verfügung. Das ‚soziale‘ Haus hingegen ist als Abstammungslinie sehr viel beständiger und unterliegt einer sorgfältigen und komplexen Erhaltungsstruktur, wie Bourdieu gezeigt hat.[22] Dieses soziale Haus ist eine Artikulation des Invisible House, das rhetorisch in den clanspezifischen Webmustern der Zeltgurte oder im Zeremoniell des Zeltaufbaus zum Ausdruck kommt: Der Aufbau eines Zeltes ist performativ an die gemeinsame Handlung der gesamten Familien geknüpft. Dickson hat auf die Performativität dieses Aufbaues hingewiesen: Der Haushaltsvorstand gibt Regieanweisungen zum Aufbau und konstruiert damit das konkrete wie das soziale Haus, wird aber in eben dieser Rolle von den Familienmitgliedern wieder in Frage gestellt, indem Witze und Anspielungen während des Aufbaus hin und her gehen und das soziale Haus darin seine De-Konstruktion erfährt. Innerhalb dieses performativen Aktes können familiäre Positionen – und damit das soziale Haus neu ausgehandelt werden.[23]

Der ‚Bau’ eines Lkaïma geschieht nicht durch die Vertikalisierung eines ‚Behälterraumes’ von unten nach oben. Es wird – wie alle Typen des Black Tent von oben, gewissermaßen mit dem Velum, dem Dach, gebaut. Alle Teile des Zeltes werden auf dem Boden ausgebreitet, vernäht und mit einem Pfosten aufgestemmt der darunter eingeschlossene Raum bildet das ‚Haus’. Das heißt, eigentlich ist das Zelt kein Raum, sondern ein in between von Boden und Himmel: „Zehn Mann waren den ganzen Tag mit dem Aufstellen des Zeltes beschäftigt. ... Brâhîm, der ehemalige Nomade, stellte sich beim Aufbauen des Zeltes und Zusammennähen der dicken Bahnen sehr geschickt an. Und als er jeden Morgen, ohne Aufforderung, die um das Zelt zur Befestigung liegenden, schweren Steine weg hob und die Seitenteile zum Lüften locker darüber legte, damit das Gewebe keinen Schaden nahm, zog ich ihn von der Baustelle ab und machte ihn zu unserem Zeltmeister. Der Innenraum war überraschend groß. Eine Hälfte der hundert Quadratmeter Fläche unterteilten wir mit schwarzen Tüchern in zwei Schlafräume und einen Arbeitsraum[24]. Die andere Seite war unser Wohnraum mit der Küche. Durch das weitmaschig gewebte Dach aus Ziegenhaar flutete angenehm weich das Sonnenlicht. Nachts, wenn wir auf unseren Feldbetten lagen, sahen wir die Sterne und den Mond durchblinken.[25]

Hannsjörg Voths Himmelstreppe ist im Verlaufe von fast zwanzig Jahre durch Restaurationsarbeiten der Wüste wieder und wieder abgestrotzt worden. Treppenstufen und Fassadenteile wurden durch den Künstler mehrfach erneuert, heute ist der Bau durch Termiten und Erosion in seiner Statik stark eingeschränkt.[26] Verfall und Endlichkeit dieses Lehmziegelbaues waren Teil des künstlerischen Konzeptes, die Mentalität der Nomaden hingegen war es nicht. Das heißt aber auch: Der wüstennahe ‚glatte Raum’ hat über die künstlerische Utopie des ‚gekerbten’ Raumes Dominanz behalten. Aber auch: Die Lebens- und Arbeitsweise der Nomaden erwies sich eher als Störfeld.

