Thema
3. Jg., Heft 1
Mai 1998

Sander W. Wilkens


Figur, Gestalt: künstliche Welt

1Der vorliegende Beitrag widmet sich im wesentlichen der Definition von zwei Begriffen, die, wenn sie Klarheit erlangt haben, maßgebliche Folgerungen für die Theorie (und Ästhetik) der künstlichen Welt (oder 'Cyber-Realität') besitzen müssen. Diese beiden Begriffe sind Figur und Gestalt, von denen vorauszunehmen ist, daß sie eine Unterscheidung beinhalten, die ihnen im Laufe der Philosophie- und Sprachgeschichten seit der Antike zugefallen ist, obgleich sie schon im Lateinischen - der figura - wie Homonyme behandelt werden. Hingenommen - und unterstrichen! - sei für diese Definition, daß (gemäß Ausschreibungstext) "der Reiz von Cyber-Realität einmal in der Simplizität ihrer Weltstrukturen, zum anderen aber in der konstruierten Differenz zwischen alltäglicher lebensweltlicher Erwartung (Kontinuität von Raum und Zeit, physikalischen Gesetzmäßigkeiten) und neuen fiktiven Erlebniswelten (U-topien, Raumsprünge, innovative Chronizität) liegt". Sollte - dies wird das angestrebte Ziel dieses Beitrags sein - die Gestalt auf realer Krafteinwirkung beruhen, die nicht auf eine konstitutive - unbedingte und apriori anzunehmende - Leistung der Einbildungskraft zurückzuführen ist, so daß sie sich unabhängig von dieser zu konstituieren vermag, die Figur aber andererseits genau diese Bedingung enthalten - die notwendige Konstitution durch die Einbildungskraft -, dann ist die künstliche offenbar eine notwendig figurale Welt. Und was sie an realer Krafteinwirkung, somit an Gestalt enthält, besteht - wie in der Mathematik (als vor allem Geometrie) - notwendig in der unmittelbaren (und niemals trennbaren) Inklusion unter die Leistung der Imagination, welche sie, die Gestalt als unmittelbare Krafteinwirkung, vorausnehmen muß. Und, contrapositio aus Identität für das Bewußtsein, die wahre Welt, wie sie zur künstlichen 'Cyber-Welt' in notwendigem Gegensatz besteht, ist die Welt oder Realität, die sich aus der zugleich universalen wie totalen Krafteinwirkung konstituiert.

II

2Im Kratylos zieht Platon über seinen Repräsentanten, Sokrates, folgende Wurzel über die causa finalis der Worte: "Also, Bester, muß wohl auch den für jedes seiner Art nach gearteten Namen jener Gesetzgeber in den Tönen und Silben niederzulegen wissen und so, indem er auf jenes sieht, was das Wort wirklich ist, alle Worte machen und bilden, wenn er ein tüchtiger Bildner der Worte sein will. Wenn aber nicht jeder Gesetzgeber das Wort in dieselben Silben niederlegt, das muß nicht irren 1. Denn auch nicht jeder Schmied, der zu demselben Zwecke dasselbe Werkzeug macht, legt dasselbe Bild in dasselbe Eisen hinein. Dennoch, solange er nur dieselbe Gestalt wiedergibt, wenn auch in anderem Eisen, ist doch das Werkzeug ebenso gut und richtig gemacht, mag es einer hier oder unter den Barbaren gemacht haben" (389d-390a). Gewiß, der Schluß steht quer zur modernen analytischen Sprachauffassung, wie sie sich im Gefolge insbesondere Ludwig Wittgensteins herausgebildet hat, die gerade die einfache - unique - Beziehung zwischen einem Wort und seinen notwendigen Konstituenten - Referent, Denotant und signans - verneint. Und die metaphysische Aufhebung, die sich in diesem Querstand durch die moderne Semantik verbirgt, ist gleichfalls unfraglich. Dennoch ist die Textstelle wertvoll, da sie nicht nur den Antipoden herauszustellen gestattet, sondern weil sie - in Verbindung mit ihrem Kontext - auf der Kontrastseite zur semantischen Entität, wenn diese vor allem der aus dem Wechselverhältnis von Intention und Extension resultierende Begriff eines Wortes ist, drei Begriffe zu exponieren erlaubt, die eine eigene philosophiegeschichtliche Relevanz besitzen: Bild, Figur und Gestalt. Und in Verbindung mit der folgenden Textstelle, die als (unausgesprochene) Mitte eines wahren linguistischen Gesetzgebers verlangt, daß er "die Idee des Wortes, wie sie jedem insbesondere zukommt, wiedergibt, in was für Silben es auch sei" (390a) 2, läßt sich ein Schema entwerfen, das zunächst ungeachtet der metaphysischen Implikation betrachtet sei. Demnach läßt sich behaupten, daß auf der einen Seite Bild und Gestalt eine Differenz bilden müssen, wie sie auf der anderen Seite auch Silbe und Wort enthalten. Und innerhalb dieser Relation behauptet Platon zugleich eine logisch eingeschlossene - unerläßliche - Vermittlung, die Idee. Daß differente Silben (als signantia) einem identischen Wort, das hier als das Verhältnis zum Referenten zu verstehen sein muß, zukommen können, liegt also weiterhin daran, daß sie sich auf die vermittelnde Identität einer Idee zu beziehen vermögen. Und es sei nicht verkannt, was aber hier nicht weiter verfolgt sei, daß Platon im folgenden die Beziehung auf den Referenten tilgt, indem er die Idee selber als das durch das Wort Bezeichnete einsetzt (so 393c-d) 3, wodurch sich die finalis in die causa formalis verwandelt. Die wesentliche Frage aber, die sich an die zitierte Passage anschließt, besteht darin, ob Bild und Gestalt, wenn sie wie Silben und Wort eine fundamentale Relation bilden, gleichfalls eine Vermittlungsinstanz beinhalten, auch wenn sie Platon nicht zum Audruck bringt. Die Antwort lautet ja, allerdings ist hierfür eine historische Vermittlung vonnöten, die im folgenden erläutert wird. Und im Ergebnis besteht sodann zwar eine dreifache Relation zwischen Silbe, Idee und Wort einerseits und Bild, Figur und Gestalt andererseits, dies ist aber nicht so mißzuverstehen, als wären damit je auf die Ebene bezogen Wort und Gestalt, Idee und Figur und Silbe und Bild einfache Substituenten.

