6. Jg. , Heft 2 (Januar 2002)
 
abstracts:
___Hajo Neis
Oregon
Versuche einer neuen Formsprache in der Architektur
Der Autor beschreibt Versuche zu einer neuen Architektur-Formensprache, wie sie im Herbst 1999 im Fachgebiet 'Entwerfen und Bauen' an der Universität von Kalifornien in Berkeley von Christopher Alexander, dem Autor und Studenten entwickelt worden ist. Aufbauend auf bisher entwickelten Teilformensprachen wie der 'Pattern Language' und anderen neueren Forschungsergebnissen in dieser Architekturrichtung, und auch in Anlehnung an eine Kritik vorherrschender Formsprachen, wurde diese erste Rohfassung einer neuen Formensprache formuliert und erarbeitet. Diese neue Formensprache soll Gebäude in einer klaren physisch-materiellen Weise beschreiben, so dass sie uns eine Sprache bereit stellt, also ein kombinatorisches System, in der wir die Form der Gebäude kreieren können und geometrische Bau- und Entwurfsformen schaffen. Diese neue Sprache, die wir uns erhoffen, soll nicht von willkürlichen Annahmen ausgehen, sondern von dem Versuch, eine lebendige Architektur oder "living architecture" zu schaffen. Wir werden versuchen zu zeigen, dass es einige wenige Prinzipien gibt - nicht zu kompliziert und in der Tat recht einfach zu begreifen - die zusammen die Notwendigkeiten und auch die Sprache in einer Weise definieren, die sich direkt und natürlich aus dem Versuch ergibt, eine lebendige Architektur zu erzeugen.
___Howard Davis
Eugene, Oregon
Architektonische Fakten bei der Suche nach einer Sprache

An dem Beispiel von Atriumhäusern werden in dem Referat mögliche Bezüge und Überschneidungen von vier verschiedenen Ansätzen der Architekturanalyse beschrieben. Die Untersuchung führt zu einer Hypothese, wie diese vier Ansätze in gemeinsamer Verwendung für die Analyse von zeitgenössischen Arbeiten, einschließlich Wohnungsbauten und komplexen öffentlichen Gebäuden, genutzt werden könnten. Obwohl die vier Ansätze aus verschiedenen ideologischen und intellektuellen Gründen getrennt von einander standen, zeigen sie bestimmte Gemeinsamkeiten in ihren Intentionen, einhergehend mit der Möglichkeit gemeinsam mehr Aspekte der Architekturwahrnehmung behandeln zu können, als es jeweils einem einzelnen alleine möglich gewesen wäre.
Die vier Ansätze sind die Folgenden:

  • Erstens, der typologische Ansatz, wie er z. B. von den Kriers in den 70er und 80er Jahren vertreten wurde, und der noch immer die Grundlage für starke Kritik und Diskurse formt.
  • Zweitens, der Ansatz der space syntax, wie er von Bill Hillier an der Bartlett School in London entwickelt wurde.
  • Drittens und viertens, zwei Ansätze von Christopher Alexander und seinen Mitarbeitern in Kalifornien.

Diese umfassen die pattern language, entwickelt in den 70iger Jahren, und die neueste Entwicklung seiner Arbeit, welche sehr viel mehr auf der Idee einer einheitlichen Form basiert als die frühere pattern language. Jeder dieser vier Ansätze hat Plus- und Minuspunkte, wenn man nach einer akkuraten und umfassenden Methode der Architekturbeschreibung und -analyse sucht, welche die Gestalt, die Qualität der Räume und die Wahrnehmung von Gebäuden beinhaltet. Die Frage ist, ob es eine Möglichkeit gibt, die Ansätze miteinander so zu kombinieren, dass die positiven Aspekte des Einen die negativen des Anderen kompensieren. Solch eine Synthese könnte vielleicht dazu beitragen, den Weg aufzuzeigen, zu einer Formensprache, welche die Fähigkeit besitzt, verschiedene, ungleiche architektonische Denkweisen zusammen zu bringen.

___Susan
Ingham

Oregon
Eine gewöhnliche Formensprache: Projekte in Breuberg (Deutschland) und Eugene, Oregon (USA)
In diesem Artikel wird ein Typ von Formensprache untersucht, die wir hier als eine Art von‚ 'gewöhnlicher' Formensprache beschreiben können. Diese Formensprache wird definiert als eine Formensprache für eine Gruppe von Gebäuden, die hilft, den einzigartigen Charakter für einen spezifischen Ort zu bestimmen und herauszuarbeiten. Einige der Herausforderungen, denen Architekten gegenüber stehen, die im Zusammenhang einer ‚gewöhnlichen' Formensprache entwerfen und bauen wollen, werden erörtert. Und einige Prinzipien und Vorgehensweisen werden erläutert, die helfen, ‚gewöhnliche' Formensprachen zu erhalten oder auch neue für heutige Zwecke anzufertigen. Zwei Projekte, in denen einige Prinzipien und Vorgehensweisen einer solchen Formensprache angewendet wurden, werden als Beispiele präsentiert: Das erste Projekt ist in einem recht traditionellen Kontext von Deutschland angesiedelt und das zweite Projekt in dem moderneren Kontext von Amerika.
___Katja Pahl
Dresden
"Fahrspaß und Formensprache" Ein Blick über den Zaun