In der französischen Philosophie der 1960er und 1970er Jahre werden von Gilles Deleuze und Félix Guattari zentrale Positionen bezüglich eines ‚nomadischen Denkens’ vertreten. Es geht um nichts weniger als um die „Auflösung des starren dichotonomen, telelogischen und phallogozentrischen Denkmodells“[27] und ist eingebettet in die auch von anderen französischen Philosophen dieser Zeit geforderte „Verabschiedung des mit sich selbst identischen Subjekts der Moderne“[28], verstanden als Arbeit an vernetzten, de-territorialen und gegenkulturellen Denkstrukturen. Gilles Deleuze und Félix Guattari entwickeln in ihren ‚Mille Plateaux’[29] in Analogie zum existentiellen Nomadismus eine ‚Strategie der Fläche‘. Der von den Nomaden durchquerte Raum wird dabei als der glatte Raum bezeichnet, ist von wenigen Merkmalen bestimmt, die ihrerseits jedoch zeit- und raumanfällig sind, denn sie verschwinden auch wieder.[30] Deleuze/Guattari sprechen hier auch von einer nomadischen Topologie, die sich nicht aus Punkten oder Objekten aufbaut, wie es dem Raum der Sesshaften eignet. Die nomadische Topologie beruht nicht "auf Punkten und Objekten ... sondern auf Haecceïtates[31], auf einem Zusammenwirken von Verhältnissen (Winde, Wellenbewegungen von Schnee und Sand, das Singen des Sandes und das Krachen des Eises, ...) ; es ist eher ein taktiler oder vielmehr „haptischer“ und klanglicher als ein visueller Raum“[32]. Ausgehend von der ontologischen Konzeption des „Rhizom”[33] setzen Deleuze/Guattari damit dem metaphysischen Denken das Denken der Vielheiten entgegen. Oder: Dem Denken, in dem alles aus einem ersten Grund – modellhaft aus der Pfahlwurzel – heraus entsteht, stellen sie das botanische Modell des Rhizoms gegenüber. Sie verbildlichen dieses Denken an der verästelten, rhyzomatischen, knötchenbildenden Knollenwurzel. Entscheidend ist, dass sie mit diesem Wurzeltypus eine andere Ontologie kennzeichnen: ein Denken in Vernetzungen und in Verweisungen, das nicht zuletzt eine Enttarnung von Herrschaftsdenken intendiert.

Den Himmel mittels einer Treppe zu suchen, ist kein nomadisches Anliegen. Dies entspricht dem Traum eines urbanen Mitteleuropäers, der in der Weite eines ungekerbten Raumes auf sich selbst geworfen, die Überwindung eben dieses Raumes und des nun mit sich selbst identischen Subjektes sucht. Es wäre zu fragen, ob die Berber der Mârhâ-Ebene den Himmel suchen müssen, oder ob dieser nicht schon immer in ihrem Invisible House enthalten ist. Enthalten als Einordnung in einen Kosmos, in dem Himmel und irdische Existenz nicht different sind. Die Berber haben Voths Himmeltreppe gebaut – unter seiner Anleitung nach seinen Bauplänen und nach seiner künstlerischen Konzeption; den Himmel gefunden aber haben sie möglicherweise im Bau des Brunnens. In achtzehn Metern Tiefe stoßen sie nach Monaten auf Wasser, das „süß und gut“ schmeckte.[34]


Beyond My Chair

Der in Shanghai lebende Künstler Rolf Kluenter zeigte auf der Shanghai-Biennale 2006 seine Arbeit „Beyond My Chair“.
 

Abb1.jpg (80519 Byte)     Abb2.jpg (88689 Byte)     Abb3.jpg (71555 Byte)    
Abb. 1, 2, 3. Rolf Kluenter, Beyond My Chair, 2006
© Rolf Kluenter


Diese Rauminstallation verbindet Performance, Film, Text und Objekte. Raum einnehmend ist ein 4,30 m hoher Flechtstuhl, der auf der Seite liegt. Er ist aus Streifen handgeschöpften nepalesischen Papiers in traditioneller nepalesischer Flechttechnik gearbeitet. Seitlich zum Stuhl sitzt eine Nepalesin auf Strohmatten, wie diese zum Lebens- und Wohnrepertoire im ländlichen Nepal gehören. Sie flicht kleine Quadrate aus dem gleichen Material, aus dem der Stuhl geflochten ist. Diese wirft sie nach Fertigstellung in einen allmählich überquellenden Flechtkorb. Auf der direkt ihr gegenüber liegenden Wand läuft eine 21-minütige Filmsequenz, Tharu Village. Der Film ist unterlegt mit Vogelgezwitscher, dessen akustische Dominanz der Installation im Radius von 50 Metern voranging, das heißt: man hörte den Raum, lange bevor man die Installation gesehen hatte.[35] In jeweiligen Filmpausen von 5 Minuten erhebt sich die Frau und fegt mit einem nepalesischen Besen den Boden um den Stuhl herum. Dabei herrscht Stille im Raum. Mit Beginn der nächsten Filmsequenz und der erneut einsetzenden Zwitscherakustik nimmt die Nepalesin ihre Flechtarbeit auf der Strohmatte wieder auf. Rechts neben ihrem Sitzplatz ist wandwärts eine ‚Word Chain’ als Textsequenz in schwarzen Tintenlettern auf die Wand gestempelt.
 