III

3Die Figur ist somit als Vermittlungsbegriff soeben eingeführt worden, durch die Bild und Gestalt in Sublimation geraten. Die Philosophie, die diese Vermittlung zu explizieren gestattet, ist, wie zu erwarten, die von Immanuel Kant. Zuvor aber sei eine andere herangezogen, weil sie gestattet, Platon zu erläutern. Dies ist die Logik von Gottfried Wilhelm Leibniz. Dieser nämlich hat, was auf der einen Seite Platons als die Triade aus Wort, Silbe und Idee besteht, aufgrund logischer Analyse erweitert auf eine vierstellige Relation, in der Idee und Sache (res) sich auf andererseits Wort als Begriff und Zeichen beziehen. Und unter dieser Voraussetzung wird tatsächlich und besser einsehbar, wie die Korrelanten auf ideeller Seite zueinander stehen, was hier als Schlußform in der doppelten Betrachtung resümiert sei 4. Die Idee nämlich ist eine Bildung der Vernunft, die aus ihrer bloßen Möglichkeit in der gesamten regio idearum besteht, welche sich wiederum letztlich (um metaphysische Wahrheit) auf die Konstition durch Gott beruft. Und, indem sie dies tut, besteht sie zugleich in Kongruenz mit den apriorischen Gesetzen der Vernunft als menschlichen, welche hierdurch ihre Sphäre als von Erfahrung unabhängige (unabhängig behauptete) bezeichnet. Die Idee aber, um material wahr zu sein - faktische Wahrheit zu erlangen - muß neben ihrer bloßen Denkbarkeit den Gegensatz zwischen der definitio nominalis und realis eingehen 5, welche erstere, wenn sie die materiale Wahrheit beinhalten soll, auch definitio realis sein muß, so daß sie actu auf ein perceptum, eine wahre perzeptive Hervorrufung in dieser Welt, zurückgehen muß 6. Und stehen so Idee und Sache, das perceptum als das erfahrungshaltige Substrat dieser Welt, zueinander und in möglicher und anderer als der soeben erwähnten metaphysischen, nämlich nun materialen Kongruenz, so bildet das Wort im eigentlichen Sinne das konträre, distinkte und designative Verhältnis von Zeichen (als signans) und Begriff, das zum Bestandteil des Logikkalküls, der eigentlichen ars characteristica, werden kann. Idee und Begriff sind somit, in Kürze, nicht identisch, da dem Begriff, nicht aber der Idee, die doppelte Distinktion aus seinem linguistischen (charakteristischen) und andererseits logisch kalkulabilen Bestandteil zufallen muß.

IV

4Ist hiermit die eine Seite, nämlich diejenige, die sich auf die konstitutiven Begriffe der Semantik bezieht, geklärt, so mag nun der Blick auf die andere gerichtet werden, auf "Bild" und "Gestalt". Und es darf vorab behauptet werden, daß - infolge seines methodischen Reduktionismus - dieselben für den logischen Positivismus keine Bedeutung haben. Dies fällt selbst dann - oder gerade dann - auf, wenn sich Versuche der Interpretation Kants auf dem primären Boden von Vorausnahmen bewegen, die aus analytischer Tradition oder in deren Verbindung entstanden sind. Als Beispiel möge der Bezug auf konstitutive Anschauung in den Interpretationen von Peter Strawson, Gerold Prauss oder Michael Wolff dienen 7. Soll aber dieser Seite ein konstitutives Recht zugestanden werden, das immer schon in der natürlichen Welterfahrung in Kraft ist, somit nicht erst in den artes - bei den Lehren und Praktiken der Ingenieure, Architekten und Naturwissenschaftler -, dann ist zuerst nach jener Instanz zu fragen, die Kant in der Kritik der reinen Vernunft als Einbildungsschema bezeichnet hat. Bevor dies geschehen kann, soll aber Platons Auffassung ein wenig näher beleuchtet sein, insoweit sie sich aus der Textstelle herauslesen läßt, und nachdem - im Vorblick dieses Beitrags - die Begriffsformen Kants durchgeführt sind, wird auf den Begriff der Krafteinwirkung geschlossen, sodann abschließend, was er für die künstliche Welt besagt.

51. Das einleitende Gespräch des Kratylos, dessen erster Schluß zitiert wurde, handelt unzweifelhaft von der causa finalis der Worte, (was erst die Scholastik so bezeichnet hat), nämlich davon, wie ein Wort in Verbindung mit seinem Lautkörper, den Silben, dem Zweck entsprechen kann, "Natur und Wesen" einer Sache wiederzugeben, und zwar ebenso wie dies ein Tischler leistet, der eine Weberlade herstellt (389a) 8. Und in Gefolge dieses Vergleichs - und nur dies braucht hier zu interessieren, nicht aber, ob es überhaupt außer der Lautmalerei Worte de physi und nicht nur de thesi gibt, wie die moderne Linguistik seit Ferdinand de Saussure als Arbitrarität der Lexeme behauptet - zieht Platon die Wurzel einer gewissen Potenz oder Mannigfaltigkeit, die auch als logische Mitte angesehen werden kann: "[Also, (a),] wenn für dichtes Zeug oder für klares, für leinenes oder für wollenes oder wofür sonst eine Weberlade zu machen ist: so müßten diese insgesamt das Bild der Weberlade in sich haben; [und, (b),] wie sie aber nun für jedes insbesondere am besten geeignet wäre, diese Eigenschaft müßte ebenfalls in jedes Werk hineingelegt werden, [welche Konjunktion im folgenden durch Hermogenes einfach affirmiert wird]" (389b-c) 9. Im Hinblick auf die Kunst (ars), die den (virtuellen) Gesetzgeber der Worte wie den zum Vergleich herangezogenen Tischler kennzeichnet, bezeichnet das Bild somit die causa finalis der Handlung, der Herstellung von Wort oder Lade, und, ohne Zweifel, dieselbe hat eine sinnliche, nicht begriffliche oder ideelle (als aus bloßen Vorstellungssubstraten bestehende) Geltung. Das Substrat der Analyse, Identisches der möglichen Substraktion von wahren - faktischen - Differenzen gegeneinander, besteht aus sinnlicher Konstition und Regel, denn dieselbe muß sich in den möglichen Differenzen behaupten, und, conclusio abstrahibilis, dies sei der durch Abstraktion, nicht durch unmittelbare Anwendung der Prämissen erworbene Schluß, das Vermögen, das diese Geltung zu manifestieren gestattet, ist als sinnliches zuerst die Einbildungskraft.

62. Im oben bereits zitierten Schluß Platons entsteht nun aber die Schwierigkeit, daß er seine Behauptung scheinbar verneint: "Nicht jeder Schmied, der zu demselben Zweck dasselbe Werkzeug macht, legt dasselbe Bild in dasselbe Eisen hinein" (389e). Und er ergänzt die Verneinung, indem er die Affirmation der Behauptung durch den Gestaltbegriff erneuert: "Dennoch, solange er nur dieselbe Gestalt wiedergibt, wenn auch in anderem Eisen, ist doch das Werkzeug ebenso gut und richtig gemacht" (389e) 10. Hier ist nun um Erhalt der Widerspruchsfreiheit bestimmte Klärung notwendig, und dieselbe besteht offenbar darin, daß im Hauptschluß der Ausdruck Bild auf die Möglichkeit der Bedeutung (b) geht, also auf die (Ins-)Besonderung des Individuellen, dem ein Bild auch genügen können muß, während der folgende Ausdruck Gestalt die generelle Bedeutung von (a) innehat, nämlich das allgemeine Substrat der Einbildungskraft zu beinhalten. Nun besteht die Gestalt aber ausdrücklich auch darin, daß der Schmied dieselbe nicht nur erzeugt oder eben bildet, sondern daß er dieselbe "wiedergibt". Und die causa finalis geht ungeschieden in die causa efficiens über (im folgenden Text des Kratylos, wie erwähnt, auch die causa formalis), und sie besteht zugleich aus der causa materiae, des Stoffes, womit alle scholastistischen Unterscheidungen genannt seien, (was hier selbstredend nicht thematisch ist, aber der Deutlichkeit halber beigezählt sei). Wesentlich an diesem Zusammenhang der Gestalt aber ist nun, daß sie offenbar nicht allein aus der Leistung der Einbildungskraft besteht, selbst wenn sie dort eine generelle Entsprechung, einen Konvergenten, innehat, sondern daß sie, als efficiens, zugleich in der Affektion, der Rezeptivität des Bewußtseins besteht: Gestalt ist somit nicht Negation eines Bildes, sondern ihr möglicher Inkludent, sie besteht aber zugleich und notwendig aus dem Prinzip der Krafteinwirkung (Affektion), so daß sie auch Empfindung sein muß.

