6. Jg. , Heft 1 (September 2001)

"Ich kannte einen Mann, der wusste den ganzen Fahrplan auswendig, denn das einzige, was ihm Freude machte, waren Eisenbahnen... Er kannte jeden Zug, wusste, woher er kam, wohin er ging, wann er irgendwo ankommen wird und welche Züge von da wieder abfahren und wann diese ankommen werden. Er wusste die Nummern der Züge, er wusste, an welchen Tagen sie fahren, ob sie einen Speisewagen haben, ob sie die Anschlüsse abwarten oder nicht. Er wusste, welche Züge Postwagen führen und wie viel eine Fahrkarte nach Frauenfeld, nach Olten, nach Niederbipp oder irgendwohin kostet. ... Er selbst bestieg nie einen Zug. Das hätte auch keinen Sinn, sagte er, denn er wisse ja zum Voraus, wann der Zug ankomme. »Nur Leute mit schlechtem Gedächtnis fahren Eisenbahn«, sagte er, »denn wenn sie ein gutes Gedächtnis hätten, könnten sie sich doch wie ich die Abfahrts- und die Ankunftszeit merken, und sie müssten nicht fahren, um die Zeit zu erleben.« Ich versuchte es ihm zu erklären, ich sagte: »Es gibt aber Leute, die freuen sich über die Fahrt, die fahren gern Eisenbahn und schauen zum Fenster hinaus und schauen, wo sie vorbei kommen.« Da wurde er böse, denn er glaubte, ich wolle ihn auslachen, und er sagte: »Auch das steht im Fahrplan, sie kommen an Luterbach vorbei und an Deftigen, an Wangen, Niederbipp, Önsingen, Oberbuchsiten, Egerkingen und Hägendorf.« Und er begann die Leute auf dem Bahnhof zu beschimpfen. Er rief ihnen nach:... »An Hägendorf werdet ihr vorbei kommen«, und er glaubte, er verderbe ihnen damit den Spaß. Er rief : »Sie Dummkopf, Sie sind schon gestern gefahren.« Und als die Leute nur lachten, begann er sie von den Trittbrettern zu reißen... Ich kann Ihnen alles erklären«, schrie er, »Sie kommen um 14 Uhr 27 an Hägendorf vorbei, ich weiß es genau, und Sie werden es sehen, sie verbrauchen Ihr Geld für nichts, im Fahrplan steht alles. « Bereits versuchte er die Leute zu verprügeln »Wer nicht hören will, muss fühlen«, rief er..."
(Peter Bichsel, aus ‚Kindergeschichten')

abstracts:
Einleitung
1. Immaterialität und Materialität
Ukraine 2000: Die Architektur der "Neuen Immaterialität"
Die "Immaterialisierung" in der neuen Architekturideologie des XX. Jahrhundert entsteht jedes Mal im professionellen Krisenbewusstsein vor dem Hintergrund von Umbruchsituationen in der Kultur und dem gesellschaftspolitischen Leben. So war es auch im Russland der 20-er Jahre (die "Prouns" von Lissitski und der Konstruktivismus von VCHUTEMAS). In den sechziger Jahren waren das vor dem Hintergrund der Krise des Stalinismus die "Papierarchitektur", "Die Große Sieben" und die "Neuen Siedlungselemente". Heutzutage, da die Ex-UdSSR immer noch keinen Ausweg aus der Zeit der wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Krise finden kann, ist es offensichtlich kein Zufall, dass in der Ukraine Dekonstruktivismus, Milieu-Ansatz und die Idee der "Gesellschaftsarchitektur" im aktuellen Architekturmenü am "immateriellsten" sind.

Ephemeres und Monumentales. Versuch über Materialität und Architektur im 20. Jahrhundert 