Abb4.jpg (70887 Byte)  
Abb. 4. ‚Word Chain’ – aus: Rolf Kluenter, Beyond My Chair, 2006
© Rolf Kluenter
 


Das Territorium dieser Installation wird zunächst akustisch signifikant. Vogelsang und Vogelruf[36] suggerieren Intensität von Natur als Refugium, in dem Zeit als Ritornell, als immer wiederkehrendes Muster einer paradiesischen Kontinuität wahrgenommen wird. Diesem Muster entspricht die Sequenz im Tun der Frau – Fegen des Raumes, Flechten von materialem Gut. Die Tonspur des Filmes perpetuiert das Paradies akustisch. „Der Film zeigt Tharu Village, die Welt eines Haushaltes in einem traditionell gebauten Lehmhaus eines Himalaja-Dorfs im Westen Nepals und die monotone Handarbeit einer auf dem Boden sitzenden Frau. Mit einem Rundmesser, das normalerweise benutzt wird, um Gras zu schneiden, spleißt sie dünnes, trockenes Schilfrohr. Die Frau hält den Holzgriff des Rundmesser mit beiden Füssen, so dass das Messer sozusagen aufrecht steht; die scharfe Kante des Rundmessers zeigt auf ihren Körper; vorsichtig und geschickt drückt sie die etwa  30 cm langen Schilfrohrstreifen gegen die Scharfe Kante und spleißt den Streifen so in zwei Teile.“[37]
 

Abb5.jpg (64120 Byte)     Abb6.jpg (58984 Byte)     Abb7.jpg (83216 Byte)    
Abb. 5, 6, 7. Stills aus ‚Tharu Village’, Rolf Kluenter, Beyond My Chair, 2006
© Rolf Kluenter


Welt und Welthaftigkeit zeigt sich in den Dingen. Techne ist darin Herstellung von Zeug, ein Vorgang, den Heidegger nachhaltig als das beschrieben hat, was das Seiende überhaupt erst hervor– und damit zur Erscheinung bringt.[38] Die Welt eines nepalesischen Dorfes wird in den Close-Ups einer handgeführten Kamera eindringlich zur Sprache gebracht. Hier wird die  touristische Brennweite als Totale gemieden, die Kamera tastet  die materielle Alltagskultur langsam, „forensisch“[39] ab: Lehmwände, Gefäße, Matten, Kleidung, den Herstellungsprozess einer Liegefläche aus Flechtwerk, das Pumpen von Wasser. Ein ländliches Leben, das aus der Betrachterperspektive dieses Filmes ein belassenes Leben zu sein scheint, analog zum Ritornell der Vögel ein Leben in Zyklen, von linearen Fortschrittsprozessen nur bedingt tangiert.