73. Gestalt also ist causa efficiens im Kontrast zur finalis als Bild, und die Konjunktion beider muß, da sie das Erzeugen und das Wiedergeben als Empfangen einschließt, ebenso eine Einheit bilden wie Silben und Wort, das, wohlgemerkt, im Zusammenhang der platonischen Erörterung die Natur einer Sache vertritt. Die soeben beigefügte Modalität - daß Gestalt notwendig aus dem Prinzip der Krafteinwirkung besteht (und der Möglichkeit nach das Bild als Substrat der Einbildungskraft einschließt) - ist selbstredend eine Zutat der Interpretation, wenngleich eine unerläßliche. Sie gelte für das Folgende systematisch, ist aber, historisch besehen, zugleich imstande zu erläutern, warum Leibniz in seiner Metaphysik stets die Ansicht vertreten hat, das vis activa und vis passiva eine (an sich untrennbare) Einheit bilden 11: was eine Sache aus sich heraus hervorruft (activa) und sofort (immediate) an ihrer Materie artikuliert (passiva), sodann den Sinnen zum Eindruck liefert, besteht somit, noch einmal auf die platonische Erwägung der finalis reflektiert, in Kongruenz mit den diesseitigen Kräften des Bewußtseins und ihrer (zweckgerichteten) konversen Einwirkung auf die Materie. Also bestehen aciva und passiva gedoppelt, nämlich dort und hier, und man hat einfachen Anlaß, auf die logischen Mitten von Bild und Gestalt zu schließen, (denn auch die Gestalt besitzt ja, und gemäß der Vorausnahme von Leibniz noch viel mehr, die Möglichkeit, die Eigenschaft des Individuellen - und nicht nur das Generelle des Bildes - auszudrücken, auch wenn er, um historische Reinheit der Begriffe, die Entzweiung von vis activa und passive nur einfach in der Reflexion der Substanz veranschlagt hat).

84. Viel wesentlicher für das hiesige Thema aber ist der andere Schluß, der an dieser Stelle schon vorausgenommen sei, daß nämlich durch (die Mitten von) Bild und Gestalt eine Gegenseitigkeit, mehr als dies, echte Komplementarität zur Semantik begründet wird, die sich wiederum in der künstlichen Welt (oder kybernetischen Realität) auch objektiv zu behaupten vermag. Denn nun gibt es auch ein allgemeines Medium, auf das hin alle Substraktion, die jenseits von Bedeutung - als Repräsentant von sprachlichen Designationen - stattfindet, auf einem leicht zugänglichen und unmittelbar oder, wegen seiner Speichermöglichkeit, mittelbar kommunizierbaren Medium, dem Schirm (screen), zu entwerfen und zu vollziehen. Und es ist erklärlich, wieso erst heute diese Komplementarität des Bewußtseins, insoweit es die Ojektivation seiner Bedeutungen und Substrate betrifft, auch wirklich effektiv wird, indem es vor das allgemeine, das philosophische, das Bewußtsein des Ingenieurs oder des Naturwissenschaftlers tritt: Bildbewußtsein ist nicht länger mathematisches (als geometrisches und auf dem Papier oder der Tafel) oder empirisches als anschauliches Bewußtsein, das, um sich zu evaluieren, in die Künste oder Grafik übergehen muß - die Veranschaulichung oder Simulation auf dem computierten Bildschirm erlaubt eine mediale Universalisierung und damit Objektivation.

V

91. Um die Erläuterung Platons zusammenzufassen, es besteht also ein Wechselverhältnis aus Bild und Gestalt, das wesentlich auf zwei differente Vermögen zurückzuführen ist, die aber notwendig ein Identisches als Bezugspunkt ihrer beiden Substrate besitzen: Einbildungskraft und Empfindung, und das Identische zwischen beiden bezeichnet den Umkehrungspunkt der Kraftrichtung und die Möglichkeit der Konvergenz ihrer jeweiligen Substrate. Im Falle der Einbildung nämlich handelt es sich um eine Erzeugung aus Bewußtsein, somit um Ausdruck des Bewußtseins selber, während es in der Gestalt umgekehrt auf die Krafteinwirkung einer außerhalb des Bewußtseins befindlichen Kraftursache zurückgeht, die darum in unmittelbarer Empfindung konstituiert wird (und daher den traditionellen Begriff des Eindrucks einschließt). Nun schloß der letzte Satz des vorausgegangenen Absatzes bereits aus der Terminologie von Kant. Es hieß, daß Bildbewußtsein nicht länger nur geometrisch (und damit mathematisch) oder empirisch als Anschauung ist (A57/B81) 12. Dies geschah mit bedachtem Grund, denn der Gestaltbegriff gehört nicht zur eigentlichen Terminologie der Philosophie Kants, zumindest nicht zu ihrem kritischen System, da ihn dort, insbesondere auf der Basis der mathematischen Erörterung der Prolegomena, ein anderer systematisch substituiert: die Figur.

102. Nun besitzt aber auch Kant, um zunächst die begrifflichen Verhältnisse zusammenzutragen, eine eklatante Parallele zu jenem Begriff Platons, den dieser Bild nennt. Dies ist das Einbildungsschema der Kritik der reinen Vernunft, das Kant als eine Naturgesetzlichkeit der menschlichen Psyche - ihres Bewußtseins - begriff und das er im transzendentalen Schematismus als anschauliche Voraussetzung für die theoretische Erkenntnis und die Möglichkeit annahm, empirische Anschauungen, die mit Dingen dieser Welt verknüft sind, in ein Urteil einzubringen (synthetisieren) respektive unter den Prädikatbegriff eines kategorischen Urteils zu subsumieren. (Denn nach der Vorausnahme seiner transzendentalen Logik konstutuiert sich ein kategoriales Urteil durch - a primo - Subsumtion eines Subjekt- unter den Prädikatbegriff, und dem Subjektbegriff unterstellt er, anschauliche Bedeutung haben zu können [insbesondere A 69/B94] 13). So heißt es zu Beginn der "tranzsendentalen Logik" noch allgemein: "In einer transzendentalen Logik isolieren wir den Verstand [...] und heben bloß den Teil des Denkens aus unserem Erkenntnisse heraus, der lediglich seinen Ursprung in dem Verstande hat. Der Gebrauch dieser reinen Erkenntnis aber beruht darauf: als ihrer Bedingung, daß uns Gegenstände in der Anschauung gegeben werden, worauf jene angewandt werden können" (A62/B87) 14. Im ersten Hauptstück zur Analytik der Grundsätze, das "von dem Schematismus der reinen Verstandesbegriffe" handelt, und nachdem er in der transzendentalen Deduktion die ideale Geltung der reinen Verstandesbegriffe abzuleiten gesucht hat, führt Kant dann näher aus, wie jene in der Anschauung, somit empirisch gegebenen Gegenstände aufzufassen sind.