Der Beitrag schlägt einen historiographischen Zugang zur Beziehung von Zeit, Material und Architektur(theorie) vor. Er diskutiert diese Beziehung an drei heterogenen Beispielen: an den Prinzipien, die zur Begründung des Denkmalschutzes geführt haben, an Reaktionen auf die sogenannte „Entmaterialisierung“ des Bauens und an der Bedeutung von Modellen des Metabolismus für das Verständnis der Materialität des Bauwerks.
2. Ästhetische Praxis
Die Suche nach einer praktischen Ästhetik.
Die Versöhnung von Kunst und Wissenschaft in den Architekturschriften von William Richard Lethaby (1857-1931)
Mit der Definition von Kunst und Architektur als "etwas gut zu machen, was gemacht werden muss" war der englische Architekt und Theoretiker William Lethaby (1857-1931) der Ruskin´schen Theorie des Machens und der damit verbundenen moralischen Ästhetik verhaftet. Mit der Behauptung, dass Architektur sowohl 'Wissenschaft', als auch 'Kunst' repräsentieren soll, hat Lethaby indes ein Architekturkonzept entwickelt, das die moralische Orthodoxie im Ruskin´schen Modell offensichtlich abschwächt. Aus dieser Kultivierung einer synkretischen und ein wenig ambivalenten Architekturthese erwächst eine neue praktische Ästhetik.
Taktilität und Raumerfahrung bei Wittgenstein

Bei dem Bau seines Hauses in Wien hat sich Ludwig Wittgenstein mit dem für ihn neuen Medium der Architektur auseinandergesetzt. Es ging ihm dabei um die körperliche Erfahrung von Räumen, um die Auseinandersetzung mit Materialien und um die taktile Aneignung der Umwelt. Vermutet wird, dass diese Umorientierung seiner Interessen und seine Hinwendung zu einer selbstkonstruierten materiellen Welt jenseits der Texte, tiefe Spuren in seinem Denken hinterlassen hat. Einige davon lassen sich in seinen Aufzeichnungen aus der Zeit nach dem Hausbau entdecken.

Architektur als ästhetische Praxis?
Vom Unbehagen an der Baukunst
Lässt sich "Architektur als ästhetische Praxis" verstehen? Die Griechen verstanden Praxis als ein sich selbst rechtfertigendes Ganzes. Aber so lässt sich unser Leben gerade nicht verstehen: es gibt keinen Sinn, der unser Leben zu einem solchen Ganzen sammelt. Eben darum
begleitet dieses Leben der gefährliche Traum einer Umarmung des Lebens durch die Kunst. Diese Gefahr beschattet auch die Architektur. Und so lädt uns gerade die Architektur ein, die Möglichkeit einer Umarmung der Wirklichkeit durch die Kunst kritisch zu bedenken.

Architektonische Erfahrung und praktische Ästhetik

Mit meinem Vortrag möchte ich einen Beitrag zur Bedeutung von Architektur geben, der Aspekte aufgreift, die in der Diskussion über ästhetische Praxis und ästhetische Erfahrung meines Erachtens zu kurz kommen. Ausgehend von Beispielen, die nahe legen, dass es Erfahrungen mit Architektur gibt, die nicht aus der Betrachtung kommen, sondern aus dem gebrauchenden Umgang mit ihr, stellt sich auch die Frage nach der ästhetischen Erfahrung mit Architektur auf eine interessante neue Weise: Man "lernt" nicht nur die Architektur in ihrer konkreten Nützlichkeit "anders" zu gebrauchen, sondern man macht dabei auch eine Erfahrung über sich selbst als Wohnende. Um dieses gemeinsame Auftreten von Nützlichkeit und Schönheit besser zu verstehen, brauchen wir vielleicht ein Verständnis des Ästhetischen, das das Schöne und Wohlgefällige (ebenso wie das Gute) immer schon in der Praxis unserer Lebenswelt erwartet. Eine praktische Ästhetik der Architektur hätte sich gegenüber einer kritischen Architekturtheorie gerade mit dem intensiv auseinander zu setzen, was sich in dieser architektonischen Erfahrung zeigt, und was sich über sie sagen lässt.