Ein Stuhl, eine Akteurin, ein Dorf, Vogelsang und dingliche Materialität: eine Signatur ländlichen Lebens im Himalaja. Ein Invisible House, dessen Welt sich in den Dingen des täglichen Lebens und Kultur sich durch die Routineprozesse des Alltags artikulieren. Insofern erscheint das Flechten und Fegen der Nepalesin im installierten Raum der Ausstellung synchronisiert mit dem Invisible House im Tharu Village. Aber: Das heideggerische Invisible House ist hier nicht tauglich, weil dies einem Zeitbegriff von Konstanz unterliegt, in dem Dinge der materiellen Kultur verlässlich Auskunft über die bezeichnete Welt geben.[40] In dieser Installation aber gerät das Ritornell von Raumsäuberung und Manufaktur in eine existenzielle Schleife von Warten, von Paralyse, von Stillstand. Die Fehlstelle in dieser scheinbar unversehrten Existenz ist der monströse, liegende Stuhl. Er kann nur bedingt besessen werden: Liegend ist er dysfunktional, wie er in seinem Maßstab ein Herrschaftszeichen ist: Der gekippte Stuhl als Ausdruck von gekippter Macht. Ein gestürzter Thron, als möglicher Hinweis auf das Massaker der nepalesischen Königsfamilie durch den Kronprinzen im Jahre 2001. Der Stuhl ist nicht mehr besetzt, das politische Zeichen von gekerbtem Territorium – Thron als Zeichen des be-setzten Raumes – hat seinen herrschaftskulturellen Ort verloren. Damit wird der Welt von Tharu Village eine Leerstelle implantiert. Diese Leerstelle artikuliert sich auch durch das Material des Stuhles: verflochtene Streifen handgeschöpften Papiers, das durch Kohlenstaub eingeschwärzt ist und dessen Schwärzung in diesem Kontext zu einer tabula rasa[41] wird. Das existentielle Invisible House ist durch das politische Invisible House außerhalb der Sichtbarkeit und außerhalb seiner Gravitation geraten; Unsicherheit und eine Art Haus-Losigkeit konstruieren eine andere Welt. Das Fegen von Raum, das plural-kulturell in vielen räumlichen Alltagsritualen eine ‚Glättung’ von Raum darstellt,[42] konnotiert in der Installation als eine ins Leere laufende Pflege an der Macht.
„By laying the chair on its side, the work invokes a subtle political meaning while at the same time allowing for status of the woman sweeping the site to be re-positioned. In this context, the woman and her act of sweeping the site has many interweaving layers of meaning and significance, including issues of guardianship/ownership, maintenance/renewal, change/destruction.“[43]

Herrschaftskulturelle Stühle erhöhen und separieren den Nobilitierten von räumlicher und zeitlicher Normalität. Historisch ist der Thron von Sitzgebärden weiblicher Gottheiten aus dem 6. Jahrtausend vor Christi abgeleitet, die in ihrer eigenen voluminösen Körperlichkeit thronen und darin Zeichen kosmischer Einheit, Ruhe und Würde sind.[44] Das Bedürfnis, diese „Thronwesen“[45] zu ex-korporalisieren und Stühle zu bauen, setzt menschheitsgeschichtlich spät ein[46]. Die Architektur von Sitzmöbeln zitiert jedoch die göttlichen Sitzgebärden. Insofern kann auch ein politischer Thron körperlich gelesen werden: Der soziale Körper trägt Einzelne und gibt ihnen dadurch Macht. Wenn Kluenter diese Inkunabel von Macht nun in einer Flechtwerk-Konstruktion darstellt, dann ist dies ein „geschmeidiger Festkörper“[47] in der Nähe zum Modell der Weberei, wie es von Platon als Paradigma für die „Königswissenschaft“ von Regierung und Staatsapparat bemüht wurde[48]. In Gegenlesung zur sozialen Architektur eines Black Tents, das nach Auflösung des familiären Körpers in Einzelteile zertrennt wird, ist die Architektur dieses Stuhles aus sich überlagernden einzelnen Flechtteilen überhaupt erst konstruiert. Dysfunktional wird er dadurch, dass er umgefallen, ‚gestürzt’ ist. Im Invisible House des politischen Vakuums spiegelt sich das: Schien im Tharu Village die manufakturelle Produktion von ‚Zeug’ noch ein Ausdruck von Arbeit am zyklischen Dasein, so erscheint die manufakturelle Produktion der Flechtarbeiten durch die Nepalesin in der Installation nur noch als eine disparate Ansammlung zeugloser Dinge im überquellenden Korb. Der kulturelle Kon-Text ist gekündigt[49], das soziale Haus leer gezogen.

Glatter und gekerbter Raum auch in dieser Arbeit, allerdings in differenter Interaktion. War die Himmelstreppe in das Invisible House eines glatten, de-territorialen Raumes der Mârhâ-Ebene verbaut, so ist die gekerbte Welt eines Tharu Village durch das Invisible House der politischen Situation geglättet. Der Glatte Raum wird hier durch das Ritornell – Gezwitscher, Leben, Flechten und Säubern – repräsentiert: „Die Rolle des Ritornells ist oft hervorgehoben worden: es ist ortsgebunden, territorial, es ist ein territoriales Gefüge. Vogelgesang: der singende Vogel markiert auf diese Weise sein Revier. ... Das Ritornell kann auch andere Funktionen übernehmen, amouröse, berufliche oder soziale, liturgische oder kosmische: es trägt immer Erde mit sich, sein Begleiter ist eine – manchmal auch spirituelle – Erde, es hat eine wichtige Beziehung zum Heimatlichen, zum Geburtsort. ... Manchmal verlässt man das territoriale Gefüge, um zu anderen Gefügen oder sonst wohin zu gehen: Zwischengefüge, Übergangs- oder sogar Fluchtkomponenten.“[50]