113. Zunächst steht fest, daß diese noch unbeurteilten [!] Gegenstände "Modikationen der Sinnlichkeit sind" (A 139/B178) 15, womit gemeint ist, daß sie auf Affektion - Rezeptivität des Bewußtseins - oder, wie hier als generelles Prinzip formuliert, Krafteinwirkung beruhen. Sie müssen also zuerst und notwendig (und dies möge metaphysisch bedeuten: per regulam) den sensus involvieren und hinsichtlich der Erzeugung von Bewußtseinsinhalten unterhalten. Weiterhin ist Kant nun ein wenig zweideutig, da er den Schematismus dieser Modifikation einmal generell meint, als Manifestation eines Schematismus überhaupt, der in der Sinnlichkeit als reinen Anschauung, und zwar als zeitliche stattfindet (A140/B179) 16. Dieser heißt "transzendentale Zeitbestimmung", da durch ihn die eigentliche Subsumtion des Urteils als Progression der Vorstellung stattfindet. Zum anderen aber erläutert er den Schematismus spezifisch, und nicht in reiner, sondern empirischer oder materialer Anschauung respektive Sinnlichkeit gültig. Dies ist der eigentliche Schematismus, der von dem zeitlichen Progreß, der in der Subsumtion anläßlich der Konstitution durch ein kateogrisches Urteil stattfindet, vollkommen verschieden ist, und er manifestiert, so Kant - und gleichfalls wie Platon -, ein bestimmtes Bildbewußtsein: "In der Tat liegen unseren reinen sinnlichen Begriffen [dieser Ausdruck meint die soeben erläuterte transzendentale Zeitbestimmung] nicht Bilder der Gegenstände, sondern Schemate zum Grunde" (A141/B180) 17.

124. Diese Behauptung nun bedeutet nicht etwa, daß dieses Schema nicht bildlich sei, sondern ganz im Gegenteil, es behauptet die Leistung der Einbildungskraft als schematisch, und zwar genauso, wie dies auch Platon angenommen hatte: daß nämlich dem Bild der Weberlade zugleich eine Identität und eine Differenz zukomme, wobei die Identität die Regel oder das Allgemeine des Bildes, die Differenz aber seine mögliche Besonderung ausdrückt. Und Kant exemplifiziert diesen spezifischen Schematismus im weiteren doppelt, nämlich einmal in reiner Anschauung gültig, sodann - wie Platon - auch in empirischer. Daß es diesen Schematismus als reinen gibt, somit in mathematischer Anschauung gültig, ist längst bekannt, und Leibniz etwa mag hier als Zeuge angeführt sein: "Figurae quod diversis produci possunt modis, satis hoc indicio est, non esse Entia completa" [Daß die Gestalten auf verschiedene Weise erzeugt werden können, ist Anzeichen genug, daß sie nicht vollständig Seiende sind]" 18, und diese Verschiedenheit ist nicht zu verwechseln mit jener anderen, die auch eine Lehrdoktrin seiner Philosophie darstellt, daß der Vergleich von extensio und extensum - also Phänomen als Vorstellung der Imagination und als Perzeption oder "Natur" - eine unerläßliche Differenz enthält 19. Und es ist fraglich, ob man diese figurae des ersten Zitats, wie es der Kantischen Philosophie angemessen wäre, nicht besser als Figur übersetzt hätte, um so mehr, als Leibniz gleichfalls das Erzeugen bezeichnet. Doch schließt dies ja nicht aus, daß Dreiecke ebenso Gestalten sind, nämlich dann, wenn sie - in metaphysischer Geltung vorauszusetzen - nicht auf der Vorausleistung der Einbildungskraft beruhen, sondern auf dem Prinzip konstanter und konstitutiver Krafteinwirkung, (was wiederum auf der Basis der Philosophie Kants nicht und auf der Basis der von Leibniz nur dann möglich ist, wenn sie - zumindest nach der primären, späteren und soeben gleichfalls zitierten Lehrdoktrin - als Gestalten mit ihrem Phänomen koinzidieren: trotz dieser Möglichkeit, die seine Philosophie an vielen Stellen enthält, rechnete auch Leibniz, was hier nicht gelöst werden kann, die geometrischen Elemente und ihre gesetzmäßige Verbindung zum A priori der Vernunft, ohne ihnen - wie Kant in der empirischen Anschauung - eine perzeptive Geltung abzusprechen. Und sein Versuch, die Figur in den Nouveaux Essais de l'entedement humain zu definieren, gibt deutlich zu erkennen, daß er ihre Bedeutung hier, als aus Erzeugung durch Bewußtsein, oder dort, als in der Rezeptivität von Körpern oder Flächen begründet, nicht unterscheiden will, obgleich sie die Sache enthält. So schließt er als Hauptdefinition auf eine Indifferenz, die folgendermaßen lautet: "Mais il sera encor mieux de dire que la figure est un étendu borné, qui peut recevoir une section étendue ou bien qui a de la Largeur, Terme dont jusqu'icy on n'avoit point donné non plus la definition" [Aber es wird besser sein, zu sagen, daß die Figur ein begrenztes Ausgedehntes ist, das einen ausgedehnten Schnitt zuläßt oder das Weite hat, ein Terminus, den man bis jetzt noch in keiner Definition angegeben hat]" 20). Sollte es aber, wesentliche Bedingung der Definition der Figur und um die Frage des Apriori, zugleich eine konstitutive Regel geben, die auf Krafteinwirkung im Integral aller Vermögen beruht, dann ist das Apriori aufzuheben, und die Leistung des Dreiecks besteht als Substrat sowohl aus der regelbildenden Einbildung wie aus der regelbildenden Empfindung. (Und diese Behauptung ist nicht mit dem Empirismus - bis heute - in Deckung zu bringen, da dieser zwar eine Krafteinwirkung als Eindruck oder sensation zur Grundlage seiner Philosophie erklärte, diese jedoch unter metaphysischer Negation erhoben hat, so daß, was diese Empfindungen ausdrücken, nur hier - im Bewußtsein -, nicht aber auch jenseits, als in den Substanzen beharrend oder dem Ansich Kants besteht. Und im übrigen war die empiristische Auffassung der Krafteinwirkung absolutistisch - dem politischen Zeitalter entsprechend -, indem derselben keine wahre Regelbildung im Bewußtsein zugesprochen wurde, welche im Hinblick auf die Metaphysik natürlich die weittragendste und auch modernste Auffassung ist, die ihr zukommen kann).