Die Idee zu diesem Vortrag entstand durch eine Internetrecherche zum Thema "Formensprache". Ein Großteil der gefundenen Einträge befasst sich mit Autos (Homepages von Autoherstellern, Testberichte etc.). An Hand dieses Ergebnisses wird die Frage gestellt, warum und wie gerade in der Autoindustrie so oft und selbstverständlich der Begriff "Formensprache" verwendet wird. Untersucht werden die zwei am häufigsten gefundenen "Anwendungsgebiete" des Begriffs:

  1. Formensprache als eigenständiges Verkaufsargument: Die Formensprache wird von der gesamten Form und deren "Aussage" bis hin zu ihren Teilen oder Details beschrieben und als Verkaufsargument verwendet.
  2. Formensprache als Erkennungszeichen und Identifikationsmerkmal: Formensprache wird einerseits als Erkennungsmerkmal für die gesamte Marke eingesetzt, andererseits soll die modifizierte Formensprache der einzelnen Modelle zur Identifikation verschiedener Käufergruppen mit dem jeweiligen Auto beitragen.

Daraufhin wird am Beispiel des Einfamilienhausmarktes untersucht, inwieweit der Begriff und die "Qualität" Formensprache auch in der Architektur dem "Kunden" besser vermittelt werden könnten.

___Jürgen Roloff
Dresden
Formen des klimagerechten Bauens, Tradition und Wandel
Klimagerechtes Bauen bedeutet energieeffizientes Bauen. Da Energie zu allen Zeiten knapp war, mussten die alten Baumeister möglichst alle "natürlichen" Energiequellen und baulichen Hilfsmittel ausnutzen. Das hatte großen Einfluss auf die Formung der alten Bauten, die wir heute als "gewachsene Bauweisen" ansehen.
Sollten wir heute energieeffizient bauen wollen, so müssen wir deshalb nicht die alten Formen des traditionellen Bauens wieder aufgreifen. Klimagerechtes - energieeffizientes Bauen ist nicht unlöslich an autochthone Formen geknüpft. Es ist notwendig, die Wirkungsweise der Gebäude zu verstehen. Dann ergeben sich mit neuen Materialien und einem effektiven Energieeinsatz (nach heutigen Bedürfnissen und Möglichkeiten) neue klimagerechte Formen, die den alten adäquat sind, sie aber nicht kopieren.
___Teresa Ruiz
&
___Tom Wesel
Portland, Oregon
Wie sollten Architekturformen zu einer urbanen Struktur beitragen? Während das typisch amerikanische Raster der urbanen Architektur unsichtbare Zwänge auferlegt, so bietet es dennoch eine Basis für urbane Strukturschichtungen. Als Fallstudie nutzen wir neun Prinzipien der Formensprache, die seinerzeit von Christopher Alexander, Hajo Neis and Studierenden der University of California Berkeley entwickelt wurde, um die Stadt Portland, Oregon, zu analysieren. Wir untersuchen individuelle Elemente urbaner Architektur, wie beispielsweise Wände und Fenster, zur Komposition dieser Elemente, die Beziehung zur lokalen Tradition, und wie diese die urbane Struktur herausbilden. Diese Untersuchung befördert ein besseres Verständnis der gegenwärtigen Form und bietet Visionen zu einer künftigen Entwicklung.
___Horst Ulrich
&
___Hana Jetel
Aachen
Leitbild und Formensprache in Anlehnung an die historische Bausubstanz

Dieser Text ist der Planung von Dorf, Siedlung und Stadtrand gewidmet. Er soll an nicht alltäglichen Beispielen aufzeigen, wie durch behutsame Planung ein Leitbild für einen Ort entwickelt werden kann, das zur Grundlage einer gemeinschaftlichen Gestaltungsaufgabe der Bewohner wird. Leitbilder sind notwendig, um aus menschlichen Siedlungen Orte werden zu lassen.

Heutzutage finden wir ortstypische Leitbilder kaum noch. Stattdessen finden sich internationale Leitbilder an Stellen zusammen, ohne mit diesen oder auch nur untereinander, eine logische Verbindung einzugehen. Bei den nachfolgenden Beispielen des sanierten Ortes Muttenz bei Basel, dem Neubau einer Wohnsiedlung bei Biberach und der Umsiedlung eines ganzen Dorfes war immer die Orientierung am Alten ein Leitthema.

In Muttenz sind es die schweren, kubischen Baukörper der Bauernhäuser des alten Ortes, die Lochfassaden, mit oft unprätentiös eingeschnittenen Fensteröffnungen, die abgehoben, dünnhäutigen Satteldächer, die bei dem Architekten zu Neuinterpretationen führten, allerdings bei einer intensiven Sprachverwandtschaft mit dem Alten.

In Biberach ist man bei der Neubausiedlung relativ frei, doch der Straßenraum in seinen Proportionen, die im Wesentlichen als Satteldachhäuser geplanten Bauten der Altstadt, sind Vorbild für die Neubebauung. Eine Straße in dem neuen Baugebiet ist so angelegt, dass sie sich auch für eine Sanierung der Altstadt durchaus eignen würde.

Bei der Umsiedlung des Ortes Etzweiler konnte ein Straßendorf im alten Sinne nicht realisiert werden. Dennoch war die Mittelachse wichtig, die prägnante Straßenräume schaffen sollte. So wurde die Straßenachse der Waldstraße, der Eichenstraße und des Iriswegs zum Rückgrat der Siedlung, dort wurde die dichteste Bebauung angelegt, die mit einer Art Grenzbebauung ähnliche Strukturen wie im alten Dorf aufzeigt und auch zu ähnlichen Straßenproportionen führt.


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