3. Jg., Heft 1 Mai 1998 |
Architektonik und Ästhetik künstlicher Welten |
Kirsten
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Architektonika in Erewhon: Zur Konjunktur architekturaler und urbaner MetaphernEntgegen dem wiederholt verkündeten Ende der Architektur wird im Zusammenhang mit den elektronischen Medien und hier insbesondere mit dem world wide web eine Diskussion geführt, die zusehends auf architekturalen und urbanen Metaphern basiert. Wird diese Diskussion näher bestimmt, treten aus der Begriffsflut, die sich auf die räumliche, architekturale Gliederung der Bedieneroberfläche bezieht, zwei Konzepte deutlich hervor: die durchaus historischen Konzepte "Idealstadt" und "Wissensstadt". In bezug auf das world wide web verkörpert die Idealstadt die Utopie einer online-Gemeinschaft auf Basis direkter Demokratie. Mit der Wissensstadt ist die Verfügbarkeit des gesammelten Wissens verbunden. Dabei dient die Verräumlichung von Wissen nicht nur der Ordnung und Gliederung von Wissensinhalten, sondern auch der Vereinfachung des Wissenszugriffs. Verallgemeinert läßt sich sagen, daß die räumliche Gestaltung der Bedieneroberfläche eine Orientierungs- und Navigationshilfe zur Verfügung stellt, die zugleich Folie für das Speichern und Abrufen visualisierter Daten ist. Die Architektonik der Cyber-Räume" erhält demgemäß eine spezifische Funktionszuweisung, die angesichts der unreflektierten Anbindung an soziale und ästhetische Utopien jedoch ambivalent erscheint und kritisch zu untersuchen ist. |
Marco de la
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Die Stadt in unserem KopfDie Städte haben sich in den letzten Dekaden stark
verändert, die Kommunikationsmöglichkeiten nahmen fast überall enorm zu. Das Telefon,
die Television, das Auto und andere Kommunikations- und Transportmittel, die wegen ihres
individuellen Einsatzes die Zerstreuung und die Gestaltung der postindustriellen Stadt
förderten und prägten, sind heute die Hauptakteure einer fast vergangenen Epoche. Diese
Kommunikationssysteme haben tiefgreifende Wirkungen und fundamentale Veränderungen auf
gesellschaftliche Prozesse, räumliche Beziehungen und auf die Bedeutung von Distanzen
verursacht. |
Claus Dreyer(Detmold) |
Zur Ästhetik virtueller Räume in der ArchitekturDie Virtualisierung der Räume in der Architektur durch
Überlagerung mit Schichten technischer Medien bzw. durch mediale Transformation in die
künstliche Realität des "Cyberspace" führt zu scheinbar paradoxen
Konstellationen räumlicher Zustände: |
Dieter
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Atopien - die Herausforderungen des Citytainment Urbane Orte sind ästhetische Räume. Sie verfügen über
Atmosphäre, bewahren die Erinnerung an Gewesenes aufrecht und öffnen gerade dadurch den
Blick auf die Zukunft. Wir treten mit Ihnen in eine emotionale Beziehung. Die alte
europäische Stadt z.B. besitzt Ortsqualitäten. Für eine Kultur, die nur auf
Machbarkeit, Beschleunigung und Universalität setzt, ist sie jedoch zu eigensinnig, zu
langsam und zu kleinteilig. Wo möglich wird sie daher in eine Stadtmaschine umgewandelt.
Ansonsten verlagert sich die städtische Entwicklung nach außen auf die Fläche. |
Lisa Tilder(Columbus/ Ohio) |
Ein
"erdachtes" Gebäude an der Wall Street Digitale Technologien haben unsere traditionelle Anlage und
unser Verständnis vom architektonischen Raum verändert. Unsere modernen Städte haben
sich durch den Einsatz der Elektronik gewandelt, Städtezentren und Straßen haben nicht
mehr die typische Bedeutung, die wir ihnen beimessen. Eine Untersuchung dieser These
gipfelt in der Idee, ein "erdachtes" Gebäude an der Wall Street zu planen, ein
Projekt, in dessen Rahmen der Einfluß moderner Technologien auf Formen und Grenzlinien
der traditionellen Stadt erforscht wird. Wall Street, der Ort der einstigen
Stadtbefestigung von Neu Amsterdam (New York) ist jetzt das Zentrum des elektronischen
Wandels. Dieses moderne "Zentrum" zeigt den Widerspruch unserer modernen Städte
auf: ein greifbarer Ort kann durch eine Abstraktion von virtuellen Treffpunkten definiert
werden. Ein "erdachtes" Gebäude an der Wall Street füllt den Raum zwischen dem
Virtuellen und dem Realen. |
Thomas
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Das
Echte und das Wahre
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Sander W.
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Figur, Gestalt: Künstliche WeltDer Beitrag behauptet aus dem Prinzip der Krafteinwirkung, das den Gegensatz zwischen Empfindung und Imagination oder Gestalt und Figur hervorbringt, die Kontraposition der künstlichen zur wahren Welt. Platons Kratylos enthält die Begriffswurzel von Bild und Gestalt, und es wird nachgewiesen, daß die Gesetzmäßigkeit, die Platon mit dem Bild verband, in Kants transzendentalem Schematismus wiederkehrt. Die menschliche Natur besitzt als Bewußtsein eine universale Funktion der Sinnlichkeit, die kräftens ist, gleichförmige Gegenstände der Welt - als selber Naturen oder als geometrische Figuren - unabhängig vom begrifflichen Urteil zu erzeugen und sich gegenwärtig zu machen. Der notwendige Schluß auf die Wahrheit der Regel der Krafteinwirkung, die unabhängig von der Regel der Einbildungskraft zu veranschlagen ist und deren A priori aufheben muß, erlaubt den anderen Schluß auf die Differenz - Kontraposition - der Realität zur kybernetischen. Diese besteht in vorausgenommer Negation zu einer Welt, die sich als bruchlose Kontinuität der Krafteinwirkung und als Prinzip bekundet. |
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Heft 1/96:
Architektur im Zwischenreich von Kunst und Alltag Heft 1/97: Modernität der Architektur. Eine kritische Würdigung Heft 2/97: Architektur - Sprache |
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