135. Gewiß also, um zunächst einen Zwischenschluß festzuhalten, besteht das unter den Philosophen so berühmte Beispiel des Triangels gegenüber seinen möglichen Arten nicht auf einem absoluten und individuellen Paradigma (das gleichschenklige, oder das rechtwinklige etc.), sondern nur schematisch, und zwar, so Kant, durch eine Leistung der Einbildungskraft, wodurch es möglich wird, alle Vorkommnisse des Triangels allein durch die Imagination, also anschaulich!, demselben zuzuordnen: man muß, um zugleich die analytisch konträre Reduktion zu widerlegen, nicht ein Dreieck auf die Anzahl und Lage seiner schneidenden Seiten hin abzählen, um es auch zugleich unter dem Begriff des Dreiseit auffassen zu können. Und Kant macht hier keinen ausdrücklichen Bezug auf die systematische Tatsache, daß ein Triangel ja reine Geltung besitzt, somit eine Existenz, die gar nicht von der empirischen Gegebenheit abhängig ist, sondern schon aufgrund der transzendentalen Verfassung des Bewußtseins an und für sich zu schließen ist. Dies hebt die Geltung des Schemas aber nicht auf: nicht ist darum zu schließen, daß was schematisch evaluabel ist, sei auf die latente reine als ideale Bedingung zurückzuführen, (wie dies auch unter dem Schluß auf das Zitat von Leibniz zu extensio und extensum bereits enthalten war). Denn, Hauptschluß zur Philosophie Kants, der Schematismus der Einbildungskraft ist auch in einem wahren empirisch aufgefaßten Gegenstand enthalten. Und er erläutert - nicht, wie die Metaphysik von Aristoteles durchgehend am Besipiel des Hauses, womit zumindest ein Querbeleg zur antiken Auffassung der Gestalt gegeben sei - am Beispiel des Hundes: "Der Begriff vom Hunde bedeutet eine Regel, nach welcher meine Einbildungskraft die Gestalt eines vierfüßigen Tieres allgemein verzeichnen kann, ohne auf irgendeine einzige besondere Gestalt, die mir die Erfahrung darbietet, oder auch ein jedes mögliche Bild, was ich in concreto darstellen kann, eingeschränkt zu sein" (A141/180) 21.

146. Dies ist die eigentliche Bedeutung des transzendentalen Schematismus Kants, und wie ersichtlich, sie besteht in Einklang mit der Interpretation des Bildes der Weberlade durch Platon. Sie besteht gleichfalls in empirischer und nicht nur reiner Valenz, zugleich nach einer allgemeinen theoretischen Geltung, die - wie jener - Gestalt und Bild aufeinander bezieht. Der Schematismus formiert sich - als Regel - in der Einbildungskraft, und sein Produkt ist imstande, die Identität von Gestalten einer- und Bildern andererseits zu umfassen. Gestalten aber bestehen nun in ihm oder "aus Erfahrung", als letztere aber - wie eingeführt - aus Rezeptivität oder unmittelbarer Krafteinwirkung, und Bilder als seine konkrete Darstellung sind Besonderungen in der Einbildungskraft, wie dies Platons Zitat unter (b) beinhaltete. Und Kant schließt (oft zitiert) weiter: "Dieser Schematismus unseres Verstandes, in Ansehung der Erscheinungen und ihrer bloßen Form, ist eine verborgene Kunst in den Tiefen der menschlichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur schwerlich jemals abraten, und sie unverdeckt vor Augen legen werden" (A141/B181) 22. Diese Behauptung Kants wird bis heute in seiner Lehrtradition hingenommen 23, wenn sie überhaupt beachtet wird, obgleich die moderne Gestaltforschung in der Psychologie zumindest eine Bestätigung der Wirksamkeit erbracht hat 24, indem sie allgemeine Konstitutionsprinzipien evaluiert hat - wie die Nähe, das Prinzip der guten Fortsetzung, der Unversehrtheit oder der Ähnlichkeit. Nicht ist damit schon eine Analyse dieser Natur gegeben, aber zumindest ein Hinschritt, der durch eine vollständige Fakultätenanalyse sicherlich zu weiteren Schlüssen imstande ist, (ohne daß diese, indem sie sich auf den philosophischen Begriff Gestalt stützen, die Gestalt als psychologische zu wiederholen hätten). Daß aber, auf die Fundamente der Philosophie Kants besehen, die "Regel", die er der Einbildungskraft in empirischer [!] Geltung zuschreibt, einen latenten Widerspruch des A priori der Verstandesbegriffe zum Ausdruck bringt, ist ebenso gewiß wie es hier nicht ausgeführt werden kann, da hierzu die gesamte metaphysische Konstitution zu wiederholen und zu widerlegen ist. Immerhin wird der Widerspruch schon dadurch dingfest, daß Kant die Regel als originär imaginativ behauptet und im nächsten Satz - ohne Überleitung und Erklärung - denselben als "Schematismus des Verstandes", somit dogmatisch reformiert, um den Einklang des Apriori der Verstandesbegriffe zu erhalten 25. Und es mag unter Voraussetzung der Deutungstheorie (Gerold Prauss) und Intentionalität als Interpretationskonstrukte der neueren Kantforschung erinnert sein, daß nicht, wie jene vorausnimmt, dieses Etwas in vorauszunehmender Subjektposition, das die Metaphysis als Grenze ausmacht, immer nur ungegenständliche Erscheinungen oder verstreute Empfindungen sind, noch ist der Verstand darauf angewiesen, durch die reflektierende Urteilskraft sich die Individualität derselben erschließen zu müssen, wobei die weitere Frage entsteht, wie er dann noch zu einer wahren, ursprünglichen Bestimmung gelangen kann, da in diesem schematischen Produkt sowohl Objektivation wie Individuation (oder Konkretion) bereits enthalten sind.

157. Letzer ausführender Punkt aber unter der Begriffstradition zu Kant muß jene Mitte sein, wie sie unter Abschnitt II bereits vorausgenommen wurde: daß nämlich zwischen der Konkretion einerseits, und dies sei insbesondere die Gestalt, wie sie sich in der Erfahrung unter wirklicher (aktueller) Krafteinwirkung darbietet, und dem allgemeinen Schematismus andererseits, der sich in der Imagination manifestiert, eine kontinuierliche Leistung in doppelter Substraktion wirksam ist, die Figur heißen muß. Wie Kants Exemplifikation darlegt, ist aus derselben ein eminenter Unterschied zwischen einem Triangel und der Gestalt - dem imaginativen Schema - eines Hundes zu schließen: jenes nämlich ist rational, dieses aber nicht, was heißen soll, es ist unmöglich, nach geometrischen oder anderen Gesetzen der Vernunft die Gestalt eines Hundes zu antizipieren! Und dies kommt gerade bei Kant, nicht aber bei Platon ebenso heraus, weil dieser die causa finalis in den Vordergrund gestellt hatte, (mit der ihre mögliche Effektion natürlich schon logisch in Einklang zu bringen ist). Die Gestalt eines Hundes als eines organischen Lebewesens entsteht und vollzieht sich tatsächlich nach Gesetzen der Natur, denn wie wollte man dieselbe a priori nach mathematischen Gesetzen beschreiben? Gewiß, es gibt Annäherung in der Analyse des Kubus, seiner Besonderung, doch diese muß eben ausdrücklich auf eine Mitte zurückgreifen, die soeben als Figur eingeführt wurde, (wie auch unter VI. weitergehend im Hinblick auf Fraktale erläutert wird). Und nicht anders, Zwischenschluß, kann es in der bildlichen Schirmdarstellung überhaupt geschehen, soll diese eine organische Natur abbilden, um so mehr, wenn sie auf dimensionale Darstellungsformen zurückgreift, die mit der Euklidischen Geometrie nicht in Einklang stehen. Die Rationalität, die Leibniz und Kant dem Bildbewußtsein als mathematische Apriorität unterstellt haben, ist angesichts des Schematismus eine Täuschung, um so mehr, als Kant selber anerkennt, daß das menschliche Bewußtsein über eine (zur Gestaltbildung konträre, offenbar aber mit derselben wesengleiche) "Natur" verfüge, die imstande sei, jene natürlichen Gestalten, die ja nicht geometrisch (oder in seinem bestimmten Sinne figural sind), gleichfalls wie die geometrischen Elemente (das Triangel) nach einem regelkonformen Schematismus (den Hund) auszubilden. Also muß man auf das konstitutive Prinzip der Krafteinwirkung - als Regel des Sensus - auch darum schließen, um die mathematische Regelbildung der Einbildungskraft vorbehalten zu können, andererseits aber die Konjunktion beider, nämlich als Schematismus, der sowohl in der Empirie wie in der reinen Anschauung wirksam ist, bejahen zu können unter beständiger Möglichkeit, nicht aber Notwendigkeit ihrer Konvergenz. (Denn natürlich gibt es sodann auch Dreiecke in der Natur, die, um einen Schematismus in der Einbildungskraft auszubilden, nicht davon abhängig sind, durch mathematische Projektion affirmiert zu werden). Und wahrhaft stellt der Schematismus der Einbildungskraft, der sich auf empirische Objekte bezieht (den Hund oder ein Haus, und die organischen Lebewesen oder physikalischen Erscheinungen), zuerst eine Regel der Krafteinwirkung oder Empfindung dar, aus der er sich im Bewußtsein unter Zuhilfenahme der Einbildungskraft zu konstituieren hat, (analog zum Begriff des "wiedergebens" bei Platon), und dies ist die wahre Annäherung an die Naturwissenschaft, zu der sich ein Philosoph heute erklären muß, wenn er als Erkenntnistheoretiker nicht dogmatischer Rationalist sein will.