3. Kreative Praxis

Die Kreativität des Handelns

Alles menschliche Handeln hat potentiell kreativen Charakter, nicht nur die ästhetische Praxis. Dennoch orientiert sich der größte Teil der Sozialwissenschaften an Modellen rationalen oder normativ orientierten Handelns. Eine Theorie der Kreativität des Handelns, wie sie hier skizziert wird, überwindet dagegen ein teleologisch verengtes Verständnis von Intentionalität, bezieht nicht-instrumentelle Formen des Körperbezugs mit ein und betrachtet Individualität als eingebettet in Formen "primärer Sozialität".
___Hans Lenk
Karlsruhe
Post(post)moderne Kreativität
Die postmoderne Architektur stellt sich als die bessere Architektur gegen die Moderne, das Bauhaus und den Internationalen Stil und nimmt dabei für sich insbesondere Kreativität in Anspruch. Gibt es Kreativität nach der Postmoderne (und gab es sie vor ihr)?
Ich stelle fest, dass Kreativität zur Erkenntnisgewinnung und zu entwickelndem Handeln generell notwendig ist. In dieser Hinsicht erfolgreiche Menschen haben ein lebendig-dynamisches Bewusstsein und erzeugen stets neue spannungserzeugende Metaphern, die ich als Kreataphern bezeichnen möchte.
Skate-City
Anhand von städtischen Räumen, die man plus-minus aus jeder Stadt kennt, soll das Zusammenspiel von Aussehen / Gestalt, Gebrauch und sozialer Wertung untersucht werden. Die Auswahl der Stadträume erfolgt durch den Blick des Skaters. Diesem Blick folgend, erfährt man einen anderen Ansatz von Raum, Form und Materialempfindung. Auch wenn auf Anhieb der gewählte Platz, die Straße, der Hinterhof,... keine ästhetische Komponente erkennen lässt, entsteht diese spätestens durch den Akt des Skatens.

Gelebter Raum.
Körpererfahrung und sensorisches Denken

Der Vortrag artikuliert die Vorstellung von gelebtem Raum im Gegensatz zum geometrischen Raum, sowie die Verschmelzung von Wahrnehmung, Vorstellung und Traum im menschlichen Bewusstsein und in der Kunst. Künstlerischer Ausdruck entsteht aus dem Aufeinandertreffen von Geist und Welt, und die Kunst artikuliert diese Grenze.
Die Architektur hat die Aufgabe, das Daseinsverständnis in einen Rahmen und Horizont einzupassen. Die Sinne strukturieren unmittelbar unsere Erfahrung der Welt, und die künstlerische Darstellungen haben ihren Ursprung sowohl in diesem sensorischen Wissen, als auch im begrifflichen Wissen. Die moderne Kultur hat eine starke Vorliebe für die visuelle Wahrnehmung, aber auch Haptizität hat eine gewichtige Rolle sowohl bei der Erfahrung der Welt und des Selbst, als auch in der künstlerischen Vorstellung.

4. Angewandte Architekturästhetik
Untersuchungen an Hand des Werks von Philip Johnson
Philip Johnson ist mit der Schrift International Style der theoretische Mitbegründer der architektonischen Moderne. Sein architektonisches Werk spiegelt seine Idee einer angewandten Architekturästhetik. Seine stete Betonung der Wichtigkeit der architektonischen Praxis steht nicht im Widerspruch zu seinem intellektuellen Potential, das er gewinnbringend in die Architekturdiskussion einwarf. Es spiegelt vielmehr seine Sicht, dass der intellektuelle Teil der Architekturdiskussion bestehen und weiter gepflegt werden muss, dass er aber nicht die praktische Komponente der Architektur ersetzen kann. Hier tritt Philip Johnson lebenslanges Festhalten am Begriff der Architektur als Baukunst, den er von seinem ‘Meister’ Mies van de Rohe übernahm. Kunst kann als ein Gemisch zwischen Geist, Intuition, Inspiration und Praxis gesehen werden. Die reine geistige, intellektuelle Komponente wirkt auf die Kunst anregend, ist aber nicht ihre einzige Dominante. In den vorliegenden Ausführungen wird an ?and einiger Vorträge und Artikel von Philip Johnson sowie praktischer Beispiele seines architektonischen Werkes sein lebenslanges Festhalten an einer angewandten Architekturästhetik aufgezeigt. Es ist ein Beitrag zur angewandten Architekturästhetik und ein Vorschlag, wie eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Architektur nicht zur Verintellektualisierung der Architektur führen muss sondern als ein wichtiger TEIL von ihr fungieren kann.
5. Kritik der Ästhetik der Praxis

Die Materialisation von Raum und Raumvorstellung

In vier Schritten wird der argumentative Rahmen und Instanzen für eine metaphysische Analyse des Raumes und architektonischen Gebäudes innerhalb der allgemeinen Vorstellung von Projektion gegeben. In Beziehung auf Aristoteles müssen Raum und Raumvorstellung innerhalb von zwei und nicht einem Grund betrachtet werden: jenem des Seienden versus jenem des Bewusstseins. Leibniz, sein Begriff der Reihe, hilft, die metaphysische Involution zu verstehen. Der Entwurf in der modernen Architektur wird unter drei relationalen Aspekten betrachtet: der traditionelle Riss, der durch einen euklidischen Plan dargestellt wird, die Überlagerung eines traditionellen mit einem projektiven Plan, zuletzt die Irregularität eines projektiven Planes, der die allgemeine Dimensionalität des Raumes aufgegeben hat.e