Invisible Houses und das Schwache Denken

Heideggers und Bachelards Invisible Houses lesen sich heute zu klein, zu heil, zu familiär und zu statisch. In ihrer Phänomenalität hingegen sind sie existent. Der philosophische Baugrund dafür wäre möglicherweise über ‚Das Schwache Denken’ zu erschließen, wie Gianni Vattimo dieses über Heideggers Technikkritik entwickelt hat.[51] Für Heidegger besteht eine Kontinuität zwischen technischem und abendländisch metaphysischem Denken insofern, als Technologie die Weiterentwicklung einer metaphysischen Weltkonstruktion in ihrer Vollendung darstellt. Die metaphysische Bestimmung des Menschen war für ihn in einer Subjekt-Objekt-Korrelation festgelegt und entsprach damit einer starken Ontologie. Diese ist jedoch in nachmetaphysischer Überwindung in einen schwingenden Bereich eingetreten, worin der verbindliche Rahmen von Wirklichkeit aufgelöst wird und Korrelationen verfügbar, auch machbar werden. Wahrheit und Fiktion sind darin nicht mehr scharf voneinander getrennt. Damit wird, wie Vattimo es formuliert, der Weg aus der Metaphysik ein Weg in eine ‚schwache’ Ontologie. Hier wird Denken ein zweifelnder, kritischer, anfälliger Prozess, der von Transformationen (und nicht von kritischen Überwindungen) geprägt ist.

In diesem Sinne sind Invisible Houses schwache Architekturen. Sie sind reagibel, zeitanfällig, ephemer und hinfällig gar in ihrer existentiellen oder oneirischen Materialität. Wenn die Seinsbestimmung des nachmetaphysischen Menschen sich nach Vattimo nicht mehr durch eine feste Subjekt-Objekt-Beziehung darstellen lässt, dann sind auch Invisible Houses dem nachmetaphysischen Menschen nur angeheftet, auf dem Durchzug und von nomadischem Charakter. Möglicherweise aber auch sind sie die Architekturen der Zukunft: Häuser des Überganges, die des gebauten Hauses nur noch bedingt bedürfen, sondern sich vielmehr in Performativitäten von Alltagshandlungen ‚einbauen’. Darin aber Orte bilden, vielleicht in dem Sinne, wie Karsten Harries es an anderer Stelle als Leistung für das Ornament kennzeichnet: "Entspringen sie nicht alle der Sehnsucht, diese Welt nocheinmal als Heimat erfahren zu dürfen, einem Heimweh, das uns die Gestalt unserer modernen Welt verbietet?"[52]


 



Literatur
:
 

Bachelard, Gaston (1987), Poetik des Raumes, Frankfurt:Fischer (orig.1957).

Bourdieu, Pierre (1976), Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft, Frankfurt.

Deleuze, Gilles, Félix Guattari, (1977) Rhizom. Indroduction”, Paris 1976, dt. Rhizom (1977) Berlin:Merve.

Diess. (1992), Tausend Plateuas, Kapitalismus und Schizophrenie, Berlin:Merve (org. Paris 1980).

Dickson, H.R.P. (1949), The Arab of the Desert. A Glimpse into Badawin Life in Kuwait and Sau’di Arabia, o. O.

Eickhoff, Hajo (1993), Himmelsthron und Schaukelstuhl, Die Geschichte des Sitzens, München, Wien: Carl Hanser Verlag.

Flusser, Vilém, (1992) Virtuelle Räume, Simultane Welten, in: Arch+111, März 1992, Aachen.

Haehnel, Birgit (2007), Regelwerk und Umgestaltung. Nomadische Denkweisen in der Kunstwahrnehmung nach 1945. Berlin: Reimer.

Han, Byung-Chul Han (2005), Hyperkulturalität. Kultur und Globalisierung. Berlin: Merve.

Harries, Karsten (1998), The Ethical Function of Architecture, London: The MIT Press.