168. Die Figur also, die als logische Mitte aus dem Begriff Kants zwischen Gestalt und Bild, und letzter als Schematismus der Einbildungskraft oder "Schema der Sinnlichkeit" (A 664/B692) 26, anzunehmen ist, ist die Sphäre der reinen Anschauung. Sie drückt damit die Bedingung aus, die beiden anderen a priori zu ermöglichen, und zwar nach einer Gesetzmäßigkeit, die Kant mit dem Begriff der Konstruktion belegt. Diese Konstruktion begreift Kant stets, wie nicht anders historisch möglich, ausschließlich aus den Bedingungen der Euklidischen Geometrie 27, und sie sei hier abschließend in Verbindung mit dem Begriff der Figur erläutert. Zugleich ist damit auch jene Parallele erfüllt, die die Idee andererseits gemäß Platon zwischen Wort und Silbe bildet (II.). Die maßgebliche Definition befindet sich im "ersten Hauptstück der transzendentalen Methodenlehre", und das "glänzendste Beispiel, das die Mathematik gibt", besteht in ihrem Vermögen, unabhängig von empirischer Anschauung dem Bewußtsein die Möglichkeit zu verschaffen, einen Begriff a priori - als ein Allgemeines im Besonderen und immer als ein solches - zu konstruieren: "So konstruiere ich einen Triangel, indem ich den diesem Begriffe entspechenden Gegenstand, entweder durch bloße Einbildung, in der reinen, oder nach derselben auch auf dem Papier, in der empirischen Anschauung, beidemal aber völlig a priori, ohne das Muster dazu aus irgendeiner Erfahrung geborgt zu haben, darstelle. Die einzelne hingezeichnete Figur ist empirisch, und dient gleichwohl den Begriff, unbeschadet seiner Allgemeinheit, auszudrücken, weil bei dieser empirischen Anschauung immer nur auf die Handlung der Konstruktion des Begriffs, welchem viele Bestimmungen, z.E. der Größe, der Seiten und der WInkel, ganz gleichgültig sind, gesehen, und also von diesen Verschiedenheiten, die den Begriff des Triangels nicht verändern, abstrahieren" (A713-714/B741-742) 28. Diese Definition gilt als Lehrdoktrin auch seiner späteren Schriften, insbesondere der Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als WIssenschaft wird auftreten können und der Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft. Letztere definiert den "Körper, in physischer Bedeutung," als "Materie zwischen bestimmten Grenzen (die also eine Figur hat)" (Allgemeine Anmerkung zur Dynamik) 29, und dies bedeutet theoretisch für die Bewegungslehre, daß jeder Körper und seine Bewegung nur durch eine Beziehung - Transformation - auf den zugleich instantiierten relativen und gegenläufigen Raum mathematisch darstellbar ist, mithin durch eine notwendige Ideation in der Einbildung als reine oder mathematische Anschauung, die allein das Privileg innehat, alle Beweise dieser Schrift nach dem erläuterten und geforderten konstruktiven Begriff auszuführen.

179. Zusammenzufassen also ist, daß aus der Philosophie Kants zunächst eine Dichotomie, und dies heiße eine kontinuierliche Zweiseitigkeit, von Bild und Gestalt rekonstruierbar ist, die einen fundamentalen (produktiven) Fakultätengegensatz einschließt: den zwischen Imagination (oder Einbildungskraft) und Sensus (oder Empfindung). Obgleich man die Behauptung aufzustellen vermag, daß dieser Gegensatz für sich a priori-Geltung beinhalten muß, hat Kant dies nicht festgestellt, da seine Philosophie nicht auf die Vermögen an sich, sondern immer auf deren Substrate ausgerichtet war: und das A priori, das seine Philosophie als transzendentale Bedingung des Bewußtseins unter allen Umständen zu analysieren und herauszustellen suchte, befindet sich (wiederum) in der Mitte, die gleichfalls (und wie logisch notwendig, um diese Beziehung der Stetigkeit durchhalten zu können), ein Kontinuum bildet. Diese Mitte ist die reine Anschaung als figurale, wie sie durch die Stetigkeit der geometrischen Figuren unabhängig von ihrer begrifflichen Intension - zu verstehen als Produkt ihrer begrifflichen Merkmale - konstituiert wird. Und eine "hingezeichnete Figur ist empirisch" oder, wie er hier nicht sagt, empirische Anschauung, bedeutet aber die Konstruktion ihres Begriffs, der wiederum nicht für sich, nach der anderen Bedingung der Verstandesbegriffe, sondern aus einer originären Leistung der Einbildungskraft konstiuiert wird. Und darum mag auch diese Empirie jenseits der Mitte, mithin auf ihrer anderen Seite, fehlen, ohne daß die Bedingung der Konstitution ihre Wahrheit verlöre: ein Bild, das die produktive Einbildungskraft vor der inneren Anschauung erzeugt, ist, indem es auf eine echte figurale Komposition zurückblickt, darum immer noch aus der A priori-Geltung der Mitte - als reine Anschauung oder mathematisch als jenes, das sowohl der Reihe der Zähler wie der des Nenners die Größe und Art bestimmt - abzuleiten.