Auf der Suche nach dem Mittelpunkt:
Architekturpraxis in der Netzwerkgesellschaft

Diese Studie ist eine kritische Bewertung des heutigen architektonischen Denkens, sie wirft einen Blick auf die Hinterlassenschaft für unsere Nachfolger in Bezug auf das Handeln und das Bewusstsein unter sich ständig verändernden Bedingungen der Kultur und ihrer Ziele. Wegen der bedeutenden Veränderungen in den philosophischen und kulturellen Horizonten wird Vieles in der Architektur, über das einst Konsens bestand, heute hinterfragt, und wir balancieren zwischen zwei Welten - zwischen der einen, von der wir annehmen, sie zu kennen, und der anderen, der posthumanistischen, in der neue Kräfte mit großen Konsequenzen für das Bauen entfesselt werden können. Das Scheitern der romantischen Sinnsuche auf Grund der Emanzipation des Subjekts vom Kosmos hat zu selbstreferentiellen Welten geführt, die nun in architektonischer Kreativität entstehen. Während eine Offenheit zur Zukunft garantiert sein muss, werden verschiedene Maßnahmen, wie beispielsweise gewisse Gemeinplätze in der beruflichen Ausbildung, das Bewusstsein kulturell bedeutsamer Formen, sowie Leitbilder von Wohnkolonisation und Regeneration als Desiderata der Praxis im globalen Maßstab eingefordert.
___Jürgen
Hasse

Frankfurt am Main
Ästhetische Praxen der Stadt- und Raumentwicklung in Deutschland
Kulturpolitik und Architektur sind wichtige Medien zeitgemäßer Raumentwicklung. Beide Prozessfelder greifen eng ineinander und operationalisieren sich in Gestalten einer immateriellen Transformation des Städtischen. Der Beitrag veranschaulicht beispielhaft solche ästhetischen Prozesse. Es wird von der These ausgegangen, dass ästhetische Praxen im Kern dem ökonomischen Ziel dienen, die postfordistische Vermittlung von wirtschaftlicher Akkumulation und gesellschaftlicher Regulation erlebnisorientiert zu "kitten". Der Bedeutung neuer (Hoch-) Bautechnologien kommt dabei mediale Funktion zu. Diese besteht u.a. darin, nicht zuletzt bildhaft gestützte Systeme der Akzeptabilität gegenüber einem gegenwärtig technologisch stark expandierenden Metabolismus mit der Natur kulturell durchzusetzen. Ästhetische Praxen erzeugen kulturelle Ereignisse, die auch als ideologische Abfederung postfordistischer Krisenlagen fungieren. Die aktuelle Pluralisierung und Diversifizierung von Ästhetisierungen im städtischen Raum ist in der Herstellung affizierender Atmosphären methodischer Ausdruck eines "Dispositivs der Macht" (Michel Foucault).
6. Politik der Form
Lorenzettis Erzählung vom "Guten Regiment"
und
die Differenz von Ort und Raum
In dem Text wird dem Anteil des Ästhetischen an der Ausbildung einer urbanen Identität anhand einer zu einem Bild (A. Lorenzetti, 'buon governo') verdichteten Vorstellung nachgegangen. Zugleich wird untersucht, wie das Ästhetische die Differenz von Stadt und Land, von Ort und Raum bewußt macht und zugleich vermittelt.
Architektur als politische Praxis.
Die Räume der Stadt und ihre Grenzen
Die Öffnung der Stadt im 18. und 19. Jahrhundert ist ein räumlicher Prozess, der auf Grund unzureichender Begrifflichkeiten vom politischen Raum bislang nur ungenau beschrieben werden konnte. Die derzeitige 'Raum'-Diskussion in den Kulturwissenschaften liefert hier neue Instrumente, welche die Konstitution des Raums auf soziale Handlungen zurückführen. Bezogen auf die sich öffnende Stadt kann am Beispiel Turins gezeigt werden, dass ein solcher Paradigmenwechsel von der Erzeugung konkreter räumlicher Vorstellungen begleitet ist.