Harries, Karsten (2001), Betrachtungen zur Oberflächlichkeit des Ornaments, in: Isabelle Frank, Freia Hartung (Hg.) 2001, Die Rhetorik des Ornaments, München. Wilhelm Fink Verlag, 103-120.

Heidegger, Martin (1936), Der Ursprung des Kunstwerkes, in: ders. Holzwege (1972) Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann, 7-68.

Helmhold, Heidi (1991) Das Plüschtier auf dem Bildschirm – oder: Der Arbeitsplatz von morgen (3. Wettbewerbsgewinn der Siemens Kulturstiftung, München), in: Arbeitsräume heute und morgen, München, 108-114.

dies. (2001): Einschreibungen: Von erstarrten, geflohenen und sensorischen Ornamenten, in: patterns of life, Ausstellungskatalog Museum Schloss Hardenberg und Kunststiftung Schloss Ringenberg, Hamminkeln, 66-70.

Institut für moderne Kunst, Nürnberg (Hg), (1986), Hannsjörg Voth, Hassi Romi, Nürnberg:Verlag für moderne Kunst.

Kluenter, Rolf, A. (1995), Portals of the Labyrinth, Amsterdam: Gallery Van Der Straeten.

Löw, Martina, Raumsoziologie, (2001) Frankfurt: stw wissenschaft.

Nippa, Annegret (1991), Haus und Familie in arabischen Ländern, Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Romain, Lothar (1989), Kein Turm von Babylon. Über Hannsjörg Voths „Himmelstreppe“, in: Institut für moderne Kunst Nürnberg 1989, 9-12.

Schache, Ilse (2006),  Beyond My Chair, www.rolfakluenterarts.com/index3.html.

Schaden, Christoph (1995), Entering the Labyrinth, About Rolf A. Kluenter’s latest group of works, in: Kluenter (1995), 9-12.

Vattimo, Gianni, Pier Aldo Rovatti (Hg), (1983), Il pensiero debole, Mailand.

ders: Nihilismus und Postmoderne in der Philosophie, in: Wolfgang Welsch (1988), Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion, Weinheim:VCH, 233-246.

Voth, Hannsjörg, Hassi Romi, in: Institut für moderne Kunst (1989), 49-225.


 


Anmerkungen:

[1] Harries,1998, S. 202-203.

[2] Bachelard, 1987, S. 33.

[3] Ebda.

[4] Ebda, S. 35.

[5] Han 2005, S. 77.

[6] Harries, 1998, S. 202.

[7] Ebda, S. 225.

[8] Löw, 2001, S. 158-166.

[9] S. dazu Han, 2005, 76-82, Flusser,1992.

[10] S. dazu Helmhold 1991.

[11] Auf Abbildungsmaterial zum Projekt ‚Himmelstreppe’ muss im Folgenden leider verzichtet werden. Das bereits digitalisierte Material kann nicht eingestellt werden, weil die Rechte dafür nicht zu finanzieren waren.

[12] Lothar Romain 1989, S. 9.

[13] Romain, 1989, S. 10.

[14] Und Wasser führte dieser Brunnen erst nach Beendigung der Himmelstreppe. Sprengarbeiten, die fehlenden Experten für diese Arbeit wie die fehlende Motivation der Arbeiter verzögerten die Arbeit am Brunnen immer wieder.

[15] Alle Großprojekte Voths sahen Lebens- und Arbeitsräume für den Künstler im Inneren der Bauten vor, so in der Pyramide im holländischen Ijsselmeer oder in der Mumie auf dem Rheinfloß. (Romain, 1989, S. 11).

[16] Romain, 1989, S. 10.

[17] Romain, 1989, S. 11.

[18] Romain, 1989, S. 82.

[19] Das ‚Black Tent‘ besteht aus einem hoch gepfosteten Zeltdach (velum), das bei Sandsturm bis auf den Boden hinuntergezogen werden kann. Dieses velum wird von den Frauen auf schmalen transportablen Webrahmen aus dem hand versponnenen Haar der Ziegen gewebt. Das Ziegenhaar ist quellfähig, d. h., dass unter Einfluss von Feuchtigkeit das Haar aufquillt und die ansonsten lockere luftdurchlässige Webstruktur geschlossen und wasserfest wird. Die dunkle Farbe speichert die Sonnenwärme tagsüber, um sie nachts an den darunter liegenden Raum abzugeben. Es gibt zusätzlich paraventartige textile Wände, die vor das Zelt gespannt werden, aber die Grundkonstruktion ist die eines Spannzeltes. Die Zeltbänder, mit denen das velum zum Boden verspannt wird, sind von den Frauen in spezifischer Ornamentik gewebt worden und stellen innerhalb der architektonischen Konstruktion eine spezifische Signatur von lokaler Identität dar. (Nippa,1991, 90).