1810. Hier aber verkehrt sich die Beweislast des A priori, und zwar aus doppeltem Grund. Denn das "Schema der Sinnlichkeit", das Kant generell fordert - nur durch sein Beikommen ist es möglich, konkrete Erfahrung zu erlangen (A664/B692) 30 - rekurruriert tatsächlich, in dieser Erfahrung, gar nicht durchgängig und notwendig auf einer ausschließlich figuralen Konstitution. Und andererseits, wenn es figurale als empirische Anschauung gibt, muß doch das Prinzip der Spontaneität, wenn dies ausnahmsweise auch für die figurale Konstitution beansprucht wird, eine notwendige reale Alternative darin besitzen, daß diese Konstitution auch aus Rezeptivität oder, wie hier als Prinzip vorausgenommen, Krafteinwirkung möglich ist. Denn sonst müßte Kant behaupten, daß die empirische Anschauung - unter Beibehalt des einfachen als imaginativen A priori - eine Subsumtion unter die Figur der Einbildungskraft sei! - warum aber soll sie, die Krafteinwirkung, die Kant zu unrecht als eine nur mechanische Affektion des Bewußtseins begriff, woraus sich ihre systembildende und konstante Geltung ableitet, nicht regelbildend möglich sein, indem der sensus selber die Ideation im Integral der Vermögen leitet? Und, notwendiger Hauptschluß, der Schematismus, den Kant als sinnlichen innerhalb des transzendentalen Schematismus exponiert hat, und zwar zurecht aus der Wechselseitigkeit als konstruktiv oder empirisch, muß auch durch das konstante Prinzip der Krafteinwirkung als regelbildend möglich sein, da es nur so erklärlich ist, daß sich im Bewußtsein Schemate von organischen oder nicht figural antizipierbaren Körpern befinden. Und es ist zugleich aus der Bedingung der Philosophie von Kant erklärt, daß es dort - aus Rezeptivität - und hier - aus Spontaneität als Einbildungskraft - die Erzeugung von Entitäten gibt, die je ein Verhältnis von vis activa und passiva an einer Materie zum Ausdruck bringen, welches sich durch diese komplementäre Erzeugung zu einer gegenseitigen Deckung bringen läßt (IV.3.). Hieraus folgt aber der andere metaphysische Satz, daß die Wahrheit als Erfahrung nicht dem Apriori der Einbildungskraft gebührt, sondern der Krafteinwirkung oder dem Sensus.

VI. Schluß

191. Was besagt dies für die Realität, und den Begriff der Realität, wie sie sich in allen Bildschirmdarstellungen niederschlagen muß? Daß die künstliche Welt als Realität eine Dualität bedeutet, ist zuerst gewiß. Und es ist zweitens gewiß, daß dieselbe nicht, und zwar durchgängig nicht, auf dem Prinzip der Krafteinwirkung beruhen kann, die die unmittelbare Einheit mit der Realität als diese Welt erhält, jene, in der wir leben und die uns das Rätsel der Metaphysis aufgibt, um so mehr, weil wir nicht imstande sind, wie am Beispiel schon des Schematismus und seiner Natur - und gegen den Rationalismus! - ersichtlich wird, denselben nach den Bedingungen unserer Vernunft vollkommen aufzulösen, (was wiederum am Kriterium der Antiception zu messen ist, und sogleich noch am Beispiel der Fraktale erläutert wird). Denn jede Entität, gleichgültig in welcher bildlichen Darstellungsform, ob statisch oder bewegt, und ob gleichmäßig (topologisch einfach) oder fraktural diminuiert, und ob flächig oder mehrdimensional, ist durch die Digitalisierung, und diese in Konformität mit ihrer imaginativen Möglichkeit, hindurchgegangen - und möglicherweise sogar nicht, wenn allein rechnerisch entworfen. Wie die neuere Physik der Fraktale erwiesen hat, besteht für die Tradition der Metaphysik Anlaß, sich dort zugleich bestätigt und nicht zu sehen. Denn an der Universalität der Fraktale gemessen, besteht der alte Gegensatz weiter, nicht in jedem Falle zu wissen, ob die Konstruktionsvorschrift, die zugleich eine figurale Computersimulation ermöglicht, auch ein effektives Wissen, mihin naturwissenschaftliche Erfahrung über den mechanischen Prozeß besitzt, (wie dies etwa bei der Brownschen Bewegung möglich ist 31). Also besteht die alte Teilung über die Gewähr des (reinen, konstruktiven) Kontinuums ohne zugleich bestehende Empirie fort. Andererseits aber ermöglicht gerade diese Physik und ihre Mathematik eine Annäherung an jene Formen, die bei Kant unter der Empirie des transzendentalen Schematismus thematisch wurden, also die organischen Naturformen: den Baum oder Blitz als Entladung 32, zu denen wir ja gleichfalls eine schematische Entität besitzen, ohne daß sie nach den Gesetzen der reinen Geometrie erschließbar wäre. Und, am Rande, hier hat der Mathematiker Leibniz unrecht, indem er behauptet, "interim scientia continuorum hoc est possibilium continet aeternas veritates, quae ab actualibus phaenomenis nunquam violantur, cum differentia semper sit minor quavis assignabilia data [Die Wissenschaft des Kontinuierlichen, d.h. des Möglichen, enthält indessen ewige Wahrheiten, die niemals von den wirklichen Phänomenen verletzt werden, da der Unterschied immer kleiner ist als jede mögliche zuschreibbare Angabe]"33 - ja, für die Vorausnahme des mathematischen Kontinuums ist dies richtig, doch seine Reinheit reicht nicht hin, die natürlichen Formen wirklich - vollkommen - zu erfassen, woraus, wie schon erfolgt, eine bestimmte Negation des Rationalismus zu schließen ist. Und auch die Fraktale sind somit die mathematische als konstruktive Annäherung, deren Veranschaulichung das objektive Medium des Bildschirms besitzt. Gerade hier aber beweist sich, daß die Regelbildung aus natürlicher Krafteinwirkung erfolgt, indem das mathematische Ingenium zuerst jene Elemente sucht, deren Faktorisierung - als Wiederholung - den gültigen, in Rezeptivität oder Krafteinwirkung beständigen Naturschemen am nächsten kommt. Indem aber diese erste Regel aus der Gestalt mathematische Vorschrift wird, verwandelt sie sich in Figur, ineins die Realität, die mit dem Prinzip einer beständigen Krafteinwirkung verbunden ist oder nicht.

202. Also sagt sie, die Realität der elektronischen Bildschirme, eine bestimmte Autonomie, nämlich Krafteinwirkung - Gestalt - nur als äquivalente, mithin sofort identische Inklusion ihrer Figuren und Bilder zu besitzen. Die erläuterte Kantische Mitte gilt, und zwar mit Notwendigkeit, autochthon - was sie aufhebt, da ihr Pendel, vom wahrhaft empirischen als aus Krafteinwirkung entstehend, und andererseits nur Bild als in Imagination beständig, sich nicht mehr zu differenzieren vermag und auf den Produkten des Bildschirms immer und notwendig koinzidiert. Dies wiederum wirkt drittens auf die Geltung des Mediums, obgleich es zu einer allgemeinen Objektivation imstande ist (IV.4), zurück. Es kann nicht in derselben Natürlichkeit wie die Sprache, (ob langue oder langage), veranschlagt werden, da diese in Konformität mit den natürlichen Fakultätenleistungen, damit auch in Konformität mit der Dualität der Regel aus Krafteinwirkung oder Einbildungskraft entsteht und sich niederschlägt. Und die künstliche Welt ist in bestimmtem Sinne figürlich, indem sie Nicht-Natur ist: Die unmittelbare Unendlichkeit des Gewebes (nexus immediate) der Kräfte, das Realität bezeichnet und wahrhaft in Verbindung mit der Erhaltung der Kräfte ausmacht, wird durch sie aufgehoben. Nicht aber bedeutet dies, daß sie absolut unnatürlich sei. Sondern indem sie die Möglichkeit eröffnet, in einem universalen Sinne die Krafteinwirkung zu re-konstitutieren, und zwar notwendig aufgrund der Verfaßtheit ihres Mediums, wird sie zur totalen Spielart der Welt, ihres Bewußtseins.