Politische Architektur als Bedeutungsträger.
Ästhetik und Repräsentation

Nach dem Missbrauch der Architektur für propagandistische Zwecke durch den Nationalsozialismus war es lange Zeit üblich, Bauten für die Politik besonders unauffällig und zurückhaltend zu gestalten. Seit dem Ausbau von Berlin zur Hauptstadt der BRD wird wieder nach einer architektonischen Formensprache gesucht, die den neuen Anspruch der Politik ausdrücken und verkörpern kann. Dieser Ansatz soll an ausgesuchten Beispielen überprüft werden.

Politische Landschaften -
Architektur der Stadt als politisches Feld

An Hand geraffter Zeitschnitte im stadtplanerischen und architektonischen Geschehen des 20. Jahrhunderts erörtert der Vortrag die schleichende Entpolitisierung öffentlicher Räume. Gleichzeitig weist er aber nach, welch innovative Potentiale sich die "politischen Landschaften" gerade in jüngster Zeit auf den "terrains vagues" eröffnen. Und begünstigen die weltweiten virtuellen Vernetzungen nicht die Entstehung gänzlich anders gearteter öffentlicher Räume mit politischem Anspruch?

7. Zur Materialität der Form

Architektur zwischen pragmatischem Handeln und ästhetischer Praxis

Im aktuellen Diskurs der Theorie der Architektur wird der Begriff der „Praxis“ umfassend diskutiert.
Einerseits, vor allem vom amerikanischen Raum ausgehend, wird versucht, den philosophischen Pragmatismus für die Theorie der Architektur zu aktivieren, während auf der anderen Seite versucht wird, Architektur als „ästhetische Praxis“ zu fundieren.
Der Praxisbegriff des sogenannten Neo-Pragmatismus ist weitgehend mit dem Handlungsbegriff identisch. Hier werden vornehmlich zwei Themen diskutiert: Zum Einen die Möglichkeit, aus Handlungsfolgen die Theorie zu verbessern, zum Anderen die Erfordernis, die „Dinge im Entstehen“ zu beobachten und so das „Neue“ jedes architektonischen Entwurfs in den Griff zu bekommen.
Der Begriff der Handlung und ihrer Folgen bleibt jedoch diskursiv und ihren Methoden gegenüber indifferent.
Für die gestalterischen Aspekte der Architektur bleiben die Ergebnisse dieser Diskussion daher meist beliebig.
Die Eigenart des Gestaltens im Spannungsfeld zwischen dem Gewollten, dem Handeln und dem Werk konstituiert einen ästhetischen Praxisbegriff, der als Kulturtechnik verstanden werden kann.
___Oxana Makhneva
Yekaterinburg

Fraktale Semiologie

Die Verbindungen zwischen Erzeugung und Wahrnehmung stellen eine erstrangige Aufgabe für einen Architekten dar, weil die Architektur als ästhetische Praxis nach Wegen für die Materialisierung kreativer Konzepte suchen muss. Hegel glaubt, dass natürliche Formen und Farbkombinationen eine Idee darstellen können. Die Organisationsprinzipien der Natur sind Methoden der Umsetzung eines Architekturkonzeptes in die Realität. Der Mathematiker B. Mandelbrot definierte die Naturprinzipien als fraktale Prinzipien. Die grundlegenden Charakteristika von Fraktalen sind die Selbstähnlichkeit in jedem Maßstab und eine dynamische Entwicklung; deshalb ist ein Fraktal das Modell eines beliebigen dynamischen Systems, das System der Architektursprache eingeschlossen. Wenn wir über Architektursprache reden, müssen wir die Erzeugung der Einheiten des Architektursinnes untersuchen. Sinnerzeugung ist Prädikation. Gegenwärtig definiert die Linguistik Prädikation als Vielfalt. Gemeint ist die Vielfalt der Möglichkeiten, d.h. die Verbindungen mit einer Wissensbasis. Mit anderen Worten gesagt, ist Prädikation eine Formel mit mehreren Variablen. In Übereinstimmung mit der Fraktaltheorie können wir die Prädikation als Formel der Fraktalerzeugung Z (n+1) = Z (n)^2+C darstellen. Die Parameter sind ein Code der Fraktalerzeugung, und diese Parameter sind Elemente der Wissensbasis. Wir legen diese Parameter mit einer experimentellen Methode fest, die wir als Semiometrie bezeichnet haben. Die Semiometrie ist die Messung von Informationen mittels Klärung kausaler Zusammenhänge zwischen Semiotik und Pragmatik. Demzufolge untersucht die fraktale Semiologie die Wahrnehmung als Basis für die Erzeugung von Semen der Architektursprache.

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