[20] Aus postkolonialer Perspektive befremden die tagebuchartigen Beschreibungen Voths während der Bauphase der Treppe, worin litaneiartig seine Wut und Ungeduld über die Unfähigkeit der Arbeiter und die Unzuverlässigkeit der Nomaden zum Ausdruck kommt. Kinder die ihn im Souk von Rissani neugierig folgten, bezeichnet er als „kleine schwarze Käfer“ und sieht sich selbst in der Rolle des „Rattenfängers“ (Romain:1989, S. 57).

[21] So ist an das ‚Black Tent’ auch kein Rechtsverhältnis gebunden, es ist unklar, wem es im juristischen Sinne ‚gehört’. (Nippa, 1991).

[22] Cf. Pierre Bourdieu, 1976.

[23] Dickson 1983, S. 60.

[24] Interessanterweise bewohnte Voth das Zelt nicht im Sinne eines ‚Fließraumes’ mit imaginären Grenzen zwischen den Funktionsbereichen – nur der Bereich der Frauen ist traditionellerweise durch die quata von der Männerseite abgegrenzt – sondern zieht mittels Tüchern die vertrauten Raumgrenzen euklidischer Funktionsräume nach.

[25] Hannsjörg Voth 1989, S. 67.

[26] Gespräch der Verfasserin mit Hannsjörg Voth.

[27] Haehnel, 2007, S. 40.

[28] Ebda.

[29] Deleuze/Guattari 1992.

[30] Dies, 1992, S. 526.

[31] Ebda.

[32] Ebda.

[33] Dies, 1977.

[34] Romain 1989, S. 120.

[35] Werkbeschreibung durch Rolf Kluenter.

[36] S. dazu: Helmhold 2001.

[37] Ebda.

[38] Heidegger 1972, S. 48.

[39] Werkbeschreibung durch Rolf Kluenter.

[40] Han 2005, 76: „Es gibt nicht mehr jene erfüllte Zeit, die sich einem schönen Gefüge aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, also einer Geschichte, einem narrativen Spannungsbogen verdankte. Die Zeit wird nackt, d. h. der Narration entkleidet.“

[41] Und damit auch Ausgangsmaterial für eine neue (politische) Situation sein kann: „Thus it functions like the negative film of a not (yet) exposed photograph, whose grain is waiting for the first rays of the sun. Thus the colour black constitues the starting point of a creative process, which literally as well as metaphorically can be referred to as VIA NEGATIVA.“ (Schaden, 2005, S. 11-12).

[42] Es wäre eine Untersuchung wert, ob und welche Unterschiede es in der Re-Konstruktion von Räumlichkeit eines Raumes macht, ob man diesen saugt, wischt oder fegt.

[43] Schache, 2006.

[44] Eickhoff, 1993, S. 26-27.

[45] Ebda , S. 28.

[46] Die Kulturgeschichte des Sitzens ist bezogen auf die Menschheitsgeschichte mit 5.000 Jahren relativ jung (Eickhoff, 1993, S. 26).

[47] Leroi-Gourhan, L’homme et la matière, Paris 1971, 244ff (zitiert nach Deleuze/Guattari, 1992, S. 659).

[48] Deleuze/Guattari, ebda.

[49] Diese offene Situation repräsentiert möglicherweise jedoch auch einen chinesischen Begriff von Kultur, wie ihn Byung-Chul Han in seiner Arbeit zur Hyperkulturalität anmerkt: „Das erste chinesische Zeichen „wen“ bedeutet Muster, Linie, Zeichen, Schrift oder Literatur. Das zweite Zeichen „hua“ bedeutet Wandlung, Veränderung oder Verwandlung (Han 2005, S. 57).

[50] Deleuze/Guattari 1992, S. 426.

[51] Vattimo (1988), S. 233-246.

[52] Harries, 2001, S. 111.


 


feedback  


12. Jg., Heft 1
August 2007