21Anmerkungen

1 Die Herausgeber ergänzen hier als eigentlichen Wortlaut: "Dies (das, was das Wort wirklich ist) darf er nicht außer acht lassen."(zit. nach: Platon, Kratylos, in: Werke, Band 3, hg. v. Günter Eigler, Darmstadt 1990, S.417).

2 Werke, Band 3, S.419.

3 Werke, Band 3, S.429

4 Das Folgende bezieht sich auf die zugleich zusammenfassende und erörternde Darstellung von Klaus Erich Kaehler, Leibniz' Position der Rationalität, Freiburg/München 1989, S.345-359.

5 Hans Poser, Zur Theorie der Modalbegriffe bei G.W. Leibniz, Wiesbaden 1969, § 16, insbesondere S.119-124.

6 Eine Erläuterung durch Leibniz befindet sich im Schluß zu Nr. 24 des "Discours de Metaphysique" (Metaphysische Abhandlung), in: G.W. Leibniz, Die philosophischen Schriften, hg. v. C.J.Gerhardt, Band IV, S.450. Eine andere Erklärung befindet sich in der häufig zitierten kleinen Abhandlung "Meditationes de cognitione, veritate et ideis" in demselben Band auf S.422-426 (= Werke, Band I, hg. und übersetzt v. Hans Heinz Holz, Darmstadt 1985, S.32-47. Eine Übersetzung und Herausgabe des "Discours" befindet sich auch in diesem Band unmittelbar in Anschluß an die "Meditationes").

7 Peter Strawson, Die Grenzen des Sinns, Hain 1981: "Sie [Anschauungen] sind nur der Gedanke davon, daß ein Einzelnes in der Erfahrung angetroffen und dort als Exemplar eines allgemeinen Typs erkannt wird" (S.41). Gerold Prauss, Einführung in die Erkenntnistheorie, Darmstadt 1980, § 16. Hier ist symptomatisch unter der Wahrnehmung von konstitutiven Leistungen der Anschauung keine Rede, obgleich der Schluß von Prauss sicher berechtigt ist - dann aber gerade auf diese Leistung führen müßte -, daß im kategorischen Urteil die Konstitution des Zukommens (und seines Begriffs) von dem des Etwas, dem dasselbe zukommt, unterschieden werden muß. Michael Wolff repliziert in seiner Untersuchung Die Vollständigkeit der Kantischen Urteilstafel (Frankfurt 1995) die Kantische Regel, daß in kategorischen Urteilen die Begriffe des Subjekts auch selber Prädikat sein können müssen, und, da Subjekte unter der Subsumtion unter den Prädikatbegriff auf Einzelnes Bezug zu nehmen imstande sind, ist auch die Anschauung involviert (S.87-110).

8 Werke, Band 3, S.415.

9 Werke, Band 3, S.415-417.

10 Werke, Band 3, S.417. Der Autor stützt sich auf die Übersetzung durch Friedrich Schleiermacher und des Herausgebers Dietrich Kurz.

11 pe. im Brief an Burchard de Volder vom 21.1.1704 zum Begriff und Voraussetzung der derivativen Kräfte, in: Die philosophischen Schriften, Band II, S.261-265, insb. 262 (= Werke, Band V, Darmstadt 1989, S.156-167).

12 Eine von vielen möglichen Belegen, AA (=Akademie-Ausgabe), Band 4/3, S.51/78 (und Band 3 = 2. Auflage 1787, 4 = 1. Auflage 1781).

13 AA, Band 4/3, S.59/86.

14 AA, Band 4/3, S.54-55/81-82.

15 AA, Band 4/3, S.100/135.

16 AA, Band 4/3, S.99-100/134-135.

17 AA, Band 4/3, S.101/136.

18 G.W.Leibniz, "De Mente", in: Werke, Band 1, hg. v. Hans Heinz Holz, Darmstadt 1985, S.16-17, eine Frühschrift.

19 Brief an B. de Volder (1705), in: G.W.Leibniz, Die philosophischen Schriften, hg. v. C.J. Gerhardt, Band II, S.277-278 = Werke, hg. v. W. Wiater, Band V, Darmstadt 1989, S.174-175.

20 Nouveaux Essais sur l'entendement humain, Livre II, ch. XIII, § 5, in: Die philosophischen Schriften, hg. v. C.J.Gerhardt, Band V, S.135 = Werke, Band 1, hg. v. W.Engelhardt und H.H. Holz, Darmstadt 1985, S.191-192.

21 AA, Band 4/3, S.101/136.

22 AA, Band 4/3, S.101/136.

23 Wilhelm Vossenkuhl, "Einzeldinge verstehen. Über Subjektivität und Intentionalität der Urteilskraft", in; Gerhard Schönrich, Yasushi Kato (Hg.), Kant in der Diskussion der Moderne, Frankfurt: Suhrkamp 1996.

24 Philip G. Zimbardo, Psychologie, dt. hg. v. S. Hoppe-Graff u. B. Keller, 6. Aufl. Berlin 1995, S.188-202. Rudolf Arnheim, Anschauliches Denken, Köln 1988 und Alwin Goldman, Epistemology and Cognition, Massachusetts: Harvard University Press 1986. Sogar Ludwig Wittgenstein wußte bereits ein wenig vom Gestalt-Phänomen (Tractatus logico-philosophicus [1921], Frankfurt 1963, S.86 = Nr. 5.5423), der Verkehrbarkeit des Necker-Würfels. Valery Gray Hardcastle behandelt in ihrem Aufsatz "The Image of Observables" (in: British Journal for the Philosophy of Science 45 (1994), S. 585-597, insb. 587-590) das Gestalt-Theorem - wie Goldman - in epistemischer Hinsicht. Kontrastierend zu einer wahren metaphysischen Betrachtung, in der es unter der Voraussetzung des Bewußtseins als Integral der Vermögen gehört, bildet es hier nur den empirisch evaluierten Beleg dafür, "that the brain actively constructs its perceptions", und es steht daher in Kontrast zu einer Position, die das Gehirn als einen reinen Datenmechanismus, mindestens der Möglichkeit nach, auffaßt. Von der Fakultätenanalyse her läßt sich aber beides miteinander verbinden.

25 In einer Abhandlung von Peter Krausser (Kants Theorie der Erfahrungswissenschaft, Frankfurt 1981, Kap.IV) findet darum der Leser auch nur einen Schluß auf die vermeintliche Problematik des Begriffs, die sicher nicht in der Sachhaltigkeit, sondern in der metaphysischen Geltung für das System liegt.

26 AA, nur Band 3, S.439.

27 Peter Mittelstädt, Philosophische Probleme der modernen Physik, Mannheim 1972, Kap.1 und II.

28 AA, nur Band 3, S.469.

29 AA, Band 4, S.525.

30 AA, Band 3, S.439.

31 So schließt Henning Genz auf das differente Verhältnis von Konstruktionsvorschrift und Verstehen in seinem Buch Symmetrie - Bauplan der Natur, München 1992, S.196.

32 Genz 1992, S.185-193.

33 Brief an B. de Volder vom 19.1.1706, in: Philosophische Schriften, hg. v. C.J. Gerhardt, Band I, S.282-283 = Werke, Band V, Darmstadt 1989, S.182-183.

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