Thema
1. Jg., Heft 1
Oktober 1996

Architektur im Zwischenreich von Kunst und Alltag

Eduard Führ

Einige Anmerkungen zur 'Praktischen Ästhetik' in der Architektur

In dem folgenden Beitrag geht es mir um Fragen der Beziehung von Kunst und Alltag in der Architektur. Seit mehr als einem Jahrhundert streiten sich 'Funktionalisten' und 'Baukünstler' darum. Ich möchte diese Aufspaltung in Baukunst und Funktion grundsätzlich infrage stellen. Ich weise den 'Funktionalisten' nach, daß sie einen reduzierten Alltagsbegriff und den 'Baukünstlern', daß sie einen einseitigen Kunstbegriff haben. In einem Rückbezug auf die Geschichte der Ästhetik und auf die Ergebnisse der Phänomenologie im 20. Jahrhundert versuche ich eine 'Praktische Ästhetik' zu entwickeln.

Bernhard Waldenfels

Architektonik am Leitfaden des Leibes

In einer phänomenol. Vorbetrachtung wird gezeigt, inwiefern Bauen als Raumbildung ein leibliches Wohnen im Raum voraussetzt. In einer historischen Zwischenbetrachtung wird die Spaltung des Bauraumes in Kunst- und Realraum kritisch beleuchtet. Schließlich wird eine Alternative angeboten im Rückgang auf bewegliche Spielräume des Leibes und kontingente Raumordnungen, in denen Kunst nicht als ästhetischer Sonderbereich, sondern als Überschuß erscheint.

Heinz Bartsch

Ästhetik und Arbeit

Der Alltag - und damit auch die Nutzung und Aneignung von Architektur - besteht nicht nur aus Wohnen, sondern ebenfalls aus Arbeiten. Damit ist Architektur auch ein Thema der Arbeitswissenschaft, die sich mit den Gesetzmäßigkeiten und Wirkungsbedingungen des Arbeitens beschäftigt Im Vortrag wird arbeitswissenschaftlich untersucht, wie architekturästhetische und -praktische Faktoren im Arbeiten zusammenwirken und zu höherer Leistung menschlichen Tuns, zu größerer Lebensqualität und Zufriedenheit führen.

Barbara Baumüller

Baukunst als Politisierung des Stadtbildes

Klare politische Eigeninteressen und der Wunsch nach Realisierung des Herrschaftsanspruches haben seit je her die Gestalt der Stadt geprägt. Am Beispiel der Stadt Prag der Zeit um 1400, um 1700 und im frühen 20. Jhdt. sollen diesen Bestrebungen, die auch als Zeichen des politischen Wandels zu verstehen sind, untersucht werden.

Anette Sommer

Die Verantwortung der Architektur für die Verantwortungslosigkeit

Eine der gegenwärtigen Prämissen der Architektur ist der passive Rezipient. Demgegenüber geht die aktuelle umweltpsychologische Forschung von einem aktiven Menschen und von Mensch-Umwelt-Transaktionen aus. Mit Hilfe des Modells der Transaktionsanalyse soll ein integrativer Denkansatz vorgestellt und diskutiert werden.

Karsten Harries

Warum überhaupt Architektur?

‘Architektur’ definieren wir als ‘Baukunst’. Scheinbar problemlos schlägt diese Definition eine Brücke über den Kunst und Alltag trennenden Zwischenraum. Doch verträgt sich dieser Brückenschlag nur schlecht mit dem Wesen der Kunst: gehört zu diesem Wesen nicht der Abstand vom Alltag und seinen Nöten und Sorgen? So wenigstens will es die Ästhetik. Architektur wäre dann als wesentlich unreine Kunst zu verstehen, als Kunst, die sich immer wieder dem Alltag verkaufen muß. Aber auch umgekehrt: verliert nicht auch der Alltag, wenn er sich von der so verstandenen Kunst umarmen läßt? Voraussetzung einer befriedigenden Antwort ist die kritische Auseinandersetzung mit der Ästhetik und ihren Erwartungen.

Ferdinand Fellmann

Der Ort der Architektur in der Medienwelt

In der Flächenwelt der Bildschirme haben die Architekturen als Raum-Kunst keinen Ort. Sie können ihren Platz nur behaupten, wenn sie den umbauten Raum in Projektionen verwandeln, in denen das mediale Bewußtsein sich selbst begegnet. Das stellt Architektur vor die Aufgabe, die Paradoxie des medialen Raums zu lösen.

Bernhard Kerber

Kunstraum und Lebensraum

Vor allem in der amerikanischen Plastik der letzten 30 Jahre wird die Grenze zwischen dem vom Kunstwerk beanspruchten Kunstraum und dem durch den Alltag besetzten Lebensraum der Betrachter infrage gestellt. Welche Auswirkungen hat das für das Verständnis von Kunst und von Alltag?

Hans Friesen

An den Grenzen der Kunst in der Moderne

Der Beitrag will über den möglichen Sinn der Rede vom Ende der Kunst nachdenken. Das Ende der Kunst, von Hegel bereits Anfang des 19. Jahrhunderts angekündigt, steht für eine Krise der Repräsentation, die auch in unserem Jahrhundert, an dessen Anfang von Duchamp und Malewitsch und an dessen Ende von Danto und Belting, empfunden wurde.



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